Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

straffällig, adj.

straffällig, adj.,

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in mulctam condemnatus Stieler (1691) 420; reo, soggetto ò sotto posto al castigo Kramer dict. 2 (1702), 995ᵃ; obnoxius Aler (1727) 2, 1847ᵃ; vgl. auch oben strafbar Frisch 2, 342ᶜ ( Adelung).
1)
straffälige ehebrecherin vgl. Treuer deutscher Dädalus (1675) 1, 403; zur auslösung seiner straffälligen verurtheilten mutter Brentano schr. 4, 342; (zu den sogenannten schlechten arbeiten müssen) in ermangelung straffälliger soldaten andere nach der komandirrolle beordert werden kaiser Wilhelm I. milit. schr. 1, 81; so wie der adlige in Siam ... in einen seidenen sack gesteckt und mit parfümierten stöcken geprügelt wird, statt dasz der str.-e bürgerliche nur einen leinenen sack und keine so wohlriechende prügel bekömmt H. Heine w. 3, 279 E.; die eingezogenen feldmarken der straffäligen gemeinden Mommsen römische gesch. 2, 344. ein straffälliger handel caso, causa criminale ò soggetto à pena Kramer dict. 2 (1702), 995ᵃ; eine straffällige sache a punishable case or matter Ludwig (1716) 1885; eine str. that Adelung; dasz es (d. lustspiel) mit str.-en lastern nichts ... zu thun habe Herder 23, 395 S.; straffälliger egoismus Holtei erz. schr. 15, 206; ein lehrer auf einer unpassenden und straffälligen äuszerung vom generalprofosz staat ertappt Lagarde deutsche schr. 342;
und mein straffällges lieben glänzt als zucht
Immermann 16, 448 H.
2)
straffällig seyn esser reo, haver in corso ò meritato la pena Kramer a. a. o.; welcher einen dieb oder ehebrecher ertödt, nit straffellig ist Xylander Polybius (1574) 106; bin ich str., so wil ich nicht ausreiszen Zesen Rosemund 74 neudr. (Gottsched crit. dichtkunst [1751] 561); (einsehen,) dasz, wenn Cicero unrecht gethan haben soll, Elias auch straffällig ist Schwabe belustigungen (1741) 2, 410; der zudringliche, der ... mir mein eigenthum der zeit eigenmächtig raubt, ist eben so str., als wenn er sich einen theil meines hauses ohne meine erlaubnisz zu seinem gebrauch anmaszt F. Th. v. Schubert verm. schr. 4, 256; das manuscript (sei) so wenig str., als die übrigen während des landtags vertheilten druckschriften Görres br. 3, 426; so lange das gesetz besteht, dasz jeder, der unzufriedenheit erregt, straffällig ist, kann der gerechteste tadel vor das gericht bringen Wilhelm Grimm an Dahlmann (im briefw. mit D. und Gervinus 1, 469); warum überliefern sie, wenn er str. ist, den schuldigen nicht der wache? Holtei erz. schr. 23, 154; ein solcher anmaszender und subordinationswidriger ton ist nicht nur straffällig, sondern ... Hoffmann v. Fallersleben schr. 7, 161;
es ist eine sache erschrocklich
und darzu auch straffelich
pilgerfahrt des träumenden mönchs 10490;
doch bekenten sie darneben, dasz sie mit dem todtschlag der vorgenannten heubtleute zuviel gethan und straffellig worden Cyr. Spangenberg mansf. chron. (1572) 121ᵃ (verhandl. d. schles. fürsten und stände 4, 139 Palm; Hohberg georgica 3, 25ᵇ; zweyfach str. Lohenstein Arminius [1689] 2, 577ᵇ); und hiesz mich glauben, dasz er in ansehung meiner niemals str. würde geworden sein, wenn er meiner liebe versichert gewesen wäre Chr. G. Wendt ein roman ohne roman (1730) 282; ich würde str. seyn, wenn ich ... Leipziger avanturieur (1756) 2, 6; was alles beyeinander seyn müsse, eh man straffällig wird Klopstock gelehrtenrepublik (1774) 76; wenn sich ein mensch in einen ochsen verwandlen könnte, ob das als ein selbstmord anzusehen, und der ochse str. wäre? Lichtenberg verm. schr. 1, 349; welcher unterthan würde nicht hundertfach str. seyn, der ein bildnüsz seines erhabnen monarchen an einem ecklen verächtlichen ort aufhängen wollte Göthe 39, 121 W.; ich könnte dann selbst str. werden Schleiermacher weihnachtsfeier 47 Mulert; versäumte der pflichtige seinen zins zu rechter zeit abzutragen, so wurde er str. Jac. Grimm rechtsalterthümer⁴ 1, 543 (auch 2, 470); war ich nicht straffälliger als die herzogin, wenn ... Arnim w. 2, 39; vor dem gesetz entschieden str. (sein) Hebbel br. 6, 59 W.; wegen einer anzuglichen stelle gegen den reichskanzler war ich str. geworden J. Rank erinnerungen 281. in weiteren verbalen fügungen: würde aber einer str. fürkommen, so solte man in strafen M. Möller die episteln des heil merters Ignatii (1575) b 3ᵇ; nicht nöthig, das blosze herumlaufen derselben (schweine) für str. zu erklären Just. Möser w. 3, 207 (Ranke w. 16, 80); die beweise waren mehr als hinlänglich für herrn Alwerth, ihn str. zu finden J. J. Chr. Bode Thomas Jones (1786) 1, 196; dasz aller unterschleif ... für gleich nachtheilig und gleich str. angesehen werden müsse G. Forster schr. 5, 52; verbrennt er (der dem gottesurtheil sich unterwerfende) sich (an dem glühenden eisenlöffel) die zunge, so wird er str. erkannt, sonst aber freigesprochen Jac. Grimm rechtsalterth.