Risiken von ETF Sind ETF gefähr­lich?

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Risiken von ETF - Sind ETF gefähr­lich?

ETF. Die börsen­gehandelten Indexfonds könnten Macht­verhält­nisse verändern und die Preis­bildung verhindern, warnen Kritiker. Was ist dran an diesen Behauptungen? © Getty Images / Rawpixel Ltd

Über ETF sind einige irreführende Aussagen im Umlauf. Gerne wird etwa der Eindruck erweckt, aktiv gemanagte Fonds seien sicherer. Wir klären auf.

Anleger hören im Zusammen­hang mit ETF oft von den Risiken, die in diesen noch relativ neuen Produkten stecken sollen. Das ist kein Wunder: Bank­berater verkaufen in der Regel lieber aktiv gemanagte Fonds als ETF, weil sie mehr daran verdienen. So kommt es dann auch zu Aussagen wie „Fonds­manager können Aktien recht­zeitig verkaufen, ehe es mit den Kursen nach unten geht. Bei ETF hängen Sie mit drin.“ Fakt ist, dass Fonds­manager auch nicht besser aus- und wieder einsteigen können.

Des Weiteren werden ETF verdächtigt, Crashs zu verstärken oder dafür zu sorgen, dass die Preisfindung auf den Märkten nicht mehr funk­tioniert. In unserem FAQ klären wir auf und beant­worten auch häufige Fragen zum Beispiel zum Währungs­risiko von ETF, deren Anteile in Dollar gehandelt werden, und zu den Risiken von Swap-ETF. Wir gehen auf Wert­papierleihe ein und auf das Herden­verhalten an den Börsen.

Alle Fragen im Überblick

Was hinter Swap-ETF steckt

Was bedeutet physische und synthetische Index­nach­bildung?

Wenn ein ETF die Titel aus dem Index hält, spricht man von physischer Replikation. Voll­replizierend ist der ETF, wenn er dazu alle im Index gelisteten Werte kauft. Beim Dax mit seinen 40 Werten ist das einfach umzu­setzen, beim Welt­aktien­index MSCI World mit seinen rund 1 500 Titeln wird es schon schwieriger. Einige ETF kaufen deshalb nur einen Teil der MSCI-World-Aktien – das ist die optimierte Nach­bildung. Auch optimierende ETF können Indizes sehr gut abbilden. Bei der synthetischen Replikation wird der Index künst­lich abge­bildet. Der ETF kauft nicht die Titel aus dem Index, sondern andere Wert­papiere. Damit er sich trotzdem so entwickelt wie der Index, schließt er ein Tausch­geschäft – einen Swap – ab.

Und wie genau funk­tioniert ein Swap?

In dem Swap, dem Tausch­geschäft, ist geregelt, dass der ETF die Wert­entwick­lung des Index bekommt. Der Tausch­partner, meist eine große Bank, erhält im Gegen­zug die Rendite der Aktien im ETF.

Sind Swap-ETF riskant?

Für ihr Portfolio müssen ETF gut handel­bare Werte kaufen. Das schreibt der Gesetz­geber vor. Doch ganz ohne Risiko ist der Tausch nicht – der Tausch­partner könnte pleite­gehen. Der Swap darf allerdings maximal 10 Prozent des Fonds­vermögens betragen, häufig ist er auch abge­sichert. Mitt­lerweile sind viele Anbieter auf physische Replikation umge­stiegen. Wem die Swap-Konstruktionen suspekt sind, der muss sie nicht kaufen. Eine Ausnahme sind Rohstoff-ETF: Die gibt es nur in synthetischer Form.

Was ist der Grund dafür, einen ETF per Swap nach­zubilden?

Der Fondsanbieter vereinbart den Tausch, damit er sich nicht selbst um die Index­nach­bildung kümmern muss und Kosten sparen kann. Die Arbeit erledigt der Tausch­partner, der das besser kann. Tausch­partner ist meist eine große Bank.

Sie können sich das ungefähr so vorstellen: Sie pflanzen einen Apfelbaum und ihr Nach­bar einen Birnbaum. Die Äpfel essen Sie aber nicht selbst, sondern geben sie Ihrem Nach­barn. Und der gibt Ihnen die Birnen. Der Grund dafür, dass Sie nicht selbst einen Birnbaum pflanzen, könnte beispiels­weise sein, dass der auf dem Nach­bargrund­stück besser gedeiht. So ähnlich ist das bei den ETF auch.

