Entnahme­plan mit ETF

So haben wir getestet

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Entnahme­plan mit ETF Mit dem Pantoffel-Portfolio die Rente aufpeppen freischalten

Wir simulieren anhand historischer Zins- und Börsen­verläufe, wie sich Auszahl­pläne über Zeiträume bis zu 30 Jahren entwickelt hätten. Wir starten mit 100 000 Euro und entnehmen monatlich einen bestimmten Betrag entsprechend einer von fünf Entnahme­strategien. Jede Entnahme­strategie testen wir für fünf verschiedene Portfolios.

Fünf verschiedene Portfolios

Wir betrachten das Welt-Pantoffel-Portfolio in defensiver, ausgewogener und offensiver Form. Zudem berück­sichtigen wir Portfolios, die nur aus Tages­geld oder nur einem MSCI World-ETF bestehen.

Das Welt-Pantoffel-Portfolio besteht aus zwei Bausteinen, einem Sicher­heits­baustein (Tages­geld) und einem Rendite­baustein (Aktien-Welt-ETF). Beim defensiven Pantoffel beträgt die Zielgewichtung des Sicher­heits­bausteins 75 Prozent, beim ausgewogenen Pantoffel 50 Prozent und beim offensiven Pantoffel 25 Prozent. Die Zielgewichtung des Rendite­bausteins entspricht jeweils 100 abzüglich der Zielgewichtung des Sicher­heits­bausteins.

Zur Simulation des Aktien-ETF verwenden wir den MSCI World Total Return Index in Euro mit einem jähr­lichen Kosten­abschlag von 0,5 Prozent. Für das Tages­geld nehmen wir als Referenzzins­satz den Fibor (bis 31. Dezember 1998) und den 3-Monats-Euribor (ab 1. Januar 1999). Wir verwenden Zeitreihen seit 31. Dezember 1969, also seit Auflage des MSCI World Index.

Wir über­prüfen monatlich, ob die Gewichtungen der Bausteine nicht mehr als 10 Prozent­punkte von der Zielgewichtung abweichen, ansonsten wird umge­schichtet. In den Simulationen berück­sichtigen wir Handels­kosten, die beim Kauf und Verkauf von ETF-Anteilen die Rendite schmälern. Für die Erst­anlage unterstellen wir keine Kosten, wir nehmen an, dass das Portfolio bereits existiert. Bei den Umschichtungen rechnen wir pro Order beim ETF mit 4,90 Euro plus 0,25 Prozent des Handels­volumens, mindestens aber mit 10 Euro. Diese Kosten entsprechen einem durch­schnitt­lich teuren Online­angebot. Steuern sind in den Simulationen nicht berück­sichtigt.

Strategie 1: Fixe Rente

Wir bestimmen einmalig zu Beginn des Entnahme­plans die Rentenhöhe. Die fixe Rente entspricht dem Entnahme­betrag, der selbst bei den bis dahin bekannten schlimmsten Börsen­verläufen nicht dazu geführt hätte, dass das Vermögen vorzeitig aufgebraucht worden wäre („Worst-Case-Entnahme“). Eine Erhöhung während der Lauf­zeit findet nicht statt, wir über­prüfen jedoch regel­mäßig, ob die Rente abge­senkt werden müsste.

Zur Bestimmung der „Worst-Case-Entnahme“ gehen wir wie folgt vor: Wir betrachten sämtliche rollierenden Zeiträume, die bis zum Beginn des Entnahme­plans bekannt waren. Wir berechnen für jeden historischen Zeitraum, mit welcher monatlichen Entnahme der Anfangs­betrag von 100 000 Euro exakt über die jeweilige Lauf­zeit aufgebraucht worden wäre.

Wir gruppieren die Entnahmen in Abhängig­keit vom Markt­zustand zu Beginn des Entnahme­plans. Der Markt­zustand gibt an, wie viel Prozent der Aktienmarkt unter einem zuvor erreichten Hoch liegt. Für den Markt­zustand bilden wir fünf Gruppen: 0 bis 10 Prozent unter Höchst­stand, 10 bis 20 Prozent, 20 bis 30 Prozent, 30 bis 40 Prozent und 40 bis 60 Prozent.

