Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

brunst, f., bei einigen m.

brunst, f. bei einigen m.,pl.
fervor, ustio, goth. brunsts, ahd. prunst (Graff 3, 310), mhd. brunst (Ben. 1, 253ᵇ), nnl. bronst, den übrigen sprachen fehlend, von brinnen gebildet, wie gunst, kunst von gönnen, können.
1)
incendium, feuersbrunst. ahd. sô nahtes prunst keskihet, wenn nachts feuer ausbricht. N. Boeth. 54; so ein brunst auskommt. Petr. 33ᵇ; die andern wird das feür der ewigen brunst brennen. Frank weltb. 114ᵇ; damit sie im künftigen wasser und brunst unversert blieben. Mathesius 103ᵃ; denn da die brunst zu heftig oder derer, die zum feuwer bescheiden, nit genugsam es zu dämpfen und leschen. Kirchhof mil. disc. 178; so ein brunst oder feuwer im läger auskäme. 237;
krieg, prunst und schifbruch thun in letzen.
H. Sachs I, 378ᵇ;
si machen wirst, entzündter prunst,
wie eins feurofens glimme.
Melissus ps. H 5ᵃ;
krieg, brunst, raub, unglück und noth.
es ist auch nicht mein ziel
dasz ich die grosze brunst (des Vesuvs) allhier erzehlen will,
so da entsprungen ist, wie Titus hat regiert.
Opitz 1, 30;
er höret andre klagen von vieler städte brunst.
die letzte brunst der welt. Logau überschr. zu 1, 1, 91;
gott bleibt gott! man wird die welt gar in neuem baue sehen,
wann man bei der letzten brunst meinen wird, es sei geschehen.
2, 7, 8;
aus dem rauch des herzens der inbrünstig seufzenden armen ist diese brunst angegangen. pers. rosenth. 1, 29; der krieg ist wie eine brunst, welche, so sie in einem orte erwecket und aufgeblasen wird, also sehr bald das nächste haus angreift. Butschky Patm. 485. heute setzen wir brunst, in diesem sinn, nie ohne feuers, welches doch bei dem gleichbedeutigen brand (sp. 294) entbehrt wird.
2)
entzündung des opfers. goth. allbrunsts, ὁλοκαύτωμα. ahd. wîhrouhbrunst. T. 2, 4.
3)
glut des tages, der morgenröte, der sterne. ahd. brunstî, ignes siderum;
es leuchtet her des tages prunst.
H. Sachs II. 1, 85ᶜ,
wozu man altn. dagsbrûn halte (myth. 709) und der abkunft von braun aus brinnen eingedenk sei, schön auch sagt derselbe dichter:
die rotbrünstige morgenröt.
II. 1, 85ᵃ,
und ein mhd.
si bran ûf schône sam der âbent rôt.
MS. 1, 34ᵃ;
des ir goume genomen hât (habt)
an der sterren brunste.
Diut. 1, 352, wo vorausgeht:
dér sterre enbran und dirre schein,
so lûchte dér gar schône.
an sîme stadeltrône (auf seiner warte)
mit flîʒe warten er (der sternseher) in began;
und dem sohn vom vatter, das ist dem menschen vom himmel ein erbunglück daraus wird, welcher gefahr dann nicht vorzukommen, alleweil dasz ihr sterne in der brunst ist, etliche aber der noth leichtlich entkommen, dieweil ihr sterne schon versauset. Philand. 2, 614. die alten sterndeuter werden sich darauf verstanden haben, brunst von schein zu unterscheiden und den saus auszulegen. fixsterne brennen, funkeln, planeten scheinen. vgl. brennen 3, e.
4)
glut der sonne, des sommers: ahd. prunst des sumares, ardor aestatis. Kero cap. 40; nhd. der brunst der hitzigen sunnen tribt dise herten tropfen herab, das es hagelt. Keisersb. bilg. 81ᵃ;
die euszerliche prunst am leib
die innerlich prunst nicht vertreib.
gl. schif 613;
dasz ich braune haut gewonnen,
seht mich darumb nicht so an,
ich bin schwarzbraun von der sonnen,
ihre brunst hat dis gethan.
Opitz geistl. poem. 9;
ich will bis dasz die hitze weicht
und ihre brunst uns nicht erreicht,
mich zu dem myrrhenberge lenden.
16.
5)
glut des fiebers, goth. brinnô, vgl. brand 5: der herr wird dich schlahen mit schwulst, fiber, hitze, brunst, durre, giftiger luft und gelsucht. 5 Mos. 28, 22; wann es seint pustule flegmoice, die do bös und blosecht seint, und verbrennen die statt in der sie seind. die ist schwarz oder gel mit finsterer röte, mit schmerzen und groszem brunst. Gersdorf 72; die entzündung oder brunst der lungen. Tabernaemont. 592;
