Deutsches Fremdwörterbuch
Tumult
1. Aufl. Band 5 (Kirkness u. a. 1981)
M. (-(e)s; -e), früher vereinzelt N., im späten 15. Jh. entlehnt aus gleichbed. lat. tumultus (zu tumere ‘(auf-)geschwollen sein, strotzen; (vor Zorn) auf­brausen, aufgebracht sein’); vor allem im politischen Bereich in der Bed. ‘(durch öffentlichen Aufruhr verursachte) Unruhe(n), Wirren; (von Lärm und Erregung begleitete) Auseinandersetzung zwischen Menschen(-gruppen) in der Öffentlichkeit, (bürgerkriegsähnlicher) Aufruhr, Aufstand; (gegen Personen oder Zustände gerichtete) Empörung, Erhebung, Rebellion’, gelegentlich auch ‘Tätlichkeit, Handgemenge, Schlägerei’, dann auch ‘(von öffentlichen Ausschreitungen bewirkter) (Straßen-)Krawall, (Volks-, Massen-)Auflauf, Durcheinander lärmender, aufgeregter Menschen(-massen), (Menschen-)Getümmel, Gedränge, Gewühl, Verwirrung, verwirrende Unordnung, Turbulenz’, von daher zunehmend abgeflacht auch für ‘(lauter, wilder) Lärm; Unruhe’ (Volks-, Straßentumult; Tumultszenen); häufig bildlich vor allem im geistig-seelischen Bereich verwendet. Dazu seit späterem 16. Jh. die auf gleichbed. lat. tumultuari zurückgehende verbale Ableitung tumultuieren V.intrans., selten auch tumultieren, ‘Aufruhr machen, meutern, rebellieren; Unruhe stiften; laut, übermütig lärmen; unruhig, lebhaft sein’, auch bildlich verwendet, heute veraltend; seit frühem 17. Jh. die subst. Ableitung Tumultuant M. (-en; -en), anfangs mit der vereinzelten Nebenform Tumulterer, ‘Unruhestifter, Aufständischer; streitsüchtiger, lärmender Mensch, Randalierer, Ruhestörer, Radaubruder, Querulant’; seit Mitte 17. Jh. die auf gleichbed. lat. tumultuosus zurückgehende adj. Ableitung tumultuos, anfangs auch als Adv. tumultuose, im späten 18. Jh. von (eventuell unter Einwirkung von gleichbed. frz. tumultueux aufgekommenem) tumultuös verdrängt in der Bed. ‘voll Unruhe, sehr unruhig; mit viel Lärm verbunden; ein Durcheinander bewirkend, verwirrend; turbulent’ und von Personen ‘unbeherrscht, nervös, unstet’, auch bildlich verwendet, mit der in neuerer Zeit selten nachgewiesenen Nebenform tumultös; seit Ende 17. Jh. das auf gleichbed. lat. tumultuarius zurückgehende Adj. tumultuarisch ‘in der Eile, oberflächlich, im Eilverfahren (durchgeführt)', auch ‘sehr unruhig; wild, laut lärmend, geräuschvoll; verwirrend, ungeordnet, unordentlich, konfus, wild durcheinander, turbulent, überstürzt, verwirrt’, häufig bildlich verwendet, in neuester Zeit dafür auch vereinzelt tumultarisch; im 18./19. Jh. die adj. Ableitung tumultvoll ‘voll Unruhe, mit viel Lärm verbunden; bewegt, turbulent’; in neuester Zeit die seltene adj. Ableitung tumultartig ‘tumultähnlich, wie ein Tumult’.

