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Levi Penell und seine Viralhits Der Student, der die Mär von der Weißlichtmilbe in die Welt setzte

Er plaudert vom »Inselschlussverkauf« und schießt gegen Marketingmaschen: Levi Penell ist auf TikTok ein Shootingstar – und hat andere Nutzer schon dazu gebracht, an der Zimmerdecke Staub zu saugen.
TikTok-Durchstarter Penell: »Ich werd mir jetzt keine Insel kaufen«

TikTok-Durchstarter Penell: »Ich werd mir jetzt keine Insel kaufen«

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»Das erste Mal viral gehen war wahnsinnig aufregend«, sagt Levi Penell. Während die Abrufzahl eines seiner TikTok-Clips in die Höhe schoss, habe er ganz aufgeregt mit seinem kleinen Bruder und Freunden gechattet, erzählt er dem SPIEGEL. Hunderttausendfach sei sein erster Viralhit innerhalb weniger Stunden gesehen worden, zugleich sei seine Followerzahl nach oben geklettert. Erst seien es 500, dann 600, dann 1000 Follower gewesen.

Mittlerweile folgen Penells Kanal »levihallo« auf TikTok rund 230.000 Accounts. Er sagt zu seinem Aufstieg: »Das war wie in einem Film, in dem total übertrieben dargestellt wird, wie eine Person viral geht.«

Dieses Gefühl des Surrealen hat Penell gerade oft. Eigentlich studiert der 23-Jährige in Berlin: Statistik im Master, mit einem Studentenjob in der epidemiologischen Forschung. Am 4. Januar stellte er aus Spaß das erste Video in seinen TikTok-Kanal. Mit dem Wort »Reizüberflutung« fasst Penell heute zusammen, was kurze Zeit später passierte.

»Haben wir Inselschlussverkauf?«

Der Student scheint ein Gespür dafür zu haben, wie man im Netz den Humornerv vieler Menschen trifft. Etwa so: »Ich habe gerade festgestellt, dass ich eigentlich mein ganzes Leben eine komplett falsche Vorstellung davon hatte, wie viel es eigentlich kostet, sich eine Insel zu kaufen«, leitet Penell eines seiner Videos ein. »Ich mein, schaut euch mal dieses Prachtexemplar von Insel an«, sagt er und schwärmt von den idyllischen Bäumen, die eine Holzhütte umgeben. Gerade mal 180.000 Euro koste die Insel. »Das bezahlt man in Berlin für ein Kellerabteil, wo noch drei benutzte Heroinspritzen drin liegen«, kommentiert er und zeigt weitere Beispiele. »Haben wir Inselschlussverkauf?«, fragt Penell. Der Clip ist sein bisher erfolgreichstes Video  mit 2,7 Millionen Aufrufen und 460.000 Likes.

So weit, so harmlos. Doch sein plötzlicher TikTok-Ruhm treibt auch skurrile Blüten.

»Digga, wenn ihr mal einen schlechten Tag habt, dann denkt daran, dass ihr immerhin noch nie auf ein Schneeballsystem hereingefallen seid und Leute auf Instagram anschreibt, um denen was von Network-Marketing zu erzählen«, wetterte er in einem Video  vor zwei Wochen los. »Das versteht doch ein Drittklässler, dass wenn jemand wirklich eine Methode gefunden hat, um reich zu werden, dass er dir das nicht einfach auf Social Media erzählt, so auf Ehrenbruderbasis.«

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Viel gedacht habe er sich bei dem Video nicht, sagt Penell. Er habe zuvor eine dieser Nachrichten bekommen, in denen schneller Reichtum versprochen wird, wenn man sich einfach ein »Business« aufbaut, und die sei zum Auslöser für sein Video geworden. »Obwohl ich keine Firma oder Person namentlich genannt habe, haben sich dann wirklich viele Network-Marketing-Leute angesprochen gefühlt.«

