Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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fieberschauder, schauer, m.

fieberschauder, schauer, m.
febrium horror:
zur nachtzeit lassen fieberschauer
ihr keine ruh.
Gotter 1, 158;
überfällt ein fieberschauer
seinen ahnenstolz.
Gökingk 1, 137,
das packt ihn wie fieberschauer an.
in allen gliedern wühlt ein fieberschauer
Arnim schaub. 2, 133.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1622, Z. 71.

schauer, m.

schauer, m.
einer der schaut, beschauer, spectator, ahd. scauwâri, scouuâri, scauâri, spectator, prospectator, contemplator, scrutator Graff 5, 557; mhd. schouwære, schouwer, inspector schouwer vel anseher Dief. gloss. 301ᵇ; speculator wether vel schauwer. 545ᶜ; schauer spectator, visor, it. corycaeus, custos, speculator, contemplator. Stieler 1743. jetzt kaum noch gebräuchlich und durch beschauer, zuschauer ersetzt. auch in zusammensetzungen wie sternschauer, ahd. himilscouâri mathematicus Graff a. a. o., vergl. 3; doch ist auch hierin jetzt beschauer üblicher.
1)
der schauende im allgemeinen: uuis oûh selbo syon. uuis contemplator divinae lucis (scouuare gotis liêhtis). Notker ps. 98, 2; der vj. ussatz der Christo hie begegnot das was ozyas das ist als vil gesprochen als ein schouwer der dingen. Wackernagel predigten s. 205, 175;
dyn antlat is clarer wen de sunne
und ghift dynen schauweren grote wunne.
quelle bei Schiller-Lübben 6, 257ᵃ;
zuweilen eröffnet
gott die dämmernde hülle durch allmachttragende donner
vor dem blick der himmlischen schauer (engel). sie sehen, und feyren.
Klopstock 3, 24 (Mess. 1, 335);
diese seelen verklärte der seraph. ihr helleres auge
sahe weit um sich her, einst schauer der herrlichkeit gottes.
3, 246 (Mess. 5, 102).
der zuschauer, im theater u. s. w.:
wo dichter, spieler, schauer sich verbinden,
sich wechselseits erwärmen und entzünden.
Göthe 4, 48;
so tröste ich mich damit, dasz der gewöhnliche leser dergleichen mängel nicht gewahr wird, und der kunstgebildete ... für sich selbst das werk ergänzt und vollendet. dasz sie ein solcher leser und schauer sind, wuszte ich wohl. Göthe bei Jahn 311 (d. 15. nov. 1809 an Rochlitz). beschauer, bewunderer:
zuo dem tisch (Saladins) was manig drank,
dô man in vür den vürsten truok,
sô het er schauw(e)r genuok.
gesammtabent. 2, 647, 20.
2)
prophet, so namentlich in der biblischen sprache (vergl. schauen 8, e, seher): und wenn der herr bezeuget in Israel und Juda, durch alle propheten und schawer. 2 kön. 17, 13; sihe, die sind geschrieben unter den geschichten Samuel, des sehers, und unter den geschichten des propheten Nathan, und unter den geschichten Gad des schawers. 1 chron. 30, 30; die nicht hören wollen des herrn gesetz, sondern sagen zu den sehern, ir solt nichts sehen, und zu den schawern, ir solt uns nicht schawen die rechte lere. Jes. 30, 10; und die schawer sollen zu schanden, und die warsager zu spot werden. Micha 3, 7.
3)
beschauer, besichtiger, aufseher, namentlich als eine bezeichnung gewisser beamten.
a)
von solchen, die gewisse waaren prüfen, vergl. barchentschauer, bierschauer, brotschauer, fleischschauer, münzschauer, tuchschauer, weinschauer, auch beinschauer. schawer der feylen ding, inspector Dasypodius; als eʒ die XIII des râtes mit den brôtschouwern schaffent, sô sullent sie eʒ schouwen ... swer ouch daʒ brôt, sô die schouwer zuo gênt, ab wege bringet. stadtrecht von Meran, s. zeitschr. für d. alterth. 6, 416; schauer examinator argenti, gwardlein (der das silber auf seinen gehalt prüft). Straszb. polizeiordn. 75; ... wurzschauer, brod schauer u. s. w. Scherz-Oberlin 1382; wo den schawern saffran fürkome, der gefelscht were, und die geswornen schawer daz auff ir aide, die sie darumb gesworen haben, sagten und erkannten. Nürnb. polizeiordn. 137 Baader. schauer der münzen, s. Lexer handwb. 2, 777; schouwer, fleischbeschauer. nachtr. 361. so auch: und der könig bestelle schawer in allen landen seines königreichs, das sie allerley junge schöne jungfrawen zusamen bringen gen schlos Susan ins frawenzimmer. Esther 2, 3. vgl. endlich leichenschauer.
b)
der die aufsicht über gewisse werke hat: schauwer, der ein werck besicht ob es wol oder übel gemacht, inspector, spectator, visor. Maaler 348ᶜ. namentlich an der Nordseeküste von den deich- und wege - inspectoren (vergl. schau, schauen): teich-schauer, aggerum curatores lustrationibus vacantes. Frisch 2, 165ᶜ. nd. diekschauer, fürschauer (aufseher der löschanstalten bei feuersbrünsten), weegschauer Schütze 4, 27.
c)
im orient eine art polizisten, aufpasser:
wenn der richter auch mit uns in die hände klopffen solte,
und der schauer auch den wein mit herummer trincken wolte,
würden sie gewiszlich nicht unser trincken, unser singen,
zu register so genau, und uns zu der straffe bringen.
Olearius pers. rosenth. 32ᵃ (2, 14).
dazu 33ᵃ die anm.: hier stehet abermahl das wort Mehetesib .. ist hier als ein auffseher, welcher heimlich gehet und auffmercket, wenn die leute sich zur unzeit beym truncke und andern uppigkeiten finden lassen.
4)
arbeiter bei schiffen, welche nur als handlanger dienen. Bobrik naut. wb. 584ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2319, Z. 80.

schauer, m.

