Facebook plant, zusammen mit Partnern im Jahr 2020 eine eigene digitale Währung an den Start zu bringen: Libra. Betrüger versuchen, daraus schon jetzt Kapital zu schlagen. test.de erklärt, wie die Betrugsmasche funktioniert – und was Verbraucher über die Kryptowährung Libra wissen sollten.
Libra: Facebooks eigene Währung soll erst 2020 kommen
Wo es um viel Geld geht, sind Betrüger nicht weit. Und bei Libra, der geplanten Kryptowährung von Facebook und verschiedenen Partnern, könnte es um sehr viel Geld gehen. Im ersten Halbjahr 2020 will Facebook seine eigene Währung weltweit an den Markt bringen. Schon jetzt suggerieren unseriöse Anbieter in sozialen Netzwerken oder auf eigens eingerichteten Internetseiten, bei ihnen könne man die neue digitale Währung bereits erwerben. Dafür sollen Kunden Bitcoin oder andere schon bestehende Kryptowährungen einzahlen, um im Gegenzug Libra dafür zu erhalten. „Der Wert von Libra steigt rasant“ heißt es auf einer der Fake-Seiten – die Hoffnung auf hohe Gewinne mit einem frühen Umtausch macht. Das ist aber Unsinn, da Libra so konstruiert ist, dass rasante Wertsteigerung oder rasanter Wertverfall gerade verhindert werden sollen (siehe unten: „Was ist Libra?“).
Umtausch bislang nicht möglich
Diese Angebote sind Betrug. Bisher können Verbraucher kein Geld in Libra umtauschen. Seiten in deutscher Sprache sind nach Kenntnis der Stiftung Warentest bisher jedoch nicht aufgetaucht und auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin teilt uns auf Nachfrage mit, dass bei ihr noch keine Beschwerden eingegangen seien.
Notenbanken und Politiker sind kritisch
Die Betrugsversuche sind ein unangenehmer Seitenaspekt des Ganzen. Größere Probleme dürfte Libra der Gegenwind von Notenbanken und Politikern weltweit bereiten. Beim Finanzministertreffen der G7-Industriestaaten hätten die Teilnehmer schwere Bedenken gegen Libra gehabt, sagte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz und erklärte, dass Währungen in die Hände demokratisch legitimierter Regierungen und Zentralbanken gehörten. Auch der US-Finanzminister Mnuchin stellte klar, dass Libra reguliert werde, erst genehmigt werden müsse und Facebook und seine Partner dafür noch einiges zu tun hätten.
Was ist Libra?
Anders als bekannte digitale Währungen wie Bitcoin soll Libra eine sogenannte Stablecoin sein. Diese sind so gestaltet, dass ihr Kurs möglichst stabil bleibt. Bei Bitcoin hingegen schwankt der Kurs extrem und ein Bitcoin ist in diesem Jahr mal 3 000 Euro und mal 10 000 Euro wert gewesen. Damit eignet sich Bitcoin für die Hoffnung auf das schnelle Geld, aber nicht als wertstabile Währung. Libra hingegen will die Stabilität unter anderem dadurch erreichen, dass für jede neu geschaffene Libra tatsächliche Vermögenswerte in Form von realen Währungen und Staatsanleihen hinterlegt werden müssen. Außerdem soll die Libra Association als „gemeinnützige Organisation“ für Vertrauen sorgen. Die Organisation besteht aus mehreren großen Unternehmen, dazu gehören neben Facebook unter anderem auch Mastercard, Visa, Ebay und Vodafone. Wie Bitcoin und andere Kryptowährungen soll aber auch Libra auf der Blockchain-Technologie basieren – was eine flexible und gleichzeitig sichere Nutzung ermöglichen kann (siehe So funktioniert das Geld aus dem Internet: Glossar).
Wer soll Libra nutzen?
Der Verbraucher in den entwickelten Industrienationen wie Deutschland scheint nicht die primäre Zielgruppe von Libra zu sein. In einem Konzeptpapier spricht Libra davon, dass 1,7 Milliarden Erwachsene weltweit „nach wie vor vom Finanzsystem ausgeschlossen“ seien, viele von ihnen allerdings Smartphones hätten. Diesen Menschen wolle man Zugang zu „besseren, günstigeren und offenen Finanzdienstleistungen“ ermöglichen. Durch Libra solle ein globales Finanzsystem entstehen, mit dessen Hilfe Menschen Geld senden, empfangen, ausgeben und sichern könnten.
Wie finanziert sich Libra?
Die Betriebskosten von Libra sollen dadurch gedeckt werden, dass die Vermögenswerte, mit denen die Libra hinterlegt sind, Zinsen abwerfen, die nicht an die Nutzer abgegeben werden. In der aktuellen Zinssituation bieten die „kurzfristigen Staatsanleihen von stabilen und angesehenen Zentralbanken“, in die Libra investieren will, allerdings wenig Rendite – auch wenn das aktuelle Zinsniveau in den USA etwas höher ist als in Deutschland. Um dem naheliegenden Vorwurf der Verwertung der Daten entgegenzutreten, hat Facebook das Tochterunternehmen Calibra gegründet, was die Trennung von „sozialen und finanziellen Daten“ gewährleisten soll. Calibra soll als digitale Geldbörse für die Libra-Währung genutzt werden können, um damit Libra zum Beispiel über den Facebook-Messenger oder WhatsApp verschicken zu können. Facebook selbst wolle vor allem daran verdienen, dass Unternehmen durch den gesteigerten Online-Handel mehr Werbung auf Facebook schalten würden, erklärte der Calibra-Chef David Marcus bei einer Anhörung vor dem US-Senat. In den Kommentarspalten im Internet glauben jedoch viele Kommentatoren nicht daran, dass Facebook die anfallenden Bezahldaten ungenutzt liegen lassen will. Von dieser Glaubwürdigkeit wird abhängen, ob die Kryptowährung Libra auch dort ein Erfolg werden kann, wo die Nutzer sinnvolle Alternativen haben.
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