Künst­lersozialkasse Kreative gut versichert

0
Künst­lersozialkasse - Kreative gut versichert

Künst­lersozialkasse. Ohne die Künst­lersozial­versicherung könnten viele selbst­ständige Kunst- und Kulturschaffende ihren Beruf nicht ausüben. © Getty Images / Abraham Gonzalez Fernandez

Die Künst­lersozialkasse über­nimmt für selbst­ständige Künstler und Publizisten die Hälfte der Kranken-, Pflege- und Renten­versicherungs­beiträge.

Kunst- und Kulturschaffende sind sozial meist schlechter abge­sichert als Selbst­ständige und Freiberufler anderer Wirt­schafts­zweige. Sie haben oft zeitlich befristete Engagements oder leben von Aufträgen und Honoraren. Ihr Spielraum bei Verhand­lungen ist meist gering, die Entlohnung in vielen Fällen nied­rig. Bleiben die Kunden weg und gibt es keine Rück­lagen, verschulden sie sich oder müssen staatliche Unterstüt­zungs­leistungen beantragen. Eine wichtige Hilfe der sozialen Absicherung für Kreative ist die Künst­lersozialkasse.

Zwar lässt sich im Kultur­bereich durch­aus viel Geld verdienen. Jede Branche hat ihre Stars, ob Film, Oper, Malerei oder Literatur. Doch Glamour und hohe Gehälter sind nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Beispiels­weise verdienen von den rund 15 000 Schauspiele­rinnen und Schauspielern in Deutsch­land, die für Theater, Film oder Fernsehen arbeiten, nur knapp 5 Prozent über 100 000 Euro brutto im Jahr. Rund die Hälfte verfügt nur über ein Jahres­einkommen von unter 20 000 Euro.

Das Wichtigste in Kürze

Versicherungs­pflicht prüfen. Üben Sie eine selbst­ständige künst­lerische oder publizistische Tätig­keit aus, und zwar erwerbs­mäßig und nicht nur vorüber­gehend, sind Sie nach dem Künst­lersozial­versicherungs­gesetz (KSVG) versicherungs­pflichtig. Sie müssen sich bei der Künstlersozialkasse (KSK) melden. Die KSK prüft, ob Sie alle Voraus­setzungen für die Pflicht­versicherung erfüllen.

Krank­heits­fall absichern. Sind Sie über die KSK gesetzlich kranken­versichert, erhalten Sie bei langer Krankheit – anders als Angestellte – keine sechs­wöchige Lohn­fortzahlung. Die Kasse zahlt erst ab dem 43. Tag Krankengeld. Mit einem zusätzlichen Krankengeld­tarif, dem so genannten Wahl­tarif, können Sie sich bereits ab dem 15. Krank­heits­tag finanziell absichern, und zwar privat oder gesetzlich (test.de/wahltarif-gkv).

Soziale Absicherung für Kunst- und Kulturschaffende

Um freiberuflich arbeitende Kreative existenziell abzu­sichern, hat im Jahr 1983 die damalige Bundes­regierung die Künst­lersozial­versicherung ins Leben gerufen. Künstler, Künst­lerinnen, Publizisten und Publizistinnen haben über sie eine ähnliche Absicherung wie Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer. Sie können ihre Krankenkasse frei wählen und zahlen in die gesetzliche Renten­versicherung ein. Für die Verwaltung und Koor­dination ist die Künst­lersozialkasse (KSK) mit Sitz in Wilhelms­haven zuständig. Aktuell sind rund 195 000 Kreative über die KSK versichert.

Pflicht­versicherung für Kreative

Die Künst­lersozial­versicherung ist eine Pflicht­versicherung für selbst­ständige Künst­lerinnen, Künstler, Publizisten und Publizistinnen. Freiberuflich tätige Kreative kommen wie Angestellte nur für die Hälfte der Sozial­versicherungs­beiträge für die Kranken-, Pflege- und gesetzliche Renten­versicherung selbst auf. Die Höhe ihrer Sozial­versicherungs­beiträge wird jähr­lich neu berechnet – nach dem voraus­sicht­lichen Jahres­einkommen aus der selbst­ständigen künst­lerischen oder publizistischen Tätig­keit. Nach welchen Regeln Versicherte ihren voraus­sicht­lichen Gewinn, nach dem sich ihr individueller Beitrags­anteil richtet, kalkulieren können, erklärt Rechts­anwalt Andri Jürgensen im Interview.

Wie wird die Künst­lersozialkasse finanziert?

Die KSK-Versicherten bringen 50 Prozent ihrer Sozial­versicherungs­beiträge auf, für 30 Prozent kommen die Verwerter auf, also Verlage und Unternehmen. Sie zahlen eine Künst­lersozial­abgabe, wenn sie Leistungen von Kreativen in Anspruch nehmen. Der Bund bezu­schusst die Ausgaben der KSK in Höhe von 20 Prozent. Zudem über­nimmt der Bund die Verwaltungs­kosten der Künst­lersozialkasse.

Mindest­einkommen von 325 Euro monatlich

Voraus­setzung für die Versicherungs­pflicht ist ein voraus­sicht­liches Jahres­arbeits­einkommen in Höhe von 3 900 Euro beziehungs­weise 325 Euro monatlich. Diese Grenze gilt seit dem Jahr 2004. Wer dieses Arbeits­einkommen nicht nach­weisen kann, bleibt versicherungs­frei. Ausgenommen sind Berufs­anfän­gerinnen und -anfänger. Sie unterliegen einem besonderen Schutz. Lesen Sie, welche Regeln für Berufsanfänger gelten.

Wer ist in der Künst­lersozialkasse versichert?

