Tür­schlösser Welche Schließ­zylinder Atta­cken sehr gut über­stehen

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Tür­schlösser - Welche Schließ­zylinder Atta­cken sehr gut über­stehen

Bohr­prüfung. Ein Bohr­schutz soll Angriffe wie diesen vereiteln. © F. Generotzky

Die besten Schließ­zylinder halten Einbruch­versuchen sehr gut stand. Vielen Modellen fehlen verständliche Angaben zu wichtigen Sicher­heits­merkmalen.

Tür­schlösser Testergebnisse für 12 Schließ­zylinder 11/2017 freischalten

Knapp jeder zweite Einbruch­versuch in Mehr­familien­häusern zielt auf die Wohnungs­tür ab. Manchmal greifen Einbrecher das Türschloss selbst an und gehen brutal vor: Sie bohren es auf, zerstören den Schließ­zylinder mit Zugkraft, brechen oder drehen ihn aus dem Schloss heraus.

Für den Test haben unsere Prüfer sowohl rabiate als auch „feine“ Methoden der Einbrecher angewendet – an zwölf Schließ­zylindern, die 14 bis 92 Euro kosten. Test­ergebnis: Die Hälfte der Modelle wehrte sich erfolg­reich gegen die Einbruch­versuche. Insgesamt am besten schneiden die Schließ­zylinder von Dom und Kaba ab. Die schlechteren der Zwölf sind schnell zerstört und dann einfach zu öffnen. Vier sind in der Einbruchhemmung und insgesamt mangelhaft.

Jenseits der Test­ergeb­nisse können Verbraucher zuver­lässige und wenig widerstands­fähige Zylinder im Handel kaum unterscheiden. Die Kenn­zeichnung der Produkte verwirrt, einige im Test tragen keine Angaben zu Bohr- und Zieh­schutz – den wichtigsten Eigenschaften wehr­hafter Schließ­zylinder.

Unser Rat

Testsieger ist der sehr gute Schließ­zylinder von Dom, für den wir 77 Euro zahlten, gefolgt von Kaba (91,50 Euro). Beide bieten erhöhten Schutz vor Aufbohren und Heraus­ziehen. Auch der Iseo für nur 30 Euro schützt sehr zuver­lässig vor beidem; Mängel bei der Kenn­zeichnung verhageln ihm das test-Qualitäts­urteil.

Wann sich der Austausch empfiehlt

Kriminal­haupt­kommis­sar Georg von Strünck vom Landes­kriminal­amt Berlin berät Bürger, die ihr Heim gegen Einbrecher rüsten wollen. Er empfiehlt einen neuen Zylinder einzubauen, wenn der Schlüssel abhandenge­kommen ist. „Sofort handeln sollten Sie, wenn zum Beispiel die Hand­tasche mit Schlüssel und Adress­dokumenten geklaut wurde.“

Steht ein Umzug in eine neue Wohnung an, legt der Kommis­sar ebenfalls nahe, den Zylinder zu tauschen. Der Original­zylinder muss beim Auszug wieder einge­baut werden, wenn der Vermieter es verlangt. „Sicher ist der neue Zylinder, wenn er gegen intelligente Öffnungs­methoden gewappnet ist und einen Zieh- und Bohr­schutz hat, wie ihn zum Beispiel die VdS-Klassen AZ und BZ fordern.“ Dieses Zertifikat der privaten Initiative „Vertrauen durch Sicherheit“ (VdS) stuft die Sicherheit in Klassen ein (siehe Einblick in die verwirrende Welt der Kennzeichnung).

Drei Minuten sind gut

Manche Einbrecher öffnen das Schloss, indem sie mit einer Bohr­maschine den Schließ­zylinder zerstören. Verspricht ein Anbieter Bohr­schutz, sollte sein Produkt standhalten. Für eine gute Note im Prüf­punkt Bohren mussten die Schließ­zylinder dem Angriff mindestens drei Minuten Paroli bieten. Die meisten Modelle hielten deutlich länger durch. Drei Zylinder versagten. Sie schneiden in diesem Prüf­punkt mangelhaft ab – obwohl sie angeblich Bohr­schutz bieten.

Gewalt­sam heraus­drehen ließ sich kein Produkt. Auch zerstörungs­frei, mit feinem Werk­zeug – dem Picking – konnten unsere Prüfer nur einen einzigen Zylinder öffnen: Stabilit von Bauhaus. Picking ist jedoch zeit­aufwendig und wird daher selten genutzt.

