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Die Arbeit eines Lime-Juicers: Viel Risiko für wenig Lohn

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E-Scooter mieten - Circ, Lime, Tier und Voi im Check

Fragwürdig aufgeladen. Lime lässt die weiß-grünen Elektroflitzer zum Teil von selbst­ständigen „Juicern“ aufladen. Wie im Deutschen kann „Juice“ („Saft“) auch in der eng­lischen Umgangs­sprache für Energie stehen. © Pablo Castagnola

Leicht verdientes Geld und flexible Arbeits­zeiten verheißt Lime seinen „Juicern“. Anders als seine Konkurrenten engagiert das US-amerikanische Unternehmen zum Einsammeln und Aufladen der Roller neben Logistikfirmen und eigenen Angestellten auch Privatpersonen. Über seine App wirbt Lime offensiv Nutzer an. Sie sollen selbst­ständige Juicer werden und leere Elektro-Scooter aufladen, etwa in den eigenen vier Wänden. Wir wollten wissen, unter welchen Bedingungen sie arbeiten und haben eine Test­person losgeschickt, einen Tag verdeckt als Juicer zu jobben.

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Gewer­beschein interes­sierte Lime nicht

Wer den Schritt ins Juicer-Dasein wagt, muss keine großen Hürden über­winden. Die Registrierung erfolgt direkt in der App, hoch­laden muss unsere Test­person dazu nur ihren Personal­ausweis. Auch ein Gewer­beschein – der Nach­weis einer angemeldeten, selbst­ständigen Tätig­keit – sollte laut Lime vorliegen. Sehen wollte das Unternehmen ihn bei der Registrierung aber nicht. Vielleicht ja bei der kurzen Schulung, die Juicer besuchen müssen, bevor Lime die Lade­kabel heraus­gibt? Fehl­anzeige. Der Vertrag wird unserer Testerin ausgehändigt, ohne dass sie weitere Dokumente vorlegen muss.

Juicer müssen sich selbst versichern

Schon ein erster schneller Blick in das 31-seitige Dokument macht klar: Risiken gehen komplett auf die Kappe der Juicer. Lime fordert von ihnen unter anderem eine Betriebs­haft­pflicht­versicherung, eine Gebäude- und Hausrats­versicherung sowie eine Sach- und Brand­schutz­versicherung. Schließ­lich ist es nicht ausgeschlossen, dass sich Lithium-Akkus und/oder das Ladegerät erhitzen und Feuer fangen. Trotzdem unter­schreibt unsere Testerin den Vertrag. Sie erhält ein Lade­kabel und macht sich auf die Suche nach stromhung­rigen Lime-Scoo­tern.

Schnelles Geld? Fehl­anzeige

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Bild links. Am frühen Abend ist kein leergefahrener Roller in Sicht.
Bild Mitte. Erst ziemlich spät tauchen stromhung­rige E-Roller in der App auf. 4,40 Euro oder 4,50 Euro gibts fürs Aufladen.
Bild rechts. Die aufgeladenen Roller dürfen nur an Knoten­punkten abge­stellt werden. Am nächsten Morgen ist in der Nähe kein Abstell­platz mehr frei. © Screenshot Lime

Für das Einsammeln, Aufladen und Ausliefern eines Scoo­ters erhalten Juicer in Berlin zwischen 4,30 Euro und 4,90 Euro. Allerdings nur, wenn die Scooter voll geladen und bis spätestens 7 Uhr wieder auf der Straße stehen – andernfalls gibt es Abzüge. Die App zeigt Roller ohne Saft an. Unsere Test­person liegt allerdings einige Stunden auf der Lauer, ehe am späten Abend der erste leergefahrene Scooter in der Nähe auftaucht.

Fürs Aufladen bleibt nicht viel Zeit

Nun gilt es, das schwere Gefährt zu Fuß einzusammeln und nach Hause zu rollern. Fürs Aufladen bleibt nicht mehr viel Zeit. Gut fünf Stunden dauert der Lade­vorgang und kostet etwa 10 Cent. Während die potenzielle Kund­schaft noch schläft, wollen wir unseren Roller morgens um 6 ausliefern. Die Flitzer dürfen nur an bestimmten Knoten­punkten abge­stellt werden, maximal vier pro Stand­ort. Schnell wird unserer Testerin klar: Sie ist spät dran. Die meisten Punkte sind schon besetzt, sodass sie lange nach einem freien Platz suchen muss. Erst zwei Minuten vor der Dead­line über­gibt sie den Roller wieder der Allgemeinheit. Müde stellt sie fest: Flexibles und entspanntes Arbeiten sieht anders aus.

