Nahrungs­ergän­zung mit Magnesium Hilft Magnesium bei Muskelkrämpfen?

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Nahrungs­ergän­zung mit Magnesium - Hilft Magnesium bei Muskelkrämpfen?

Dehnen vor und nach dem Training. Das kann helfen, Muskelkrämpfen vorzubeugen. © Westend61 / Veam

Magnesium ist ein Kassen­schlager. Doch beugt es Muskelkrämpfen vor, wie viele Nutzende glauben? Wir haben die Studien­lage ausgewertet.

Kein Mineralstoff wird häufiger verkauft als Magnesi­umprä­parate: Laut Lebensmittelverband Deutschland ist Magnesium die Nummer eins. Mehr als 30 Millionen Packungen beträgt demnach der Jahres­absatz. Drogerien, Supermärkte oder Apotheken bieten Magnesium etwa als Brause­tablette, als Granulat in kleinen Tütchen, als Kapsel, Dragee oder einfach als Tablette an.

Viele der Präparate gelten recht­lich als Nahrungsergänzungsmittel. Oft liefern sie 400 Milligramm Magnesium pro Tag und enthalten teils ergänzend weitere Mineralstoffe oder Vitamine. Die Preise reichen von etwa einem Cent bis über 50 Cent pro Tages­dosis. Auf den Monat hoch­gerechnet können Kosten von mehr als zehn Euro anfallen. Lohnen die Ausgaben?

Anbieter dürfen mit Health Claims werben

Wissenschaftlich belegt sind allgemeine Wirkungen des Mineral­stoffs wie „Magnesium trägt zu einer normalen Muskel­funk­tion bei“. Deshalb hat die Europäische Behörde für Lebens­mittel­sicherheit (Efsa) diese gesund­heits­bezogenen Werbe­slogans, Health Claims genannt, zugelassen. Sie dürfen auf den Verpackungen abge­druckt werden.

Einige Anwender erwarten mehr

Was die Anbieter auf ihren Produkten hingegen normaler­weise nicht versprechen: konkrete Hilfe gegen schmerzhafte Muskelkrämpfe. Doch genau diese Wirkung von Magnesium wird etwa im Internet in Foren und auf Ratgeber­seiten diskutiert. Von nächt­lichen Muskelkrämpfen sind insbesondere Schwangere und ältere Menschen betroffen. Sport­lerinnen und Sportler leiden häufig während oder nach der Belastung an den schmerzhaften Verhärtungen des Muskels.

Grund­sätzlich erscheint es plausibel, Magnesium gegen Muskelkrämpfe einzunehmen. Denn die Muskel­funk­tion ist eng an das Zusammen­spiel der beiden Mineralstoffe Kalzium und Magnesium geknüpft. Vereinfacht erklärt bewirken geladene Kalzium-Teilchen, dass sich die Muskelfasern zusammenziehen und der Muskel verhärtet. Magnesium wiederum hilft ihm, sich wieder zu entspannen. Beugen Magnesi­umprä­parate also Krämpfen vor?

Nutzen beim Sport kaum untersucht

Wir haben Studien zu dieser Fragestellung ausgewertet. Das Ergebnis ernüchtert: Sorgfältig durch­geführte, aussagekräftige Unter­suchungen sind Mangelware. Das gilt insbesondere für Krämpfe durch sport­liche Belastung, zeigt eine Meta-Analyse von Cochrane, einem unabhängigen Forschungs­netz­werk in der Medizin, aus dem Jahr 2020. Seither hat sich die Daten­lage laut unseren Recherchen nicht verbessert.

Und: Zu wenig Magnesium ist bei weitem nicht die einzige Erklärung, warum es zu Muskelkrämpfen kommt. Gerade im Sport­bereich können vielfältige andere Faktoren Ursache sein, darunter Stress, Schlafmangel, Krankheiten oder körperliche Über­lastung, zeigt eine Über­sichts­arbeit im Journal of Athletic Training.

Extrawissen auf test.de

Schlu­cken oder nicht? Unsere Tests zu Mineralstoffen, Vitaminen, Omega-3-Fett­säuren, Mitteln für Schwangere, Stillende und Sportler und weiteren viel­verkauften Präparaten finden Sie auf unserer Themenseite Nahrungsergänzungsmittel.