Belege

zu Tumult (77)
1488 Städtechr. III 176
under diesem tumult [den Unruhen zu Böhmen] do het kaiser Sigmund ... das concili [zu Konstanz] gesamelt (DWB);
1514–41 Basler Chr. 182
ein solcher tumult und grim by sinem volck entstanden ... Das geschrey;
Eberlin v. Günzburg um 1525 S.Schr. II 88
lieben Freündt, ein Tumult, auch ein gähe, schafft nichts guts in einer Gemeyn;
Sleidan 1531 Briefw. 184
geschrei und tumult;
1545 Städtechr. XXXIV 136
dieweil die rechten romischen hölden in disem tumult und burgerlichen krieg umbkommen (DWB);
Wickram 1557 W. II 423
das landfolck in ein tumult bewegen (DWB);
Mathesius 1566 Luther 170b
Ich will bitten/zu frid vnnd einigkeyt helffen rathen, sagt er/weyl ich lebe/ vnnd bin gewiß/ob schon etliche ein tumult möchten anrichten, es soll kein Hauptkrieg bey meiner zeyt angehen;
Zorn 1570 Wormser Chr. 88
es sind auch in diesem tumult und geschläg bei 60 mann umkommen;
Naß 1581 Examen 391
daß baldt ein allgemeyner Tumult vnnd Aufflauff folgen möchte;
Fugger 1584 Gestüterey 99a
vnnd wirdt dess Tumults von Rossen mit der Zeit der massen gewohnet, dass es [das Stallgesinde] von einem schlechten Gedümmel nicht erwacht;
Pape 1586 Bettel- u. Garteteuffel D 3a
solche klumpen­schmeltzer solten billich vber vnd für alle tumult­brüder on barmhertzigkeit gestrafft werden (DWB);
1588 Parisische Zeitung wie das gemeine Volck ... ein Tumult ... erreget
(Titel);
1599 Oriental. Indien III 12
rumor vnd tumult;
1600 Akten Gegenref. I 742
etliche tumult und muetwillige händl.;
Spangenberg 1605 Hecuba (Übers.) 235
ein Tumult oder ein Lermen;
Sattler 1607 Orthographie 53
Wa­rauff sich ein solcher tumult erhebt; dz man nit anderst vermeint: dann es werde zu einer entbörung gerahten;
Spangenberg 1608 Ajax (Übers.) 99
Eyn alter Eyssgrawer Mann fein, Der mit sanfften worten allein Solchen Tumult und Auffruhr wild Durch seine Red zu letzt gestilt;
Sierk 1615–64 Bauernchr. 400
is ... ein grodt tumult angefangen van des keisers folcke;
Wallhausen 1621 Kriegs-Kunst Schatzkammer 2
Tumult vnd Alarm;
ebd. 57
Meuterey oder die tumult;
1632 (Dtsch. Ztg. 17. Jh. 135)
es war allenthalben in der Stadt ein solcher Tumult gleich als ob der Feind schon an den Thoren [wäre];
Meyfart 1636 V. d. Hochschulen 297
Sie giengen bißweilen in öffentliche Bierhäuser / stiffteten Unfug vnd Tumult auff Hochzeiten;
Schmidt 1656 Wundarznei 95
welcher in einen Tumult gerieth mit einem Goldschmied;
Prätorius 1663 Saturnalia 409
hatten ... die geister ... einen grossen tumult und gepolter darüber angefangen, dergestalt dasz den mägdigen drinnen gegrauset (DWB);
Mitternacht 1667 Politica B 3b
es mögte ein Tumult und Auffruhr wider den Raht entstehen;
Henel 1672 Einmischung i. mancherley Händel B 1a
Es entstunde ... unter etlichen Schulmeistern ein hefftiger Tumult, also, dass jederman von der Versammlung sich ent­setzte;
1672 Interims-Ordonantz B 8b
ein Bürger oder Bauer mit einem Soldaten in Streitigkeit kömmt, [so soll] sich keiner des andern annehmen, sondern die ümbstehende, den Magistraten ... sofort notificiren ... damit aller Aufflauff vnd Tumult gäntzlich vermiden werden könne;
1677 Braunschw. SO I 194
sollen die kinder ohne tumult und unruhe nach ihren schlaffkammern sich begeben;
Abr. a S. Clara 1683 Auf, auf ihr Chr. 35
rebellische Tumult;
1686 (Nyström, Schulterm. 183)
dasz die Scholaren ohne sonderlichen Tumult aus der Schul gehen;
1688 Braunschw. SO II 232
sie sollen sich alles tumults und geschreyes ... enthalten;
Ertinger 1697 Reisebeschr. 14
ist damahls grosser Dumult Entstanden von Einem Francossen Vnnd spanier auff dem schiff wegen der Präsidenz;
Lucae 1711 Helicon 420