schauer, m.
nimbus, pluvia brevis temporis, horror.
I.
Formales.
1)
das wort ist in verschiedener form gemeingermanisch: goth. als fem. skûra vindis, windsbraut, ebenso altnord. skûr, plur. skûrir, regenschauer; im westgermanischen vorwiegend starkes masc.: ags. scûr und sceór, regenschauer, sturm, hagel, daneben ein schwaches scûra in gleicher bedeutung; fries. schûr nur in dem späteren sinne einer krankheit; altsächs. skûr, wetter, schauer, auch kampf und kampfessturm; ahd. scûr, sturm, hagel; mhd. schûr in derselben bedeutung, die vielfach bildlich in die des verderbens und der vernichtung verläuft; daneben das schwache masc. schûre, so wie ein fem. schûre:
al ir henggiste
wurden von der schûre
sô gar ungestûre,
daʒ sî sich intzuktin.
Jeroschin 24790 (vorher: mit grôʒim ungewittere 24786);
schiure, in bildlichem sinne:
erst al der welte schiure,
swa'r in den landen vert.
Ecken liet 112, 12;
verbreiterung zu schûwer tritt mindestens seit dem 13. jahrh. auf: daʒ in diz alleʒ niht geschaden mac, weder wolf noch der are .. noch der hagel noch der schûwer. br. Berthold 1, 425, 11; wie ähnlich die seit dem 12. jh. nachweisbare nebenform schour (mhd. wb. 2, 2, 227ᵇ), die sich später als schaur fortsetzt (desselben sumers was gar groszer schaur. d. städtechron. 4, 114, 21), in der zerdehnung schawer, schauwer auftritt: grando schawer, schaur Dief. 268ᶜ, das noch im 16. jahrh. begegnet, und erst von da ab unserer heutigen form weicht. Neben dem masculinen geschlechte hat sich erst im nhd. vereinzelt auch neutrales eingefunden:
ein ehrerbietig schauer.
es (das steckenpferd) hat zuweilen wohl ein schauer
von trägheit, aber nie von koller oder gram.
Göckingk 1, 132;
bei damen wenigstens, die wohl ein schauer weinen,
wenn ihnen nichts am herzen liegt.
193;
mundartlich namentlich niederdeutsch, vgl. brem. wb. 4, 717 fg. Frommann 5, 527.
2)
herkunft und verwandtschaft des wortes ist unsicher; erwähnung unter vielen aufgestellten vermutungen verdient lediglich als nicht unwahrscheinlich die, die das wort mit lat. caurus, corus nordwestwind, lit. sziaurýs nordwind, sziauré nord, altslav. sěverŭ (für skěverŭ) nordwind zusammenstellt. vgl. Fick² 408. 904; doch auch ⁴1, 566. mit nhd. schur, mhd. schuor schererei, plage, not, hat das wort keine verwandtschaft, s. dort.
II.
Bedeutung.
1)
schauer, in ältester sprache von einem plötzlich hereinbrechenden unwetter: goth. jah atiddja skûra vindis in þana marisaiv (κατέβη λαῖλαψ ἀνέμου εἰς τὴν λίμνην). Luc. 8, 23; ahd. tempestas scuur voc. St. Galli 301 Henning; in der epischen dichtung übertragen auf die scharfen, heftigen stösze des kampfes:
dô lêttun se êrist   askim scrîtan,
scarpên scûrim:   dat in dêm sciltim stônt.
Hildebrandslied 64 und Müllenhoffs anmerk. dazu;
auch noch mhd.:
nû ist der schûr gar her für:
got waldes an der siges kür.
Wolfram Willeh. 425, 23;
obschon hier statt des bildes auch gern der vergleich gesetzt wird:
ûf Waten und sîne helde   sô grimme man dô schôʒ,
sam von dem lufte nidere   gienge ein schûr grôʒ.
Gudrun 1455, 2;
die eigentliche bedeutung des heftigen und plötzlichen wetterstoszes, ohne nähere beziehung, hat sich vereinzelt bis ins nhd. erhalten:
mir schadt kein wind noch schaur (weder wind noch wetter).
fastn. sp. 469, 21;
lauff wie der schawr,
und bleib nur keiner hinden.
Fadingerl. in Görres' pol. blätt. 33, 958;
o februar, o februar, wie lange bleibst du da?
magst regnen, reifen, schneien auch, ich spreche doch dir hohn:
du riechst in deinen schauern mir nach meinem frühling schon.
W. Müller ged. 2, 155 (1837);
dann musz an dich mich dieser sommer mahnen,
der kalt und rauh dem gleicht, in hellen schauern.
beglückt, wer, wenn des winters stürme schnauben
und schauer durch die öden räume zucken,
froh flüchten darf.
304;
der burgundische zeitraum schimmert wohlthätig hervor aus jenen finstern jahrhunderten, wie ein lieblicher frühlingstag aus den schauern des hornungs. Schiller 7, 39; auch mundartlich, vgl. brem. wb. 4, 718. Schambach 187. häufiger aber wurde zu schûr noch irgend welche bestimmung beigesetzt, um die art des unwetters zu bezeichnen:
wan diu ist bî der süeʒe sûr,
reht als ein sunnenblicker schûr (unwetter mit sonnenblicken).
Parz. 514, 20;
der viur gieʒende schûr (unwetter mit feuerregen in der hölle).
Barlaam 313, 22;
mit hagel gebendem schoure.
j. Tit. 188;
eben hatte der weichende winter von stürmischen schwingen
seine letzten schaure von rieselndem hagel geschüttelt.
Zachariä 1, 280;
der alte winter, in seiner schwäche,
zog sich in rauhe berge zurück.
von dorther sendet er fliehend nur
ohnmächtige schauer körnigen eises
in streifen über die grünende flur.
Göthe 12, 53.
solche nähere bestimmungen besonders auch durch zusammensetzungen: hagelschauer, vergl. theil 4², 147; gewitterschauer Campe; graupelschauer, unwetter von kleinen graupenartigen hagelkörnern; regenschauer, vgl. oben sp. 522 fg.; schnee-, streifschauer u. a.; bei fischern stintschauer, ein plötzlich aufkommendes, aber nicht lange anhaltendes regen- oder hagelwetter im frühling, sonderlich im april, weil bei solch einer witterung in dieser jahreszeit die stinte (spirinchi) häufig gefangen werden. brem. wb. 4, 717. aus solcher eingränzung der bedeutung ergab sich dann leicht die identificierung mit den einzelnen arten des unwetters.
2)
schauer, hagelwetter, hagel, grando: der schaur haiʒt in anderr däutsch der hagel, und kümt dâ von, daʒ der wäʒʒrig dunst ... sich entsleuʒt in regentropfen ... darumb sind des schaurn körner gestalt sam die cristallen und sint sinbel .. es kümt auch oft daʒ regentropfen vallent mit dem schaurn. Megenberg 86; noch jetzt in oberdeutschen mundarten, vergl. Schmeller 2, 449. Schöpf 559. schauer und hagel formelhaft verbunden: snêweiʒ sam aines hagels oder ains schaurn korn. Megenberg 447, 51; es was darzue ein grosze teuerung in aller welt; war siben jar ganz wolfail gewesen über die masz, kamen pöse siben jar auf einander, wuechs nichts, war ser teuer. es ist ein plag von got gewesen, es schlueg stäts aneinander der hagl und schauer. Aventin 1, 127, 3; und so er morgen schneiden wil, so kompt in der nacht der schawr unnd hagel und schlägt yhm alles zu boden. Paracelsus chir. schr. 129ᵇ; der schauer fällt vom himmel, geht hernieder: mir ist nie so we geschehen als die selben nacht, also daʒ ich nahen tod was, wann der schaur und der doner die gantzen nacht auf mich gieng. gesta Roman. 115 Keller; vom gericht gottes: wan daʒ gotesgericht uf si vellet sam der schawer. Leyser pred. 20, 6. von den wurfsteinen und geschossen, die wie hagelkörner fallen:
grosz wurfstain, puchsen, klocz und pfeil
sah man fliegen an einer zeil,
als wann der schaur von himel velt.
Beheim Wiener 399, 4.
von leuten, die in wilder flucht über die mauern fallen:
in wart daʒ wîte bürgetor
... ze wênic unde ze enge,
sô daʒ sî mit gedrenge
vielen über mûre
gelîch einem schûre.
Erec 6656.
vernichtende kraft des hagelwetters, insbesondere beim landbau: erschlegt der schaur alles und wird thewr. Agr. spr. 152ᵃ;
mir hât der schûr erslagen
den besten bû den ich hân.
Iwein 2832;
an al der sæte unde ame loup
dâ tet im kleinen schaden der schûr.
Wolfram Willeh. 244, 29.
darum aufs höchste gefürchtet: sunder (sie) förchten jhr gsatz übler dann wir den schaur. Franck weltb. 93ᵇ. übertragen wird die vernichtung des schauers auch auf abstracte dinge, freude, die ergötzung:
der pfliget der grôʒen tûre,
unser freude hât der schûre
