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Kameralistik, die

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GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Kameralistik · wird nur im Singular verwendet
Aussprache 
Worttrennung Ka-me-ra-lis-tik
Wortzerlegung Kameralist -ik
Herkunft gelehrte Bildung zu cameramlat ‘Zimmer, (Schatz-)‍Kammer; öffentliche Kasse’ (Kammer)
DWDS-Vollartikel

Bedeutungen

1.
Verwaltung, Buchführung vor allem in der öffentlichen und kirchlichen Verwaltung angewandte Methode der Buchführung, die Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellend verzeichnet und mit dem Haushaltsplan vergleicht
im Unterschied zur doppelten bzw. kaufmännischen Buchführung (Doppik)
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die traditionelle, städtische, starre Kameralistik
als Genitivattribut: das Prinzip, die Regeln, die Zwänge, Fesseln der Kameralistik
als Aktivsubjekt: die Kameralistik erlaubt etw. (nicht)
in Präpositionalgruppe/-objekt: die Umstellung von der Kameralistik [auf eine kaufmännische Buchführung]; die Abkehr, der Abschied von der Kameralistik
in Koordination: Kameralistik, [kaufmännisches] Rechnungswesen, [doppelte] Buchführung
Beispiele:
Die Kameralistik zeigt nur Ein‑ und Ausgaben auf, das Risiko wird ausgeblendet. In der doppelten Buchführung werden auch Marktwerte, etwa von Veranlagungen, erfasst und den Schulden gegenübergestellt. [Der Standard, 30.12.2014]
Bund, Länder und die Kommunen führen ihre Bücher nach dem System der Kameralistik, bei dem die Einnahmen und Ausgaben zum Zeitpunkt der Zahlung erfasst werden. In der Wirtschaft regiert dagegen das kaufmännische Rechnungswesen mit der doppelten Buchführung. [Die Welt, 01.12.2003]
Denn noch immer wird das [staatliche] Unternehmen nach den Regeln der Kameralistik vergangener Jahrhunderte mehr verwaltet als geführt: Die einzelnen Bereiche erhalten Jahr um Jahr Mittel zugeteilt, die sie tunlichst ausgeben. Sonst nämlich laufen sie Gefahr, daß ihr Etat zusammengestrichen wird. [Der Spiegel, 17.01.1977]
Eine Haushaltspolitik, die unter dem Zwang der Zukunftssicherung steht, kann nicht mehr allein nach den Regeln der überkommenen Kameralistik und hausväterlichen Sparsamkeit betrieben werden. [Die Zeit, 18.11.1966]
2.
historisch Wissenschaft von der Verwaltungsführung und (dem Merkantilismus ähnlicher) Wirtschaftsförderung durch die Kammerbeamten (Finanzbeamte im absolutistischen Staat des 18. und 19. Jahrhunderts); Kameral-, Finanzwissenschaft
Beispiele:
Knigges Vormund lässt ihn in Göttingen Jura und Kameralistik (heute würden wir Verwaltungswissenschaften sagen) studieren. [Die Zeit, 23.04.2013]
Die unteren Jahrgangsstufen der Karlsschule entsprachen denen eines Gymnasiums, jedoch wurde bereits auf der Eingangsstufe […] eine Propädeutik der künftigen Studienrichtung gelehrt. Man konnte zwischen Militärwissenschaft, Forstwesen, Jura und Kameralistik wählen. [Safranski, Rüdiger: Friedrich Schiller. München / Wien: Carl Hanser 2004, S. 34]
Jüngere Ursprünge [der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre] gehen auf die Zeit des Merkantilismus und der Kameralistik als deren deutsche Ausprägung im 17. und 18. Jahrhundert zurück mit ausgeprägter Staatstätigkeit an den Fürstenhöfen, in Domänen, Bergwerken und Manufakturen für Metallverarbeitung, Porzellan, Tuch und Papier sowie im Außenhandel. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.04.2001]
In der Kameralistik des 18. Jahrhunderts (die ihren Namen ja von camera, der landesherrlichen Schatzkammer, herleitet), rangiert dieser Vorläufer der Politischen Ökonomie neben der Finanzwissenschaft auf der einen und der, aus der traditionellen Ökonomik sich herauslösenden Lehre von der Agrartechnik auf der anderen Seite, bezeichnenderweise als ein Teil der »Polizei«, der eigentlichen Verwaltungslehre[…]. [Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Neuwied: Luchterhand 1965 [1962], S. 30]

letzte Änderung:

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Politik, Ökonomie
Kameralbuchhaltung · Kameralistik · kameralistische Buchführung
Oberbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Kameralistik‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Kameralistik‹.

Zitationshilfe
„Kameralistik“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Kameralistik>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

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