Riskante Gewinn­beteiligungen Dubiose Deals auf Amazon

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Riskante Gewinn­beteiligungen - Dubiose Deals auf Amazon

Sekt oder Selters. Die Versprechen der Clever Business (Schweiz) AG klingen allzu schön. © Adobe Stock

Die Firma hinter Cashcow verkauft angeblich Waren bei Amazon und lockt Anle­gerinnen und Anleger mit enorm hohen Gewinn­beteiligungen. Belast­bare Zahlen fehlen allerdings.

Finanz­aufsicht bemängelt Geschäft

Unter dem schil­lernd klingenden Marken­namen „Cashcow24-7“ verbreitete Jörg Cars­tensen die Hoff­nung auf mühelose Geld­vermehrung. Das Geschäfts­modell des Gründers der Clever Business (Schweiz) AG beruht nach eigenen Angaben auf dem Verkauf von Waren bei Amazon. Dabei bot er Anle­gerinnen und Anlegern bis „zu 120 Prozent Gewinn­beteiligung pro Jahr“ an, wie es in der Werbung hieß. Im Oktober 2023 monierte jedoch die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) einen fehlenden Anlageprospekt.

Angeblich Lösung mit Bafin gefunden

Clever Business teilte Finanztest mit, man habe sich nicht als Emittent von Vermögens­anlagen verstanden und werde nun vor­erst keine Kunden mehr werben, sondern entweder einen Prospekt erstellen oder das Geschäfts­modell ändern. Seinen Kunden hatte Cars­tensen zuvor gesagt: „Wir konnten mit der Bafin eine Lösung finden.“ Man werde das Geschäft bald wieder „in Deutsch­land anbieten“ können. Wir haben uns die Firma genauer angesehen – und zeigen Warn­signale, die Anleger im Allgemeinen beachten sollten.

Cashcow verspricht Gewinn

2020 startete Cars­tensen seine Geschäfts­idee ursprüng­lich mit der Clever-Business GmbH in Schleswig-Holstein. Die erwirt­schaftete nach eigener Darstellung Gewinne aus dem güns­tigen Einkauf von Waren – etwa in China – und dem lukrativen Verkauf bei Amazon. 47 500 Unternehmen nutzen in Deutsch­land den Markt­platz des Onlineriesen, der mit „Fulfill­ment by Amazon“ (FBA) einen besonderen Service anbietet: Händler senden ihre Waren an die Logistikzentren und Amazon über­nimmt den Rest. Bestellt ein Kunde etwas, dann packt und vers­endet der Konzern die Produkte im Auftrag des Verkäufers. Dafür kassiert Amazon Gebühren.

120 Prozent Gewinn­beteiligung

Clever Business will mit FBA Millionen­umsätze erwirt­schaftet haben. Cars­tensen setzte ein „Kundenbe­teiligungs­programm“ auf. Teilnehmer stellten Geld für „Waren- und Service­pakete“ zur Verfügung, um so das Einkaufs­volumen von Clever Business erhöhen zu können. Cars­tensen trat als Kommis­sionär auf und verpflichtete sich, die Waren- und Service­pakete später zurück­zukaufen. Und je länger Kunden ihr Geld zur Verfügung stellten, desto höher die Gewinn­beteiligung. Nach einem Jahr garan­tierte Clever Business beispiels­weise, 120 Prozent auf den Wert des Warenpaketes zu zahlen.

Gewinne nicht garan­tiert

Als Finanztest Cars­tensen fragte, wie diese Margen möglich seien, teilte er mit, dies sei „ein altes“ Geschäfts­modell seiner GmbH gewesen. Es sei „von der Clever Business AG, Schweiz, nicht weiterverfolgt“ worden. Die Antwort verwundert, denn auch die AG warb so um Kunden. Auf Rück­frage erklärte Cars­tensen, der Unterschied bestehe darin, dass der Gewinn nicht mehr garan­tiert worden sei. In der Werbung steht: „100 Prozent Erfolgs­quote seit 2020“.

