Lebens­mittel-Ampel Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger

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Lebens­mittel-Ampel - Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger

Von Änderungen betroffen. Schoko-Cerealien, fett­arme Milch und Weiß­mehl­brötchen büßen bald ihr A ein und rutschen ab. Olivenöl verbessert sich von C auf B. Nüsse dürfen nun die Top-Bewertung A tragen – viele tun das bereits. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Die fünf­stufige Farb­skala wurde über­holt: Gute Inhalts­stoffe bewertet sie nun positiver, kritische strenger. Wir nennen Auf- und Absteiger – sowie den Haken an der Sache.

An aktuelle Erkennt­nisse angepasst

Der Nutri-Score hat ein Update bekommen: Seit Ende 2023 sind neue Berechnungs­grund­lagen für die freiwil­lige Nähr­wert­kenn­zeichnung auf Lebens­mitteln in Kraft.

Der Nutri-Score ist eine fünf­stufige Buch­staben-Skala, die nach dem Vorbild einer Ampel einge­färbt ist. Ein hervorgehobenes grünes A steht für einen hohen ernährungs­physiologischen Wert, ein rotes E für das Gegen­teil. Neu ist nun unter anderem:

Olivenöle und Nüsse bekommen eine bessere Bewertung, zucker- und salzreiche Produkte eine schlechtere.

Gründe für die Über­arbeitung: Neue wissenschaftliche Erkennt­nisse sollen besser berück­sichtigt werden, ebenso allgemeine Ernährungs­empfehlungen. Wider­sprüchlich­keiten aus den Anfangs­jahren sollen behoben werden.

Auf 1 200 Marken in Deutsch­land vertreten

Lebens­mittel-Ampel - Produkte im Nutri-Score – die Auf- und die Absteiger

Von A bis E. Der Nutri-Score besteht aus einer fünf­stufigen Farb­skala. © Fotolia / L. Aramburu

Den Nutri-Score haben unabhängige Forschende aus Frank­reich und Groß­britannien entwickelt, damit Verbraucher sich über ein leicht verständliches System schnell über das Nähr­wert­profil von Lebens­mitteln informieren können. Die französische Gesund­heits­behörde Santé publique ist für den Nutri-Score verantwort­lich und hat die neue Berechnungsbasis veröffent­licht.

Sie berück­sichtigte Rück­meldungen von Fachleuten, Verbraucher­schutz­organisationen und Anbietern aus sieben Ländern, in denen der Nutri-Score seit einigen Jahren zum Einsatz kommt. Neben Deutsch­land – wo der Nutri-Score 2020 einge­führt wurde – sind das Belgien, Frank­reich, Luxemburg, die Nieder­lande, Spanien und die Schweiz.

Bis Ende 2023 nutzten ihn hier­zulande rund 800 Anbieter für etwa 1 200 Marken, teilte das Bundes­ministerium für Ernährung mit. Wer für eine Marke einen Nutri-Score beantragt, muss alle Produkte dieser Marke damit ausstatten.

Nutri-Score verrechnet positive und negative Inhalts­stoffe

Die Algorithmen für den aktualisierten Nutri-Score haben sich verändert, aber das Berechnungs­prinzip ist gleich geblieben:

Positiv­punkte für die guten Nähr­wert­eigenschaften Ballast­stoffe, Eiweiß und hohe Pflanzen­anteile werden mit Negativ­punkten für die schlechten Nähr­wert­eigenschaften Energie, Salz, Zucker und gesättigte Fett­säuren verrechnet. Der Nutri-Score bezieht sich dabei auf 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Produkts, nicht auf die Portion. Das Bewertungs­system für Getränke ist strenger als für die anderen Produkte.

Absteiger: Nach­teilige Inhalts­stoffe stärker abge­wertet

Bei etlichen Produkten verschlechtert sich nun der Nutri-Score, weil unvor­teilhafte Inhalts­stoffe jetzt negativer zu Buche schlagen:

