Bambusbecher im Test

Ökobilanz von Einweg- und Mehr­wegbechern: „Häufig wieder­verwenden“

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Der eigene Mehr­wegbecher ist derzeit die umwelt­freundlichste Variante für heiße Getränke unterwegs. Benedikt Kauertz vom ifeu-Institut hat die Ökobilanzen verschiedener Becher­systeme verglichen.

Bambusbecher im Test Testergebnisse für 12 Bambusbecher 08/2019 freischalten

Einwegbecher landen oft auf der Straße

Kaffee für unterwegs ist beliebt. Sind Coffee-to-go-Einwegbecher ein ökologisches Problem?

Etwa 2,8 Milliarden Heiß­getränkebecher werden pro Jahr in Deutsch­land verbraucht, etwa die Hälfte davon „to go“, also auf der Straße. Ist der Becher leer, möchten ihn Konsumenten entsorgen. Oft ist aber kein Müll­eimer in der Nähe. So werden diese Einwegbecher oft in der Umwelt entsorgt. Das ist ein deutliches Problem.

Sind Einwegbecher grund­sätzlich schlecht?

Ja und nein. Gemessen an anderen umwelt­intensiven Aktivitäten wie Kohle zu verstromen, kurze Stre­cken mit dem Auto zu fahren oder häufige Fernreisen mit dem Flugzeug zu unternehmen, ist der umwelt­belastende Beitrag eines Einwegbechers nicht so relevant. Wer allerdings jeden Tag mehrere Heiß­getränke aus Einwegbechern konsumiert, sollte aus Umwelt­sicht über Alternativen nach­denken.

Kunst­stoff­deckel weglassen

Können Nutzer guten Gewissens aus Einwegbechern trinken, wenn sie den Deckel weglassen und den Becher im Papiermüll entsorgen?

Schon. Der Einwegdeckel aus Kunststoff bringt tatsäch­lich größere Umwelt­lasten mit sich als der Papp­becher selbst. Wer auf den Deckel verzichten kann, sollte es unbe­dingt tun. Ob Papiertonne, Wert­stoff­samm­lung oder Restmüll ist fast egal: Die Recycling­wahr­scheinlich­keit der Becher ist gering. Wichtig ist, ihn über­haupt in einem Abfall­behälter zu entsorgen. Damit ist schon viel gewonnen.

Ab wann lohnt es sich für die Umwelt, Mehr­wegbecher zu nutzen?

Wer täglich unterwegs Kaffee konsumiert, sollte einen eigenen Mehr­wegbecher nutzen. Ab einer Wieder­verwendungs­häufig­keit von über 50 fallen die Aufwendungen für Herstellung und Entsorgung des Bechers kaum ins Gewicht. In der Umwelt­bilanz sehen wir dann nur noch die Reinigung. Und die ist sehr abhängig vom Energiebedarf der Spül­maschine. Generell reinigen Spül­maschinen energieeffizienter, als wir das von Hand können.

Mehr­wegbecheranbietern fehlt es an durch­dachten Konzepten

Sind Mehr­wegbecher mit Pfand umwelt­freundlicher als selbst mitgebrachte?

Mehr­wegbecher mit Pfand sollten deutlich häufiger als zehn Mal wiederbefüllt werden. Doch nicht wiedergebrachte Becher und optische Mängel senken die Umlaufzahl erheblich. Die Mehr­wegbecheranbieter brauchen durch­dachte Konzepte, um eine hygie­nisch einwand­freie und für den Verbraucher akzeptable Rück­nahme- und Reinigungs­logistik zu erreichen. Da ist der vom Konsumenten mitgebrachte Becher für die Anbieter gegebenenfalls einfacher zu bedienen.

Welche Becher empfehlen Sie für den Kaffee unterwegs?

Genießen Sie Kaffee mit genügend Zeit, also am besten in einem Café. Guter Kaffee hat das verdient. Ansonsten empfehle ich einen persönlichen Mehr­wegbecher.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 05.03.2020 um 15:24 Uhr
    Worst Case bei regelmäßiger Nutzung

    @TL2020: Niemand geht davon aus, dass das Getränk im tatsächlichen Leben zwei Stunden mit genau 70 Grad im Bambusbecher verweilt. Die Verordnung hat diesen Prüfaufbau für das Labor definiert, um die Prüfzeit auf ein durchführbares Maß zu reduzieren, ein Zeitraffer. Damit soll der Effekt nachgebildet werden, der bei regelmäßiger Benutzung über einen längeren Zeitraum eintritt. Die vorgegebene Zeit und Temperatur sind dabei als Mittelwert anzusehen. In der Realität füllen Sie vermutlich heißere Getränke ein, die nach kurzer Zeit unter 70 Grad abkühlen. Eine Beispielrechnung: Wenn Sie den Becher täglich benutzen und er nur fünf Minuten eine Flüssigkeit heißer als 70 Grad enthält, dann sind Sie schon nach 24 Tagen bei den im Labor angewendeten zwei Stunden. Das ist keine harte Prüfung. Trotzdem haben die Messungen gezeigt, dass die Becher sehr unterschiedlich darauf reagieren. Neben den sieben Bechern mit sehr hoher Schadstoffmigration gab es fünf Becher, in denen kaum Schadstoffe ins Prüflebensmittel übergingen. Die Methode macht also Unterschiede in der Qualität deutlich. (SG/MK)

  • TL2020 am 05.03.2020 um 09:38 Uhr
    Kaffee bleibt nie 2 Stunden an 70°C in einem Beche

    Vielleicht müßen Bambus-Becher Hersteller andere, 100% gesunde, Klebestoffen benutzen. Aber wann wird man für solche Teste mal endlich in realistische Umstände testen? Kaffee bleibt höchstens einige Minuten warm in einem Becher und wird sehr schnell kälter als 70°C. An 70°C kann man nichts drinken ohne sich zu verbrennen. Auch mit Papier werden Klebestoffen und Coatings benutzt und Plastic Becher will mann jedenfalls nicht mehr. Nur noch Becher aus Glass (?!), oder vielleicht aus unseren Hände trinken?!

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 03.01.2020 um 11:38 Uhr
    Becher aus Edelstahl

    @bahiagelb: Da wir Becher aus Edelstahl noch nicht untersucht haben, können wir leider keine bewertende Auskunft beisteuern. Ihren Kommentar nehmen wir gerne als Testanregung auf und leiten sie an das zuständige Untersuchungsteam weiter. (Se)

  • bahiagelb am 02.01.2020 um 21:09 Uhr
    Bambusbecher innen Edelstahl gesundheitsgefährdend

    Mein Becher ist außen aus Bambus, Melamin, Formaldehyd und innen ist ein Edelstahleinsatz. Kann ich ihn bedenkenlos verwenden?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 27.11.2019 um 10:23 Uhr
    Mehrwegbecher aus anderen Materialien

    @test8803102611: In unserer Untersuchung haben wir 12 exemplarisch ausgewählte Mehr­wegbecher unter die Lupe genommen, die ausloben, Bambus zu enthalten. Mehrwegbecher aus anderen Materialien haben wir nicht getestet und können dazu keine Einschätzung geben. (spl)