Welcher Sport passt? Von Cross­trainer über E-Bike bis Yoga – auf unserer Themenseite Fitness- und Outdoorausrüstung geben wir zahlreiche Empfehlungen für körperliche Aktivitäten und nennen die besten Smartwatches und Fitnes­stra­cker.

Stimmen die Blut­werte? Im Ratgeber Meine Laborwerte werden die wichtigsten Werte verständlich erklärt, damit Sie für den nächsten Laborbe­richt und das Gespräch darüber mit Arzt oder Ärztin bestens gewappnet sind.

Wirkung bei Älteren nicht belegt

Für ältere Menschen ist die Studien­lage zwar besser, eine Empfehlung lässt sich aus der Cochrane-Analyse aber trotzdem nicht ableiten: In den fünf einbezogenen Studien waren vorwiegend ältere Menschen mit nächt­lichen Wadenkrämpfen auf zwei Versuchs­gruppen aufgeteilt worden – die eine erhielt Magnesium, die andere ein Scheinpräparat (Placebo).

Nach vier Wochen ließen sich zwischen den beiden Versuchs­gruppen keine eindeutigen Unterschiede hinsicht­lich der Anzahl und Intensität der Krämpfe fest­stellen. Wenn ältere Menschen Extra-Magnesium schlu­cken, schützt sie das also wahr­scheinlich nicht vor Wadenkrämpfen.

Studien­ergeb­nisse für Schwangere wider­sprüchlich

Bei Schwangeren sind nächt­liche Muskelkrämpfe möglicher­weise auf Umstel­lungen im Stoff­wechsel zurück­zuführen. Ob Magnesium-Präparate hier vorbeugen können, ist laut der Cochrane-Analyse nicht eindeutig geklärt. Manche der einbezogenen Studien konnten zeigen, dass schwangere Probandinnen, die Mittel mit Magnesium einnahmen, seltener oder an weniger schmerzhaften Muskelkrämpfen litten. Andere Studien konnten das nicht bestätigen.

Magnesium­mangel: In Deutsch­land selten

Magnesium über­nimmt wichtige Funk­tionen im Körper. Daher empfiehlt die Deutsche Gesell­schaft für Ernährung: 300 Milligramm Magnesium täglich für Frauen und 350 Milligramm Magnesium täglich für Männer. Ein Magnesium­mangel sei bei Menschen in Deutsch­land selten, schreibt die Fachgesell­schaft in ihren Fragen und Antworten zum Thema. „Magnesium ist in pflanzlichen und tierischen Lebens­mitteln in ausreichender Menge vorhanden.“

Tipp: Essen Sie regel­mäßig magnesiumreiche Kost – etwa Voll­korn­produkte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen wie Mandeln, Sesam, Sonnenblumen- oder Kürbiskerne. Auch einige Mineralwässer liefern relativ viel Magnesium. Welche das sind, zeigt unser Produktfinder Mineralwasser.

Herz- und Nierenkranke sollten aufpassen

Neben­wirkungen sind bei der Einnahme von Magnesium-Präparaten möglich. Sie fallen bei nied­riger Dosierung im Selbst­medikations­bereich aber eher mild aus und treten wenn über­haupt vor allem in Form von Durch­fall auf.

Vorsichtig sein sollten Menschen mit einge­schränkter Nierenfunktion: Nehmen sie zu viel Magnesium ein, kann sich der Magnesi­umgehalt im Blut stark erhöhen – mit ernsten Folgen wie Lähmungen oder Herz­rhythmus­störungen. Wer bereits ein Herz­leiden hat, nimmt Magnesium besser nur nach ärzt­licher Rück­sprache.

Tipp: Auch andere Vitamine und Mineralstoffe können im Über­maß schaden. Wir bieten einen Überblick, welche Mengen in Nahrungs­ergän­zungs­mitteln maximal empfohlen werden – und wie sich der Bedarf jeweils aus Lebens­mitteln decken lässt.