⁴ 2, 604; leider kann ich davon (von den strafen) sprechen, da ich oft str. erkannt worden bin Platen tageb. 1, 20. auch: die ungefähren zufälle seyen keine rechtmäszigen ankläger, jemanden str. zu machen S. v. Birken ostländ. lorbeerhayn (1657) 64 (Archenholz England u. Italien I 1, 183). in anderer bedeutung, d. h. nur berichtweise: Arnald ... erzählt und macht den vorfall im erzählen um vieles straffälliger Heinse w. 3, 307 Sch. in refl. wendungen: (hat sich eine) studentengesellschaft str. gemacht ... Görres br. 2, 605 (Mommsen römisches staatsrecht 1, 34); sich als str. bekennen müssen (Gaudy w. 14, 137).
3)
mit nebenordnung entsprechender begriffe: ist denn die lust und begirde eben so wol sünde und str. für gott als das werk an sich selbs H. Roth catechismuspredigten (1573) 1, 99ᵇ; die gesündiget und straffällig, straffet er mit masz J. Bentzius päbstl. chron. (1604) 165; da urtheilte ich wohl, dasz man nicht suchte, meine unschuld zu erforschen, sondern nur blos, wie man mich möchte als schuldig und str. darstellen können de la Motte Guion, das leben (1727) 3, 71; (urtheile,) die nach meiner eignen überzeugung und nach aller vernunft, unerlaubt und str. gewesen wären J. J Chr. Bode Montaigne (1793) 1, 180; ihr vergehen schien ihr immer schrecklicher und straffälliger zu werden Göthe 23, 273 W.; ich heisze Fuchs, und dies ist hier mein schurkischer diener; der advokat, ein betrüger: wir alle sind schuldig und str.; sprechen sie uns also sogleich unser urtheil Tieck schr. 12, 152.
4)
substant.: (die) pfandgebühr ... (bei forstfrevel) von den straffälligen wieder einbringen Schwappach forst- u. jagdgesch. 1, 531 (Weimar. qu. v. 1646); holzmarkt ... der gerichtstag, an welchem die straffälligen ... strafgeld bezahlen müssen allg. deutsche bibl. 29, 370; zusammenkommen, die straffälligen anzumerken A. G. Kästner verm. schr. (1755) 1, 217; wenn man ... die straffälligen durch eine rechtmäszige verbindung noch gar belohnen wolle Göthe 23, 272 W.; die zu erhebende geldstrafe nur von den straffälligen gefordert G. Forster schr. 6, 435; die menge der überwiesenen und straffälligen wuchs täglich H. Steffens was ich erlebte 4, 94; sesseltragen war im mittelalter eine strafe des verraths gegen den lehnsherrn ... die straffälligen muszten damit eine strecke weges machen Voigt geschäftsführung (1807) 2, 427; der des lohnes bedarf, ist so krank wie der straffällige Bettine dies buch gehört dem könig (1843) 2, 458; damit nicht zufrieden, verurtheilte man die straffälligen auch in die kosten und trieb diese mit groszer strenge ein Ranke w. 43/44, 260; bei mitnahme straffälliger der gewöhnliche überfahrtspreis gesetz, betr. die verpflichtung der kauffahrteischiffe zur mitnahme u. s. w. § 5; der str. musz (im arrest) die nacht auf einer pritsche zubringen Alten handb. 4, 644. das straffällige 'vergehen, verbrechen', besonders für das fremdwort delict; under allen menschlichen handlungen nut sundliches ... noch straffelliges sin mög Riederer spiegel d. w. rhetoric (1493) C 2ᵇ; A. stand leichenblasz: hatte sie etwas straffälliges gethan? B. Auerbach schr. 14, 126. —
dazu
straffälligkeit f.,
'die verbindlichkeit zur strafe' Adelung; nocentia Aler (1727) 2, 1847ᵃ; Krünitz 175, 65; bey geringerer str. Klopstock gelehrtenrepublik (1774) 25; wie vermöchte ich, edle richter, den gewaltigen eindruck meiner anklage auf eure gemüther zu vernichten, wenn meine str. ... erwiesen bliebe? Thümmel reise 5, 210; über die str. entscheiden G. Forster schr. 6, 335; das bekenntnisz der str. Fouqué reiseerinnerungen (1823) 2, 146; bis über seine str. rechtskräftig erkannt sein würde, ... Fr. L. Jahn w. 2, 170; doch vermag ich eine str. des generalleutnants v. Schreckenstein ... nicht anzuerkennen kaiser Wilhelm I. milit. schr. 2, 118; meine str. herzuleiten suchen (aus) vgl. Gutzkow ritter vom geiste 9, 374;
als spielmann gabst
du straflos dir den urlaub selbst, den ohne
straffälligkeit mein kriegsmann so nicht nahm
Rückert w. 9, 126 (Saul u. David 3).
auch verblasst: im gefühle meiner str. hab ich ... eine neuere arbeit geschickt O. Ludwig schr. 6, 349. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1929), Bd. X,III (1957), Sp. 654, Z. 7.

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Zitationshilfe
„straffalligkeit“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/straff%C3%A4lligkeit>.

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