verslagen iemer mêre.
Ulr. v. Türheim Wilh. 146ᵇ;
darumbe ich niemer trûre,
dirre strît der ist ein schûre
an freuden ze beider sît.
218ᶜ;
des hungers bitter angel
und des jamers kerder
machent in unwerder
danne menschlich nature
und sint siner fröuden schure.
H. v. Langenstein Martina 129, 64;
ir letz die slach der schauer
und kratz der wilde per.
ferner auf menschen:
auch schlegt nach dir allenthalb der schaur (du bringst unglück),
wo du bist, da hab ich kein gwin.
Jac. Ayrer 2825, 24 Keller;
in verwünschungen:
den hofman slach der schauer,
der mir sy hât entrant.
auch in sprichwörtlichen redensarten:
doch wil ich euch die warhait sagen,
mir hat der schaur in di pruch geschlagen.
fastn. sp. 720, 14;
bist in der kuchen auch nichts werd,
der schawer schlecht dirs auff dem herd.
H. Sachs (1558) 1, 511ᵈ.
schauer mit andern unwettern, plagen und schäden zusammen erwähnt:
wir haben daʒ geschriben wol,
daʒ vor der werlte ende sol
hunger sîn und bœsiu jâr,
schûr erdpidem.
welscher gast 2510;
des nahtes in ouch wê geschach
von vroste und von kaltem winde,
der muote vil daʒ heilge gesinde,
rîfe, regen unde schûr
macht in oft ir erbeit sûr.
br. Philipp Marienleben 2784;
hat uns geschât nie bœseʒ weter
noch schûr noch wint ir beider dweder.
ouch geschach uns schaden nie
von dem schelm an unserm vie.
3793;
der selb künig Karl pracht daʒ heiltum von Pairn gen Pechaim mit groszer gescheidichait und mit listen, wann er gap für, eʒ wär groszer gesprech zu Pechaim von schawr, von sterben und auch von dem schelm. d. chron. 2, 356, 28; und etwa besser wer, der donner und schaur erschlügs in boden. Franck laster a 3ᵇ;
dasz hagel, schauer und fewres stral
die frucht nit machen schitter.
Uhland volksl. 2, 813.
schauer, von hexen gemacht:
auch sprechen ir etliche me,
von unholden, ich daʒ verste,
wie daʒ die machen reif und schne,
schauren und regens gieszen.
Mich. Beheim bei Wackernagel leseb.² 1, 1009.
im bilde: diese (verschanzungen) aber wurden vertheidigt, und ein schauer von brandpfeilen mit werg und theer und widerhaken auf die elephanten geworfen. Niebuhr röm. gesch. 3, 609;
ûʒen süeʒe und innen sûr;
miltouwes schedelîcher schûr
verderbet obeʒ, honec unde sât.
renner 14408.
3)
schauer, gewitter: zuͦ summers zeyt hat es solch schawr, plütz und donder, dasz etwa dise wiewol grobe leut von forcht verderben. Franck weltb. 95ᵇ; vgl. mhd. schûrviur, blitz, corruscatio, fulmen Haltaus 1604, tirolisch schauerwolke, gewitterwolke Hintner 217.
4)
schauer, regen, mhd. wol kaum zu belegen, nhd. häufiger:
ein schawr in sommers zeit vergossen,
ein eysz an heiszem sonnenschein.
der unversehens herkommt, wenn gedrängt Zeus' schauer herabfällt.
Voss Ilias 5, 91;
jetzt kam graulich die nacht des erdunkelten mondes, und rastlos
regnete Zeus; laut sauste der west mit ergossenen schauern.
Odyssee 14, 457.
vergl. dazu schles. schauer kurzer strichregen, milderer regen Weinhold 81ᵃ und regenschauer.
5)
schauer, auf andere vorübergehende naturerscheinungen übertragen, so auf plötzliche erschütterung der erde, erdbeben:
waʒ der erdin schuire
widir di natuire
bedûtte zû der selbin stunt,
daʒ wirt hernach gemachit kunt.
Jeroschin 22746;
vereinzelt auch nhd.:
welch ein tönen! welch ein schauer!
treppe schwankt, es bebt die mauer.
Göthe 41, 94.
6)
schauer, plötzliche anhäufung von wetterwolken, welche den himmel bedeckt, aber bald vorüber geht. nd. daar kumt een dicht schuur sagt man, wenn eine schwarze wetterwolke aufsteigt, ehe sie noch zum ausbruch kommt. brem. wb. 4, 717. hochd. besonders in zusammensetzungen: wolkenschauer, silberschauer, von den wolken, die den mond umflieszen, nebelschauer:
finsternisz und nebelschauern
hingegeben unbewuszt.
Göthe 47, 130.
aus dieser bedeutung ist dann wol die übertragung entstanden, infolge der im nd. schûr ein böses, mürrisches gefühl, eine gerunzelte stirn (Dähnert 418) bezeichnet: een schuur teen, ein finsteres gesicht ziehen. brem. wb. 4, 719, vgl. auch einen schûr über die augen haben. Frischbier 2, 262ᵇ.
7)
schauer, eine vorübergehende erschütterung der luft, ein geräusch: so heiszt man im Quedlinburgischen die einzelnen absätze des geräusches beim trauergeläute schauer. Sprenger im nd. korrespondenzbl. 14, 26. überhaupt die einzelnen absätze beim geläute: schur, der so g. puls Schambach 187ᵇ. hiermit hängt zusammen die in der bergwerkssprache gebräuchliche bezeichnung, nach der schauer eine bestimmte anzahl von schlägen bedeutet, die als signal gegeben werden. Veith 404. s. unten 11.
8)
schauer, erschütterung des menschlichen körpers, schnell vorübergehende zitternde bewegung der haut, in folge von äuszern anlässen, besonders von kälte oder in folge von seelischen empfindungen.
a)
absolut, ohne nähere bestimmung:
schauer auf schauer! das war mein gebet.
Klopstock 8, 18;
jeder deiner schauer kostet mich einen theil meiner selbst. Hebbel 1, 66. in der verbindung mit schauer: mit einem schauer faszte ich ihre hand. Göthe 16, 82;
der pöbel glaubt an diesz gerücht (von dem gespensterspuk), die wachen
beziehen nur mit schauer diesen posten.
Schiller don Carlos 5, 6.
b)
in verbindungen mit verben: einen schauer empfinden. einen schauer bekommen: er bekommt einen schauer vor dem tode, injecto mortis terrore perhorrescit Steinbach 2, 392. schauer fühlen:
sein grab ragt an der kirchhofmaur,
der landmann, der es sieht,
wenn's abend wird, fühlt kalten schaur,
und schlägt ein kreuz, und flieht.
Hölty 18 Halm;
es kommt mich ein schauer an, horror me perfundit; wenn ihn ein schauer überfällt, quando horror eum perstringit; mir ist ein schauer ankommen, obstupui steteruntque comae Steinbach 2, 392; es lauft mir ein schauer über die haut, horrore perfundor Frisch 2, 166ᶜ; der schauer überläuft, überschleicht jemanden, fährt über den leib, läuft über den leib, über alle glieder, faszt, wandelt an, durchdringt, durchschüttert: nachdem sich Veit nebst seinem begleiter mit mühe durchs gesträuch gearbeitet hatte, gelangten sie zum eingang einer finstern höhle. dem guten Veit war nicht wohl dabei zu mute .. es lief ihm ein kalter schauer nach dem andern den rücken herab und seine haare sträubten sich empor. Musäus volksm. 1, 37 Hempel; er sah das mädchen an, dann wieder das bild. diese züge hatte er sonst schon irgend gesehen; aber wann? wo? schauer überliefen ihn. Grillparzer 11, 239;
ein mädchen tritt ihm vors gesicht
ins leichentuch verhüllt ...
blickt drauf den ehrvergesznen mann,
den schauer überschleicht,
dreimal mit hohlen augen an.
Hölty 17 Halm;
mir läuft ein schauer über'n ganzen leib.
Göthe 12, 142;
dem menschen über den ganzen leib ein schauer herfähret. Felsenburg 4, 552; an dem gepolter merkte er, dasz der sarg herauf gebracht wurde. ein kalter schauer lief ihn über alle glieder. Siegwart 3, 645; noch jetzt, da ich sie (die schreckliche begebenheit) ihnen erzählen will, faszt mich ein schauer. Gotter 3, 32; ich fordre euch auf, das soll die probe seyn .. wenn euch im tode nur der mindeste schauer anwandelt, weh euch dann! Schiller räuber 5, 1 schauspiel;
der schauer warff mich hin.
welch ein schaur durchschüttert meine glieder.
Ch. F. Weisze trauersp. 2, 237;
schauer wird durch meine nerven beben,
werd' ich deine blüthen sehn.
Hölty 163 Halm;
schauer durchdrang urplötzlich den herrscher des volks Agamemnon.
Ilias 4, 148;
schauer rinnen durch meine adern.
Halm 3, 141.
c)
mit adjectiven, die den grund oder die art des schauers näher bezeichnen: sobald wir an das thor gelangten, ergriffe mich ein widerwärtiger schauer. Jucundissimus 204;