Wie unterscheiden sich die Regeln für Swap-ETF und normale Fonds?

Die meisten Fonds und alle ETF in Europa und Deutsch­land folgen den gleichen, europäischen Fonds­regeln, nämlich den OGAW-Richt­linien (Organismen für gemein­same Anlagen in Wert­papieren, im Eng­lischen „Ucits“). Unter anderem legen diese Richt­linien fest, wie stark ein Fonds seine Anlagen streuen muss. Die Ober­grenze für Anlagen bei einem einzigen Emittenten (Aktien, Anleihen und Deri­vate) liegt bei 10 Prozent des Fonds­volumens. Die 10-Prozent-Grenze gilt auch für den Umfang der Swaps in einem synthetischen ETF. Ausnahmen sind zum Beispiel für Bundes­anleihen möglich. Die kann ein Fonds auch zu 100 Prozent halten. ETF, die einen Index abbilden, dürfen ausnahms­weise den größten Wert mit maximal 35 Prozent gewichten, die anderen dann mit höchs­tens 20 Prozent. Im MSCI Switzer­land zum Beispiel hat Nestlé Stand März 2023 ein Gewicht von etwas mehr als 20 Prozent, Roche und Novartis grob um die 13 Prozent.

Welche Wert­papiere stecken in synthetischen ETF?

Der größte Teil des Fonds­vermögens besteht aus Aktien oder Anleihen. Bei Aktien-ETF sind das gut handel­bare, große Aktien. Dieser Aktienkorb wird auch „Trägerportfolio“ genannt. Für dieses Trägerportfolio gelten wieder die OGAW-Richt­linien wie für jeden anderen (OGAW-)Fonds. Die meisten ETF-Anbieter veröffent­lichen die Zusammenset­zung der Trägerportfolios tages­aktuell auf ihren Webseiten. Oft wird auch der aktuelle Swap-Wert ange­zeigt. Wenn er positiv ist, dann schuldet der Swap-Partner dem ETF Geld. Ein Swap kann aber auch negativ sein.

Kann es sein, dass ein Swap-ETF pleite­geht und mein Geld komplett verloren ist?

Nein. Der Swap darf nicht mehr als 10 Prozent des Fonds­vermögens ausmachen. Sollte der Swap-Partner, mit dem der ETF den Swap abge­schlossen hat, pleite­gehen, dann sind maximal 10 Prozent verloren, nicht alles.

Haben physisch replizierende ETF auch Risiken?

Ja, wenn auch begrenzt. Physisch replizierende ETF kaufen zwar die Titel aus dem Index, doch oft verleihen sie diese an Investoren, die auf fallende Kurse spekulieren. Der Vorteil: Aus der Leihe fließen zusätzliche Erträge. Der Nachteil: Der Leih­partner könnte pleite­gehen. Dieses Risiko wird aber durch die Herein­nahme von Sicherheiten abge­federt. Das ist vorgeschrieben. ETF machen nichts, was andere Fonds nicht auch machen dürfen. Auch aktiv verwaltete Fonds können Gegen­parteirisiken aufweisen – weil sie wie ETF Deri­vate nutzen oder Wert­papierleihe betreiben.

Was ist mit dem Swap-Partner? Kann es sein, dass der spekuliert?

Der Vorwurf lautet, der Swap-Partner verpflichte sich zwar zur Lieferung der Index-Performance, investiere aber in ganz andere Papiere als die Index­titel – in der Hoff­nung, damit mehr zu verdienen. Das ist falsch. Swap-Partner – das sind immer große Banken – trennen ihre Aktivitäten: Dienst­leistungen für Dritte – wie zum Beispiel ein Swap-Geschäft mit einem ETF-Anbieter – lassen sie sich bezahlen, indem sie eine kleine Gewinn­marge für sich kalkulieren; darüber hinaus spekulieren sie in der Regel nicht. Der Swap-Partner – die Bank – wird also in irgend­einer Art in die Index­titel investiert sein. Der Bereich in der Bank, der sich um die Abbildung von Indizes mit den passenden Aktienkörben kümmert, heißt „basket trading“. Manche Banken unterhalten darüber hinaus eine separate Abteilung für den sogenannten Eigen­handel, die auf alles Mögliche wettet.

Wie kann man erkennen, ob ein ETF den Index per Swap abbildet?

