Künst­lersozialkasse

Interview: Gewinn­prognose richtig angeben

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Künst­lersozialkasse - Kreative gut versichert

Rechts­anwalt Andri Jürgensen hat vor seinem Jura­studium am Schauspiel­haus Kiel gearbeitet und Regie­hospitanzen absol­viert. © Olaf Bathke

Worauf bei der Gewinn­prognose zu achten ist, erklärt Rechts­anwalt Andri Jürgensen.

Warum ist es für selbst­ständige Künstler und Publizisten erstrebens­wert, über die Künst­lersozialkasse versichert zu sein?

Viele Künstler könnten ohne die Künst­lersozial­versicherung ihren Beruf nicht ausüben. Allein die Kranken­versicherungs­beiträge sind für Selbst­ständige ein immenser Kosten­faktor – egal, ob freiwil­lig gesetzlich oder privat kranken­versichert. Die KSK über­nimmt die Hälfte der Krankenkassenbeiträge, also bis über 5 000 Euro pro Jahr. Gleiches gilt für die Renten­versicherung, hier erhalten die Versicherten – je nach erzieltem Gewinn – Zuschüsse von bis zu 8 000 Euro pro Jahr.

Viele mussten sich durch Corona neu orientieren. Sind Einkünfte aus nicht-künst­lerischer Tätig­keit für KSK-Versicherte erlaubt?

Ja, unter bestimmten Voraus­setzungen. Ein Minijob mit maximal 6 240 Euro Jahres­einkommen war und ist generell erlaubt. Neu ist seit Januar 2023, dass es keine starren Höchst­grenzen für Einkommen aus nicht-künst­lerischer Tätig­keit mehr gibt. Jetzt kommt es für die KSK auf den Schwer­punkt an: Die selbst­ständige künst­lerische Tätig­keit muss also den wirt­schaftlichen Schwer­punkt der beruflichen Tätig­keit darstellen.

Gibt es ein Beispiel?

In letzter Zeit fragen häufiger KSK-Versicherte nach, die etwa über eine Erbschaft eine Beteiligung an einer familien­eigenen Kommanditgesell­schaft (KG) erhalten haben. Da geht es dann zum Beispiel um eine Immobilien­verwaltung oder produzierende Betriebe. Wurden aus der KG gewerb­liche Einkünfte von jähr­lich 20 000 Euro erzielt, führte dies in der Vergangenheit auto­matisch und rück­wirkend für bis zu vier Jahre zum Ende der Versicherungs­pflicht in der KSK – mit der Folge, dass sich jemand rück­wirkend freiwil­lig gesetzlich kranken­versichern musste. Das ist nun anders: Seit 2023 genügt für den Fort­bestand der Versicherungs­pflicht, wenn aus der Kunst ein Gewinn von beispiels­weise 30 000 Euro erzielt wird.

Kreative haben oft schwankende Einkünfte, müssen aber jähr­lich im Voraus der KSK melden, mit wie viel Gewinn sie rechnen – wonach sich die Sozial­versicherungs­beiträge richten. Was tun?

Zur Beruhigung: Sozial­versicherungs­beiträge werden nicht nachgefordert, auch wenn sich später heraus­stellt, dass die Gewinn­prognose zu nied­rig ausgefallen ist. Gewisse Abweichungen toleriert die KSK, denn es kann immer gute oder schlechte Jahre geben. Bei sehr starken Abweichungen kann die KSK ein Bußgeld verhängen, die Höchst­grenze liegt bei 5 000 Euro.

Gibt es gute Prognose-Methoden?

Es gibt zwei Methoden. Erstens: den Gewinn des Vorjahres oder Vor-Vorjahres angeben. Das birgt allerdings das Risiko, dann zu hohe Beiträge zahlen zu müssen, wenn es gerade schlechter läuft. Zweitens: Versicherte bilden die Durch­schnitts­werte für die vergangenen vier, fünf Kalender­jahre, also den Durch­schnitt für die Prognosen und den Durch­schnitt für die tatsäch­lich erzielten Gewinne. Ausreißer werden so nach oben und unten nivelliert.

Haben Sie Tipps für Berufs­anfän­gerinnen und -anfänger?

Das Bundes­sozialge­richt hat inzwischen den Zugang für Berufs­anfän­gerinnen und -anfänger zur KSK deutlich erleichtert, da sie nun in der Regel keine Einnahmen mehr vorweisen müssen. Als Nach­weis genügt eine künst­lerische Berufs­ausbildung oder Berufs­erfahrung. Und gerade Berufs­anfänger sollten möglichst früh in die KSK, weil die freiwil­lige Kranken­versicherung absurd teuer ist.

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