Fazit: E-Scooter privat aufladen lohnt sich – jedenfalls für Lime

Die Nacht war kurz, der Verdienst gering. Um auf den gesetzlichen Mindest­lohn zu kommen, muss man vier Roller inner­halb von zwei Stunden einsammeln und ausliefern, die Lade­zeit nicht mitgerechnet. Zu Fuß ist das kaum zu bewältigen. Mit einem Lieferwagen lassen sich zwar mehr Scooter trans­portieren und einige Euro zusätzlich verdienen, allerdings bleiben dann auch die Sprit- und Wartungs­kosten des Fahr­zeugs am Juicer hängen. Dazu kommen Abzüge für Steuern und Versicherungen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • newdaddy am 19.12.2020 um 17:21 Uhr
    Update für Zeus Roller wäre gut

    Es gibt ja jetzt in immer mehr Städten die Zeus Roller. Drei relativ große Räder, dadurch kommt man besser über Unebenheiten.
    Preise wie bei den anderen.
    Genial: Die Batterie ist entnehmbar, d.h. die Geräte lassen sich deutlich leichter wieder aufladen, der "Juicer" muss nur rumfahren und Batterien tauschen. Der Roller bleibt wo er ist.
    Nein, ich bin mit denen nicht verbandelt.

  • Deee am 28.09.2020 um 07:05 Uhr
    Betrügerisches Verhalten

    Ich konnte in unserer Stadt mit Start von Voi einige Kunden werben und habe dadurch ein kleines Guthaben angesammelt.
    Irgendwann erkannte Voi darin "betrügerisches Verhalten" und hat meine Kundenwerbungen nicht mehr mit dem versprochen Guthaben prämiert.
    Mittlerweile wurde sogar mein kompletter Account dauerhaft eingefroren, so dass ich keine Chance mehr habe, das vorhandene Guthaben zu nutzen.
    Meine Anfragen perlen am Support ab und ich bekomme - wie in einigen Internetforen zu lesen - nur noch die Standardantwort:
    "Wir haben Ihr Konto überprüft und können feststellen, dass es gesperrt wurde und nicht wieder freigegeben werden kann, da das System es mit hohen Risiken betrügerischer Aktivitäten in Verbindung bringt."
    Ich finde es eine Unverschämtheit, mich A) um mein Guthaben zu betrügen und mir B) Betrug vorzuwerfen.
    Ich von wohl kein Einzelfall...

  • mcdome am 11.08.2020 um 11:43 Uhr

    Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

  • OrSz80 am 11.09.2019 um 09:41 Uhr
    In Hamburg preislich nicht attraktiv

    In Hamburg kosten die Roller 1€ fürs starten und 19ct bis 20 ct pro Minute.
    Die Elektroroller von Emmy kosten 23ct pro Minute ohne Startgebühr. Sprich erst nach 25 bis 33 min sind die E-Scooter gleichteuer wie die Elektroroller. Aber mit einem Emmy kann ich 50 km/h und damit viel weiter in der gleichen Zeit fahren.

  • Olfons am 04.09.2019 um 11:48 Uhr
    Erschütternde Erfahrung

    Als begeisterter Kickbike-Fahrer habe ich den Tier-Roller in Münster mit einer positiven Erwartungshaltung getestet. In Münster sind viele Radwege gepflastert. Ich wurde derart durchgeschüttelt, dass meine Zähne klapperten und mir ganz anders wurde. Entnervt und benommen habe ich nach 15 Minuten aufgegeben.
    Ich fahre lieber mit meinem luftbereiften Tretroller ohne Motor und tue etwas für meine Gesundheit. Damit darf ich auch auf Fußwegen und hier überall im Naherholungsgebiet fahren, auch wo es für die E-Roller gesperrt ist. Im Innenstadtbereich fahre ich aus Sicherheitsgründen gar nicht.