Nicht jeder, der sich Künstler nennt, hat Zugang zur Künst­lersozial­versicherung. Die KSK prüft, ob jemand selbst­ständig künst­lerisch oder publizistisch tätig ist – nicht aber, ob er oder sie gute Arbeit leistet. Es gibt gesetzliche Vorgaben, doch das Gesetz ist knapp formuliert. Selbst­ständige Künstler und Publizisten sind versicherungs­pflichtig, wenn sie ihre Tätig­keit „erwerbs­mäßig“ und „nicht nur vorüber­gehend“ ausüben.

  • Künst­lerin oder Künstler ist, wer Musik beziehungs­weise darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt.
  • Publizistin oder Publizist ist, wer als Schrift­steller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.

Hip-Hop-Tanz­lehrer und Influencer

Orientierung bietet ein Katalog mit von der KSK anerkannten Berufen, dazu gehören Schauspieler, Sänger, Fotografen oder Über­setzer. Doch der künst­lerische Bereich ist dyna­misch und neue Berufs­bilder entstehen. Gerichte haben in den 40 Jahren seit Bestehen der KSK die Kriterien weiter­entwickelt. Über 100 künst­lerische Berufe erkennt die Kasse mitt­lerweile an. Come­dians, Webde­signern und Blogger können in der KSK versichert sein – oder Influencer, die in sozialen Netz­werken für Unternehmen werben. Zur neueren Generation gehören Game-Designer, Raum­strategen und Hip-Hop-Tanz­lehrer.

Künst­lersozialkasse einzig­artig in Europa

Die Absicherung für Kreative gilt als einzig­artig in Europa. Aktuell sind fast 195 000 Menschen über die KSK versichert. Das gemeldete Durch­schnitts­einkommen liegt in den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Darstellende Kunst und Wort bei rund 18 500 Euro im Jahr, das sind 1 500 Euro monatlich. Bei diesem Einkommen zahlt eine über die KSK versicherte Künst­lerin ohne Kind monatlich knapp 300 Euro in die Sozial­versicherung. Sie verteilen sich wie folgt (Beispiel):

  • Renten­versicherung 143,38 Euro
  • Kranken­versicherung 124,87 Euro, inklusive Zusatz­beitrag Krankenkasse (je nach Kasse verschieden)
  • Pflege­versicherung 28,91 Euro

Ohne KSK wirds teuer

Zum Vergleich: Wer sich mit demselben Einkommen als Selbst­ständiger oder Freiberuf­lerin freiwil­lig selbst versichert, zahlt allein für die gesetzliche Kranken- und Pflege­versicherung rund 300 Euro monatlich und muss zusätzlich noch für seine Alters­vorsorge aufkommen. Gering­verdienende zahlen mindestens 222 Euro monatlich Kranken­versicherungs­beitrag. Steigt das Jahres­einkommen bis zur Beitrags­bemessungs­grenze, die im Jahr 2023 bei 59 850 Euro liegt, werden 978 Euro fällig.

Extra-Kranken­tagegeld vereinbaren

Ein Problem in der Praxis: Im Krank­heits­fall erhalten KSK-Versicherte von ihrer Krankenkasse ein Krankengeld, das 70 Prozent des letzten Arbeits­einkommens beträgt. Das gibt es jedoch erst ab dem 43. Krank­heits­tag. Anders als Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer erhalten sie keine sechs­wöchige Lohn­fortzahlung vom Arbeit­geber im Krank­heits­fall. Damit KSK-Versicherte in dieser Zeit nicht auf Erspartes zurück­greifen müssen, bieten die Kassen Krankengeld­tarife an, sogenannte Wahl­tarife. Es gibt sie speziell für Künstler und Publizisten. Gegen einen höheren Beitrag gibt es das Krankengeld dann schon ab der zweiten oder dritten Krank­heits­woche. Die Höhe des Krankengeldes können Versicherte selbst wählen. Für 65 Euro Krankengeld pro Tag ab dem 15. Krank­heits­tag sind monatlich je nach Krankenkasse aktuell zwischen 5 und 146 Euro Beitrag fällig, zeigt eine Stich­probe.

Krankenkasse nach Wahl­tarif fragen

Die Beitrags­spanne bei den Wahl­tarif-Angeboten der Krankenkassen ist enorm, deshalb lohnt sich ein Vergleich. KSK-Versicherte sollten sich zunächst bei ihrer Krankenkasse nach dem Wahl­tarif erkundigen. Ist dieser sehr teuer, können sie zu einer Krankenkasse mit einem güns­tigeren Wahl­tarif wechseln. Orientierung bietet ein Test der Stiftung Warentest über Krankengeld-Wahltarife aus dem Jahr 2018. Tagegeld­tarife für gesetzlich Kranken­versicherte bieten auch private Kranken­versicherer an.

Neue Regeln für den Hinzuver­dienst von Kulturschaffenden

Zum Streit mit der KSK kommt es hin und wieder, wenn es zusätzliche Einnahmen aus nicht künst­lerischer Tätig­keit gibt. Kunst- und Kulturschaffende nehmen beispiels­weise einen Minijob an, um verläss­liche Einnahmen zu haben, oder erzielen Einkünfte aus anderen Quellen. Ein Minijob mit maximal 6 240 Euro Jahres­einkommen ist generell erlaubt. Seit Januar 2023 gibt es jedoch für Hinzuver­dienste keine starren Einkommens­grenzen mehr – es wird vielmehr auf den wirt­schaftlichen Schwer­punkt der beruflichen Tätig­keit abge­stellt. Eine Lehre aus der Corona-Pandemie, als viele Künst­lerinnen und Künstler vorüber­gehend ihr Geld anderweitig verdienen mussten. Im Interview erklärt Rechts­anwalt Andri Jürgensen, was jetzt gilt.

0

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.