Nahrungs­ergän­zung für Kinder Über­flüssig, teuer, oft zu hoch dosiert

1
Nahrungs­ergän­zung für Kinder - Über­flüssig, teuer, oft zu hoch dosiert

Jedes zehnte Kind hier­zulande bekommt täglich Nahrungs­ergän­zungs­mittel oder angereicherte Lebens­mittel. © shutterstock

Eltern hoffen, mit speziellen Nahrungs­ergän­zungs­mitteln ihren Kleinen etwas Gutes zu tun. Kinder brauchen in der Regel aber keine ergänzenden Präparate. Sie sind sogar oft zu hoch dosiert, zeigt ein Markt­check der Verbraucherzentralen. Auch die Stiftung Warentest bewertet regel­mäßig unterschiedlichste Nahrungs­ergän­zungs­mittel – meist ist ihr Nutzen nicht ausreichend belegt.

22 von 26 Nahrungs­ergän­zungs­mitteln über­dosiert

Mit bunten Verpackungen oder Tabletten in Kinder ansprechenden Formen wie Bärchen oder Renn­autos versuchen Anbieter von Nahrungs­ergän­zungs­mitteln, Eltern und Kinder für ihre Produkte zu gewinnen. Die Präparate sollen etwa die Abwehr­kräfte der Kleinen stärken oder ihre Leistungs­fähig­keit steigern. 26 Mittel für Kinder haben die Verbraucherzentralen genauer unter die Lupe genommen. Ergebnis: Bei 22 Präparaten lag mindestens eines der enthaltenen Vitamine oder einer der Mineralstoffe über dem Referenz­wert, den die Deutsche Gesellschaft für Ernährung für Kinder von vier bis sieben Jahren fest­gelegt hat.

Mögliche Folgen: Kopf­schmerzen, Übel­keit, Müdig­keit

85 Prozent der Mittel waren also nach Einschät­zung der Verbraucherzentralen zu hoch dosiert. Das kann unerwünschte Folgen haben. So könnten sich hohe Dosen an fett­löslichen Vitamin A oder D im Körper anreichern und sich in Form von Kopf­schmerzen, Übel­keit oder Müdig­keit negativ auf die Gesundheit auswirken, schreiben die Verbraucherschützer. Zudem sind die Mittel vor allem teuer. Die Präparate aus dem Markt­check kosten im Schnitt bei täglicher Anwendung fast 200 Euro im Jahr.

Es gibt keine Höchst­mengen, aber Empfehlungen

Gesetzlich festegelegte Höchst­mengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungs­ergän­zungs­mitteln gibt es nicht. Das Bundes­institut für Risiko­bewertung hat aber entsprechende Empfehlungen entwickelt und diese Anfang des Jahres aktualisiert (siehe Vitamine und Mineralstoffe: Wann mehr zu viel ist). Produkte, die diese Empfehlungen einhalten und entsprechend den Herstel­ler­angaben einge­nommen werden, sollen für Menschen ab 15 Jahren gesundheitlich unpro­blematisch sein. Im Handel gibt es aber oft auch höher dosierte Mittel. Das zeigte ein exemplarischer Einkauf der Stiftung Warentest von 35 Vitaminpräparaten im Sommer 2017 (Vitamine: Viele Präparate sind deutlich zu hoch dosiert).

Nahrungs­ergän­zungs­mittel sind wenig kontrolliert

Auch wenn Nahrungs­ergän­zungs­mittel wegen ihrer Darreichungs­form – Tabletten, Kapseln, Pulver – oft wie Medikamente anmuten, gelten sie rein recht­lich als Lebens­mittel. Sie müssen daher weder zugelassen werden noch im Rahmen von Studien auf Wirkung und Sicherheit erprobt werden. Auf den Packungen darf nicht dafür geworben werden, dass die Mittel Krankheiten lindern oder heilen können. Gesund­heits­bezogene Aussagen („Health Claims“) sind nur erlaubt, wenn die Europäische Lebens­mittel­behörde Efsa sie bewil­ligt hat (siehe Nahrungsergänzungsmittel: Weniger streng geregelt als Medikamente).

Stiftung Warentest prüft regel­mäßig Nahrungs­ergän­zungs­mittel

Die Stiftung Warentest nimmt immer wieder Nahrungs­ergän­zungs­mittel unter die Lupe und prüft dabei, ob aussagekräftige Studien die Wirk­samkeit belegen. Bei den Tests von Präparaten für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden oder ältere Menschen mit Sehproblemen fanden unsere Experten beispiels­weise keinen ausreichenden Nach­weis für den gesundheitlichen Nutzen, den die Mittel bringen sollen.

Nur für wenige sind ergänzende Mittel sinn­voll

Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, braucht meist keine Nahrungs­ergän­zung. Für bestimmte Personen­gruppen jedoch können manche Nahrungs­ergän­zungs­mittel sinn­voll sein – etwa Folsäure für Schwangere,Vitamin B12 für Veganer oder Vitamin D für Babys im ersten Lebens­jahr oder Personen mit sehr wenig Sonnen­kontakt. Die meisten Deutschen sind allein durch die Nahrung ausreichend mit Nähr­stoffen versorgt. Das gilt auch für Kinder: Statt bunter Pillen sind eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und viel Bewegung an der frischen Luft ausschlag­gebend für eine gesunde Entwick­lung. Wer dauer­haft Nahrungs­ergän­zungs­mittel einnimmt, sollte das im Vorfeld mit einem Arzt absprechen.

Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden

Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nach­richten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglich­keit, Newsletter aus verschiedenen Themen­gebieten auszuwählen.

test.de-Newsletter bestellen

1

Mehr zum Thema

1 Kommentar Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • oliversim am 11.03.2024 um 11:38 Uhr

    Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

  • Thorsten.Maverick am 12.06.2018 um 21:23 Uhr
    Die Mutter muß gut versorgt sein

    Entscheidend ist, daß die Mutter schon vor der Schwangerschaft gut versorgt ist. Bei Jodmangel kommt es z. B. zum Kretinismus des Kindes. StiWa kann ich leider bei der Beurteilung der Versorgungslage nicht zustimmen. Die Referenzwerte sind meist viel zu niedrig. Japaner nehmen etwa 100-mal mehr Jod auf als Europäer, haben viel weniger Schilddrüsenerkrankungen und Brustkrebs. Frauen, die das hier genauso handhaben, haben meist sehr intelligente Kinder und kommen viel besser durch die Schwangerschaft. Vitamin D ist epidemisch zu niedrig und B12 vor allem bei Vegetariern ein Problem (holo-tc testen lassen!). Die DGE kann man vergessen, zumal sie ihre Richtlinien auch schon mal drastisch ändert.