Zieh­schutz lässt sich nach­rüsten

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Ziehtest. Als wir prüften, ob dieser Schließ­zylinder sich gewalt­sam heraus­ziehen lässt, zerbrach er. © F. Generotzky

Ziehen bezeichnet eine Methode, bei der Einbrecher eine Schraube ins Schloss drehen und dann mit großer Kraft den Schließ­zylinder heraus­ziehen oder zumindest dessen Kern. Zylinder, die Zieh­schutz verheißen, sollten dagegen gewappnet sein. Im Test mussten sich diese Modelle einer Kraft von 15 Kilonewton widersetzen – das entspricht einem Gewicht von 1,5 Tonnen*. Im Optimalfall knallt die Schraube heraus und reißt nur ein Loch in den Zylinder, der sich aber nicht öffnen lässt. Vier der fünf Modelle, die einen Zieh­schutz versprechen, bestanden den Ziehtest sehr gut. Das Produkt von Evva fiel durch.

Ein Zieh­schutz im Zylinder ist nicht in jedem Fall erforderlich: Die gleiche Aufgabe über­nimmt auch ein Türschild – wenn er denn mit einem Zieh­schutz ausgestattet ist. Schließ­zylinder, die lediglich mit einem Bohr­schutz gerüstet sind, bieten nur zusammen mit einem solchen Schild hinreichenden Schutz vor Einbrechern.

Verschlossene Branche

Für den Test wollten wir Zylinder mit erhöhter Sicher­heits­ausstattung auswählen. Aber selbst unsere geübten Markt­analytiker und Einkäufer taten sich schwer, solche Zylinder aus den Sortimenten heraus­zusuchen. Die Anbieter geben Eigenschaften wie Bohr- und Zieh­schutz nicht immer an, häufig verbergen sie diese hinter Kürzeln und Kenn­zeichnungs­systemen.

Die europäische Norm verschlüsselt sie in einem acht­stel­ligen Code, die deutsche verwendet einen ganz anderen. Einige Anbieter nutzen Zertifikate wie die VdS-Klassen, andere eigene Systeme – manche gar nichts (Testergebnisse). Das ernüchternde Ergebnis: Trotz ausführ­licher Recherche und Bestel­lungen über Fachhändler sind nun Zylinder im Test vertreten, die unterschiedliche Sicher­heits­niveaus verheißen.

Die drei Produkt­gruppen in der Tabelle machen die unterschiedlichen Start­bedingungen der Schließ­zylinder trans­parent. In der ersten Gruppe stehen die Modelle von Dom und Kaba, die eine erhöhte Sicher­heits­klasse versprechen. Sie meisterten den Test mit Bravour. Die größte Gruppe bündelt jene Zylinder, die laut Anbieter lediglich Bohr­schutz bieten. Bei ihnen bewerteten wir den Ziehtest nicht. In der Gruppe befinden sich auch zwei preisgüns­tige Baumarkt-Produkte, die wir exemplarisch ausgewählt haben: Ansa­Pro sowie die Bauhaus-Marke Stabilit.

Tipp: Welche Buch­staben, Zahlen und anderen Aufschriften auf den Bohr- und Zieh­schutz hinweisen, erklären wir im Unter­artikel Einblick in die verwirrende Welt der Kennzeichnung.

Mehr Trans­parenz erforderlich

Selbst für Fachleute ist die Kenn­zeichnung nicht einfach. Wir finden: Laien sollten auf der Packung oder in der Gebrauchs­anleitung verständliche Angaben zu Sicherheit und Ausstattung des Zylinders finden. Fach­kundige sollten einen Bohr- oder Zieh­schutz allein auf dem Zylinder erkennen können. Das erfüllt kein Produkt im Test.

Acht Schließ­zylinder sind mangelhaft oder ausreichend gekenn­zeichnet. Deren Anbieter machen wenige, verwirrende oder fehler­hafte Angaben. Ärgerlich ist das bei BKS, Iseo und Keso, denen die schlechte Kenn­zeichnung das Test­urteil verdirbt. Sie alle bieten sehr gute Einbruchhemmung. Kritischer ist es anders­herum: Drei Modelle, die laut Anbieter einen Bohr­schutz haben, hatten dem Bohrer wenig entgegen­zusetzen. Eines, das Zieh­schutz haben soll, scheiterte im Ziehtest.

Wir empfehlen, sich persönlich von Fachhänd­lern, etwa Anbietern von Sicher­heits­technik, beraten zu lassen. Sie können von vielen Anbietern Zylinder in verschiedenen Sicher­heits­ausstattungen ordern. Ein wichtiges Merkmal neben Bohr- und Zieh­schutz ist eine hohe Verschluss­sicherheit. Dazu gehört, dass mindestens fünf Stifte den Zylinder blockieren. Zudem darf der Zylinder nicht mehr als drei Milli­meter aus dem Schloss ragen. Einbrecher könnten ihn sonst mit einer Zange abbrechen.