Anschließend ermitteln wir abhängig vom Stand für die jeweilige durch­schnitt­liche Kapitalbindungs­dauer (Duration) von 1 bis 360 Monaten die „Worst-Case-Entnahme“ pro Mark­zustand zu Beginn. Zudem glätten wir die Entnahmen pro Stand und Mark­zustand, um bei steigender Duration Sprünge in der Entnahme­höhe nach oben zu vermeiden.

Strategien 2 und 3: Flexible und Zins-und-Dividenden-Rente

Für die flexible Rente teilen wir monatlich das vorhandene Vermögen durch die Rest­lauf­zeit in Monaten. Für die Zins-und-Dividenden-Rente sammeln wir die Dividenden über ein Jahr und schütten sie gleich­verteilt über das kommende Jahr aus. Zins­erträge werden, sofern vorhanden, jeweils am Ende eines Monats ausgeschüttet.

Strategie 4: Puffer-Rente

Wir berechnen die Rente für den Sicher­heits­baustein so, dass sie für den schlimmsten Fall einer Null­verzinsung bis zum Ende der Lauf­zeit reichen würde. Für die Rente aus dem Aktien­anteil berechnen wir die Rente dagegen so, dass sie ausgehend vom aktuellen Vermögen bis zum Ende der geplanten Lauf­zeit reichen würde, falls der Aktienmarkt einem hypothetischen „Worst-Case-Szenario“ folgen würde, nämlich einem sofortigem Einbruch auf 60 Prozent unter Höchst­stand und einer anschließenden gleich­mäßigen Erholung von 7 Prozent pro Jahr.

Strategie 5: Lernende Rente

Wir berechnen die Rentenhöhe separat für den Sicher­heits­baustein und für den Aktien-ETF-Baustein, wobei wir zur Vermeidung von „Sprüngen“ in der Rente immer von einer der Zielgewichtung entsprechenden Struktur des Portfolios ausgehen.

Für den Sicher­heits­baustein wird wie bei der Puffer-Rente auch die einfache, flexible Rente berechnet: Wir teilen das Vermögen im Tages­geld regel­mäßig durch die verbleibende Rest­lauf­zeit.

Für den Aktien-ETF-Baustein gehen wir bei der Berechnung der lernenden Rente wie bei der Berechnung der fixen Rente vor, nur dass wir die Rente jeden Monat neu berechnen und dabei neu erlernte Börsen­verläufe berück­sichtigen – insbesondere neue, bisher nie dagewesene Crashs. Die lernende Rente startet also wie die fixe Rente mit dem Beitrag, der zum Berechnungs­zeit­punkt als die Rente aus der Vergangenheit bekannt war, die auch im schlimmsten Fall fix über die Lauf­zeit, in unserem Rechenbei­spielen 30 Jahre, hätte entnommen werden können – abhängig vom Markt­stand zum Zeit­punkt der Rentenbe­rechnung. Wie oben bereits erwähnt, gibt der Markt­zustand an, wie weit der Markt aktuell unter einem vorigen Höchst­stand liegt.

In unseren Simulationen berechnen wir die lernende Rente monatlich neu, in der praktischen Umsetzung genügt auch einmal pro Jahr. Basis für die wieder­kehrenden Berechnungen sind das jeweils verfügbare Vermögen im Aktien-ETF, die sich verkürzende Rest­lauf­zeit sowie die bis dahin erlernten Mindest­renten für die entsprechende Rest­lauf­zeit (in Abhängig­keit vom Markt­zustand).

Eine Absenkung der individuellen lernenden Rente ist möglich, falls die Börse sich noch schlechter entwickelt, als je zuvor erlebt. Eine Erhöhung der individuellen zulässigen Mindest­rente ist möglich, falls die bisherige Markt­entwick­lung nicht der bisher schlechtesten Markt­entwick­lung über den entsprechenden Zeitraum entspricht. Wir erlauben in unseren Simulationen ein Ansteigen der lernenden Rente jedoch nur, wenn der Markt auf Höchst­stand ist.