von wegen eines Tumults, Aufflauffs oder Lermens, oder anderer gefährlicher Händel;
Ettner 1719 Medizin. Maulaffe 245
indem geschach ein solcher knall, der mich ohnmächtige gantz ausser mir selbsten brachte ... währenden solchen tumult war mir, als wann lauter wespen mir in denen ohren summten (DWB);
Frisch 1719 Neukl. Harpfe Davids 1268
und stille den innerlichen tumult und unordnung der gedancken und begierden desz hertzens (DWB);
Meier 1749 Religion 5
die Hütten vergnügter Landleute, welche, entfernt von den Tumulten der grossen Welt;
1756 Leipziger Avanturieur I 182
wo sie [das Mädchen] in der kirche ordinnair platz nahm, [war] ihrentwegen ein solches gedränge und tumult (DWB);
Nicolay 1760 Elegien 61
Wen ein vergnügter Mittelstand vor dem Tumult der Leidenschaften schützet;
Wieland 1766 Agathon II 166
frey von allen arten der sorgen, und in den tumult der geschäfte selbst niemals verwickelt (DWB);
Sailer 1767 Lobrede 384
Der leidige Höllengeist, der Feind der Einsamkeit, der Liebhaber des Welt­tumults, der Beywohner des Getümmels;
Goethe 1773 Götz VIII 152
Das Land ist voll Tumult herum;
Zachariä 1777 Tayti IV 153
O Musse, reisse mich aus dem Tumult Der Laster dieser Europäerwelt;
Weisse 1778 Kl. lyr. Ged. II 94
er verscheucht Nicht den Tumult der Brust, der Seeln innern Harn!;
Zimmermann 1785 Einsamkeit IV 68
[der] vom Tumult des Lebens sich absondernde Mensch;
ebd. 173
Felder, deren Stille ihnen besser gefällt, als der Tumult der Städte;
Herder 1787 Ideen XIV 206
die Verwirrungen und Kriege, die Unterdrückungen und leidenschaftlichen Tumulte [der Völker];
Goethe 1788 Egmont VIII 299
im Tumulte der Schlacht, unter dem Geräusch der Waffen;
Gentz 1793 Betrachtungen I Einl. X
die Hoffnungen eines Jeden, der seine Stimme in diesem allgemeinen Tumult erhebt;
Jenisch 1800 Geist u. Charakter I 109
Tumulte und blutige Auftritte [im alten Rom];
1804 Academ. Gesetze Univ. Landshut 8
Tumulte mit Störung der öffentlichen Ruhe;
Klinger 1809 W. I 420
gefällt sich nur allzusehr in dem tumult eines ungebundenen lebens (DWB);
Gruber 1812 (Schütz, Leben I 156)
ertönt ... der Tumult eines einmarschirenden Regiments;
1827 Satzungen Univ. Münch. 19
die öffentliche Ruhe oder Sicherheit störenden Zusam­menrottungen, oder Tumulte, nächtlicher Schwär­mereien;
Hegel 1832 W. II 448
der geist wäre aus diesem tumult zu seinem ausgangspunkt, der sittlichen und realen welt der bildung, zurückgeschleudert (DWB);
Diesterweg 1836 Lebensfrage II 6
Da ein Tumult des Volkes Jeden bedroht, und der Unschuldigste dabei sein Vermögen ... einbüssen kann;
Gutzkow 1838 Blasedow II 111
Tumult von Empfindungen;
Diesterweg 1838 Lebensfrage IV 78
Ihm sei es ergangen, wie einem in seine Gedanken vertieften Spaziergänger, der ... plötzlich in einen Straßentumult geräht;
1848 Grenzboten I 2, 105
das Signal zu Tumulten über Tumulten;
Raumer 1849 Br. Frankf.-Paris I 244
Man vestand kein Wort in dem Tumulte, und erst nach langem Gebrüll, hörte man, dass der Präsident ihr Betragen ... als unwürdig bezeichnete;
Rodenberg 1863 Strassensängerin II 28
noch lange durch die Stille der Nacht hörte er den rohen Tumult [von Studenten] aus dem erleuchteten Stockwerk des Jägerpfuhls;
Zwiedineck-Süden­horst 1877 Dorfleben 9
Untersuchung jenes nicht unbedeutenden Bauerntumultes;
Freytag 1887 Erinn. 232
Auch den Leipzigern blieben 1849 die Schrecken des Strassentumultes nicht erspart;
1896 Cosmopolis I 283
Auch sie ein Naturkind, dem einmal im Tumult des Blutes die Sinne durchgehen;
Voss 1901 Fra Checco 53
Plötzlich hatte er in dem dichten Gewühl hinterrücks einen heftigen Stoß empfangen ... Bei dem Tumult ... bemerkte man nicht einmal, ob jemand entfloh;
Schrönghamer-Heimdal 1924 Kronawitter o. S.
