Lärm von Pkw und Motorrädern Wie laut wird es wirk­lich?

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Lärm von Pkw und Motorrädern - Wie laut wird es wirk­lich?

Zweirad-Motoren machen Geräusche, die viele Menschen als unangenehm und stressend empfinden. Das lässt sich oft auch schon an den Frequenz­bildern erkennen. © Getty Images

Lärm von Autos und Motorrädern kann auf Dauer krank machen. Zwar verbietet die Straßenverkehrs­ordnung unnötigen Motorenlärm, zudem gelten Grenz­werte für bestimmte Fahr­zeugklassen – doch die Lärm­emissionen für ein bestimmtes Fahr­zeug werden nur unter genau fest­gelegten Fahr­bedingungen gemessen. Wie laut kann so eine Maschine aber wirk­lich fahren? Das Umwelt­bundes­amt hat drei Motorräder und drei Pkw mit einem „sport­lichen“ Motoren­geräusch untersucht. Die Ergeb­nisse sind erstaunlich.

Wie Motorenlärm gemessen wird

Nach §30 der Straßenverkehrs­ordnung ist unnötiger Lärm bei der Benut­zung von Fahr­zeugen verboten. Für unterschiedliche Fahr­zeugklassen sind außerdem bestimmte Grenz­werte fest­gelegt. Wie viel Lärm ein Fahr­zeug macht, verrät der sogenannte Typprüf­wert eines Autos oder eines Motorrads im Fahr­zeug­schein, er ist das Ergebnis einer Lärm­prüfung. Dieses Geräusch wird unter genau bestimmten Bedingungen gemessen: Bei der Typprüfung fährt das Fahr­zeug auf einer Mess­strecke von 20 Metern plus Fahr­zeuglänge, dabei messen Mikrofone das Vorbeifahrt­geräusch. Vom Beginn der Mess­strecke bis zu deren Ende wird Voll­gas gegeben, nach 10 Metern müssen genau 50 km/h erreicht werden.

Schalten unter Prüfbedingungen und im Alltag

Aber sind diese Prüfbedingungen realistisch? Schließ­lich kann man ein Auto oder ein Motorrad auch ohne größere Anstrengungen „röhren“ lassen. Das Motoren­geräusch hängt nämlich auch vom Gas- und Schalt­verhalten ab: Wer früher hoch­schaltet, bleibt im nied­rigeren Drehzahl­bereich und erzeugt damit weniger Lärm als jemand, der später hoch­schaltet und somit durch einen höheren Drehzahl­bereich das Geräusch verstärkt.

Unterschiede von bis zu 20 Dezibel

Das Umwelt­bundes­amt hat kürzlich drei Motorräder und drei Pkw mit einem „sport­lichen“ Motoren­geräusch untersucht; es ließ die Maschinen einmal unter Prüfbedingungen fahren, danach durften die Fahrer richtig Gas geben. Ergebnis: Je nach Fahr­stil lässt sich der jeweilige Typprüf­wert für ein Auto einhalten, man kann den Wert aber auch deutlich über­schreiten.

Beispiel: Ein sport­licher SUV kam unter Prüfbedingungen auf eine Laut­stärke von 73 Dezibel und blieb damit unter dem Grenz­wert von 75 Dezibel, den er in der Prüfung nicht hätte über­schreiten dürfen. Mit einem mutwil­lig lauten Fahr­verhalten erreichte er aber 98 Dezibel. Die wahr­genom­mene Lautheit vervierfachte sich etwa. Auch Motorräder, die unter Prüfbedingungen ihre Grenz­werte einhielten, können ihre Limits bei entsprechendem Fahr­verhalten weit über­schreiten.*

„Geräusch­deckel“ soll Abhilfe schaffen

Als Lösung schlägt das Umwelt­bundes­amt einen „Geräusch­deckel“ vor: eine maximale Laut­stärke pro Fahr­zeugklasse, die sich in keinem Betriebs­zustand über­schreiten lassen darf – auch dann nicht, wenn man es bewusst versucht. So ließe sich der Hersteller stärker in die Verantwortung nehmen, wenn Autos oder Motorräder zu viel Lärm machen.

* Korrigiert am 19. Mai 2021

Diese Meldung ist im Oktober 2020 erschienen und wurde am 2. März 2021 aktualisiert.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 19.05.2021 um 12:29 Uhr
    Korrektur

    @SommerSt65: Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert – die wahrgenommene Lautheit bei mutwillig lautem Fahrverhalten hat sich dem Bericht des Umweltbundesamts zufolge im Vergleich zur vorschriftsmäßigen Vorbeifahrt etwa vervierfacht. (AG, Se)

  • SommerSt65 am 14.04.2021 um 13:22 Uhr
    Physik

    Ich muss auf einen bedeutenden Fehler im Artikel hinweisen: Wie kommt der Autor darauf, 25 dB würden als 100mal so laut wahrgenommen? 10 dB entsprechen einer Verdoppelung der empfundenen Lautstärke also Faktor 2; 20 dB entsprechen dem Faktor 4 und 25 dB entsprechen somit dem Faktor 5,66 und nicht 100. Die empfundene Lautstärke hat nichts mit dem Schallleistungspegel zu tun!

  • steferle am 05.04.2021 um 23:21 Uhr
    Steferle

    Kopfsteinpflaster in den Altstädten ist wesentlich lauter als moderner Asphalt. Und die Wohnhäuser der Anwohner grenzen direkt an die Straße , so dass man das Fenster nur selten öffnen kann , aufgrund der lauten Abrollgeräusche auf Kopfsteinpflaster.
    Dann nützt einem auch ein Elektroauto nichts. Und die meisten Motorräder fahren nur im Sommer und wenn das Wetter schön ist. Autos und LKWs über Kopfsteinpflaster doch das ganze Jahr.

  • steferle am 05.04.2021 um 23:19 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • Bbroksch am 08.03.2021 um 21:59 Uhr
    Mal was Neues ausprobieren: Rücksicht nehmen

    Ich bin leidenschaftlicher Motorradfahrer und möchte mich zunächst bei allen Bewohnern und Gemeinden bedanken, die die Durchfahrt durch Ihre Städte und Ortschaften nicht pauschal verbieten. Ich bin der Meinung, dass kein Kraftfahrzeug laut sein sollte/muss. Die Vorgabe musste sein 30 db! Das ist sicherlich technisch machbar zumal die heranreifende Elektrifizierung aller Fahrzeugtypen und Klassen nicht mehr aufzuhalten ist. Wer sein Fahrzeug extra lauter macht sollte mit 6 Monate Führerscheinentzug bestraft werden. Die ersten 1000 Verstöße hängen wir an die große Glocke und man wird die Wirkung hören bzw. nicht mehr. Ich persönlich versuche Ortsdurchfahrten zu vermeiden - die machen eh keinen Spaß und wenn es sein muss, ist es auch nicht nötig nach dem Ortsschild Vollgas zu geben. Etwas mehr Rücksichtnahme auf die Anwohner wäre sehr wünschenswert. So kann jeder Fahrer heute schon mit den geltenden Regelungen zu einem ruhigeren Miteinander beitragen. Einfach mal zurückstecken.