sieh! diesz alles, was ich ohne kalten
schauer, kaum einmal recht denken kann.
Göckingk 1, 258.
auch von weniger unangenehmen empfindungen, die einen geringeren grad des schauers hervorrufen, leiser, sanfter, langsamer schauer: damals erregten mir diese worte einen leisen schauer. Bettine briefe 1 vorr. iv; vater hat sie mich genannt und ein sanfter schauer zuckte bei den worten durch alle meine nerven. Kotzebue dram. spiele 3, 311; ein sanfter schauer bebte durch ihre glieder bei ihrer berührung. Campe;
langsame schauer,
sterbenden selbst unempfindbar, erschütterten Abbadona.
Klopstock Mess. 2, 756.
so auch von dem schauer, der durch wollust erregt wird: höchstens würdest du einen leisen, lüsternen schauer .. empfinden. H. Heine 6, 83 Elster (vergl. wollustschauer, wonneschauer); unverhoffter schauer:
es überlaufft die haut ein unverhoffter schauer,
wann ich in liebe soll mich etwa lassen ein.
polit. stockf. 126.
dann mit adjectiven der frohen empfindung, freudiger, froher schauer: da pochts dreimal leise an das fenster, als ob sichs eignete. ein froher schauer durchlief ihre glieder, sie sprang auf. Musäus volksm. 1, 31 Hempel; mit adjectiven heiliger empfindung: heiliger schauer, ehrerbietiger schauer; von einem heiligen schauer erschüttert wollt ich schon den fusz zurückziehen, als ich .. gewahr wurde, dasz es meine unbekannte sei. Wieland 2, 54;
es überlief ihn gleich bei schanzen, stück und mauer
ein schweisz der tapferkeit und ehrerbietig schauer.
d)
mit näheren bestimmungen, die das den schauer begleitende gefühl angeben: schauer der angst, des entsetzens, der herzenskälte, der heiligen furcht;
ein schauer aber heilger furcht
durchlief der leute glieder.
entsetzen packt den wandrer hier am haare,
geuszt schauer über seine haut.
Schubart 2, 73;
dasz, wo frost noch lauern
mag mit alten schauern,
unter herzensmauern,
ganz er werd hinaus geschafft.
Rückert (1882) 1, 121.
in andern verbindungen mit substantiven, gewöhnlich im genitiv, örtlicher oder zeitlicher art: schauer der nacht, des grabes, des todes; hier knie ich, — hier streck ich empor die drei finger in die schauer der nacht. Schiller 2, 170 (räuber schauspiel 4, 5);
weggeschwunden, ach du lieber,
weggeschwunden ist die nacht,
die dir oft die seele trüber
als der nächte schau'r gemacht.
Schubart 2, 145;
der öden nacht
geheimniszvolle schauer.
Göthe 9, 252;
es schwebt die tiefe nacht
mit allen ihren schauern um uns her.
10, 248;
es ergreift mich mit allem schauer der nacht das gefühl: sie ist todt. 119;
aber was weilen wir hier in dem schauer der nacht und der gräber?
Klopstock Mess. 14, 1029;
noch lebt er; doch, mit jedem pulsschlag dringen
des todes schauer ihm gewaltiger ans herz.
Gotter 2, 475;
doch ein anblick tiefrer trauer,
bänger als des sterbens schauer,
wär' es.
Lenau 1, 293 Koch.
schauer des waldes, dickichts, der dämmerung u. s. w.:
in des waldes tiefsten schauern
kamen sie an die kapell'.
Lenau 2, 59;
o dasz ich in des waldes schauer
den frieden wiederfände und den muth.
Körner Hedw. 1, 3, 7;
in dickichtsschauer
drängt sich das rauhe wild.
Göthe 2, 65;
unterdesz kam die mutter des liebsten unter den söhnen
nach durchwachter einsamer nacht mit dem schauer der dämmerung
nach Jerusalem.
Klopstock Mess. 7, 265;
Sulamith folgte der führenden mutter
unter die myrrhen und unter die schauer einladender schatten.
4, 689;
weht, winde, weht, o flügelt sie, ihr winde,
an diese laub heran,
dasz ich mich ihr im schauer dieser linde
zu füszen werfen kann.
Hölty 168 Halm;
wo er im schwarzen schauer
bemoster eichen lag.
Zachariä 1, 64;
von der heiligen
eiche schauer umrauscht.
Stolberg 1, 9;
mir dünkt, nun wandern wir zusammen
durch die schauer öder wüstenei.
Bürger 99ᵃ.
in freiem gebrauche wird schauer wie selbständig und vom träger und verbreiter des schauers getrennt behandelt:
Bulbuls nachtlied durch die schauer
drang zu Allahs lichtem throne.
Göthe 5, 232;
meiner ankunft schauern
sollst du nie mit trauern
still entgegen gehn.
13, 209;
abgesagt sei allen zeichen,
allem schauer-ahnungsreichen.
in schauern sich gestalten,
in schmerzen sich entfalten
musz jedes lebens keim.
so in verschiedenen bildern; der schauer umweht, weht hernieder, sinkt hernieder, umschwebt u. s. w.:
welch ein lispeln, welch ein schauer
weht vom grabe der geliebten.
Göthe 10, 313;
leise sinken schauer von ihr nieder.
27;
es weht
ein schauer vom gewölb herab
und faszt mich an.
12, 33;
o stadt ...
bist du es nicht, wo über Ekhofs grab
geheime schauer wehn ...?
Gotter 1, 271;
o senkt euch herab von rauschenden wipfeln,
heilige schauer, die ganz die seele des dichters empfindet.
flosz es, vater, von des jünglings lippe?
nasse schauer schauern fürchterlich
durch sein gramgeschmolzenes gerippe.
Schiller 1, 106;
die schauer, die mein herz durchwehten,
die unerfaszlich meinem sange,
sie sprachen ...
Lenau 1, 283 Koch;
ein ... plätzchen, ... das alle schauer der einsamkeit umschweben. Göthe 16, 82; die grosze seele ... beschränkt ein kerker, und schauer tückisches mordes schweben um sie her. 8, 271. vergl. auch
nun erhub sich die dunkelste nacht, die über ihm herging,
wolkicht empor, und als sie sich hub, entflossen ihr schauer.
Klopstock Mess. 6, 38;
ein mächtger schauer rauscht
durch das erschrockne thal, in dem kein waldgott lauscht.
etwas verbreitet, gieszt, haucht, weht, flüstert schauer:
allein wie herrlich diesem sturm ersprieszend
wölbt sich des bunten bogens wechsel-dauer ...
umher verbreitend duftig kühle schauer.
Göthe 12, 255;
holunderbüsche ragen
um ihre gruft empor,
und flüstern manchen schauer
der dörferin ins ohr.
Hölty 13 Halm;
.. kehrest du lenz .. streue manch farbigtes
blümchen unter die nesseln,
die hier schauer dem narren wehn.
58;
die geister flüstern lauter — die linde haucht
mir tiefre schauer.
212;
nicht diese reden, deren dunkler sinn
geheime schauer in mein herz ergieszt.
Gotter 2, 238;
wen du nicht verlässest, genius,
nicht der regen, nicht der sturm
haucht ihm schauer übers herz.
Göthe 2, 70;
und gieszt durchs eherne gebein
des fühlens schauer nieder.
in verblaszter bedeutung, geradezu in die vorstellung der furcht oder der scheu übergegangen: die alte winkelhafte, an vielen stellen düstere beschaffenheit des hauses war übrigens geeignet, schauer und furcht in kindlichen gemüthern zu erwecken. Göthe 24, 16; es mochte damals noch viel mehr alterthümliches gegeben haben, wenn wir kinder den schauer vor so manchem unrichtigen winkel hätten überwinden können. Stifter stud. 3, 8. übertragen auch von sanfteren empfindungen, freude, wehmut, wollust, hoffnung u. a.: heilige wollustschauer zitterten durch Abdallahs brust, seine seele verlor sich in den entzückenden melodieen. Tieck 8, 144;
und mich ergreift ein längst entwöhntes sehnen
nach jenem stillen, ernsten geisterreich ...
ein schauer faszt mich, thräne folgt den thränen.
Göthe 12, 6;
erinnrungsvoller baum, du stehst in trauer,
dein laub ist welk, mein leben ist es auch,
mein herz durchziehen bange wehmutschauer.
Lenau 1, 65 Koch;
auf sichere burgen, feste mauern
blickt sie hinab mit hoffnungsschauern.
Schwab 328.
so auch bei dem andenken an vergangenes:
nun schwieg der eremit und sank mit schauern
zurück in der erinnrung dunkle nächte.
Lenau 2, 37 Koch.
schauer, sorge, trauer, peinigendes gewissen, reue über verbrecherisches vorhaben:
banger schauer faszt die trübe seele,