Die erlernten Mindest­renten veröffent­lichen wir regel­mäßig online beziehungs­weise machen sie per Rechner zugäng­lich.

Entnahme­plan mit ETF Mit dem Pantoffel-Portfolio die Rente aufpeppen freischalten

Darstellung der Renten und Skalierung

Sofern wir die Mindest­renten tabellarisch angeben, stellen wir sie als Renten­faktor dar, also als Euro­betrag pro 100 000 Euro Vermögen. Die eigene zulässige Mindest­rente kann durch passende Skalierung einfach ermittelt werden, indem man den Renten­faktor durch 100 000 teilt und mit dem vorhandenen Euro­betrag multipliziert.

Entnahme­strategien mit Deckelung

Wir simulieren zudem, wie sich eine Ober­grenze für die Renten­steigerung auswirkt. In unseren Simulationen setzen wir die Deckelung bei 4 Prozent pro Jahr an. Das bedeutet, dass man seine Rente in guten Jahren maximal um 4 Prozent steigen lässt. Wir betrachten den zulässigen Steigerungs­faktor kumuliert. Wenn man also in einem Jahr seine Rente nicht erhöhen durfte, darf sie theoretisch im folgenden Jahr um bis zu 8 Prozent steigen.

In unseren Simulationen berück­sichtigen wir die Deckelung nur bei der lernenden Rente, im Rechner geben wir auch die Möglich­keit, die Deckelung mit den anderen Entnahme­strategien zu kombinieren.

Ablaufmanagement

In unseren Simulationen haben wir zudem noch ein Ablaufmanagement einge­baut, bei dem fünf Jahre vor Ende der geplanten Lauf­zeit von 30 Jahren alles Vermögen ins Tages­geld geschoben wird und dann nur noch entsprechend der einfachen, flexiblen Rente entnommen wird – gegebenenfalls unter Berück­sichtigung der Renten­höchst­steigerungs­rate von 4 Prozent pro Jahr. Das Ablaufmanagement steht exemplarisch dafür, was Anleger machen können, wenn ihnen die Pflege des eigenen Portfolios im Alter zu aufwendig wird.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild test_de-Projektleiter_Krueger am 30.07.2024 um 00:50 Uhr
    Entnahmeplan nur Tagesgeld?

    @Michael-1987: Bei unserer Puffer-Methode und auch bei der lernenden Pantoffel-Rente gehen wir davon aus, dass der Sicherheitsbaustein wirklich sicher ist und keinen Schwankungen (nach unten) unterliegt. Sobald Rentenfonds verwendet werden, müssten wir auch für den Sicherheitsbaustein einen möglichen Einbruch antizipieren, was die anfängliche Rente tendenziell verringern würde. Wir nehmen Ihre Frage gern als Anregung auf, entsprechende Modelrechnungen zu veröffentlichen. Was den möglichen Wechsel von Rentenfonds zu Tagesgeld betrifft: Zum einen können Sie in den letzten zehn Jahren vor Renteneintritt anfangen, eine gewisse Position im Tagesgeld aufzubauen. Lenken Sie dafür eventuelle Sparraten ins Tagesgeld oder schichten Sie beim Rebalancing in Tagesgeld um. Zum anderen kann es in der verbleiben Zeit bis zum Renteneintritt wieder zu einer Nullzinsphase kommen. Das könnte dann ein guter Zeitpunkt sein, von Rentenfonds in Tagesgeld zu wechseln, um starke Einbrüche zu vermeiden.

  • Michael-1987 am 29.07.2024 um 13:01 Uhr
    Entnahmeplan nur Tagesgeld?