Manche Anbieter schreiben direkt in den Produkt­namen, ob es sich um einen Swap-ETF handelt, etwa X-trackers. In der Regel finden Sie auf der Website des ETF-Anbieters Angaben dazu, ob der Fonds Swaps verwendet. Oft ist von „synthetischer“ oder „indirekter Replikation“ die Rede. Sie können sich auch auf der Internetseite des Anbieters das Basis­informations­blatt herunter­laden, dort stehen die entsprechenden Infos meist gleich am Anfang.

Tipp: Die Replikations­methode ist in unserem Fondsvergleich angegeben. An jedem Fonds­namen steht eine Fußnote, wenn der ETF Swaps verwendet. Zudem können Sie gezielt danach filtern, wie der ETF den Index nach­bildet. Klicken Sie dazu in der Listen­ansicht auf „weitere Filter“, „Index“ und „Nach­bildungs­methode“. Physische ETF sind entweder „voll­replizierend“, dann kaufen sie sämtliche Wert­papiere aus dem Index, oder „optimiert“, dann kaufen sie nur die wichtigsten Titel.

Beratung, Kauf, Währungs­risiken

Mein Berater hat gesagt, ein ETF sei viel riskanter als ein normaler Aktienfonds. Warum empfehlen Sie ETF dann über­haupt?

Ihr Bank­berater hat Unrecht. ETF und aktiv gemanagte Fonds sind vom Risiko her vergleich­bar – voraus­gesetzt, sie sind im selben Anlagemarkt unterwegs und legen zum Beispiel beide welt­weit in Aktien an. Unterschiede gibt es nur im Detail: Im Welt­aktien­index MSCI World sind rund 1 500 Titel enthalten. Diese breite Streuung senkt das Risiko. Aktiv gemanagte Fonds halten meist zwischen 50 und 150 Titel, also viel weniger. Einige aktiv gemanagte Fonds sind daher sogar ein wenig riskanter als ein ETF – anders als Ihr Berater sagt. Es gibt aber auch aktiv gemanagte Fonds, die trotz ihrer geringeren Streuung weniger riskant sind als ETF.

Tipp: Achten Sie beim Kauf von ETF unbe­dingt auf den Markt, in den der ETF investiert. Das größte Risiko bei Fonds – sowohl bei ETF als auch bei aktiven Fonds – sind die Schwankungen der Aktienmärkte. Wählen Sie als Grund­lage für Ihr Depot daher einen breit gestreuten, am besten weltweit anlegenden Aktienfonds.

Beim Kauf meines ETF habe ich fest­gestellt, dass die Anteile in Dollar notieren. Ist das Währungs­risiko dabei nicht zu hoch?

Die Währung, in der die Fonds­anteile notieren, spielt keine Rolle. Entscheidend ist allein, in welche Papiere der ETF investiert. Kauft er deutsche Aktien, gibt es für hiesige Anleger kein Währungs­risiko. Das Geld liegt in Papieren, die auf Euro lauten. Wenn Sie zum Beispiel einen Sparplan abschließen, dann wird die Sparrate – beispiels­weise 50 Euro – zunächst in Dollar umge­rechnet, um die Anteile zu kaufen. Doch das Geld bleibt nicht in Dollar liegen, sondern fließt sofort in die Aktien, in die der ETF investiert. Legt der ETF jedoch in US-Aktien an, hängt die Rendite nicht nur von der amerikanischen Börse ab, sondern auch von der Entwick­lung des Dollar. Auch im MSCI World liegen viele US-Aktien. Hier besteht ein Währungs­risiko, doch das gehört zu den normalen Anlagerisiken – bei ETF und bei aktiven Fonds. Bei Welt-ETF erhöht das Währungs­risiko in der Regel das Gesamt­risiko nicht.

Tipp: Mehr zum Thema Währungs­risiko haben wir in einem eigenen Beitrag zusammen­gestellt: Währungsrisiken bei Gold, Fonds, MSCI World - Muss ich das Risiko absichern?

Mein Berater hat gesagt, ich soll aktiv gemanagte Fonds nehmen, die seien als Sonder­vermögen besonders geschützt. Ist das bei ETF anders?

Nein. ETF sind auch Sonder­vermögen und genießen denselben Schutz wie aktiv gemanagte Fonds. Sonder­vermögen bedeutet, dass das Geld der Anleger, das in den Fonds liegt, getrennt verwahrt wird von dem Vermögen, das der Fonds­gesell­schaft gehört. Das ist wichtig, falls die Fonds­gesell­schaft in Zahlungs­schwierig­keiten gerät. Bei einer Pleite hat der Insolvenz­verwalter nur Zugriff auf das Vermögen der Fonds­gesell­schaft. Das Geld in den Fonds ist geschützt.

