Beratung bei der Geld­anlage Verkaufs­sprüche unter der Lupe

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Beratung bei der Geld­anlage - Verkaufs­sprüche unter der Lupe

Qualität hat Ihren Preis! Ein beliebtes Argument von Banken, die damit die vergleichs­weise teuren aktiv gemanagten Fonds bewerben wollen. Doch tatsäch­lich sind die güns­tigeren ETF meist besser. © Getty Images

Beim Anlegen geht es um viel Geld – nicht nur ums eigene. Wir haben die Argumente der Berater, Fondsanbieter und Vermittler auf den Prüf­stand gestellt. Nicht alles passt.

„Wie lege ich mein Geld am besten an?“ – Auf dem Weg zur Antwort auf diese Frage kann man sich leicht verlaufen, die falschen Leute nach dem Weg fragen oder die falschen Schlüsse aus den eigenen Beob­achtungen ziehen.

In einer Rubrik zum Thema Miss­verständ­nisse bei der Geld­anlage wollen wir in loser Folge auf eben solche eingehen. Hier Teil 5: „Verkaufs­sprüche unter der Lupe“.

Zum Nach­lesen finden Sie hier die voran­gegangenen Teile:

Teil 4: Wenn aus Nachkommastellen Tausende Euro werden.

Teil 3: Viel zu wissen hilft nicht unbedingt viel.

Teil 2: Anlegen auf Sicht kostet Rendite.

Teil 1: MSCI World ETF – nur was für Einsteiger?

Beliebte Verkaufs­argumente auf dem Prüf­stand

Die Finanz­industrie möchte nur das Beste für Anle­gerinnen und Anleger, so scheint es zumindest. Inzwischen haben die meisten verstanden, dass es auch ums Geld der Banken geht: Berater, Berate­rinnen, Fondsanbieter, Vermittler – sie müssen und wollen alle Geld verdienen und bemühen dazu auch gerne Argumente, die sich bei näherer Betrachtung als falsch heraus­stellen.

„Wollen Sie wirk­lich nur Durch­schnitt?“

Ein beliebtes Argument für den Verkauf aktiv gemanagter Fonds und gegen markt­breite ETF ist: „Wollen Sie sich wirk­lich nur mit dem Durch­schnitt zufrieden­geben?“ Denn ETF auf markt­breite Indizes bieten in der Tat erst­mal nur das: die durch­schnitt­liche Markt­rendite. Es wird suggeriert: Mit aktiven Fonds kann man mehr rausholen.

Das ist sogar richtig – aber nur, wenn man das „kann“ betont. Ja, es gibt immer aktive Fonds­manager, die in der Vergangenheit mehr heraus­geholt haben als den Markt­durch­schnitt. Aber das müssen nicht die sein, die auch in Zukunft mehr heraus­holen werden – dazu ist der Einfluss von Pech und Glück zu groß. Und sie benötigen nicht nur einfaches Glück, um den Markt zu schlagen, sondern gleich doppeltes Glück. Sie müssen nämlich zusätzlich auch noch die höheren Kosten im Vergleich zu ETF wieder herein­holen.

Vor diesem Hintergrund ist ein markt­breiter ETF schlicht die bessere Wahl, weil er auch in Zukunft meist unter den Top-Fonds landen wird. Er wird nicht durch hohe Kosten ausgebremst und sein Erfolg hängt nicht vom geschickten Händ­chen eines Managers ab. Wer aktive Fonds wählt, hat eine kleine Chance, besser als der Markt abzu­schneiden. Doch die Chance, schlechter abzu­schneiden, ist größer. Das heißt, im Durch­schnitt werden Anle­gerinnen und Anleger mit aktiven Fonds unter der Markt­rendite liegen.