wenn sie jene thorenfreuden sieht.
Hölderlin 1, 5 Köstlin;
mich umfängt ein banger schauer,
mich umgeben qual und trauer.
Göthe 10, 277;
das laster wird hier mit samt seinem ganzen innern räderwerk entfaltet. es löst in Franzen all die verworrenen schauer des gewissens in ohnmächtige abstraktionen auf. Schiller 2, 9;
Anna spricht mit dunklen schauern.
Lenau 2, 51 Koch.
schauer oft als wirkung des höchsten grades der ehrfurcht, der mit banger scheu verbundenen empfindung von der grösze, der majestät eines gegenstandes ( Adelung):
ein gewaltiger schauer
faszte den seraph, ihm schlug sein herz.
Klopstock Mess. 1, 148.
besonders mit characterisierenden adjectiven:
da hob sich sein geist, ihn faszte
die nähe gottes mit heiligem schauer.
Schubart 1, 2;
mit heiligem schauer
brech ich die blum' ab,
gott machte sie.
Klopstock 1, 126;
wenn der uralte
heilige vater
mit gelassener hand ...
segnende blitze
über die erde sät,
küsz ich den letzten
saum seines kleides,
kindliche schauer
treu in der brust.
Göthe 2, 84;
die schützenden geister, sie kommen!
sie führen den glänzenden bräutigam an,
schon wehet der heilige schauer voran.
Bürger 78ᵇ;
ein heiliger schauer über die grösze und erhabenheit der menschlichen bestimmung. Kant 5, 380;
welch leichter morgentraum liesz, auf den heilgen höhen,
der musen fest um Friedrichs bild
mich bei Aurorens glanz mit frommem schauer sehen,
der noch, der noch die seele füllt.
Lessing 1, 97;
denn sieh, es wallt der enkel zu seinem grab
voll hohen schauers, wie zu des weisen grab.
Hölderlin 1, 18 Köstlin;
und weil wir uns manchmal gern ins halbdunkel der vergangenheit einhüllen, so finden wir es willkommen, wenn eine ahnungsvolle beschränkung uns mit gewissen schauern ergreift. Göthe 31, 245; heilsame schauer werden die menschheit ergreifen. Schiller 3, 515. als empfindung besonders gekennzeichnet durch adjective, wie innerer, verborgener, geheimer schauer: noch steh ich aufrecht und ein innrer schauer durchfährt mich. Göthe 8, 274. übertragen von der erde gebraucht:
doch wurden
ihre verborgneren schauer noch in den thalen nicht hörbar.
Klopstock Mess. 9, 423.
die empfindung selbständig und belebt gedacht:
schauer, der das herze fühlen,
der die seele schmelzen macht,
flüstert durchs gebüsch im kühlen.
welche schöne, süsze nacht.
der junge Göthe 1, 97;
dann vom mondlicht selbst:
schwester von dem ersten licht,
bild der zärtlichkeit in trauer,
nebel schwimmt mit silberschauer
um dein reizendes gesicht.
108 (werke 1, 52).
diese übertragung des schauers auf licht und farbe deutlicher in der verbindung schauer der farben: er wurde nun auf das gehen und kommen der lichter auf den bergen aufmerksam und erkannte nach und nach die schauer der farben, die über sie gingen. Stifter stud. 5, 165.
9)
in engerer bedeutung, anfall von frost und fieber, wodurch die haut wie vor heftiger kälte erschüttert wird: schaur paroxismus Schottel 1395, vergl. fieber-, milchschauer; schauer, febricula, eine mit kopf- und lendenweh verknüpfte bewegung, welche von den frauen nach der empfängnis verspürt wird. frauenzimmerlex. (1773) 3048. aus dieser bedeutung wieder erweitert: schauer, der anfall gewisser heftiger krankheiten, überhaupt fieber, fallende sucht, zuckungen bei kleinen kindern (auch schäuerchen genannt, s. d.). Campe. vergl. fries. skûr, schûr name einer krankheit. Richthofen wb. 1034ᵇ; in den mundarten, hessisch schûr krankheitsanfall Vilmar 373; im Harze schûr, krankheitsanfall, krampf, 's paese schûr epilepsie Liesenberg Stieger mundart 210; in Holstein: dat is en slim schûr west, das war ein schlimmer anfall (bei kranken). Schütze 4, 87.
10)
schauer überhaupt jeder plötzliche anfall, der bald vorübergeht Campe. besonders nd.: dat dulle schuur hebben, einen wiederkehrenden anfall von raserei haben; he het wol sien blarrend schuur, es scheint, dasz ihn sein weinender paroxysmus überfällt. brem. wb. 4, 718; dat slapende schuur, ein gewöhnlicher anfall von schlafsucht. ebenda; in Nordfriesland: wenn die kälber einmal eine wirrige schauer kriegen. Weserzeitung 1853 nr. 3015; selten in die schriftsprache gedrungen; als neutr. (vgl. oben I, 2): machte Katherina zu viel lärm, hatte sie ihr böses schauer, prügelte sie ihren Jochen. Oppermann hundert jahre 3, 37.
11)
von der eigenschaft des unwetters, nicht lange anzuhalten, hergenommen, bezeichnet schauer eine gewisse weile, zwischenzeit (s. oben 7), auch wieder vorzugsweise niederd.: schauer, auch poos (pausa) genannt, ein kleiner zeitabschnitt, bi schûren, zu zeiten, in wiederkehrenden zeitabschnitten, zuweilen Schütze 1, 86; n' gantz schûr slaop'n, n' gôt schûr wên', eine gute (ganze) weile schlafen, weinen Danneil 190ᵃ; sie hat ein schauer abgeweint, es war nur ein schauer. Frischbier 2, 262ᵃ; in hochdeutscher nachbildung ein schauer weinen Göckingk 1, 193, s. die stelle oben unter I, 2. auch die kurzen zwischenzeiten, wo ein an geist und körper kranker von den anfällen seiner krankheit frei und seiner sinne mächtig ist, werden gute oder helle schauer genannt Campe;
Bav selbst hat manchen guten schauer,
wär eselstrab auch nur von dauer.
Lessing 1, 210.
in bergmännischer sprache von einer bestimmten arbeit, die einen zeitabschnitt füllt, besonders die bei der schieszarbeit in einer hitze mit dem fäustel auf den bohrer geführten schläge. auch die beim abbohren eines sprengloches in gewisser anzahl geführten fäustelschläge, die nach der muskelkraft und der gesteinsfestigkeit sich richtend eine bestimmte arbeitsperiode ausmachen. Veith 404. dann überhaupt von dingen, die eine gewisse kurze zeit dauern; so nennt man eine bald vorübergehende ofenwärme von einem kleinen gelinden feuer, welches man bei kühler witterung im herbste oder frühjahr in ihm anmacht, einen schauer. Campe. auch die hitze bei der schieszarbeit wird schauer geheiszen. Veith 404. von dieser ausdehnung über eine bestimmte zeit auch auf eine bestimmte ausdehnung über einen raum übertragen: de weg dogt bi schûren nig veel, dieser weg taugt an gewissen stellen nicht viel. brem. wb. 4, 718.
12)
eine letzte bedeutungsgruppe von schauer hat sich entwickelt aus dem begriffe der vernichtung, verheerung, zerstörung, der auch der ursprünglichen bedeutung schauer, unwetter eigen ist (vgl. oben II, 1). auf grund der betonung dieses momentes bildete sich in älterer sprache das wort aus
a)
zu dem sinne des verderbens, vernichtung, von personen, wer dazu gereicht, führt:
si sprach : der mich von nihte
ze dirre werlde brâhte,
alze fruo er mîn gedâhte,
ich schûr sîner hantgetât.
Wolfram Willeh. 253, 9;
Caligula ist ein schauwer gewesen der menschen. Schmeller 2, 450; schauer der freude, der ehre u. a., der solche zerstört: das geld, welches zu menniglichs schauwer und verderben ist. Aventin bei Schm. a. a. o.; von abstracten dingen:
ein brûtlachen von Gent,
noch plâwer denne ein lâsûr
het angeleit der freuden schûr (Cundrie).
Parz. 313, 6;
verschamter munt, du lügevaʒ,
du hellestric, du triegel,
du velle sal, du êren schûr.
minnes. 2, 355ᵇ Hagen;
vereinzelt noch im nhd.:
o tod, du schwarzer tod, du schauer unsrer sinne.
Logau 3, 243.
b)
zu dem des leides und der not:
herzeliebe ist ein schûr,
dem lîbe ein herter nâchgebûr.
Wigal. 240, 33;
bairisch noch: ein böses weib ist ein schauer im haus Schm. a. a. o., sonst untergegangen, so weit nicht schur (s. d.) etwa bedeutungsreste in sich aufgenommen hat.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2321, Z. 1.