Soll ich ein Stop-Loss-Limit setzen, um Kurs­verluste zu vermeiden?

Das empfiehlt sich in der Regel nicht. Bei einem Stop-Loss-Limit wird eine auto­matische Verkaufs­order ausgelöst, wenn der ETF einen bestimmten Kurs erreicht. Verkauft wird allerdings nicht zu diesem Kurs. Relevant ist der Kurs, zu dem die Order schluss­endlich ausgeführt wird – der kann weit darunter liegen. Das kann zu hohen Verlusten führen, besonders dann, wenn der Anleger wieder einsteigen möchte, aber die Kurse sich inzwischen erholt haben. Für lang­fristig orientierte Anleger sind kurz­fristige Markt­verwerfungen kein Problem.

ETF, Blasen­bildung und Börsencrashs

Ich habe gehört, dass es ETF bei einem Crash viel schlimmer erwischt als aktiv gemanagte Fonds. Ist das richtig?

Nein, normaler­weise nicht. Ein ETF entwickelt sich wie der Index, den er abbildet. Steigt der Index, steigt der ETF. Wenn der Index einbricht, dann bricht genauso auch der ETF ein. In Krisen können ETF allerdings anders reagieren als üblich. Im August 2015 zum Beispiel kam es an der Wall Street zu einem kurzen, heftigen Kurs­einbruch bei Aktien, einem Flashcrash. In der Folge brachen auch die Kurse der ETF ein, teils stärker als die des Aktien­index – was nicht sein dürfte, denn ETF zeichnen den Index ja nach. Als Ursache galten die Handels­regeln der US-Börsen. Zeit­weise wurden Aktien, aber auch ETF, vom Handel ausgesetzt. Die Mecha­nismen, die dafür sorgen, dass ein ETF so viel wert ist wie sein Index, haben für ein paar Stunden versagt. In Deutsch­land gab es an jenem Tag im August 2015 nur kleinere Irritationen. Wer im Crash nicht panisch verkauft, sondern abge­wartet hat, verlor kein Geld. Das ist auch der Grund, warum wir von Stop-Loss-Limits abraten.

Soll ich dann nicht lieber doch einen aktiv gemanagten Fonds kaufen?

Ein aktiv gemanagter Fonds kann sich anders entwickeln als der Index. Hier ist ein Fonds­manager am Werk, der manche Aktie aus dem Index vielleicht gar nicht kauft und dafür andere stärker gewichtet. Dann entwickelt sich der Fonds anders als der Index, egal, ob der Markt steigt oder fällt. Das bedeutet: Es kann durch­aus sein, dass ein aktiv gemanagter Fonds besser durch eine Krise kommt als ein ETF. In unserem Fonds­dauertest stellen wir aber immer wieder das Gegen­teil fest. Da es aktiv gemanagten Fonds nur selten gelingt, dauer­haft besser als der Gesamt­markt abzu­schneiden, halten wir ETF für die erste Wahl. Breit streuende ETF liegen in ihrer Fonds­gruppe lang­fristig meist unter den Top-Fonds.

Es heißt, dass ETF zur Blasen­bildung an den Börsen beitragen. Stimmt das?

Hinter der Annahme, dass börsen­gehandelte Fonds (ETF) zur Blasen­bildung beitragen, also bestehende Trends verstärken, steckt oft ein Denk­fehler. Manche Anle­gerinnen und Anleger nehmen nämlich an, dass ETF in Aktien investieren, wenn die Kurse steigen, und sie wieder verkaufen, wenn die Kurse fallen. Doch das stimmt so nicht: ETF kaufen nur dann Aktien, wenn Anleger neues Geld einzahlen – und verkaufen sie nur, wenn Anleger ihre Anteile zurück­geben. Halten sich Käufe und Verkäufe die Waage, wirkt sich das nicht auf die Kurse aus. Der Wert der ETF-Anteile steigt oder sinkt mit dem Preis der gehaltenen Aktien.

Weil ETF so einfach handel­bar sind, könnten Anleger sie im Fall eines Crashs schneller verkaufen, so die Befürchtung. Würden sie das tun, müssten die ETF-Anbieter Aktien aus dem Fonds verkaufen und würden so dafür sorgen, dass die Kurse an der Börse noch weiter fallen. Der Interna­tionale Währungs­fonds (IWF) sah in einer Unter­suchung allerdings keine Anhalts­punkte dafür, dass ETF mehr als aktiv gemanagte Fonds Crashs verstärken oder Aufwärts­trends befeuern.