„Qualität hat ihren Preis“

Falls der Kunde oder die Kundin einen Fonds zu teuer findet, lautet der Klassiker unter den Verkaufs­sprüchen „Qualität hat ihren Preis“. Und wer möchte nicht Qualität? Wer billig kauft, kauft schließ­lich zweimal, oder? Das kann stimmen, muss aber nicht, wie so einige unserer Produkttests zeigen, bei denen oft auch güns­tige Produkte vorn liegen. Auch unsere Finanz­analysen kommen immer wieder zu dem Schluss, dass aktive Fonds lang­fristig nicht besser abschneiden als die güns­tigeren ETF. Damit kann man sich die Kosten für den Fonds­manager auch sparen.

Gut zu wissen: Die laufenden Kosten aktiver Fonds enthalten auch Provisionen für den Fonds­vertrieb. Damit sollen die Kosten für die Beratung abge­deckt werden. Ärgerlich: Selbst wenn Anleger den Fonds bei einem Online-Broker kaufen, der sie nicht berät, fallen die laufenden Kosten genauso hoch aus.

Ungefähr so teilen sich die Kosten in einem aktiven Fonds auf:

  • rund 10 Prozent für die Verwaltung (Prospekt, Jahres­berichte, Depot­bank),
  • rund 10 Prozent Handels­kosten für den Kauf und Verkauf der Wert­papiere inner­halb des Fonds,
  • rund 40 Prozent für den Manager,
  • rund 40 Prozent für Vertrieb und Beratung.

Auf aktives Management können Anleger getrost verzichten. Wer zusätzlich auf Beratung verzichten kann, nutzt am besten ETF. Dann wird die Geld­anlage deutlich güns­tiger – ohne Qualitäts­einbußen.

„ETF? Sie wollen doch keine schlechten Aktien in Ihrem Fonds haben!“

Immer wieder hört man das Argument, dass ETF den großen Nachteil hätten, auch in „schlechte“ Aktien zu investieren. Nun, wenn es für die Profis immer so einfach wäre, nur die Guten ins Töpf­chen zu holen, dann gäbe es eine große Auswahl toller, aktiv verwalteter Fonds. Die gibt es aber nicht. Der Grund ist einfach: Der Anlage­erfolg wird zum großen Teil durch Glück und Pech bestimmt. Durch Stock­picking – so nennt man die gezielte Aktien­auswahl – lang­fristig eine bessere Rendite zu erzielen, ist eine Illusion. Ja, es stimmt: In einem Index, und somit auch im ETF, sind künftige Gewinner genauso enthalten wie künftige Verlierer. In einem aktiv gemanagten Fonds ist es jedoch nicht anders. Auch sie setzen beileibe nicht nur auf die besten Titel der Zukunft. Das zeigt sich im Anlage­erfolg: Trotz der „schlechten“ Aktien in den Portfolien von ETF lassen diese die aktiv gemanagten Fonds meist hinter sich.

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„Lang­fristig werden Fonds­manager besser sein.“

Gerne wird auch seitens der Fonds­manager argumentiert, dass sie zwar nicht die Glaskugel hätten, um das recht kurz­fristige und erratische Auf und Ab der Kurse vorherzusagen. Doch würden lang­fristig wieder die Kenn­zahlen zum Tragen kommen, die sie analysieren und berechnen können. Dass es sich hier um ein vereinfachtes Bild der Aktien­kurs­entwick­lungen handelt, ist klar. Aber es klingt nicht unplausibel.

Wenn Fonds­management jedoch so funk­tionieren würde, wie hier beschrieben, dann müsste man über längere Zeiträume mehr bessere Manager finden als über kurze Zeiträume. Das Gegen­teil ist der Fall. Je länger der Zeitraum, in welchem man Fonds­manager mit dem Markt­durch­schnitt vergleicht, desto schlechter schneiden sie ab.

„Partizipieren Sie am Wirt­schafts­wachs­tum!“

Insbesondere wenn Berater Anlegern eine Investition in Aktien aus Schwellenländern schmack­haft machen wollen, greifen Sie gerne zum Argument, damit würde man ganz einfach vom tollen Wirt­schafts­wachs­tum dort profitieren können. Doch ein hohes Wirt­schafts­wachs­tum bedeutet nicht zwingend florierende Aktien­kurse. Die Ökonomien der Schwellenländer sind in den vergangenen Jahren oft stärker gewachsen als die der Industrieländer, aber bei den Aktien­kursen war es umge­kehrt.