Wut in Content verwandelt

Es folgten wütende Antwortvideos an Penell, der diese dankend als Content-Quelle annahm. Vor allem mit der Firma iGenius brach ein TikTok-Streit aus, der sich darum dreht, ob die Masche des Unternehmens ein »Pyramidensystem« sei oder nicht. Der Finanzdienstleister wirbt mit finanzieller Freiheit durch Day-Trading, erst kürzlich berichtete das »Handelsblatt«  kritisch über dessen »fragwürdige Versprechen«. Sogar eine der nach eigener Darstellung »größten Führungskräfte« von iGenius fühlte sich durch Penells Fokus auf das Thema genötigt, ein TikTok-Statement  abzugeben und den Studenten zu einer Livedebatte aufzufordern.

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Penell lehnte dankend ab: »Sich in einem Duell zu stellen, ist auch mehr so 17. Jahrhundert.« Ohnehin könne man alle Fakten zum Unternehmen ja mit einer »mittelmäßig angestrengten Google-Recherche« überprüfen, sagt er.

Auch ein anderes seiner TikTok-Videos verselbstständigte sich innerhalb kürzester Zeit. Wieder einmal quasselte Penell einfach drauflos, sprach darüber, dass er auch drei Jahre nach seinem Auszug von zu Hause keine Ahnung habe, wie oft man Dinge putzen müsse und ob Haushaltsfaustregeln wirklich sinnvoll seien. »Ich könnte doch, jede Wette, superschnell ein Gerücht in die Welt setzen«, sagte er in einem Video . »Ich könnte doch einfach behaupten, dass man mindestens ein Mal im Monat die Zimmerdecke absaugen muss, weil man sich sonst superschnell Weißlichtmilben in die Wohnung holt.« »Weißlichtmilben« – das ist seine Erfindung, es gibt diese Tiere nicht.

Es gibt jetzt eine Website zur Weißlichtmilbe

Der erste Nutzer spielte mit und nahm ein Video davon auf, wie er die Decke absaugt. Penell legte nach. Auch dieses Video ging viral. Mittlerweile gibt es eine Website zur Weißlichtmilbe mit ausgedachten Informationen zu dem Fabelwesen.

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»Manchmal werde ich gefragt, ob ich das mache, um auf Falschnachrichten aufmerksam zu machen«, sagt Penell. »Aber ehrlicherweise hatte ich da einfach nur sehr viel Spaß dran.« Manchmal kämen ihm seine Ideen beim Surfen im Netz oder beim Witzeln mit Freunden. Geben sie mehr als ein bis zwei lustige Sätze her, mache er sich ein paar Stichpunkte, und dann lege er schon los.

»Man verdient als Influencer wirklich viel mehr, als ich das gedacht hätte.«

Levi Penell

Penell ist nominiert für den von einer Agentur ausgelobten 9:16-Award, als bester Newcomer. Seine digitalen Postfächer platzen, erzählt er. Auch die ersten Kooperationsanfragen seien schon da. »Man verdient als Influencer wirklich viel mehr, als ich das gedacht hätte«, sagt er. »Auch in meiner Größe.«

Nicht zu viel Abhängigkeit von Social Media

Also, wie geht es weiter? Studentenjob kündigen und eine Insel vom TikTok-Geld kaufen?

»Nee, ich werd mir jetzt keine Insel kaufen«, sagt Penell und lacht. »Meinen Studijob habe ich auch noch.« Nach jedem Video denke er, dass der Hype bestimmt bald vorbei ist. »Ich möchte mich auch nicht emotional davon abhängig machen, dass es auf Social Media gut läuft.«

Er wolle sein Studium ganz normal beenden, etwas mit Data Science und künstlicher Intelligenz machen, vielleicht Epidemiologie, sagt Penell: »Mein Leben zu größten Teilen abseits von Social Media einfach so weiterleben, wie ich es vorher auch getan habe.«