Dehnen gegen Wadenkrämpfe

Alle, die unter nächt­lichen Krämpfen leiden, können ausprobieren, die Wadenmuskulatur vor dem Schlafen­gehen einige Minuten zu dehnen.

Eine mögliche Übung: Setzen Sie sich hin, stre­cken Sie die Beine aus. Das rechte sollte möglichst ganz auf der Unterlage aufliegen. Greifen Sie nun an die rechte Fußspitze und ziehen Sie sie zu sich hin – sanft vorgehen, etwa zehn Sekunden halten. Dann folgt in gleicher Weise das linke Bein. Wieder­holen Sie das Ganze mehr­mals.

Auch Sport­lerinnen und Sport­lern kann Dehnen vor und nach dem Training helfen, Krämpfen vorzubeugen – und sie im Akutfall wieder zu lösen. Grund­sätzlich sollte das Pensum immer an die eigene Leistungs­fähig­keit angepasst sein. Wer neu anfängt, steigert es also behut­sam.

Tipp: Wenn Sie trotz Maßnahmen häufig an Muskelkrämpfen leiden, sollten Sie das abklären lassen. Erste Anlauf­stelle kann beispiels­weise die Haus­ärztin sein. Bei einem nachgewiesenen Mangel bekommen Sie möglicher­weise ein Magnesi­umpräparat verordnet.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 16.07.2024 um 11:11 Uhr
    Wirkung Magnesium

    @fintest_info: Wenn ein Magnesiummangel besteht, kann es tatsächlich einige Wochen dauern, bis dieser durch die tägliche Zufuhr von magnesiumhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln behoben ist. Allerdings sind die meisten Menschen hierzulande ausreichend mit Magnesium versorgt; dann müssten sich günstige Effekte einer Zusatzzufuhr schneller bemerkbar machen. Wie wir im Beitrag ausführen, ist die Datenlage zum Nutzen von Magnesiumpräparaten aber dünn, insbesondere im Sportbereich.

  • fintest_info am 16.07.2024 um 01:16 Uhr
    Wirkung Magnesium erst nach 4 Wochen?

    Können sie das bestätigen - dann würde das in den Artikel gehören.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Magnesium#Magnesium-Substitution
    Außerdem verbleibt das zusätzliche Magnesium nur dann nutzbringend im Körper, wenn genug bindende Moleküle im Körper zur Verfügung stehen; dies geschieht durch biochemische Anpassungen erst nach längerer Erhöhung des Magnesiumangebots bzw. nach Einnahme über wenigstens vier Wochen.
    Ist das wirklich der aktuelle Stand???
    Wäre dankbar für einen Gegencheck.
    LG

  • WB1450 am 19.05.2024 um 22:46 Uhr
    Eliasss75

    für Dich mag es ein Mythos sein. Für mich ist es Erfahrung aus sehr vielen Jahren verschiedener Ausdauersportarten.

  • Eliasss74 am 19.05.2024 um 11:36 Uhr
    Man man man

    Man man man. So manche Mythen bekommt man, auch wenn diese noch so falsch sind, einfach nicht aus den Köpfen der Menschen. Was das Vitamin C und Immunsysthem ist, gilt das Magnesium in Verbindung Krämpfe. Beides braucht der Körper zwar regulär für die "normale" Funktion des Körpers, haben aber wenig bis keine Auswirkungen jeweils.
    Immunsystem = Zink / Krämpfe vorbeugen = viel trinken, Regenerationszeit, kalt abduschen.

  • Flori667 am 17.05.2024 um 12:28 Uhr
    Wahrnehmbarkeit hängt vom Sport ab

    Studienlage hin oder her... Magnesium wird benötigt um die Muskeln geschmeidig zu halten. Vorallem bei kraftintensiven Stuationen kann es lebensgefährlich werden, wenns krampft.
    Bei schweißtreibendem Ausdauersport, also z.B ganztägigen alpinen Höhentouren im Sommer, ist der Effekt deutlich spürbar.
    Für weniger schweißtreibende Sportarten wie Fußball (zwar intensiv, aber eher nicht ganztägig) oder Ski fahren (zwar intensiv, aber effektiv hauptsächlich im Lift) ist die Wirkung eher nicht wahrnehmbar.