Zwei mögliche Gründe, warum der Zusammen­hang aus Wirt­schafts­wachs­tum und Aktien­entwick­lung so schwach sein könnte:

  • Nur ein Teil der Unternehmen ist börsennotiert. Zum Wachs­tum tragen aber auch die anderen bei. Aktiengesell­schaften und die Wirt­schaft eines Landes haben also oft nur eine kleine Schnitt­menge. Entsprechend wenig korrelieren sie.
  • An der Börse wird die Zukunft gehandelt, heißt es. Wirt­schafts­wachs­tum wird aber für die Vergangenheit berechnet. Die eine Größe schaut also nach vorne (mit all den Unwäg­barkeiten), die andere zurück.

Wer an seinem Berater hängt

Filial­bank­kunden, die Beratung wünschen, werden in der Regel nicht die von uns mit 1. Wahl ausgezeichneten ETF empfohlen bekommen. Hier sind die gemanagten Fonds des Bank­part­ners angesagt. Aber auch da ist die Auswahl groß und Berater empfehlen nicht immer, was wir für sinn­voll erachten.

Um Anleger zu unterstützen, die bei ihrem Filial­bank­berater bleiben möchten, analysieren wir auch aktiv verwaltete Fonds verschiedener Banken­gruppen und prüfen sie auf lang­fristige Stabilität und Anlage­erfolg. Manche können wir dann als Kompromiss empfehlen: Wir zeichnen sie als „stabile Fonds“ aus. Sie sind nicht so empfehlens­wert wie markt­breite ETF, aber taugen aus unserer Sicht am ehesten für den lang­fristigen Vermögens­aufbau – wenn man bei seiner Filiale bleiben möchte.

Tipp: Um diese Fonds zu finden, klicken Sie in der Suchmaske unseres Fondsfinders auf „Alle Fonds“. Auf der nächsten Seite wählen Sie „Weitere Filter“ und dort „Finanztest-Anla­gestrategien“ aus. Klicken Sie dann „Stabile Fonds aus Filial­banken“ an.

Wer seine Geld­anlage selbst in die Hand nehmen möchte, dem empfehlen wir das Pantoffel-Portfolio, unsere bequeme Anla­gestrategie.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Rentenberater10 am 11.04.2024 um 07:52 Uhr
    Unsere Banken- und Finanzwirtschaft betreibt viel

    Ich frage mich oft, was die Bürger davon abhält mit wachem Blick auf ihre Finanzen zu blicken. Mein FAzit: Unsere Bank- und Versicherungswirtschaft betreibt soviel Lobbyismus in Verbindung mit Parteispenden, dass der Bürger eine Art von "Gehirnwäsche" ausgesetzt ist. Vor allem die so "nahen" Raiffeisenbanken und Sparkassen, welche ja eigentlich ihren Genossen bzw. Einwohnern gutes tun sollten, stechen besonders durch dreiste Gebühren und sonstige "Beratung" heraus.

  • marotoma am 08.04.2024 um 20:39 Uhr
    Glaube schlägt Wissen

    Ich verfolge die Finanzberichterstattung seit vielen Jahren. Und jeder, der sich nur wenig mit Geldanlage befasst, kann wissen, dass es bei Anbietern von Finanzprodukten keine Beratung sondern nur mehr oder weniger unseriöse und inkompetente Verkaufsanbahnungen gibt. Aber da viele an ihre "gute" Bank oder den seriösen Finanzdienstleister mit den tollen Renditen glauben, schlägt Glaube das Wissen. Und daher darf der "Finanztest" weiter in Sisyphos-Manier an Verstand und Einsicht appellieren, während sich in der realen Realität die Lemminge über die Klippen stürzen.