dein gott und deine kunst
entrisz dich dieser brunst.
Fleming 205.
6)
gähren des weins oder mostes: weiln die möst in der brunst oder gähr sind. Hohberg 3, 1, 284ᵇ.
7)
brand des mahls: mit einem glüenden eisen zu eröfnen. damit aber dem pferde das zeichen oder mahl der brunst nicht immerdar bleibe u. s. w. Uffenbach 2, 32.
8)
thierische brunst, ardor coeundi, wofür wir schon ein anderes wort, brunft, kennen lernten, das von der vorstellung des brummens ausgieng, aber nur vom wild, nicht vom zahmen thier gilt, demnach viel enger ist als brunst. für brunft läszt sich auch brunst setzen, nicht aber für brunst jedesmal brunft. du leufest umbher wie eine camelin in der brunst, und wie ein wild in der wüsten pflegt, wenn es vor groszer brunst lechzet und leuft, das es niemand aufhalten kan. Jer. 2, 24; und entbrant gegen ire bulen, welcher brunst war wie der esel und hengste brunst. Es. 23, 20; aus der brunst treten. Becher 52;
damit das wild ward schüchtern gmacht
und lief zu holz in voller brunst.
Waldis 4, 80;
der in der brunst oder vielmehr brune (was meint das?) stehende hirsch seufzet oder vielmehr röhret um Michaelizeit. Abele 4, 127;
sieh auf den starken trieb, der uns zur wollust reiszet,
im freien wilde brunst, im menschen liebe heiszet.
Uz (1768) 1, 126.
9)
wilde leidenschaft der menschen: die ir in der brunst zu den götzen lauft unter alle grüne bewme. Es. 57, 5; es ist besser freien denn brunst leiden (κρεῖσσον γάρ ἐστιν γαμῆσαι ἢ πυροῦσθαι, goth. batizô ist auk liugan þan intundnan). 1 Cor. 7, 9; schändliche brunst, böse lust (goth. vinnôn, lustu ubilana). Col. 3, 5; was die unseren vom satan getrieben alhie sich unterstanden haben mit gewalt in der ersten brunst hinaus zu füren, sol allein durchs wort widerfochten, verlegt, umbgestoszen und abgethan werden. Luther 2, 80ᵇ;
die gottlosen
mit ihrer wut und wafen brunst
mich unenttrenlich rund umbgeben.
und hiengt den brünsten nach.
du bist der brünste mutter.
2, 210;
die brandstätt toller brunst, das weib.
Gryphius 1, 32;
manchen treibet grosze brunst,
durch geübte list und kunst,
welt, zu werben deine gunst.
Logau 3 1, 32;
ich bin gen Baden zogen,
zu löschen ab mein brunst.
Hoffm. gesellsch. 47;
die brunst eines wollüstlings. Schiller 146ᵃ.
10)
edle glut, inbrunst: damit wil er anzeigen, dasz ein groszer ernst, begirde und brunst, ein unablässiger vleisz dazu gehöre. Luther 5, 354ᵇ; ja es musz ein grosze brunst und fewer der liebe sein, die so brenne. 5, 420ᵃ; damit sie irs glaubens gewisheit und irer liebe brunst beweisen. 6, 19ᵃ; du weist das ichs thu aus brunst meines glaubens. 8, 117ᵇ; inbrünstige lieb ist nichts anders dan der brunst, da herz und gemüt entzündt ist. Petr. 60ᵇ; brunst = inbrunst. Mich. Neander menschensp. 26ᵇ;
o gott heiliger geist gib kunst,
das ich usz inhitziger brunst
müg hie mein dicht volbringen.
Soltau 246;
mein herz bei seiner groszen brunst
sich keine ruh kann schaffen.
511;
durch deiner gnaden brunst.
und wir, so gnediglich gewehret
hie dieser deiner ankunft gunst,
empfinden unsre kält verkehret
in ein klar angenehme brunst.
350;
mich zwang die brunst das lager zu verlassen.
Opitz geistl. poem. 13;
drumb wird sie auch bestehen
die wahre liebesbrunst.
104;
denn dir hat ein keuscher brunst
zugethan des himmels gunst.
Fleming 157;
darf ichs ihr sagen nicht, so darf ich ihrs wol schreiben,
dasz du, mein herze, glühst von ihres herzen brunst.
600 (596);
brennt ihr lampen heilger brunst!
gib dasz ich dich, du höchstes gut,
in reiner brunst betrachte.
Canitz 45;
die brunst der andacht, des gebetes.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1854), Bd. II (1860), Sp. 437, Z. 62.
Zitationshilfe
„brunste“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/br%C3%BCnste>.

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