Ein Miss­verständnis

Ehe Cars­tensen die AG Ende August 2022 in der Schweiz gründete, betrieb er sein Geschäft mit der Clever-Business GmbH. Als Finanztest ihn fragte, wann er den Verkauf der GmbH seinen Kunden mitgeteilt habe, sprach Cars­tensen von einem „Miss­verständnis“. Es sei „lediglich eine Sitz­verlegung angestrebt und ein angestellter GF [Geschäfts­führer] bestellt“.

Sämtliche Jahres­abschlüsse fehlen

Register­auszüge belegen aber eine Über­tragung aller Gesell­schafter­anteile. Mitte Dezember 2023 ordnete die Bafin die Abwick­lung an. Cars­tensen hatte auch keine Jahres­abschlüsse für die GmbH veröffent­licht (darin hätten sich die behaupteten Millionen­umsätze über­prüfen lassen). Cars­tensen lehnte zu den nicht veröffent­lichten Jahres­berichten eine Stellung­nahme ab. In dieser Hinsicht bietet ihm die AG Vorteile. Sie untersteht „keiner ordentlichen Revision und verzichtet auf eine einge­schränkte Revision“, wie es im Handelsamtsblatt heißt, dem Handels­register der Schweiz.

Wie Sie Abzo­ckern nicht auf den Leim gehen

  1. Lock­angebote ausschlagen. Miss­trauen Sie Angeboten, die enorm hohe Gewinn- oder Rendite­versprechen machen.
  2. Trans­parenz einfordern. Verlangen Sie Einsicht in die Unter­nehmens­zahlen. GmbHs müssen ihren Jahres­abschluss zwölf Monate nach Ablauf des Geschäfts­jahres veröffent­lichen, kapitalmarkt­orientierte Unternehmen nach vier, Emittenten von Vermögens­anlagen nach sechs Monaten.
  3. Provisions­versprechen ignorieren. Werden für Neukunden mehr­stufige Provisionen versprochen, könnte das auf ein Schnee­ball­system hindeuten. Und dabei schauen viele in die Röhre.
  4. Namen  und  Adressen prüfen. Geben Sie die Daten in Anführungs­zeichen in die Such­maschine ein – so stoßen Sie schnell auf Ungereimtheiten und entlarven Brief­kastenfirmen und virtuelle Büros.
  5. Telegram meiden. Läuft die Kommunikation eines Anbieters von Geld­anlagen vor allem über den anonymen Nach­richten­dienst Telegram, Finger weg!

Auffälliges Provisions­modell

Für seine Kunden gestaltete sich der Kauf der Warenpakete denk­bar einfach: Über ein Konto bei cashcow24-7.com konnten sie Pakete erwerben und wie bei einem Online-Broker deren Wert­entwick­lung beob­achten. Alles virtuell. Doch weder konnten sie einzelne Produkte in den Paketen aussuchen, noch wussten sie, wo diese lagerten. Selbst ein Cashcow24-7-Shop findet sich nicht bei Amazon. Cars­tensen schickte auf Anfrage nur zwei Links, die zu einzelnen Produkten führen. Amazon beant­wortete keine Fragen.

Fragwürdiges Marketing

Clever Business belohnte auch seine „Empfehlungs­geber“ – also Kunden, die andere warben. Auch wenn diese Neuen ihrer­seits Kunden akquirierten, profitierte der Empfehlungs­geber. Die Firma versprach dabei mehr­stufige Provisionen von 3 bis 7 Prozent auf den Wert der erworbenen Warenpakete. Multi-Level-Marketing (MLM) nennen sich solche Vertriebs­modelle. Sie stehen in der Kritik, weil sie in der Funk­tions­weise Schnee­ball­systemen ähneln, die vermeintliche Gewinne aus Zahlungen neuer Kunden finanzieren.