Dass ETF einen Crash verstärken können, habe ich neulich in einem Börsen­brief gelesen. Ist nicht genau das bei den Flashcrashs passiert?

Die Bundes­bank hat sich im Monatsbericht Oktober 2018 mit dieser Frage befasst und verschiedene Flash Crashs analysiert, also kurz­zeitige heftige Kurs­einbrüche an den Börsen. ETF hatten dabei teils stärker an Wert verloren als ihre zugrunde liegenden Wert­papiere. „Der Markt für ETF scheint zwar wesentlich beteiligt, jedoch nicht Auslöser der jeweiligen Entwick­lungen gewesen zu sein“, schreibt die Bundes­bank, und weiter: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es in größeren Krisen auch zu längeren Phasen fallender Preise kommen könne. Damit ETF auch in unruhigen Zeiten funk­tionierten, bestünden bereits Schutz­vorkehrungen. So sorgten zum Beispiel Unter­brechungen des Börsen­handels für Stabilität.

Noch steckt in ETF nur ein Bruch­teil des welt­weit verwalteten Vermögens, das heißt, die von ihnen ausgehenden Risiken sind schon deswegen begrenzt.

Wenn es immer mehr ETF gibt, funk­tioniert der Markt dann über­haupt noch?

Die Preise für Aktien werden durch Angebot und Nach­frage ermittelt. Anders als aktive Fonds picken ETF sich nicht einzelne Titel heraus, die sie für viel­versprechend halten, sondern kaufen alle in einem Index gelisteten Wert­papiere. Einige Anleger treibt die Sorge um, dass es keine richtigen Kurse mehr gibt, wenn keiner mehr aktiv handelt. Würden irgend­wann alle nur noch ETF kaufen, könnte der Markt tatsäch­lich nicht mehr richtig funk­tionieren. Experten zufolge dürfte es aber immer Menschen geben, die den Ehrgeiz haben, den Markt zu schlagen, und in aus ihrer Sicht unterbe­wertete Aktien investieren – vor allem dann, wenn sie der Ansicht sind, dass die Preise nicht mehr richtig abge­bildet werden.

Sind ETF besser handel­bar als Einzel­papiere?

Oft heißt es, ETF würden Handel­barkeit nur vortäuschen – gerade wenn sie in illiquide, also schlecht handel­bare Papiere investieren. Doch ETF sind in normalen Markt­phasen häufig besser handel­bar als die Wert­papiere, die sie kaufen. Das gilt etwa für ETF, die in hoch verzinste Anleihen investieren. Solche Anleihen werden nämlich nicht regel­mäßig gehandelt – es kann daher passieren, dass Kauf­interes­senten schlechte Preise bekommen (oder gar keine). Hier haben es ETF-Anleger leichter. Der ETF kann den Besitzer wechseln, ohne dass eine einzige Anleihe gehandelt werden muss.

Kommt es hart auf hart, kann ein Fonds aber nicht liquider sein als die Werte, in die er investiert. Anleger kennen das von offenen Immobilienfonds, die im Normalfall besser handel­bar sind als die Gebäude, in die sie investieren. In der Finanz­krise, als zu viele Investoren auf einen Schlag ihr Geld abziehen wollten, gerieten einige Fonds jedoch in die Bredouille und mussten schließen, weil sie die Immobilien nicht so schnell verkaufen konnten.

Ein ETF kann in so einem Fall auch unter dem Niveau des abge­bildeten Index handel­bar sein, wahr­scheinlich mit großen Spannen zwischen An- und Verkaufs­kurs. Beruhigen sich die Märkte, wird der ETF wieder den Index abbilden.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 28.03.2023 um 09:33 Uhr
    "Breit streuende ETF liegen in ihrer..."

    @ChristineSchremb: Umformuliert wird es klarer: "Breit streuende ETF sind in ihrer Fonds­gruppe lang­fristig meist unter den Top-Fonds.". Je nach betrachteter Periode, Dauer und Fondsgruppe schneiden ETF relativ zu den aktiv verwalteten Fonds unterschiedlich ab. Typischerweise und bei einer Anlagedauer von 5 Jahren oder mehr sind "1. Wahl"-ETF unter den 10 bis 20 Prozent besten Fonds der Fondsgruppe. Das kann ein bisschen mehr schwanken, wenn man die "marktähnlichen" ETF betrachtet, d.h. die ETF die zwar breit streuen, aber auch nachhaltige Auswahlkriterien berücksichtigen. Bei aktiv verwalteten Fonds ist es schwieriger zu sagen, wo sie in Zukunft landen werden, auch wenn sie bisher gut waren.