  • Salzreiche Produkte. Lebens­mittel mit viel Salz werden strenger einge­ordnet. Neuerdings gibt es 20 Punkte, die sich negativ auf den Nutri-Score auswirken können. Früher waren es maximal 10.
  • Zuckerreiche Produkte. Nun fließen bis zu 15 Negativ-Punkte für hohe Zucker­gehalte in die Rechnung ein, vorher maximal 10 Punkte. Ein Schwach­punkt: Die hohe Referenzmenge für die tägliche Zucker­zufuhr von 90 Gramm Zucker pro Tag ist geblieben. Laut Welt­gesund­heits­organisation WHO sollte ein Mensch maximal 50 Gramm Zucker pro Tag aufnehmen, ideal wäre nicht mehr als 25 Gramm.
  • Getränke mit Süßstoffen. Hersteller können nicht mehr Zucker durch Süßstoffe ersetzen, um den Nutri-Score zu verbessern. Für zugesetzte Süßstoffe gibt es nun Negativ-Punkte in der Nutri-Score-Berechnung.
  • Rotes Fleisch. Rind, Schwein, Lamm – wenn ein Produkt rotes Fleisch enthält, kann es bestenfalls die Stufe C erreichen. Grund: Die Welt­gesund­heits­organisation stuft rotes Fleisch als wahr­scheinlich krebs­er­regend ein.
  • Milch und Pflanzendrinks. Mit der Reform fallen Milch, Getränke mit einem Milch­anteil von mindestens 80 Prozent und Pflanzendrinks in die Kategorie Getränke. Zuvor wurden sie wie feste Lebens­mittel bewertet, wodurch etwa mehr Fett und Kohlenhydrate als in klassischen Getränken toleriert wurde. Das heißt: Fett­arme Milch bekommt statt A ein B, Voll­milch statt B ein C.

Nachteil: Anbieter haben bis Ende 2025 Zeit, die Nutri-Score-Kenn­zeichnung auf den Verpackungen anzu­passen. So lange können in Supermarkt­regalen alter und neuer Maßstab neben­einander­stehen – für die Kund­schaft schwer zu durch­blicken.

Auswählen, einkaufen, zubereiten: So nutzen Sie den Nutri-Score

  • Vergleichen. Abge­packte Produkte einer Kategorie lassen sich dank Nutri-Score gut miteinander vergleichen – zum Beispiel Pizza mit Pizza, Joghurt mit Joghurt.
  • Zubereitung mitbedenken. Bei Produkten, die noch erhitzt werden müssen, bezieht sich die Skala auf den unzu­bereiteten Zustand. Durch die Zugabe von Fett oder das Verdunsten von Wasser können sich Nähr­werte ändern.
  • Grenzen kennen. Der Nutri-Score zeigt nur das Profil für die Para­meter Zucker, Salz, Eiweiß, Fett­qualität, Ballast­stoffe an. Er sagt nichts aus über Vitamine oder Mineralstoffe.
  • Nach­rechnen. Falls auf der Packung genügend Angaben zum Inhalt gemacht sind, können Sie den Nutri-Score nach­rechnen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bietet dazu eine Tabelle an, die sich im Abschnitt Berechnung des Nutri-Score finden lässt.

Aufsteiger: Gute Inhalts­stoffe stärker belohnt

Gesund­heits­förderliche Inhalts­stoffe in Lebens­mitteln wertet der neue Nutri-Score auf. Hier einige wichtige Beispiele:

  • Wasser. Wasser inklusive Mineralwasser darf als einziges Getränk noch ein hervorstechendes A tragen. Alle anderen Getränke – auch aromatisiertes Wasser oder sehr leicht gesüßte Getränke – landen in schlechteren Kategorien.
  • Ballast­stoff­reiche Produkte. Verbrauche­rinnen und Verbraucher können ballast­stoff­reiche Voll­korn­produkte besser von ballast­stoffärmeren Varianten unterscheiden, da Letztere schlechter einge­stuft werden. Durch diese Änderung lassen sich etwa Brote künftig wesentlich differenzierter bewerten.
  • Fetter Fisch. Lachs, Hering, Makrele – unzu­bereiteter fetter Fisch bekommt jetzt ein A, weil er reich an Omega-3-Fett­säuren ist.
  • Nüsse und Öle. Nüsse, Saaten, Pflanzenöle wie Olivenöl kamen bisher wegen ihres hohen Fett­gehalts beim Nutri-Score schlechter weg, als es ihrem Stellen­wert in einer gesunden Ernährung entspricht. Viele Pflanzen­produkte liefern reichlich wert­volle ungesättigte Fett­säuren, die etwa vorteilhaft auf Herz und Kreis­lauf wirken. Im neuen Berechnungs­modell bilden Nüsse, Saaten und Pflanzenöle eine eigene Kategorie: Darin wird der Energiegehalt und der Anteil an gesättigten Fett­säuren anders bewertet als bei anderen Lebens­mitteln. Viele unbe­handelte Nüsse verbessern sich von B auf A, Pflanzenöle von C auf B.
  • Eiweiß­reiche Produkte. Ein hoher Protein­gehalt beein­flusst den Nutri-Score nun güns­tiger als früher. Eiweiß­reiches Geflügelfleisch, Fisch oder Tofu bekommen mehr Positiv­punkte fürs Protein.

