Haargel im Test Große Unterschiede beim Halt

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„Mega starker Halt“ für „extreme Looks“ – Haargele werben meist mit Superkräften. Doch jedem zweiten fehlt es an Durch­halte­kraft. Einige enthalten einen kritischen Duft­stoff.

Haargel im Test Testergebnisse für 15 Haargele 09/2018 freischalten

Lässig verstrubbelt, frech zur Tolle getürmt oder streng im Wet Look nach hinten gekämmt – viele angesagte Frisuren sitzen erst dann gold­richtig, wenn Haargel ins Spiel kommt. „Ohne gestylte Haare gehe ich nicht aus dem Haus“, sagt etwa Florian Scheibe aus Berlin.

Mit vielen der von uns geprüften Haargelen dürfte der Schrift­steller allerdings nur kurz Freude haben: Zwar eignen sich alle gut zum Stylen, doch jedes zweite hält die Frisur nicht so lange in Form, wie es die Werbung verspricht. Am Ende verdienen nur 5 von 15 Gelen die Gesamt­note Gut, der Rest ist Mittel­maß. Vier werteten wir wegen eines kritischen Duft­stoffs ab.

Unser Rat

Bestes Styling­ergebnis und stärksten Halt erreicht ein Haargel vom Friseur: Schwarz­kopf Osis+ Rock Hard. Mit 6,95 Euro pro 100 Milliliter ist es recht teuer. Ähnlich gut, mit 1,03 Euro aber viel güns­tiger: dm Balea Men Maximum Power Styling Gel. Das güns­tigste gute Gel ist Aldi Süd Kür (57 Cent). Gut und frei von synthetischen Poly­meren sind die Naturkosmetika dm Alverde (1,30 Euro) und Ross­mann Alterra (1,49 Euro).

Viele Helfer für modisches Styling

Deutsch­land­weit greifen rund vier Millionen Menschen mehr­mals pro Woche zu Haargel, ergab eine Umfrage der Arbeits­gemeinschaft Verbrauchs- und Medien­analyse. Meist sind es Männer. „Haargel ist heute wieder ein Thema, anders als noch vor wenigen Jahren“, sagt Steven Meth vom Zentral­verband des Deutschen Friseur­hand­werks. „Styling­produkte dürfen im Haar wieder sicht­bar sein.“ Auch Wachs, Pasten, Haarlack und Schaum­festiger sind beliebte Helfer für modische Frisuren (Gel, Schaum oder Wachs: Festiger für alle Fälle). Erlaubt ist, was gefällt: „Mir ist wichtig, dass die Haare matt sind und nicht glänzen“, sagt die Pots­damer Sport­therapeutin Beatrice Maager.

Protzige Werbe­versprechen

Haargel soll die Haare formen, aber nicht verkleben oder beschweren. Es soll Wind und Wetter trotzen, aber leicht auswasch­bar sein. „Die Haare sollten natürlich bleiben und nicht wie Plastikhaare aussehen“, wünscht sich zum Beispiel der Berliner Schauspieler Marc C. Behrens, der privat wie beruflich auf Haar­festiger schwört. Die Gele im Test protzen vor allem mit Versprechen zur Halt­barkeit: 24 Stunden „Ultra Starker Halt“ heißt es etwa bei L‘Oréal, „ohne Rück­stände, ohne Verkleben, ohne zu beschweren“ bei Rewe und Penny, „absolute Kontrolle für maximales Power-Styling“ bei Aldi Süd. Auf vielen Tuben steht ein Haltegrad, der zeigen soll, wie stark das Gel ist. Im Test reicht er von 4 bis 8. Nutzern hilft er nur begrenzt: Es gibt keine einheitliche Definition. Jeder Anbieter erfindet eigene Skalen.

Von 85 Cent bis 25 Euro pro Tube

Auf den Prüf­stand kamen Männer- und Unis­expro­dukte – teure vom Friseur wie Marlies Möller, Klassiker wie Wella, güns­tige aus dem Drogerie- oder Supermarkt. Die Preisspanne ist riesig: Sie reicht von 85 Cent bis rund 25 Euro pro Tube. Wir untersuchten die Gele in drei Schritten. Ein Friseur frisierte 22 Männer und Frauen mit den Gelen, mit einem weiteren Friseur beur­teilte er dann ihr Styling­potenzial – etwa in Bezug auf Festig­keit, Volumen und Glanz der Frisur. In dieser Prüfung unterschieden sich die Gele nur in Details (Testergebnisse). Im zweiten Schritt benutzten Test­personen die Gele zu Hause und bewerteten, wie sie sich im Alltag anwenden lassen. Als Drittes prüften wir ihre Halt­barkeit im Labor. Dazu setzten wir gegelte Haarlo­cken einer Belastung aus, die eine Tragedauer von einem Tag simuliert.

Test­verlierer heißt 3 Wetter Taft

Schnell wurde klar: Aussagen wie „ultra starker Halt“ sind über­trieben, Nutzer sollten realistische Erwartungen haben. Nur zwei Gele hielten die Locken super in Form: das güns­tige Maximum Power Styling Gel von dm und das teure Schwarz­kopf Osis+ Rock Hard aus dem Friseur­handel. Als einziges erreichte Osis+ auch im Friseurtest ein Sehr gut. Das macht es zum Testsieger.

