E-Growing mit My First Plant Digitales Gras aus Österreich

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E-Growing mit My First Plant - Digitales Gras aus Österreich

Cannabis­pflanzen. Bei Platt­formen, die hohe Renditen durch E-Growing versprechen, sind in einigen Fällen Zweifel angebracht. © Getty Images / Jena Ardell

In Cannabis kann man digital investieren. Der Anbieter Juicyfields verfolgte mutmaß­lich ein Betrugs­modell. Nun setzen wir eine weitere Firma auf unsere Warn­liste.

Nachdem Finanztest den Fall der Internetplattform juicyfields.io detailiert offenlegte, kam es zu Haus­durch­suchungen. Die Ermitt­lungen dauern an. Es geht dabei mutmaß­lich um ein Betrugs­modell, bei dem Anleger in mehr­stel­liger Millionenhöhe geschädigt wurden.

Juicyfields bean­spruchte für sich, das Geschäfts­modell des E-Growing mit erfunden zu haben. Dabei investieren Anleger digital über eine Platt­form in Pflanzen, die bewirt­schaftet werden. Den E-Growern wurden anfangs – möglicher­weise aus den Geldern anderer Anleger – jähr­liche Renditen in zwei­stel­liger Höhe ausgezahlt, bis das mutmaß­liche Betrugs­system kollabierte.

Unser Rat

Lock­anreize. Seien Sie stets vorsichtig, wenn Sie bei neuen und vermeintlich zeitgemäßen Geschäfts­modellen mit Renditen angelockt werden, die deutlich über dem Markt­üblichen liegen. Das gilt vor allem, wenn es sich um angeblich dauer­hafte Angebote handelt, die mit einem Prämien- oder Provisions­modell beworben werden. Auch Youtube-Videos, die mit Affiliate-Links auf Seiten des Anbieters verweisen, sind nicht unabhängig.

Genehmigung. Wer Geld­anlagen anbietet, benötigt in der Regel die Genehmigung der Finanz­aufsicht Bafin und einen Prospekt, der über die Risiken aufklärt. Diese Informationen finden Sie in der Unternehmensdatenbank der Bafin.

Wunder­same Geld­vermehrung

Juicyfields ist aber nicht der einzige E-Growing-Anbieter. Da gibt es auch noch die Platt­form myfirst­plant.eu, hinter der die MFP My First Plant GmbH aus Österreich steckt. Sie wurde 2020 von Mario Abraham gegründet und verspricht Wunder­sames mithilfe von Cannabis­pflanzen, die CBD enthalten – Wirk­stoffe, die nicht berauschen: „Durch den Verkauf der Ernteerträge ... erwirt­schaftet dir deine Pflanze von allein den Kauf­preis.“ Regel­mäßige Ernteerlöse als dauer­hafte Geld­vermehrung – zu viel Glauben sollten Anleger dem nicht schenken.

Fragwürdige Marketing­methode

Der Firmengründer hat eine einschlägige Vorgeschichte. Abraham, gerade einmal Anfang 30, arbeitete zuvor bei einer Firma, die Teil des Unter­nehmens­netz­werkes von EXW Wallet war. EXW versprach hohe Renditen beim Verkauf von Kryptowährungen; außerdem stellte die Firma Anlegern Gelder in Aussicht, wenn sie weitere Kunden warben: „Multi-Level-Marketing“ nennt sich das. Es erinnert an ein Schnee­ball­system. EXW schaffte es ins österrei­chische Fernsehen, weil die dortige Finanzmarkt­aufsicht FMA warnte, der EXW fehle es an einer Genehmigung für ihr Geschäft. In Foren beschwerten sich später Anleger, nie Auszahlungen erhalten zu haben. Inzwischen gibt es die Firma nicht mehr.

Steile Versprechen

Abraham teilt auf Anfrage von Finanztest mit, bei der Beziehung zu EXW habe es sich „um ein Angestell­tenverhältnis bzw. Dienst­leistungs­verhältnis“ gehandelt. Auf der Webseite wurde er indes als „Sales Depart­ment Manager“ geführt und hatte Prokura. Außerdem beteiligen sich zwei ehemalige EXW-Kollegen wieder bei My First Plant.

Und ebenso wie bei EXW lockt auch MFP mit steilen Versprechen: „Bei aktueller Markt­lage hast du etwa 40 % – 50 % Rendite im Jahr“, hieß es bei myfirst­plantinfo.eu. Die Website ist von MFP auto­risiert, wird aber von anderen betrieben. Auch von Juicyfields existierten verschiedene Websites, die wie eigene aussahen. Juicyfields distanzierte sich jedoch später, als sie auf gut klingende Versprechen einer solchen Seite angesprochen wurden.

Seiten mitt­lerweile offline

Interes­santer­weise wurde die Seite jucyfields.com (vorne ohne „i“ geschrieben), die nach dem Auffliegen des Betrugs aus dem Internet gelöscht wurde, von derselben Firma aus Sachsen betrieben wie die Website myfirst­plants.de. Auch Letztere ist nun offline.

Juicyfields begründete das Fehlen eines Anla­gepro­spektes damit, gar keine Investments anzu­bieten, sondern nur E-Growern eine Platt­form, um sich mit Produzenten von Cannabis­pflanzen zu verbinden.

Auch My First Plant hat keinen Prospekt bei der Finanz­aufsicht hinterlegt. Die Firma schreibt auf Anfrage, sie habe sich „lediglich verpflichtet, die Pflanzen im Namen und Auftrag des Kunden ... zu bewirt­schaften und ... deren Ernteerträge abzu­kaufen bzw. zu veräußern.“ Sie sei also zu keinem Prospekt verpflichtet.

Weder die deutsche noch die österrei­chische Finanz­aufsicht warnen und wollten dies auf Anfrage nicht begründen.

Auf die Warn­liste

Die Vorgeschichte der Akteure, unrealistische Renditen und Prämien, das problematische Multi-Level-Marketing, die schwammigen Angaben zu Anbauflächen, -orten und Abnehmern – Gründe genug, My First Plant auf unsere Warnliste Geldanlage zu setzen.

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