    Ich habe noch 30 Jahre bis zur Rente und möchte daher das Pantoffel Portfolio mit Euro-Anleihen-ETF als Sicherheitsbaustein verfolgen. In den Berechnungen zur Entnahme im Alter führen Sie immer nur noch Tagesgeld als Sicherheitsbaustein auf. Wie stellt sich Finanztest die Entnahmestrategie für Sparer vor, die in der Ansparphase auf Rentenfonds gesetzt haben? Wird empfohlen, die Anleihen zu Beginn der Entnahmephase zu verkaufen und in Tagesgeld umzuschichten? Wäre das nicht recht teuer aufgrund der dann anfallenden Steuerlast?

  • fintest_info am 03.05.2024 um 21:12 Uhr
    Pantoffelportefolio - Umschichtung und Steuern

    Das hätte ich gerne mal in einem Artikel zum Pantoffel-Portefolio betrachtet (oder gab es das schon?).
    Wie wirken sich die regelmäßigen Umschichtungen auf die zu versteuernden Veräußerungsgewinne über die Jahre aus. Diese Sache, das man seit 2009 (?) ja unabhängig von der Haltedauer diese versteuern muss, ändert die Betrachtung enorm. Ist das bei Ihren Analysen seit dem eingeflossen - wie alt sind die Analysen zum Pantoffel-Portefolio?
    Bei jeder Umschichtung wird Steuer fällig, falls das jeweilige Papier Kursgewinne erfahren hat. Wovon man ausgeht, man verkauft aus dem Risiko-Teil, wenn dieser durch Kursgewinne Prozentual am Gesamtvermögen gestiegen ist.
    Evtl. hat man etwas Einfluss, indem man schlecht gelaufene ETF's oder Fonds abstößt.
    (Oder einen Mix, dass dies möglich ist), dass steuerlich wenig Gesamtgewinn (Gewinn- und Verlustverrechnung) entsteht. Das ist natürlich schwierig, wenn man einen ETF World verwendet. Zweierlei ETF's die zusammen world abbilden-gegenläufige Branchen?

  • fintest_info am 03.05.2024 um 20:53 Uhr
    FiFo - mehr Einfluss durch mehr Depots? -Teil 2

    Allerdings bei der Überlegung, dass man ja nicht weiß, was die Zukunft bringt, könnte man auch (aus 2 statt nur einem Depot) so verkaufen, dass möglichst geringe Veräußerungsgewinne entstehen (also erst die mit dem höchsten Kaufkurs).
    Das mit dem Gedanken, wenn man später in der Entnahmephase mehr Veräußerungsgewinne versteuern müsste, weil die Kurse noch weiter gestiegen sind, gut, man hat ja auch gute Gewinne gehabt.
    Wenn die Kurse dann gefallen sind und man die Entnahme trotzdem braucht, zahlt man dann zumindest wenig Steuern.

  • fintest_info am 03.05.2024 um 20:48 Uhr
    FiFo - mehr Einfluss durch mehr Depots? -Teil 1

    Ihre Antwort "... beim Verkauf von Anteilen des gleichen ETF im einem Depot gilt ...".
    Genau, ich erinnere mich noch dass vor sehr langer Zeit im Konz (Steuerbuch) empfohlen wurde, in solchen Fällen mehrere Depots zu verwenden.
    Wenn man nun wirklich sehr preisgünstige Depots hat - kann sich das lohnen?
    Erst dachte ich, Ziel müsste ja sein, die zu versteuernden Veräußerungsgewinne (bzw. das zu versteuernde Einkommen) über die Jahre gleichmäßig zu verteilen, damit der Steuersatz möglichst gering bleibt.
    Aber die Abgeltungssteuer ist ja mit 25 % doch nicht so hoch, also gäbe es diesbezüglich eine Auswirkung nur, wenn der Grenzsteuersatz geringer ist.
    Wäre evtl. schön, wenn man für einen Teil der Rente einen Kapitalertragssteuerabzug berücksichtigen könnte. Naja kann man wohl ein bisschen erreichen, wenn man die Rendite, mit der man kalkuliert um 25 % = 1/4 niedriger ansetzt - z.B. statt 4 % Zins nur 3 %.