Nutri-Score wird kontrolliert

In Deutsch­land hat das Bundes­ministerium für Ernährung das gemeinnützige Unternehmen RAL mit der Kontrolle des Nutri-Scores betraut. Es ist auf Kenn­zeichnung spezialisiert und prüft seit Mai 2023, ob Anbieter die Vorgaben richtig umsetzen. Die Geschäfts­führung des RAL erklärte Anfang 2024 gegen­über der Stiftung Warentest, dass bisher nur leichte Verstöße aufgefallen seien. Anbieter würden den Nutri-Score über­wiegend richtig berechnen.

Nicht immer stimmig: So fiel der Nutri-Score in Tests auf

Die Stiftung Warentest über­prüft den Nutri-Score in ihren Lebens­mittel­unter­suchungen. Hier eine Auswahl kritischer Funde:

  • Falsche Bestnote: In einer Veggie-Bratwurst im Bratwurst-Test entlarvten die Tester einen Rechen­fehler. Das Produkt warb mit dem Best­wert A, obwohl ein C korrekt gewesen wäre.
  • Zucker kam zu gut weg: Zwei Schoko- und zwei Honig-Cerealien-Produkte trugen den best­möglichen Nutri-Score A auf der Verpackung, obwohl sie viel zu viel Zucker enthielten. Das war nach dem bisherigen Rechenmodell möglich, weil ein gewisser Ballast­stoff­anteil hohe Zucker­gehalte ausgleichen konnte. Nach dem neuen Modell ist das nicht mehr möglich: Die betroffenen Cerealien würden im Buch­staben-Ranking abrutschen.
  • Frittier­fett kommt oben­drauf: Der Nutri-Score auf 15 Pommes-Produkten bezog sich auf den unzu­bereiteten Zustand. Doch nur wenige Anbieter wiesen darauf hin, dass sich etwa die Bewertung A durch Frittieren um ein bis zwei Stufen verschlechtern könne. Die neuen Regeln für den Nutri-Score halten Anbieter von frittier­baren Produkten zu genau dieser Trans­parenz an, verpflichten sie aber weiter nicht.
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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Addyjunior am 06.08.2023 um 23:58 Uhr
    Nutri-Score B bei 5 Stück Würfelzucker/Portion?

    Maggi wirbt mit dem Nutri-Score B auf der Tomaten-Bolognese-Packung (Maggi-Fix-Pulver).
    Lt. Nährwertinfos auf der Packung sind in einer zubereiteten Portion 10g Zucker. Das sind ca. 5 Stück Würfelzucker! Nur in der Soße!
    Tut mir leid, aber der Nutri-Score hat für mich keine Aussagekraft mehr.

  • thepalmkid am 20.06.2021 um 11:06 Uhr
    bitte openfoodfacts.org erwähnen

    Open Food Facts baut ähnlich der Wikipedia eine Datenbank aller Lebensmittel und ihrer Nutri-Scores auf.
    Die App von Open Food Facts zeigt nach Scannen des Barcodes den Nutri-Score eines Produktes auf dem Smartphone an, auch wenn der Hersteller den Nutri-Score selbst nicht auf der Verpackung anzeigt.
    Beim Aufbau der Lebensmittel-Datenbank kann jede(r) mithelfen durch Hinzufügen eines Produktes mittels der App.
    Die App ist "open source" und sowohl im Play Store, bei https://f-droid.org und im Apple Store kostenlos erhältlich.

  • Berndman am 17.10.2019 um 11:25 Uhr
    Kreisdigramme: Praktische Idee

    Das mit den kreisdiagrammen finde ich echt praktisch. Auf diese Weise könnte man schneller den prozentualen Anteil von zucker ermitteln. Das würde eine Menge erleichtern. Ich hoffe, dass diese Angabe dann auch für Glukose und andere Zuckerersatzstoffe gelten.

  • ZockerZonk am 02.10.2019 um 11:35 Uhr
    Praktisch

    Auf den ersten Blick scheint die Einführung dieses Scores eine gute Sache zu sein. Wie ich es verstanden habe, sollte man somit die gesünderen Lebensmittel von den Schlechteren besser unterscheiden können - habe ich das richtig verstanden?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 20.08.2019 um 09:37 Uhr
    Nutri-Score

    @dragondiver: Der Nutri-Score gilt für Fertiggerichte und verarbeitete Lebensmittel. (cr)