Deutsches Fremdwörterbuch | |
Poltron |
1. Aufl.
Band 2 (Basler 1942)
M. ‘Feigling, Memme; Maulheld’ übernommen aus frz. poltron gl.
Bed., das im 16. Jahrh. als poultron belegt ist. Das frz. Wort entstammt aber dem
ital. poltrone ‘Faulenzer; Schlingel’, das mit der im Romanischen weitverzweigten
Sippe auf volkslat. *pulliter ‘Füllen’ oder auf unser deutsches ‘Polster’ (langobardisch *polstar) als Vorlage weist. Andere Deutungen, etwa aus lat. pollice truncus
‘ein am Daumen Verstümmelter’ oder zu ‘poltern’ gelten als erledigt. Vgl. H.=D.,
Diez 5 253, REW. 6825, Littré; Campe 1801. 21813, Heyse 1804; engl. poltron 1529
zuerst: NEDict. – Die frühen deutschen Belege des 16. und beginnenden 17. Jahrh.
legen nahe, an unmittelbare Aufnahme des Fremdworts – etwa eine Schelte –
aus dem frz. Sprachgut zu denken, während Poltron vom späteren 17. Jahrh. an und
bes. bei der Fülle der Zeugnisse im 18. Jahrh. eher als ‘literarisches Gut’ anzusprechen
sein mag. Mit der Mitte des 19. Jahrh. tritt die Wortgruppe im Deutschen zurück.
Belege: um 1520 Novella (Scheibles
Kloster VIII 681) Großer pultron [nach
Goedeke von Gengenbach, Ausg. S. 514,
Text S. 268]. Waldis 1527 Verlorene Sohn
Z. 203 Senior pultron.
Wallhausen 1616 Kriegsmanual: Glossar
Poultron, Ein Schelm. Furttenbach 1627
Halinitro=Pyrobolia 3 Poltrone. Um 1638
Teutscher Michel S. 208 Buldron.
1710 Antwort Schreiben 32 Alle Nationen
schicken sich nicht auf die See. Die Türcken
... sind ... Poltrons, wann sie auff das
Wasser kommen. Wagner 1724 Soldatenbibliothek 9. Fleming 1726 Soldat 11. Meier
1748 Anfangsgründe I. Vorr. a 3a daß es
unter den Kunstrichtern manchen P. gäbe ...
Michaelis 1766 Fabeln (Werke 1791 II 72).
Klemm 1767 grüne Hut 50 ... daß du ein feiger
Kerl bist? – Ja doch. – Ein Bärenhäuter,
ein P., ein Großsprecher. Wagner 1776 Kindermörderin 35 ... zur Memme, zum P. Lauthard 1796 Leben III 69. Kant 1798 Anthropologie 170 Anm. Kortum 1799 Jobsiade 137.
Gutzkow 1838 Blasedow II 58. 1928 Handbuch der Frankreichkunde I 137.
Gebucht bei Sperander 1727 Poltron, ein
verzagter Kerl, ein Tölpel ...; bei Zedler
1741 XXVIII 1269. Eingehend mit Erörterungen über die Bedeutung und über die
Verdeutschungen bei Campe 1801 u. 21813
(mit Zusatz). Bei Heyse 1804; bei Petri 31817.
Poltronnerie F. ‘Zaghaftigkeit; feigherziger Streich’ == frz. poltronnerie gl. Bed.
(am Ende des 16. Jahrh. von poltron abgeleitet; ebenso engl. poltroonery in dieser
Zeit zuerst belegt), aber bei uns erst in der
2. Hälfte des 18. Jahrh. bezeugt; gegenüber
Poltron viel spärlicher verwendet.
Belege: Schummel 1771 Reisen II 180.
Lessing 1774 Briefe (XVIII 109). Bretzner
1787 Leben II 206. Laukhard 1796 Leben
III 58. Heynatz 1797 Antibarbarus II 250.
Heinzen 1845 Mehr als 20 Bogen 163.
Andlaw 1862 Tagebuch I 261. Spielhagen
1866 Jn Reih und Glied II 102. Katscher
1886 Nebelland 62 Larm und P.
Gebucht bei Campe 1801. 21813; bei
Heyse 1804; bei Petri 31817.