Kaum jemand kennt sich so gut mit Rapsöl aus wie Bertrand Matthäus. Seit Jahren erforscht er Sensorik und Qualität der Produkte. Im Gespräch mit test.de erklärt er, wie schwierig die Herstellung von kaltgepressten Ölen ist und woran man ein gutes Rapsöl erkennt.
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Alle Testergebnisse für Rapsöl 11/2018Warum manche Öle komisch schmecken oder riechen
Kaltgepresste Öle fallen oft durch sensorische Fehler auf. Ist es so schwer, sie fehlerfrei herzustellen?
Ja, es ist schwierig. Der Hersteller muss sich um die Qualität der Saat kümmern, sie von der Ernte bis zum Pressprozess im Blick haben. Alles, was der Saat widerfährt, wird sich im Öl niederschlagen.
Was kann passieren?
Kommt die Saat lange mit Feuchtigkeit in Kontakt, ist sie für die Kaltpressung nicht mehr geeignet. Dann hat man ratzfatz sensorische Defizite. Öl hat ein gutes sensorisches Gedächtnis und hält Aromastoffe aus der Luft oder dem Samen fest. Wir haben festgestellt: Wenn Saaten neben einem Güllehaufen gelagert werden, kann man das anschließend im Öl herausschmecken.
Die zwei Verlierer-Öle im Test schmecken stichig-modrig. Wie entstehen solche Noten?
Im Prinzip durch feuchte Lagerung. Kommt der Samen mit Feuchtigkeit in Kontakt, wird sein Stoffwechsel angeregt, es bilden sich Abbauprodukte – das ruft das Stichig-Modrige hervor. Das kann auch passieren, wenn Saat nach der Ernte feucht wird. Nachträglich lässt sich das nicht beheben.
Warum Rapsöl heute viel besser ist als früher
Als Leiter der Arbeitsgruppe Lipidforschung tüfteln Sie an der Qualität von Rapsöl. Mit Erfolg?
Ja, sie ist deutlich besser geworden. Als wir vor 15 Jahren Rapsöle verkostet haben, waren drei Viertel gnadenlos modrig-stichig und fielen einem wieder aus dem Mund. Heute macht man nicht mehr die Ölmühle für schlechten Geschmack verantwortlich, sondern weiß: Die Ursachen beginnen deutlich früher.
Im Test war kein Rapsöl in der Verkostung sehr gut. Was braucht es dafür?
Es geht um das Zusammenspiel von nussig und saatig. Es gibt nur ganz wenige Öle, bei denen das sehr gut zusammenpasst. Die lassen erkennen, dass es ein Rapsöl ist, haben im Nachgeschmack etwas leicht Nussiges, aber nichts Holzig-Strohiges und Adstringierendes.
Kaltgepresste und raffinierte Rapsöle haben identische Fettsäurespektren. Wie sieht es bei anderen Inhaltsstoffen aus?
Beim Raffinationsprozess werden 20 bis 30 Prozent der Phytosterine und des Vitamins E entfernt. Karotinoide und phenolische Verbindungen verschwinden weitestgehend. Ernährungsphysiologisch relevant ist das aber nicht. Ein Rapsöl ist keine gute Quelle für bioaktive Substanzen. Da sollte man eher einen Apfel essen.
Raffiniert oder kaltgepresst?
Was haben raffinierte Rapsöle zu bieten?
Durch den standardisierten Verarbeitungsprozess ist ihre Qualität vergleichbar. Sie sind universell einsetzbar, preiswert und nicht schlechter als kaltgepresste.
Kaltgepresste waren im Test hitzestabil. Viele raten aber, raffinierte Öle zum Braten zu verwenden. Was ist richtig?
Kaltgepresste Öle verfügen über mehr antioxidative Substanzen, das macht sie hitzestabil. Es kann aber passieren, dass sie eher anfangen zu rauchen. Dabei entweichen die Aromastoffe, die der Hersteller zuvor mühevoll erhalten hat. Eigentlich sind sie zu teuer dafür. Die Empfehlung lautet, kaltgepresstes Rapsöl für die kalte Küche, raffiniertes für die warme Küche zu verwenden. Wer will, gibt Kaltgepresstes über das fertige Stück Fleisch.
Wann sollte Rapsöl entsorgt werden?
Verlassen Sie sich auf die eigene Nase. Dazu etwas Öl auf einen Löffel geben und daran riechen. Riecht es nach Fensterkitt, Firnis oder Ölfarbe: Weg damit.
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Kommentarliste
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@Gerd54test: Wie die Unterschiede zustande kommen können wir nicht sagen. Bitte bedenken Sie, dass zwischen beiden Tests nahezu 6 Jahre liegen. In unserem 2018 durchgeführten Test haben wir die Rapsöle selbstverständlich auch auf die Mineralölkohlenwasserstoffe Mosh/Posh und Moah untersucht. Relevante Mineralölfunde waren damals jedoch kein Thema. In der Tat kann die Produktqualität ein- und derselben Marke im Laufe der Zeit schwanken, insbesondere bei Speiseöl. Das belegen unsere eigenen Untersuchungen - zuletzt zeigte sich das etwa beim Olivenöl. Wie Ökotest hier zu seinem Ergebnis kommt, können wir aber nicht einordnen.
Wie kommen die Differenzen zum Ökotest 08/24, wo zum Beispiel das Brändle Rapsöl „mangehlaft“ durchgefallen ist aufgrund stark erhöhter Mineralölbestandteile?
Sind die Parameter einfach viel sensibler oder hat sich das Produkt dahingehend so verschlechtert?
@nils1896: Wir prüfen und bewerten den Schadstoffgehalt entsprechend der Anforderung, in diesem Fall für die Zubreitung von Baby-Beikost.
Brändle Vita wurde ja strenger bei den Schadstoffen bewertet, da es für Baby-Beikost beworben wird. Wie wäre das Unterergebnis bei den Schadstoffen denn nach dem normalen Maßstab gewesen?
@Uschi8888: Wir haben das Spritzverhalten von Rapsöl untersucht und können Ihre Aussage nicht bestätigen. Soweit die auf den Packungen abgedruckten Verwendungsempfehlungen das Braten nicht ausschließen, wurde das Spritzverhalten unter standardisierten Bedingungen beim Braten von Hackfleisch in der Pfanne geprüft. Bis auf ein Rapsöl zeichneten sich alle Öle durch ein" sehr gutes" und "gutes" Spritzverhalten beim Braten aus.(bp)