Ich sah viele Männer ... in einem spaßigen Tumult, wie bei einem Dattendorfer Volksfest;
Voss. Ztg. 20. 12. 1930
Im badischen Landtag kam es ... zu bisher im badischen Parlament noch nicht erlebten Tumultszenen;
Schäfer 1932 Tumultschäden. Ersatz der durch innere Unruhen verursachten Schäden
(Titel);
Lokal-Anz. 7. 7. 1934
daß die Polizei gestern abend nicht in genügender Stärke ... eingesetzt werden konnte, da gleichzeitig an 14 anderen Stellen der Stadt Tumulte ausbrachen;
Dtsch. AZ. 24. 7. 1935
daß die nordirische Regierung selbst ... für die Verwüstung und Tumult­orgien verantwortlich sei;
Grüne Post 6. 10. 1935
[der] als Taugenichts ... den politischen Tumulten nachrennt und den Aufrührer spielt;
Dörfler 1947 Sohn 148
wie ein Schüler, der im Tumult eigener Gedanken ... den Vortrag des Lehrers nur fetzenweise versteht;
Süddtsch. Ztg. 6. 8. 1949
Die Schimmel, Rappen und Füchse unserer Polizei müssen neben anderen Eigenschaften besonders „fromm“, schußfest und tumultsicher sein;
Müller 1952 Himmel 9
der ganze traurige Dunst von Geschwätz, Lärm, Tumult des aufgewühlten Lebens;
Bonn 1953 Gesch. 38
Bei der Premiere von Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ hatte es Tumulte gegeben. Es war ein Zusammenprall zwischen zwei Generationen;
Süddtsch. Ztg. 21. 3. 1955
Wieder einmal mußte das Landtagsprotokoll im Zusammenhang mit Spielbankfragen den Ausdruck „Tumulte“ gebrauchen;
Offenburger Tagebl. 5. 10. 1962
Der Zorn der oppositionellen Parlamentarier ... entlud sich während der Rede Pompidous in mehreren Tumult-Szenen und Pult­deckel-Geklapper;
ebd. 4. 2. 1972
Das Aufsichts­personal hatte alle Hände voll zu tun, um des Tumults Herr zu werden.
zu Tumultuant (14)
1625 Verordng. Stettin (Balt. Studien 9 (1843) 39)
tumultuanten [bei Hochzeiten];
1652 (Frauenholz, Entwicklungsgesch. d. dt. Heerw. IV 120)
dasz ein jedweder magistratus ... die delinquenten, aufwiegler, zäncker und fried­brüchige tumultuanten in arrest nehmen ... sollen (DWB);
Gryphius vor 1664 Lustsp. 331
ihr seyd zwey alte grein- und zancksichtige haderkatzen und tumultuanten (DWB);
1707 Lebens-Spiegel 1277
Tumultuanten [aufständische Bauern];
Belemnon 1728 Bauernlex. 193
Tumultuant, ein auf­rührerischer, unruhiger, böser Kerl, so allerhand lose Händel anstellt, ein Empörer;
Michaelis 1768 Raisonnement I 282
Tumultuanten;
Hoffmann vor 1822 (S. W. XV 252)
der ... von dem tumultuanten, der plötzlich ... die grimmigsten hypothesen losknallte, übertäubt wurde (DWB);
1830 Thür. Volksfreund 356
[die] Dresdner Tumultuanten;
1835 Vorschr. Studien Bayern 22
Ruhestörer und Tumultuanten;
Lassalle vor 1864 Ausgew. Reden u. Schr. II 302
dasz die tumultuanten, auch wenn sie in der minderheit sind, stets leichtes spiel haben (DWB);
Hauff 1890 S. W. II 2, 254
ich ... liesz die tumultuanten hinter meinem stuhle ... abtreten (DWB);
1932 Wissen u. Wehr 124
Die in der Armee mit dem herrschenden Regime unzufrie­denen Kreise sympathisierten mit den Tumultuanten;
Bebel 1946 Aus meinem Leben I 197
die tumultuanten hätten besonders nach mir verlangt und mich niederzuschlagen gedroht (DWB);
Werfel 1948 Bernadette 168
gegen dessen konservative auffassung der berühmte de Maitre ein jakobini­scher tumultuant war (DWB).
zu Tumulterer (1)
1625 Ratsprotok. (Unger-Khull, Steir. 182)
tumulterer und khoczpalger (DWB).