schauer, m., n.

schauer, m. n.
überdach, wetterdach, schuppen, scheune, obdach, schutz, schirm. eine ableitung zu indogerm. skevô, sanskr. skû- bedecken, woher auch griech. σκύτον, lat. scûtum, obscûrus, und innerhalb des german. mit starker ablautstufe alts. skio, ags. scéo, m. 'bedeckter himmel', schwachstufig altn. ský, n., dän. schwed. engl. sky 'wolke, himmel'; und mit andern ableitungen nd. schûl, n., schule, f. versteck, nd. md. schulen verborgen sein, wozu mit starker vocalstufe altn. skjól, dän. skjul, n.; ferner scheune (? vgl. das.) und altn. skaunn, m., schild (vgl. schonen) vgl. Kluge 299ᵇ und Fick⁴ 1, 142. das wort selbst begegnet auszerhalb des deutschen in altn. skúrr Cleasby-Vigfusson 561ᵇ (ohne beleg; neuisl.? bezeugt nur skúrfjalir, Sverris saga), dän. skuur, n. (aus dem nd.?). althd. scŷr, tugurium, domuncula, scûrguta lares Graff 6, 536; daneben scûr, scûre, scûra, wol zu scheuer. mhd. schûr, m., mnd. schûr, n., hier schlecht von der weiterbildung schûre, f., ahd. sciura, mhd. schiure, nhd. scheuer (s. das.) zu scheiden. in der schriftsprache findet sich zuweilen das wort als neutrum. dagegen scheiden sich die mundarten so, dasz auf hochd. (mitteld.) gebiete ausschlieszlich das masc. gilt, s. Spiess 208. Weinhold 81ᵃ. Frischbier 2, 262ᵃ, dagegen im nd. das neutrum. brem. wb. 4, 716 f. ten Doornkaat Koolman 3, 162ᵇ (unter 4). Schütze 4, 86. Dähnert 418ᵇ. Schambach 187ᵇ. Danneil 189ᵇ f. Mi 78ᵃ. Frommann mundarten 4, 27 (nordwestfäl.). 5, 292 (Fallersl.) 6, 430, 22 (Münsterland). ein fem. schure (ohne umlaut) findet sich an der nordgrenze des mitteldeutschen gebietes, so hessisch Vilmar 373, und nordthür., in de schûre treten. Kleemann 20ᵇ. sonst in dem speciellen sinne von scheuer: schawer, horreum Alb.; item, wan ein merker in vorgemelter maesz holts ausgefürt hette, so soll er, das zu einer schauren gehört, in einem firtel jars ... nechst darnoch verbauhen und aufbringen. Grimm weisth. 5, 250, 23 (wetterauisch, vom jahre 1454); er bawet sein haus wie eine spinne, und wie ein hüter eine schawr macht. Hiob 27, 18. vgl. auch Haltaus 1604 und scheuer. endlich begegnet das wort vereinzelt als adj., so westf. schûer gesichert vor regen Woeste 233ᵃ, nordthür. schûre warm und gemütlich Kleemann 20ᵇ, wofür sonst schaurig (s. das.).
1)
obdach, überdach, das schutz vor wind und wetter gewährt: schauer, umbraculum, hütte, schur Scherz-Oberlin 1382; it. 31. sch. twen tymmerluden, dede makeden eyn schur vor dat sulve backhus. Wism. quelle von 1516 bei Schiller - Lübben 4, 153ᵇ; im schauer, wo man vor wind und regen geschützt ist: als ich ganz betäubt wieder herunter kam (vom Monte Rosso), hatte Kneip im schauer (weiter unten am berge) seine zeit gut angewendet und mit zarten linien auf dem papier gesichert, was der wilde sturm mich kaum sehen .. liesz. Göthe 28, 197; hinter einem felsen, recht im schauer. 42, 342, vergl. auch dickichtsschauer; schutz vor feindlichen geschossen: hier unten im schauer sey es doch besser. 30, 71. so auch:
dasz der ermüdete baum, und die entkräfteten felder
unter dem schauer der flocken zu neuem seegen sich ausruhn.
Zachariä tagesz. 11.
nd. häufig in verbindungen wie tô schûre gân, lôpen, krûpen, sik leggen, sitten, ein obdach aufsuchen, unter dach und fach treten. Schiller-Lübben a. a. o. Schambach 187ᵇ; under schûre sîn ebenda; in 't schûr gân Danneil 189ᵇ. hess. auch abstract: der baum gibt schon gute schur gegen den regen. Vilmar 373.
2)
speciell bezeichnung gewisser schuppenartiger gebäude und bautheile zu besondern zwecken:
a)
regenhütte (vgl. 1), eine leichte hütte zum unterschlupf bei regen, zuweilen nur 4 pfähle mit einem dach. Jacobsson 3, 554ᵃ: es ist beides (Türken und Tataren) ein wild reubisch volck, das nicht nach heusern fraget, sondern, wie das viehe, wonen sie in hütten, als unter dechern und schawren. Luther 5, 3ᵇ. so auch wagenschauer und holzschauer.
b)
schauer für scheuer, scheune, s. oben, ferner Frischbier 2, 262ᵃ.
c)
schuppen bei den mühlen zu bauten und ausbesserungen am mühlwerk. Weinhold 81ᵃ.
d)
schauer, immenschauer, bienenhütte, worunter die bienenstöcke aufgestellt werden. Overbeck bienenwörterb. 72.
3)
davon übertragen auf andre arten von bedeckung:
a)
von kleidungsstücken: schauer, schur, tegumentum, vestimentum, inde windschur, pallium hirsutum adversus ventum. Scherz-Oberlin 1382, vergl. Schmid 483. in Preuszen ehemals eine schauerartig das gesicht überragende unterhaube der mägde. Frischbier 2, 262ᵃ, ebenda auch vom schirm an der mütze.
b)
nd. für 'haut, fell': enem wat up 't schuur geven. brem. wb. 4, 716 (1). Danneil 189ᵇ, bei beiden als veraltet bezeichnet.
4)
freier für schutz überhaupt, so besonders mhd., gern in der allitterierenden verbindung schirm unt schûr, schuz unt schûr, s. Lexer handwb. 2, 827; schauer, schur, protectio, defensio juris. Scherz-Oberlin 1382; erkennet daz ich uwer schuz und schur gewest bin. leb. d. heil. Ludwig 55, 17 Rückert; auch verzeihen wir uns unnd thun uns ab mit diesem brieffe aller der freyheite, hülffe, schaure, rechte, gewonheit etc., damit wir wieder diesen kauff gethun möchten. urk. von 1406 bei Haltaus 1604; wer es auch das ymandt von burgern, burgers gesynne ader gast durch schirmes und schawers willen flüe in eyns burgers hüsz und hoffreidt. Grimm weisth. 3, 598; vor aller missewende ein schûr und ein leitesterne der tugent. Frauenlob 132, 11. ten Doornkaat Koolman 3, 162ᵇ gibt ferner die bedeutungen 'schutz, schirm, beschützung, schonung, nachsicht, geduld' an; sonst in diesem sinne kaum noch gebräuchlich.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2328, Z. 70.