Kopieren schwer gemacht

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Stift­kreise. Wie viele Stifte im Zylinder stecken, verrät meist dessen Unterseite. Fünf sollten es mindestens sein. © F. Generotzky

Der Schlüssel sollte nur mit Sicher­heits­karte nach­zumachen sein. Wer sie nicht zeigt, blitzt beim Schlüssel­dienst ab. Drei Modelle im Test bieten das nicht. Manche Schlüssel verfügen über Kopier­schutz durch bewegliche oder magnetische Elemente. Sie können nur im Werk geprägt werden. Das ist oft teuer. Der nachbestellte Schlüssel zum Kaba-Zylinder kostet 40,50 Euro. Soll ein Schloss auch von außen aufschließ­bar sein, obwohl innen ein Schlüssel steckt, empfiehlt sich eine Not- und Gefahren­funk­tion. Sie ermöglicht es, einer Person drinnen Hilfe zu leisten.

Pflege muss sein

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Dauer­test. Alle Schlösser über­standen 50 000 Schließ­zyklen – bei guter Pflege. © F. Generotzky

Im Test mussten Schlüssel und Zylinder 50 000 Schließ­zyklen erdulden. So simulierten wir 10 bis 15 Jahre intensive Nutzung. „Insbesondere kompliziertere, filigrane Zylinder brauchen Pflege“, sagt der Tester im Prüf­institut. Alle 5 000 Zyklen schmierten unsere Prüfer mit Feinöl – das entspricht etwa einer jähr­lichen Wartung. Alle Produkte bestanden so den Dauer­test.

Tipp: Beschädigte Schlüssel schaden dem Zylinder und sollten ersetzt werden. Verschmutzte Schlüssel sollten Sie vor dem Schließen reinigen.

Mehr Sicherheit. Das Buch Einbruchschutz gibt Tipps. 160 Seiten kosten 19,90 Euro.

* Korrigiert am 3.11.2017.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • AOS-Schlüsseldienst-Hamburg am 22.10.2020 um 11:03 Uhr

    Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.04.2020 um 12:16 Uhr
    Evva 3 KS plus

    @RobertG22 Wir haben die Produktbezeichnung „Evva 3 KS plus“ der Rechnung oder dem Bestellschein entnommen. Auf dem Produkt fanden wir keine weitere Spezifikation. Laut Rech­nung mit Auf­bohr­schutz und Kernzieh­schutz. Das haben wir so auch geschrieben, siehe unsere Fußnoten. (MK)

  • RobertG22 am 21.04.2020 um 01:14 Uhr
    Evva 3ks version

    Vielen Dank für Ihre Test, unabhängige Test sind meiner Meinung nach in sicherheitsbereich besonders wichtig, weil jeder Firma nennt sein Schlösse als hochsicheres Produkt.
    Der einzige was mir leider unklar bleibte war beim Evva 3ks. Diese Produkt hat mehre Versionen. Haben Sie im Test der standartausführung, der "KZS verstärkte Ziehschutz" ausführung oder sogar der VdS BZ+ erhöhte Bohr und Ziehschutz Version getestet? Mir war das leider unklar und ich hoffe Sie könnten mich darüber aufklären.
    Falls Sie ein respektvolle Empfählung akzeptieren: überlegen Sie VdS A, B, BZ und BZ+ Zylindern als separate Kategorien testen.
    Vielen dank für Ihre Antwort.
    Gruß
    Robert

  • Key-Adam.de am 03.03.2020 um 10:12 Uhr
    an der realität vorbeigetetstet

    erstens, kein ich niemanden außer den Kunden selbst der zum öffnen einen Bohrer benutzt. Jeder Schlüsseldienst benutzt heutzutage eine hochfrequente Schleifhexe mit einem 6mm Freser für Stahl, und frest damit jeden Zylinder, egal ob Bohrhemmung oder Stahlstiffte einfach weg. Lächerlich die Sicherheit an Hand einens Bohrers zu bewerten. danach interessiert dann auch kein zieh oder abreisschutz, weil das beim fresen alles nicht mehr notwendig ist. Ich öffne türen schon seit 15 Jahre, und meist haben wir die Testsieger von Stiftung warentest schneller aufbekommen, innerhalb weniger minuten, wie mansch normales Schloss. einfach mal die Testbedingungen der Zeit anpassen....

  • AOS-Schlüsselnotdienst-Hamburg am 02.02.2020 um 11:37 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.