zu tumultuarisch (40)
Stieler 1695 Auditeur 181
Insonderheit ist solche Geschwindigkeit des Verstandes beym Krieges-Recht höchlich von nöhten, da alles vor Gerichte, wo nicht tumultuarisch, doch ins gemein summarisch gehandelt ... wird;
Fleming 1726 Vollk. teut. Soldat 371
die begräbnisse der soldaten ... die drauszen vorgenommen wurden, waren etwas tumultuarisch, es wurden alle die cörper und knochen an einen ort zusammenge­schüttet (DWB);
Boltz 1731 Auserl. Redensarten 107
In einer Sache tumultuarisch verfahren;
Meier 1744 Kunstrichter 113
dergestalt vermeidet ein Kunstrichter das Tumultuarische in seinen Beurtheilungen;
Gellert um 1756 Br. VIII 130
Ihre tumultuarische Art zu studieren;
Meister 1777 Schwärmerey II 1
dass tumultuarisch dein Blut wallt!;
ders. 1777 Beiträge II 130
eine übertriebene, besonders tumultuarische Lesesucht;
Musäus 1778 Physiognom. Reisen IV 44
die unterredung wurde so laut und tumultuarisch wie in einer trink­stube (DWB);
1783 Berlin. Mon'schr. II 573
an den tumultuarischen Wahlen der Bauren;
Schubart 1791 Leben I 91
Nur Leibnize sind fähig, so tumultuarisch zu lesen, ohne sich zu verwirren;
Hufeland 1795 Pathogenie 257
Wenn die Lebenskraft so gewaltsam und tumultuarisch regiert, dass sie sich selbst und ihren eignen Körper aufreibt;
Garve 1797 Ges. I 73
Ein Mann, der stark an Geist und Nerven ist, wird von dem Geräusche der Gesellschaft und dem Tumultuarischen der Geschäfte weniger betäubt;
Lavater 1798 Br. an Bremer Freunde 54
Ungeheuer tumultuarisch soll der Auftritt in Meilen gewesen sein;
Schiller vor 1805 (XV 2, 456)
allgemeiner aufstand ... die schranken werden eingestürzt, es entsteht ein tumultuarisches getöse (DWB);
1809 Journal d. pract. Arzneykunde XI 1, 23
Der ... gänzliche Nichtgebrauch des Denkvermögens ist Unsinnigkeit ... d. i. eine Fertigkeit, gedankenlos zu sprechen und zu handeln, oder eine tumultuarische Verrücktheit;
Goethe 1813 (Schlossers Nachl. 49)
Es ist in der letzten Zeit etwas tumultuarisch um mich her zugegangen;
Athenstädt 1823 Eur. II 287
Aber auch selbst in dem alten Rom und Athen herrschte, bey dieser tumultuarischen Abstimmung, die größte Parteylichkeit und Ungerechtigkeit;
Kotzebue 1829 S. dram. W. XLIV 333
er bediente sich dieser tumultuarischen stimmung meines herzens (DWB);
Waiblinger um 1830 Britten I 178
die Bauern machten einen tumultuarischen Lärmen;
1836 Jahrbücher Gesch. II 321
dass ... der Ausbruch der Cholera ... tumultuarische Scenen hervorrief;
Hahn-Hahn 1844 Oriental. Br. II 4
ein tumultuarischer Morgen, an dem wir uns in Bewegung setzten;
Steffens 1844 Was ich erlebte IX 76
in jener tumultuarischen Versammlung;
Humboldt 1845 Kosmos III 387
die tumultuarischen entstehungen von flecken, sonnenfackeln (DWB);
Preller 1848 Aufs. 527
schaarenweise dringen sie [Bücher] in unser Haus, wollen schnell abgefertigt sein, schreien durcheinander, wie ein tumultuarischer Haufe;
1852 Prutz'Museum II 818
dieses tumultuarische Treiben im Innern der Erdrinde;
Rodenberg 1860 Insel d. Heiligen II 84
Aber das Volk hatte sich um das Gefängnis versammelt, und sein Murren und Grollen wuchs tumultuarisch;
Schneider 1860 Bayer. Mil'Ökonomie I 2, 77
Unterdrückung tumultuarischer Auftritte;
Eilers 1860 Wanderung V Vorr. V
unter solchen tumultuarischen Bewegungen des Parteigeistes;
Ranke 1865 Briefwerk 472
in dem tumultuarischen Getriebe englischer Eisenbahnen;
Scherr 1865 Blücher II 374
Es wurde ziemlich tumultuarisch durcheinander gesprochen;
Freytag 1870 Vogesen 18
[die] vollständige tumultuarische Flucht der Franzosen;
Hartmann 1885 Erlebtes 170
drängten sich ... tumultuarisch an den Wagen;
Schack 1890 Pandora 178
nach kurzem tumultuarischem Verhör;
Hensel 1903 Lebensbild 262
wurde die Stimmung sehr heiter und etwas zu tumultuarisch für eine öffentliche Gesellschaft;
Friedell 1928 Kulturgesch. II 444