schauer, m.

schauer, m.
becher, groszer trinkbecher. ein wort von unbekannter herkunft, welches bald mit, bald ohne umlaut und sowol als masc. wie als fem. begegnet. mhd. schiure, f., scheure, scheur, schaur mhd. wb. 2, 2, 170ᵇ f. Lexer handwb. 2, 762, mnd. schower, schauwer, schauer, m. Schiller-Lübben 4, 130ᵇ, preter meum optimum cyphum argenteum, dictum schower. quelle von 1364 bei Schiller-Lübben a. a. o.; dat se den heren schenken iowelkem eynen schouwer unde twintich gulden darinne. ebenda; nhd. in der obigen form, s. Frisch 2, 166ᵃ; doch ist scheure, scheire, f. ebenso häufig, s. Schm. 2, 456, scheure Birlinger 394ᵃ. Vilmar 344 (gasthaus zur goldenen scheuer ehemals in der vorstadt von Hanau), vgl. ferner Weigand 2, 555, der aus dem 15. jahrh. die formen scheure (1431), schewr, schürre, scheürre anführt und zu schawer das jahr 1517 angibt; Schm. belegt die formen: ain scheyren, scheirn, schewrn, schewre, einen gulden scheuren (Wagenseil), ein vergulte scheurn, mit einer verguldten scheuern (1567); item den vergulten schauwer (hat gehalten vj marck xv loit) hat der rat verwexelt an Hansen vom Ryns schauwer der vgh (unserm gnädigen herrn) von Mentz geschenckt wart. testament der Elisabeth von Heringen (1505); wie ein gülden schewer mit allerley edelstein gezieret. Sirach 50, 10; es soll ihm (kaiser Karl V) wenn er nicht in die stadt kommen wolle, nur ein schauer und darinn tausend gulden in gold, wie vormals beschehen, geschenkt werden. Ulmer ratsprotokoll von 1530 bei Schmid 454; wann dann die hochen schewren und becher mit wein ob der tafel umbher giengen. Zimm. chr. 3, 517, 8 Barack; Josephs becher oder schewren, weil er von der höhe den namen hat, ist auch silbern gewesen. Mathesius Sar. 190ᵇ; denn man hat nidrige oder flache, und auch uberhöhete trinckgeschirr gefüret, wie die zwifachen scheiren, und die verdackte credentzen sein. 192ᵃ; becher, köpffe und schewren. Georg v. Rotschitz processus juris³ (1613) 3, 57; mit einem ächten glase wein aus einem schauer begossen. Hippel lebensl. 1, 244; der herold kumpt, bringt das hertz inn einem gulden kopf unnd spricht:
gnedige fraw euch schickt die schewer
zu trösten euch ewer vatter tewer.
H. Sachs 1, 120ᵇ.
hierher nach Schmeller auch der ortsname Goldscheur Simpl. 2, 176, 7; doch denkt man dabei eher an scheuer horreum.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2330, Z. 7.

