Seit es das Entgelttransparenzgesetz gibt, müssen Arbeitgeber verraten, wie viel Kollegen in gleicher Position verdienen. Wir sagen, wer einen Auskunftsanspruch hat.
Im Schnitt 7 Prozent weniger bei vergleichbarer Position
Im Jahr 2022 lag der Bruttolohn von Frauen durchschnittlich 18 Prozent unter denen von Männern, so das Statistische Bundesamt. Die Gründe: Frauen arbeiten öfter in Teilzeit und in schlechter bezahlten Berufen und haben seltener eine Führungsposition. Das Amt ermittelt auch, wie hoch die Lohnunterschiede bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit sind. Frauen verdienen durchschnittlich 7 Prozent pro Stunde weniger als männliche Kollegen in gleicher Position.
Ab 200 Beschäftigten Auskunftsanspruch
Das Entgelttransparenzgesetz soll für mehr Lohngerechtigkeit sorgen. Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten haben einen Auskunftsanspruch. Wie viel verdienen Mitarbeiter des anderen Geschlechts bei gleicher oder vergleichbarer Arbeit? Darüber muss der Chef die Beschäftigten informieren.
Erst einmal zum Betriebsrat
Seit Anfang 2018 können Beschäftigte die Auskunft beantragen. Erster Ansprechpartner ist immer der Betriebsrat – wenn es keinen Betriebsrat im Unternehmen gibt: der Arbeitgeber.
Durchschnittsgehalt von sechs Kollegen maßgeblich
Beschäftigte erhalten jedoch keine Auskunft über das Gehalt eines bestimmten Mitarbeiters. Zahlt der Arbeitgeber nicht nach einem Tarifvertrag, muss er einer Beschäftigten den Median der Gehälter von sechs männlichen Kollegen mit gleicher oder vergleichbarer Tätigkeit nennen. „Das ist eine hohe Hürde“, kritisiert Anja Weusthoff, Gleichstellungsexpertin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). „Auch in vielen größeren Unternehmen gibt es nicht immer sechs männliche Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit.“
Betroffene müssen im Zweifel auf gleichen Lohn klagen
Was passiert, wenn eine Beschäftigte feststellt, dass sie zu Unrecht weniger verdient als ihre männlichen Kollegen? „Zunächst erst einmal – nichts“ sagt Anja Weusthoff vom DGB. „Betroffene müssen im Streitfall vor Gericht ziehen und ihr höheres Entgelt einklagen.“
Neues EU-Gesetz schafft Erleichterung
Es ist allerdings Besserung in Sicht, denn seit Ende April 2023 gilt auf Ebene der Europäischen Union (EU) die neue Lohntransparenzrichtlinie und damit ändert sich auch die Beweislast zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zukünftig obliegt es den Arbeitgebern zu beweisen, dass in ihrer Firma keine Diskriminierung bei der Bezahlung stattfindet. Die neue EU-Richtlinie verpflichtet außerdem alle EU-Unternehmen, egal wie groß oder klein, offenzulegen, wer wie viel Geld verdient. Geheimhaltungsklauseln zum Gehalt in Arbeitsverträgen sind künftig verboten und Arbeitgeber müssen Strafen fürchten, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Deutschland und alle anderen EU-Mitgliedstaaten haben nun drei Jahre Zeit, die neue Lohntransparenzrichtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsarbeitsgericht (BAG) hat Anfang 2023 ein wichtiges Grundsatzurteil zur Entgeltgleichheit gefällt.
Der Fall: Eine Frau ist als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Mit ihr sind weitere Kollegen in gleicher Position tätig, zwei wurden gerade genauso wie sie neu eingestellt. Bei der Einstellung hatte der Arbeitgeber allen dreien ein Grundentgelt in Höhe von 3 500 Euro pro Monat angeboten. Einer der beiden Männer forderte mehr, das Unternehmen gab nach. Der Unterschied beim Grundgehalt betrug zunächst 1 000 Euro monatlich, später nach Einführung eines Tarifvertrags etwa 500 Euro. Dagegen zog die Angestellte vor Gericht. Der Arbeitgeber konnte den Vorwurf, er hätte die Mitarbeiterin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, nicht entkräften, auch wenn er argumentierte, dass ihr Kollege besser verhandelt hätte. Dieses Argument ließ das BAG nicht gelten und sprach der Frau eine Gehaltsnachzahlung von 14 500 Euro und eine Entschädigung von 2 000 Euro zu.
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- Wenn das Gehalt ausbleibt, sollten Beschäftigte schriftlich Zahlung fordern. Bringt das nichts, können sie das Arbeitsgericht einschalten. Das geht auch ohne Anwalt.
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- Unsere „Mutmacher“ sind Menschen, die Rechte von Verbrauchern stärken. Diesmal: Susanne Dumas hat ein wegweisendes Urteil zur Lohngerechtigkeit erwirkt.
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- Sparen hilft, um im Alter nicht arm zu sein. Nur reicht das bei Frauen allein nicht unbedingt. Viele müssen sich breiter aufstellen. Wir zeigen Wege auf, wie das geht.
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@stiwa897: Nein,das Gesetz schützt vor unmittelbarer oder mittelbarer Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Unter Männer wird es dann schwierig. Also natürlich soll es vor allem Frauen schützen, aber wenn ein Mann gegenüber Frauen benachteiligt wird, dann gilt das Gesetz auch andersherum.
Bringt das Gesetz auch etwas wenn es große Entgeltunterschiede zwischen Mitarbeitern eines Geschlechtes gibt?
In meinen Fall gibt es unter gleichgeschlechtigen Kollegen, einen Kollegen mit gleichen Arbeitsinhalt, weniger Verantwortung und deutlich weniger Leistungen welcher ~25% mehr in Jahr verdient.
@ninick: Ihr Sichtweise teilen wir nicht. Im Text wird nicht impliziert, dass das Entgelttransparenzgesetz und die Lohntransparenzrichtlinie nur für Frauen gilt.
Unsere Ausführungen zum Entgelttransparenzgesetz beginnen mit der Verwendung des generischen Maskulinums. "Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten haben einen Auskunftsanspruch."
Im folgenden Beispiel ist die Frau diejenige ist, die einen Auskunftsanspruch geltend macht.
Und im Absatz zur Lohntransparenzrichtlinie werden beide Geschlechter genannt.
Der Text impliziert an mehreren Stellen, dass dieses Gesetz für Frauen gilt bzw. nur für diese relevant ist, was beides irreführend und falsch ist. Tatsächlich ist es so, dass es eine Menge von Berufen gibt, in denen Männer weniger verdienen als Frauen (und Prostitution und/oder Erotik-Dienstleistungen sind in der unten verlinkten Liste explizit nicht enthalten). Nach besserer Recherche, kombiniert mit dem Wunsch, ausgeglichen mit möglichst wenig Bias zu berichten, wäre das auch hier erwähnt worden. https://interaktiv.morgenpost.de/gender-pay-gap/