Einnahme und Zerstörung der Bastille, ein tumultuarischer Akt von bloss symbolischer Bedeutung;
Voss. Ztg. 3. 10. 1929
Der Bild­streifen läuft weiter, führt zum Tor der Burg und springt zur tumultuarischen Versammlung der protestantischen Stände in einem großen Saale;
Schauwecker 1937 Kasematte 96
quoll ihm tumultuarisch ein Strom von Soldaten entgegen;
B. N. 6. 12. 1943
eine konfuse und tumultuarische Improvisation von allen möglichen neuen Gedanken;
Die Gegenwart 28. 2. 1947
zu allen Zeiten, und vor allem in Zeiten tumultuarischen Übergangs gab es Apostel des Untergangs;
Krauss 1949 Aufs. 310
[Spaniens] tumultuarische Vergangenheit.
zu tumultarisch (1)
Süddtsch. Ztg. 20. 4. 1951
In den drei großen Betrieben ... protestierten die Arbeiter tumultarisch, als ihnen kommunistische Funktionäre ... die freiwillige Sonderarbeit vorschlu­gen.
zu tumultuieren (27)
1574 Jan d. Serres frantz. history 147a
das nach gestiltem krieg ... alle gelegenheit zu tumultuieren auffgehoben wurde;
Pollio 1601 Zehn Pred. Vorw. 4b
in der kirchen Christi tumultuirt und rumort noch der leidige antichrist (beide DWB);
1619 (Mitt. GErz'gesch. 3 (1893) 48)
Nächtliches tumultuiren [in Wirtshäusern];
Wallhausen 1621 Kriegs-Kunst Schatzkammer 57
tumultuirte vnd meutinirte;
Doverinus 1623 Geheimwissen 74
dass das gemeine Volck etwan eines missthätigen Gefangenen halben ... sehr tumultuirt;
1660 Edict 7
solch hochärgerliches ver­maledeytes ... Pennal Vnwesen insolentien, excessus vnd Frevel, vnd zumahl auch das Nacht tumultuiren, provociren, Rauffen vnd Balgen;
Prätorius 1662 Phil.colus 184
der ... in ihr hausz käme und fienge an ... wie der sausewind zu schnauben und brausen, zu schnarchen und pochen, zu tumultuiren, zu wüten und toben (DWB);
Beer 1683 Sommer-Täge 114
ein so gross Geschrey und tumultuiren;
Struve 1731 Reichs-Historie 126
[die] zu Breslau tumultuirenden Burger;
Zinzendorf 1739 Biblia (Mark. V 39)
was tumultuirt und weinet ihr? (DWB);
Edelmann 1752 Selbstbiogr. 41
mitten durch die tumultuirenden Musensöhne;
Chamberlain 1761 Weltweise (Übers.) 286
die tumultuirenden Leidenschaften fliehen;
Hagen 1772 Logen 101
ausgesetzt dem tumultuirenden Parterre und den Grobheiten einiger junger Leute;
Musäus 1781 Physiogn. Reisen II 110
wie Leidenschaft den Willen stimmt und den ... Verstand durch ihr Tumultuiren bald übertäubt;
1785 Holländ. Staats-Anz. III 8
Die Nation ... tumultuirte dennoch nicht;
Goethe 1797 Br. (XII 149)
wird ein solches Tumultuiren nur von Wenigen erregt und theilt sich erst nach und nach mit;
1815 Ideen ü. d. Constit. d. preuss. Monarchie 5
Die Geschichte beweist in den grossen Begebenheiten des Jahres 1813, dass in keinem Staate von Tumultuiren und Revolutionniren weniger zu befürchten sey, als in dem preussischen;
Jung-Stilling 1835 S. Schr. I 489
um zum tumultuiren zu kommen ... sollte dann Stillings haus gestürmt und die fenster eingeworfen werden (DWB);
Diesterweg 1836 Lebensfrage II 4
der Magistrat hat die guten Bürger ... angeredet und sie ermuntert, ihren Gesellen und Lehrburschen die Niederträchtigkeit des Tumultuirens vorzuhal­ten und sie zu warnen;
Steinmann 1842 Mefistofeles I 27
Siegesrufe der tumultuirenden Jugend;
Bülau 1857 Rittergüter 21
tumultuirten dieselben Bauern gegen denselben Gutsherrn;
Görres 1858 Ges. Br. I 428
gehörig tumultuirend und laut sind übrigens diese kinder (DWB);
1860 Landwirthsch. i. Bayern 361
Eine weniger ins Auge fallende daher nicht so tumultuirende, aber sehr bedeutende Art von Flurfrevel;
Reumont 1862 Zeitgenossen I 282
Die ganze Bevölkerung Turin's erfüllte tumultuirend die Straßen;
Haym 1885 Herder II 659
[sollen die jungen Männer] über die Philosophie ... hin­ausgehoben und von der Lust philosophisch zu tumultuiren bewahrt werden;
Lingg 1899 Lebensreise 184
tumultuirenden Massen;
Hebbel 1904 Br. II 4
bei der fülle von kräften, die in meiner brust tumultuiren (DWB).