Falsche Angaben

Das Modell wider­spricht der Werbung: „Kein Finanz­geschäft, Krypto, MLM, Schnee­ball­system“, hieß es in Botschaften, die Thomas Langer beim Nach­richten­dienst Telegram verschickte. Er betreut den Firmen-Kanal („Cashcow24-7-Clever-Business“) und ist interes­santer­weise MLM-Fachmann. Ihm gehört in Berlin die DSE Directselling­expert GmbH, die mit einer „MLM-Akademie“ warb. All diese Aktivitäten sollen mit Cashcow24-7 nichts zu tun haben. Während Langer ein MLM ausschloss, sagte uns Cars­tensen: „Über unser MLM-Vertriebs­netz­werk konnten wir dann sehr schnell wachsen“. Irritierend auch, dass Langer beim Netz­werk LinkedIn angab, Mitgesell­schafter der Clever-Business GmbH zu sein, was er nie war. Auf Anfrage sagte er, er wolle den Eintrag korrigieren.

Virtuelle Büro­adresse

Kunden für Cashcow24-7 warb Langer im Rahmen von Webinaren. Dort hob er auch die Solidität des Unter­nehmens hervor: Clever Business sei nicht irgend­eine Firma, sondern eine Schweizer AG. Merkwürdig: Deren Anschrift wird auch als virtuelles Büro in einem Bürocenter vermarktet. Geschäfts­führer in der Schweiz ist Lucas Edgar Devenn. Er fungiert auch als Gründer eines Investmentfonds in Liechten­stein und ist Besitzer der Belvista (Suisse) Sarl im schweizerischen Freienbach. Devenn beant­wortete uns keine Fragen und verwies auf Cars­tensen.

Anonymer Messenger­dienst

Über den eigenen Telegram-Kanal fand ein Groß­teil des Austauschs mit den Kunden statt. 2 300 Mitglieder hatten sich dort angemeldet und Cashcow24-7 freute sich laut eigener Aussage über 1 400 zufriedene Kunden. Es gab Stamm­tische und eine Mitarbeiterin verschickte die „Ermunterung der Woche“ mit Sinn­sprüchen, die Anklang fanden. So entstand in drei Jahren das Gefühl, Teil einer einge­schworenen Gemeinde zu sein.

Warn­liste der Stiftung Warentest

Haben Sie auch Erfahrungen mit dubiosen Anbietern gemacht? Dann senden Sie uns bitte Ihre Hinweise an: warn­[email protected]

Plötzlich stumm geschaltet

Doch bei Telegram gehört Anony­mität zum Programm. Wer ehrlich lobt oder nur Claqueur ist, lässt sich schwer über­prüfen. Der Anreiz des Provisions­systems befördert zudem den Wunsch­glauben an ein gutes Geschäft, denn jeder Empfehlungs­geber wird „Botschafter“ des Unter­nehmens. Kritik wurde zudem als Nörgelei abge­tan. Als sich Fragen zur Bafin häuften, stellte Langer den Kanal Anfang November 2023 stumm. Austausch war seither nicht mehr möglich.

Dubiose Tipps von Langer

Wie schnell sich so eine Gemeinschaft bei Telegram in Luft auflöst, weiß Langer. Vor Cashcow24-7 kümmerte er sich um eine andere Community. Dort soll er unter anderem den „Tipp“ gegeben haben, in eine bc connect GmbH zu investieren. Als ein Nutzer Kritik an dieser Firma äußerte, schrieb Langer, „dass alles sauber ist“. Als die Firma pleite ging, betonte Langer, er habe keine Anla­geberatung gegeben, nur „Tipps“. Dann setzte er den neuen Kanal auf: „Cashcow24-7-Clever Business“, der seinen Angaben nach nichts mit den früheren Geschäften zu tun haben soll. Finanztest nimmt die Clever Business (Schweiz) AG auf die Warnliste Geldanlage, weil Prospekt und Jahres­abschlüsse fehlen.

Hinweis zur Warn­liste Geld­anlage der Stiftung Warentest

Die Warn­liste Geld­anlage listet alle Unternehmen, Geld­anlage­angebote und Dienst­leistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im Format PDF herunterladen. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischen­zeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgebe­richt­erstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warn­liste zu finden.

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