Der historische Test (10/1973) Auto­kinder­sitze – statt Sicherheit ein Haufen Schrott

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Der historische Test (10/1973) - Auto­kinder­sitze – statt Sicherheit ein Haufen Schrott

Sorgenvolle Kinder­augen. Auf dem Titel des Test-Hefts sorgte der kleine Junge 1973 für ordentlich Aufmerk­samkeit. Tatsäch­lich durchs Prüf­labor rasen musste er natürlich nicht. © Stiftung Warentest

„Nur wenige Auto­kinder­sitze sind sicher“, titelte test im Jahr 1973. „Kein Wunder“, mag denken, wer sich die dürren Rohr­gestelle anschaut. Doch sie galten als akzeptabel.

Im Jahr 1973 bestimmen Ölkrise und Watergate-Affäre das Welt­geschehen – und der FC Bayern München wird zum vierten Mal Deutscher Meister. Im Auto fahren kleine Kinder 1973 häufig noch auf dem Schoß der Mutter mit.

Die Unfall­statistik ist verheerend: Jähr­lich sterben Anfang der siebziger Jahre tausende Kinder im Straßenverkehr. Dabei sind Auto­kinder­sitze schon auf dem Markt. Viele Sitze taugen aber nichts, wie ein Test der Stiftung Warentest 1973 enthüllt (hier gibt es das PDF des historischen Testberichts).

Rohr­gestell­sitze – durch die Bank gefähr­lich

Der historische Test (10/1973) - Auto­kinder­sitze – statt Sicherheit ein Haufen Schrott

Nach einem Aufprall mit 30 km/h sehen die meisten Sitze grausig aus. Wie ein Taschen­messer klappen oben nicht fixierte Rohr­gestelle zusammen. © Stiftung Warentest

Von 15 geprüften Sitzen fielen seiner­zeit 11 durch. Besonders die schlechte Performance von Rohr­gestell­sitzen schockierte die Tester und die Öffent­lich­keit. Schon bei Unfällen mit geringen Geschwindig­keiten klappten die Rohr­gestelle im Prüf­labor zu Schrott zusammen, zerbrachen oder knallten samt Kind gegen den Vordersitz. Auch einige Schalensitze – die gab es seiner­zeit auch schon – konnten im Test nicht über­zeugen.

Nur zwei Sitze machten ihre Sache sehr gut und erhielten das entsprechende Test­urteil: KL Jeenay Safety Seat (105 Mark) und Römer Peggy (100 Mark).

Auch heute noch Auto­kinder­sitze mit der Note „mangelhaft“

Die Stiftung Warentest hat Kinder­sitze seitdem regel­mäßig im Unter­suchungs­programm und untersucht im Crashtest, wie gut die Sitze Kinder bei einem Front- und Seiten­aufprall schützen. Die Prüfer schauen auch auf Schad­stoffe und unter­suchen, wie gut sich die Sitze hand­haben lassen.

Der Markt hat sich gewandelt. Anders als 1973 gibt es heute viele Sitze, die gut schützen und sogar günstig sind. Durch die Prüfung fallen Sitze aber immer noch: Derzeit sind in der Testdatenbank Autokindersitze 417 Sitze – 46 davon haben das Qualitäts­urteil mangelhaft.

Unsere Tests für die Sicherheit von Kindern

Damit Kinder sicher im Straßenverkehr unterwegs sind, prüft die Stiftung Warentest nicht nur Auto­kinder­sitze. Sie finden auf test.de auch Untersuchungen von Kinderfahrrädern, Tests von Fahrradanhängern und von Kinderfahrradsitzen – und natürlich auch von Kinderfahrradhelmen.

O-Ton 1973: Der Einstieg in den historischen Testbe­richt

„Wie oft sieht man es immer noch: Mutter sitzt vorn auf dem Beifahrersitz, dem „Todes­sitz“, und hält ihr Kleinkind im Arm. Fahr­lässig kann man zu dieser Praktik kaum mehr sagen; sie ist im höchsten Grad lebens­gefähr­lich. Selbst wenn die Mutter ange­schnallt ist, hilft das dem Kind gar nichts. Schon bei einem geringen Aufprall ist die Mutter gar nicht mehr fähig, das Kind fest­zuhalten; es wird unweigerlich gegen die Front­scheibe geschleudert.

In Österreich und der Schweiz ist per Gesetz die Mitnahme von Kindern auf den vorderen Auto­sitzen verboten. Auch bei uns wäre eine solche Vorschrift angebracht. Kinder gehören in jedem Fall auf den Rück­sitz. Aber damit nicht genug. Sie müssen ausreichend gesichert sein. Sonst werden sie schon bei geringem Aufprall hilf­los durch den Wagen geschleudert.

Babys gehören in einen Tragekorb oder ins abnehm­bare Oberteil des Kinder­wagens quer auf den Rück­sitz. Damit der Korb nicht auf dem Sitz hin- und herrutscht, muß der rechte Vordersitz ganz zurück­geschoben werden. Der noch verbliebene Abstand wird am besten noch ausgestopft. Vorbild­lich kinder­freundlich ist der Renault 16: Hier lassen sich Vordersitz und Rück­bank nahtlos aneinander­schieben. In allen Autos ist eine zusätzliche Sicherung des Babykorbs mit Gurten sehr zu empfehlen.

Kinder von ein bis etwa vier Jahren brauchen einen gut verankerten Auto­kinder­sitz. Wobei die Alters­angabe mit Vorsicht zu genießen ist: Erst ein Kind, das ohne jede Schwierig­keit richtig sitzen kann, darf vom Babykorb in den Kinder­sitz umsteigen.“

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