Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

unendlich

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GrammatikAdjektiv
Aussprache 
Worttrennung un-end-lich
Wortzerlegung un- endlich
Häufige Falschschreibung unentlich
Wortbildung  mit ›unendlich‹ als Erstglied: Unendlichkeit · unendlichmal
eWDG

Bedeutung

unbegrenzt, unermesslich, unabsehbar
a)
von unabsehbarem räumlichem Ausmaß
Beispiele:
die Berge lagen in unendlicher Ferne
die unendliche Weite des Meeres
der unendliche Weltraum
eine unendliche Tiefe, ein unendlicher Abgrund
dieser Weg schien (bis) ins Unendliche zu führen
Fotografiedas Objekt auf Unendlich (= auf eine unbegrenzte Entfernung) einstellen
Unter uns das unendliche Häusermeer [ UnruhNike40]
gehoben[der Mensch] fühlt, das Unendliche (= die Ewigkeit) wird ihn berühren [ MörikeMozart3,267]
b)
Mathematik größer als jeder endliche Wert, ∞
Beispiele:
eine unendliche Größe, Zahl, Reihe
die beiden parallelen Linien schneiden sich im Unendlichen
Wird die große Halbachse dagegen unendlich … so geht die Ellipse in eine Parabel über [ Urania1960]
c)
Philosophie, Marxismus Merkmal der sich bewegenden Materie, das in der dialektischen Einheit mit dem Endlichen allen objektiv-realen Struktur-, Bewegungs- und Entwicklungsformen der Materie zukommt   in räumlicher, zeitlicher, quantitativer, qualitativer Unbegrenztheit, zugleich aber relativ sich in einer unerschöpflichen Vielzahl konkreter Erscheinungsformen äußernd
Beispiele:
die unendliche Materie
daß wir das Unendliche im Endlichen, das Ewige im Vergänglichen auffinden und feststellen … Alle wahre Naturerkenntnis ist Erkenntnis von Ewigem, Unendlichem und daher wesentlich absolut [ EngelsDialektik d. Natur249]
d)
von ungeheurem (zeitlichem) Ausmaß
Beispiele:
die Minuten erschienen uns unendlich
die Stunden wurden mir unendlich
unendliche (= zahllose) Male hatte ich es ihr gesagt
übertrieben alles Vergleichbare übersteigend, überaus groß
Beispiele:
eine unendliche Geduld haben
mit unendlicher Sorgfalt, Behutsamkeit etw. tun
es kostete ihn unendliche Mühe, dieses Ziel zu erreichen
eine unendliche Einsamkeit
sehr, außerordentlich
Grammatik: adverbiell
Beispiele:
etw. ist unendlich groß, weit, hoch
unendlich viele Menschen waren gekommen
unendlich müde, traurig sein
sie war unendlich froh, ihn wiederzusehen
ich habe mich unendlich über den Besuch gefreut
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Ende · enden · beenden · endigen · beendigen · verenden · Endung · endlich · unendlich
Ende n. ‘Ort oder Zeitpunkt des Aufhörens, Abschluß, äußerste Begrenzung’, auch ‘letztes, äußerstes Stück’, ahd. enti ‘Ende, Endpunkt, Zielpunkt’ (8. Jh.), mhd. ende ‘Ende, Ziel, Richtung’, asächs. endi, mnd. ende, mnl. e(i)nde, nl. einde, afries. enda, ende, aengl. ende, engl. end, anord. endir, daneben endi, schwed. ända, got. andeis. Germ. *andja- ‘Ende’ führt mit griech. antíos (ἀντίος) ‘gegenüberstehend, entgegengesetzt’ auf ie. *anti̯o- ‘gegenüber, vor einem liegend’, eine Ableitung von ie. *anti ‘gegenüber’ (Adv. und Präp.); vgl. aind. ánti ‘gegenüber, vor, nahe’, griech. antí (ἀντί) ‘angesichts, gegenüber, anstatt’, lat. ante ‘vorn, vor’. Dieses ie. *anti, ursprünglich ‘im Angesicht’, gehört als erstarrter Lokativ zu ie. *ants ‘Vorderseite, Stirn’ (vgl. hethit. ḫanza ‘Vorderseite, Front’), daneben mit o-Suffix ie. *anto-, worauf aind. ántaḥ m. ‘Ende, Grenze, Rand’ und air. ētan ‘Stirn’ beruhen. Die Präfixe dt. ant- (s. Antlitz, Antwort) und ent- (s. d.) stellen sich ebenfalls zu dieser Wortgruppe. Im Dt. dringt bei Ende, das im räumlichen Sinne auch in der Mehrzahl gebräuchlich ist, seit dem 18. Jh. die schwache Pluralform Enden durch. – enden Vb. ‘aufhören, einen Abschluß finden’, ahd. entōn (8. Jh.), mhd. enden ‘beenden, vollbringen, enden, sterben’ sowie gleichbed. asächs. endion, mnd. enden, mnl. e(i)nden, nl. einden, afries. enda, endia, aengl. endian, engl. to end, anord. enda; früh zum unter Ende (s. oben) dargestellten Substantiv gebildet; im Dt. in älterer Zeit überwiegend transitiv, heute nur noch intransitiv mit der Bedeutung ‘aufhören’, die bis Anfang des 19. Jhs. auch durch reflexiven Gebrauch ausgedrückt wird. Als transitives Verb ist jetzt die Präfixbildung beenden ‘zum Abschluß bringen’ (17. Jh.) üblich. Völlig bedeutungsgleich mit enden und beenden, in der Gegenwart aber zurücktretend und gewähltem Stil vorbehalten sind die jüngeren Verben endigen (15. Jh., vorher schon mnd. endegen, 13. Jh., vgl. auch nl. eindigen) und beendigen (17. Jh.), für deren Bildung auf das Adjektiv spätmhd. endec ‘zu Ende kommend, schnell, eifrig’, mnd. endich ‘endgültig, rasch’ hinzuweisen ist. Eine weitere Präfixbildung zu enden ist verenden Vb. ‘sterben’ (von Tieren), ahd. firentōn ‘beenden, vernichten, sterben’ (um 1000), mhd. verenden ‘beenden, ein Ende nehmen, sterben’, im Nhd. vom 18. Jh. an auf die heutige Verwendung eingeschränkt. Endung f. ‘Wortausgang, Endsilbe’, namentlich als Flexionszeichen, ahd. entunga ‘das Aufhören, Ende, Begriffsbestimmung’ (9. Jh.), gientunga ‘Begriffsbestimmung’ (8. Jh.), spätmhd. endunge ‘Ende, Vollendung, Austrag’; vgl. mnd. endinge, mnl. e(i)ndinge, aengl. endung, engl. ending, anord. ending ‘Ende, Beendigung’; als grammatisches Fachwort seit dem 15. Jh. endlich Adj. ‘in Raum und Zeit begrenzt’, auch ‘abschließend, am Ende kommend’, so vor allem adverbiell ‘schließlich, zuletzt’, häufig Ausdruck der Ungeduld nach langem Warten, mhd. endelich ‘am Ende kommend, endgültig, eifrig, eilig’; von den mhd. Bedeutungen gilt ‘eifrig, eilig’ (eigentlich ‘zielstrebig’) auch frühnhd. bis ins 17. Jh., ‘endgültig’ gelegentlich noch im 19. Jh.; seit dem 17. Jh. steht endlich außerdem (entsprechend vorausgehendem unendlich, s. unten) im Sinne von ‘irdisch, sterblich’, in der Mathematik etwa seit 1700 für ‘räumlich und zeitlich begrenzt’ (eine endliche Größe, Menge). unendlich Adj. ‘kein Ende habend, unbegrenzt unermeßlich’, ahd. unentilīh ‘unbegrenzt, endlos’ (9. Jh.), mhd. unendelich ‘endlos, zahllos, unvollendet, untüchtig’, diese Verwendungen leben noch im älteren Nhd.; Anfang des 16. Jhs. wird unendlich philosophischer und mathematischer Terminus; rein verstärkender adverbieller Gebrauch seit dem 18. Jh.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke


abgöttisch · aus tiefster Seele · rasend · unendlich · überschwänglich  ●  blind fig.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›unendlich‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›unendlich‹.

Verwendungsbeispiele für ›unendlich‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

In seinen Briefen an sie liegt unendlich viel Verständnis für die einfache Frau. [Die Landfrau, 10.10.1925]
Das ist auch so ein unendlicher Gewinn mitten in der Erfahrung des gräßlichsten Todes. [Brief von Walter Gottwald vom 01.12.1914. In: Witkop, Philipp (Hg.), Kriegsbriefe gefallener Studenten, München: Müller 1928 [1914], S. 101]
So wird die Zahl der zu lösenden Probleme unendlich und die Bezeichnung »Alles« unsinnig. [Fleck, Ludwik: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980 [1935], S. 63]
Hier ist noch ein unermeßliches Feld, ein im eigentlichsten Sinne unendliches Gebiet. [Benjamin, Walter: Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik. In: Tiedemann, Rolf u. Schweppenhäuser, Hermann (Hgg.) Gesammelte Schriften, Bd. 1,1, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980 [1920], S. 95]
Zwar nur eine halbe Stunde, aber solche dreißig Minuten die sind unendlich lang. [o. A.: Frontbericht von der Ostfront, 15.08.1944]
Zitationshilfe
„unendlich“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/unendlich>.

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