  • ChristineSchremb am 28.03.2023 um 09:10 Uhr
    "Breit streuende ETF liegen in ihrer..."

    Habe ich diesen Satz "Breit streuende ETF liegen in ihrer Fonds­gruppe lang­fristig meist unter den Top-Fonds." richtig verstanden? Ist damit gemeint, dass sie im Vergleich schlechter abschneiden oder dass ETF zur Spitzengruppe der Fonds gehören? Ich vermute letzteres und würde mich über eine Bestätigung freuen.

  • Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 27.03.2023 um 12:50 Uhr
    ETF oder an der Börse gehandelter Indexfond?

    @s-kip: Es wäre naheliegend, dass ETF in manch anderen Ländern nicht so bekannt sind wie in Deutschland. Für den Bekanntheitsgrad ist es sicher hilfreich, wenn es im Land ein Börsensegment für ETF gibt und ETF-Anbieter aus diesem Land.
    Zur Begriffsdefinition: ETF sind börsengehandelte Fonds (exchange traded funds), aber mit einem speziellen "Handels-Setup": Der ETF-Anbieter bestellt einen oder mehreren "Market Maker" an der Börse (in dem Fall Designated Sponsor oder Authorized Participant genannt), der sich verpflichtet ein Mindestmaß an Liquidität (maximale Geld-Brief-Spanne, Mindesthandelbare Stücke/Beträge) zu handeln. Dieser spezielle Market Maker wendet sich dann an den ETF-Anbieter, wenn er neue ETF-Anteil braucht (creation) oder bestehende zurückgeben muss (redemption). Im Gegenzug für die ETF werden die Aktien des jeweiligen Indexkorbes oder Cash getauscht.
    Andere ("normale") Fonds können auch an der Börse handelbar sein (aber es ist wahrscheinlich ein deutsches Phänomen), aber ohne dass der Market Maker mit der Einwilligung oder Unterstützung der Fonds-Anbieter agieren muss. Dadurch hat der Market Maker mehr Risiko und handelt tendenziell kleinere Mengen mit größeren Geld-Brief-Spannen. Die Liquidität eines ETF ist in der Regel um ein Vielfaches höher als bei einem normalen Fonds, der auch an der Börse gehandelt wird.
    Und: Ein ETF muss nicht unbedingt einen Index abbilden, er kann auch aktiv verwaltet werden.
    Fazit: Jeder Fonds kann theoretisch an der Börse handelbar sein - das macht aus ihm noch keinen ETF. Ein ETF nutzt eine spezielle Konstruktion und nur ETF tragen "Ucits ETF" im Namen. Nicht jeder ETF ist ein Indexfonds und es gibt Indexfonds, die keine ETF sind (sondern die wie "normale" Fonds sind, aber halt passiv).

  • s-kip am 27.03.2023 um 12:18 Uhr
    ETF oder an der Börse gehandelter Indexfond?

    Auch sehr viele aktiv gemanagte Fonds werden an Börsen gehandelt.
    Ich habe im Ausland mit der arglosen Verwendung des Begriffs ETF schon für Verwirrung gesorgt. Es wusste niemand, was ich eigentlich meine.

  • RomanLan am 25.07.2021 um 18:45 Uhr
    Aktives Management ist Nullsummenspiel

    Ich finde ihr Argument im Abschnitt „Haben aktiv gemanagte Fonds noch eine Chance?” zu stark vereinfacht, da Sie hier ignorieren dass aktives Management ein Nullsummenspiel ist. Denn alle Marktteilnehmer sind zwangsläufig im Schnitt „so gut wie der Markt“ und „den Markt schlagen“ (genauer das Generieren von Alpha) ist ein Nullsummenspiel.
    Wenn nun vor allem jene Marktteilnehemer, die schlecht im „den Markt schlagen” sind auf passive Geldanlage umschwenken (was nicht besonders unrealistisch klingt), wird der Markt sogar – dank ETFs – effizienter und das „Markt schlagen” schwieriger (was wiederum immer mehr Investoren zu passivem Geldanlegen bewegen dürfte bis nur noch ein unbelehrbarer Rest und die aktiven Investoren, die das Alpha von dem unbelehrbaren Rest abgraben, übrig sind).