Schwarz­kopf gehört zur Firma Henkel, dem Markt­führer von Haar­pflege- und Haarstyling­produkten. Ironie dieses Tests: Henkel stellt neben dem Testsieger auch den Test­verlierer her. Sein Verkaufs­schlager 3 Wetter Taft verspricht 48 Stunden „Power-Halt“, kam im Halt­barkeits­test aber am schlechtesten weg.

Vier Gele mit kritischem Duft­stoff

Vier Haargele enthalten den Duft­stoff Butylphenyl Methyl­propional, der unter dem Namen Lilial gehandelt wird: 3 Wetter Taft, Edeka, L‘Oréal und Netto Marken-Discount. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU (SCCS) stuft Lilial als kritisch ein: Möglicher­weise kann er das Erbgut verändern. Im Tier­versuch zeigte sich, dass Lilial die Fort­pflan­zungs­fähig­keit beein­trächtigen kann. Solange es keine Entwarnung gibt, hat Lilial unserer Ansicht nach in Kosmetika nichts zu suchen. Alle vier Gele bekamen Punkt­abzug.

Ohne Poly­mere gäbe es kein Haargel

Immerhin: Kein Gel enthält Mikro­plastik, versichern die Anbieter. Die winzigen festen Kunst­stoff­partikel stehen in der Kritik, da sie die Umwelt belasten. Ohne Kunststoffe geht es jedoch meist nicht: Lösliche Poly­mere sorgen für die gelartige Konsistenz der Produkte und dafür, dass das Haar fest wird. Sie werden mit Löse­mitteln wie Wasser oder Alkohol kombiniert. Wenn die Löse­mittel verdunsten, setzen sich die Poly­mere am Haar ab, über­ziehen es wie ein feines Netz und härten aus. Die ökologischen Auswirkungen der Poly­mere sind unzu­reichend erforscht. Klar ist, dass einige schwer abbaubar sind .

Naturkosmetika eine Alternative

Umwelt­bewusste Nutzer können zu den Naturkosmetik-Gelen dm Alverde und Ross­mann Alterra greifen. Sie verwenden natürliche Poly­mere wie Schellack oder Xanthan Gummi, die durch Mikro­organismen voll­ständig abge­baut werden können. Beide erwiesen sich als echte Alternative zu konventionellen Haargelen: Die Styling-, Halt­barkeits- und Anwendungs­prüfung bestanden sie mit gut. Konsistenz und Duft sind allerdings gewöhnungs­bedürftig, wie unsere Prüf­personen berichten.

„Nach­stylen ist schwierig“

Alle Gele im Test können laut Anbietern ins feuchte oder trockene Haare einge­arbeitet werden. Friseur Steven Meth empfiehlt, dazu die Hände anzu­feuchten. „Das macht das Gel geschmeidiger und verzögert den Trock­nungs­prozess.“ Wer wenig Erfahrung hat, sollte ein Gel mit schwächerem Haltegrad ausprobieren. Denn: „Bei Haargel ist Nach­stylen schwierig.“ Wichtig: Vor dem Schlafen­gehen sollte Haargel ausgewaschen werden. Sonst drohen am nächsten Morgen gebrochene Haare und unlieb­same Rück­stände.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 28.04.2014 um 12:40 Uhr
    @lagunnar

    Grundsätzlich kann jede Substanz im Einzelfall - abhängig von der individuellen Empfindlichkeit - unerwünschte Hautreaktionen beim Anwender auslösen, was dann allerdings dem Produkt schwerlich anzulasten ist. Selbst gegenüber natürlichen Bestandteilen (z.B. Harze, ätherische Öle) können Allergien oder Überempfindlichkeiten entwickelt werden. Hautreaktionen sind nicht per se den Parabenen zur Last zu legen. Mit Hilfe eines Allergologen kann man klären, welche Substanz die Hautreizungen hervorruft, so dass diese künftig gemieden werden kann. Eine Stellungnahme zum Einsatz von Parabenen als Konservierungsstoff und zur BUND-Liste sind unter folgendem Link zu finden: www.test.de/Parabene-als-Konservierungsmittel-in-Kosmetika-Unnoetige-Verunsicherung-4590686-0/ (BP)

  • lagunnar am 24.04.2014 um 20:11 Uhr
    Bloß kein Wella

    Ich benutzte das Wella-Gel seit lagem und war von den Stylingeigenschaften her sehr zufrieden ABER ich habe festgestellt, dass meine Kopfhaut sehr sehr drunder leidet. Ich dachte immer, ich hätte die offenen Stellen meiner Kopfhaut wegen Stress, irgendeiner Mangelerscheinung oder zu wenig Schlaf aber nein!
    Nachdem ich das Gel mal für eine Woche abgesetzt habe, waren alle pickelähnlichen oder z.T. auch schorfigen Stellen und offenen Wunden weg.
    Ich habe dann mal geschaut auf der Tox Fox Seite des BUND und siehe da... Wella hat hormonell wirksame Stoffe als Konservierungsmittel im Einsatz. Dafrage ich mich doch, wie so ein Produkt ein "Gut" von der Stiftung Warentest bekommen kann.
    Ich finde das skandalös, das so gesundheitsschädliche Produkte sogar noch angepriesen werden.
    Also: Finger weg von Wella!