schauer, adj.

schauer, adj.
schaurig: wen alle andere blumen durch die schaure luft im herbste erkranken, zeiget die zimetrose ihre schönste blühte. neuspross. palmbaum 83; den schauren und ungebähnten weg wandern. Butschky hochd. kanz. 679.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2330, Z. 47.

schauern, verb.

schauern, verb.
schauer machen, empfinden; mhd. schûren, schiuren.
1)
in eigentlicher bedeutung, vom wetter gebraucht: grandinare schauwern Dief. 268ᶜ, coruscare plitzen, schawren 153ᶜ; nebenformen, bair. scheuern, schauren Schm. 2, 450; nach Peter und Paul schäuerts nicht mehr. ebenda; häufig in formelhafter verbindung: gieng ein wetter hernach, schauret, haglet und stainlet, erschlueg alle die, so wunt waren. Aventin chron. 1, 395, 5. in bildern:
im sei recht und unrecht erlaubt;
wöll er haglen, so wöll wir schauren,
will er denn wainen, so well wir trauren.
fastn. sp. 298, 6;
ist nachmals derselbig haufen der christenknecht der schauerend und wetterslahend haufen zuegenant worden (legio fulminatrix). Aventin chron. 1, 878, 8. auszer auf oberdeutschem gebiete hat sich schauern vom wetter, in anderer bedeutung, auch niederd. erhalten: idt schuret aver sagt man, wenn der himmel bewölkt wird oder die wolken vorüberziehen, ohne dasz es zum ausbruch eines unwetters kommt. brem. wb. 4, 719. dichterisch frei, wie winterlich stürmen, stöbern:
und schaurt der winter trüb und kalt,
uns hüllt dein lamm, uns wärmt dein wald.
Voss 4, 209;
transitiv (vgl. in ähnlicher anwendung hageln, regnen):
schauere blüten herab, du baum.
3, 129.
2)
aus der eigentlichen bedeutung übertragen auf andere erscheinungen, die dem schauer, unwetter, ähnlich sind, oder mit ihm das charakteristische des heftigen auftretens theilen.
a)
vom heulen des sturms:
mit groszem sturm
und ungefuegen heulen, schauren, brausen
liesz sich der küng, küng aller küng ...
Pilato smechlich wider weisen für.
Osw. v. Wolkenstein 106, 8, 2 (s. 244).
b)
beim menschen von der plötzlichen, durch die unbilden der witterung erregten erschütterung des körpers, dem überlaufen der haut: alles blieb finster und stille. der wind blies durch das hohle thor .. sie froren und schauerten, die frauen fürchteten sich. Göthe 18, 254; von dem durch seelische empfindungen, furcht, schrecken, abscheu erregten gefühl, persönlich ich schauere, horreo Steinbach 2, 392; wie sie erbleicht! wie sie schauert! ihre füsze wurzeln mitten in einer schreckhaften bewegung. Wieland 1, 243;
da sie die zwanzig palmen erreichten,
unter denen ins erste gericht der ewige sohn ging,
schauerte sie.
Klopstock Mess. 10, 423;
bei, vor etwas schauern; bei dieser erscheinung schauerte jeder. Campe; mit abhängigem satze: sie würden schauern, wenn sie es hören sollten. Adelung;
schauer, schauer zurück, würger bei jedem staub,
den dein fliegender gang wirbelnd gen himmel weht.
Schiller 1, 43;
nein, schauere zurück, dort jener hygel vom mond beschienen ist ein grab, schauere zurück von der heiligen gegend. Geszner 2, 243;
weht der schatten dahin, senket den blick auf dich,
und du schauerst vom rasen auf.
Hölty 94 Halm.
unpersönlich: es schauert mich oder mir, letzteres häufig mit hinzufügung des körpertheiles, der von dem gefühle des schauers berührt wird:
ich griff nach holden maskenzügen
und faszte wesen dasz michs schauerte.
Göthe 41, 147;
die Phorkyaden! wage dich zum ort,
und sprich sie an, wenn dich nicht schauert.
155;
ihr antlitz wenden
verklärte von dir ab.
die hände dir zu reichen,
schauert's den reinen.
12, 201;
also spricht der rationaliste,
der den dichter heimlich hat belauert,
stolzer hahn auf dem verstandesmiste,
dasz dem dichter vor dem wichte schauert.
Lenau 1, 343 Koch;
mich schauert, wenn ich daran gedenke. Lessing 2, 480; oder du gehst an einem offenen grabe vorbei und es schauert dich. Hebel 2, 179; so erfreut er über diesen anblick war, so fing ihn doch an ein wenig zu schauern. Wieland 12, 32. es schaurt mir die haut, cohorrescit corpus Frisch 2, 166ᶜ;
der fehlt, der allzuviel auff ein gelücke traut.
gedenk ich nun an mich, so schauret mir die haut.
wenn mein ja ich sage
zu des pfarrers frage,
und mir schaurt die haut:
ich bin eine braut.
Schubart 3, 45;
ja, antwortete die obristin, wenn ich an dieselbige marterkrankheit gedenke, schauert mir haut und haar. Ettner hebamme 29; ich will geheimnisse aufdeken, dasz denen, die sie hören, die haut schauern soll. Schiller kab. u. liebe 5, 8; ich gieng bis zum eintritt (der höhle) getrost hin, da aber nichts als eine dicke finsternis zu sehen war .. fieng meine haut an zu schauern. Felsenb. 1, 177; die haut schauerte ihm, wenn er an den abschied mit Violanten gedachte. colica 283;
mit schweigendem entsetzen blickt
Aeneas nach, ihm schauerts durch den rücken.
Schiller 6, 399.
mit näherer bezeichnung der den schauer weckenden empfindung, persönlich und unpersönlich; vor furcht, schrecken schauern: ich fürchte mich fur dir, das mir die haut schawert. ps. 19, 120;
erschrocken schauert sie in sich hinein, will fliehn,
und bleibt im fliehen am boden kleben.
Wieland 10, 71.
die empfindung der ehrfurcht, bewunderung, freude bezeichnend:
Socrates, zwar du kennest ihn nicht; doch ich schaure vor freuden,
wenn ich ihn nenne.
Klopstock Mess. 7, 399.
von herz, seele, gefühl: das herz des menschenfreundes schauert vor ihnen zurück. Wieland 6, 296; hunger und durst zu löschen wird der mensch thaten thun, worüber die menschheit schauert. Schiller 1, 149;
haupt, wie bebt es in dir! schauert dein busen!
Schiller 1, 42;
wann vor schmerz die seele schauert,
lüget meine stirne ruh.
Gotter 1, 12.
mit veränderung der construction, sodasz die empfindung selbst als schauernd angeführt wird:
bange sehnsucht, banges, süszes klopfen
schauerte durch meinen geist.
Hölty 161 Halm;
nasse schauer schauern fürchterlich
durch sein gramgeschmolzenes gerippe.
Schiller 1, 106;
so soll, verehrte, meiner lieder trauern
durch deine reichen freudenblüten schauern.
Lenau 1, 436 Koch.
von andern dingen, die wie der schauer durch den körper gehen: ha, wie das (das gift) eiskalt durch meine adern schauert. Schiller kab. u. liebe 5, 7;
und in den schon ermattenden gelenken
fühl ich die keime der zerstörung schauern.
Platen 103ᵃ.
auch unpersönlich: wo's gleich elektrisch schauert durch den geist. Bettine tageb. 211; in übertragungen, von der natur, dem walde u. ä.: der junge baum webt und schauert und fühlet die glieder im morgen der erweckten schöpfung. Herder bei Campe;
schwermuth schauert durch die haine,
wenn der wind die wipfel regt.
Matthisson 2, 66;
nebelwolken schauern,
sterne trauern
bleich herab.
Schiller 1, 106;
wann ihr (winde) mit bereiften schwingen
über meinen freunden schaurt.
Uz 399 Sauer.
besonders bei Klopstock von dem ehrfurchtsvollen schauern der natur vor der erhabenheit ihres schöpfers:
auch scheint die natur hier
überall still zu schauern, als wäre gott wo zugegen.
Mess. 5, 653;
bebte die bange natur in allen tiefen der schöpfung
schauernd nach.
5, 627;
die pole der himmel
schauerten sanft. nur leise berührete sie in dem schnellen
gang der allmächtige.
16, 576;
als er sein angesicht wandte,
schauert es unter der könige fusz in den felsengebirgen.
18, 836.
der begriff der zitternden bewegung auch in verbindungen wie regen schauert, die nacht, der morgen schauert; ich weisz nicht, schaurt der morgen zu kalt? oder ist mir sonst so sonderbar zu muthe? Klopstock 9, 348;
o weh, es schaurt der morgen schon.
Schubart (1829) 3, 56;
wann durch berg und thale drauszen
regen schauern, stürme brausen.
so auch von thränen:
sein herz zerflosz
in lieb und wehmut, thränen schaurten
herunter von der bleichen wange.
Schubart 2, 41.
mit noch gröszerer hervorhebung des momentes der bewegung:
eilet, winde, mit meinem verlangen zu ihr in die laube,
schauert hin durch den wald.
Klopstock 1, 25;
unbekannte wesen schauerten ihm vorüber und entflohen eiligst. Tieck 8, 149;
die glocke tönt, die fürchterliche,
durchschauert die beruszten mauern.
Göthe 41, 103;
geister schauern hernieder,
und gehen und kommen wieder.
Tieck 2, 175;
kein eigennutz, kein eigenwille dauert,
von ihrem kommen sind sie weggeschauert.
3, 27.
3)
transitiv, schauern, schauer einflöszen, verursachen Campe: dunkles gehölz .. schauert dem wanderer grauen der vorzeit. Voss 3, 99; wonne schauern:
denn Jesus Christus
schaute mit einem blicke der gottversöhnenden liebe ...
zu den seelen empor.   die seelen schauerten wonne.
Klopstock Mess. 8, 483.
ohne object:
als die nacht begann zu schauern
um die stunde der gespenster.
Platen 12ᵇ.
4)
der infinitiv substantivisch: das schauern, gleichsam das mit kaltem wasser übergossen werden. Kant 10, 291;
und versinkt dann mit gewaltigem schauern
in den alten kampf mit den Centauern.
Körner leier u. schwert 21.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2334, Z. 10.

schauern, verb.

schauern, verb.
vor wind und wetter schützen, obdach gewähren (vgl. schauer sp. 2329), dann schützen überhaupt, vgl. scheuern, mhd. schiuren, schûren, schûwern, scheuren, schauren Lexer handwb. 2, 762, mnd. schuren Schiller-Lübben 4, 154ᵇ. jetzt besonders nd. brem. wb. 4, 719. Woeste 233ᵇ: der dann erste in daz gerechte queme, den solte man vor den andern schuren. Grimm weisth. 3, 381; schützen und schuren, schuren, schirmen und schützen s. Vilmar 373; auch heiszen wir und gebietten aller menigklich in dem heyligen reych, das ir die obgenanten juden nicht hausen noch hegen, noch schutzen noch schauern, noch etzen noch trencken, noch kewfen noch verkewfen sollt. Straszb. urk. v. 1420 bei Minutoli Friedrich I von Brandenburg 363; getreulich helffen schauren und schirmen. Frankf. urk. von 1541 bei Dief.-Wülcker 834. hess. auch: scheuen, schonen, sparen: er schauert daran keinen kosten, s. Kehrein 1, 341. zuweilen intransitiv, sich vor regen sichern, untertreten Woeste 233ᵇ, den regen unter einem obdach abwarten Vilmar 373.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2336, Z. 37.

schauern

schauern,
mundartlich für scheuern (s. d.).
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 13 (1893), Bd. VIII (1893), Sp. 2336, Z. 55.

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Zitationshilfe
„schauer“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/schauer>.

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