zu tumultieren (3)
Schütz 1592 Hist. rer. Pruss. III Y 1a
fingen auch ein gleichen an zu tumultieren ... setzten den alten rath ab (DWB);
Goethe 1812 Br. (Goethes Ehe 549)
hätten sich betrunken, tumultirt und wären schuldig geblieben;
Hauptmann 1924 Insel 259
zahllose Götter, die um ein einziges menschliches Haupt tumultieren.
zu tumultuos (3)
Schoch 1658 Comödia 56
schlagen sich tumultuose mit einander;
1786 Journal aller Journale VI 318
nach einem tumultuosen Tanz;
Schubart vor 1787 Br. I 113
ich bediene mich iezo der kräutercur, und erwarte ihre würkung in einer tumultuosen stille (DWB).
zu tumultuös (12)
Lessing vor 1781 (XVII 56)
verdriesz­liche und verwirrende vorbereitungen zu einer langen reise ... haben ... mir Leipzig zu einem tumultuösen ort gemacht (DWB);
Kohl 1844 Reisen E. u. W. II 81
weder eine grosse tumultuöse Handels-, noch eine geschäftige unruhige Fabrikstadt;
Reumont 1862 Zeitgenossen I 259
tumultuöse Vernichtung des ... Polizeisystems;
Marx-Engels 1877 Briefw. IV 408
er glaubt, dasz, wenn die palastintrigen nicht bald aufhören, tumultuöses in Konstantinopel bevorsteht (DWB);
Schneider 1898 Paris IV 36
in Mitten einer tumultuösen „geschäftsgierigen“ Menge;
Friedell 1928 Kulturgesch. II 380
[er war] nervös und irisierend, unbeherrscht und tumultuös und ganz und gar nicht ab­geklärt;
Blei 1930 Männer 53
tumultuöse Frau;
Lokal-Anz. 27. 11. 1934
In Wien ereigneten sich heute wiederum tumultuöse Studentenunruhen;
Münch. Merkur 14. 9. 1949
nach einer tumultuösen Aussprache;
Süddtsch. Ztg. 3. 9. 1951
Auf einer tumultuösen Pressekonferenz, bei der es zu erregten Auseinandersetzungen unter den Kritikern kam;
Eppelsheimer 1955 Schild 25
[dem] tumultuösen Jahrzehnt [1900–10];
Kayser 1957 Groteske 122
die turbulente Häufung, die Dämonie eines Mechanismus, die, einmal ausgelöst, sich nun tumultuös entfaltet und die Ordnung eines ganzen Bereichs aus den Fugen gehen läßt.
zu tumultös (2)
Münch. N. N. 23. 5. 1938
daß es ... in einigen Straßen vorübergehend etwas tumultös zugehen wird;
Süddtsch. Ztg. 1. 9. 1954
Nach einer erregten Sitzung, die oft tumultöse Formen annahm.
zu tumultvoll (6)
Zachariae 1757 Tageszeiten 72
In der tumultvollen Stadt ist alles in Eil und Aufruhr;
Campe 1790 Br. a. Paris 112
in den ersten tumult­vollsten tagen der revolution (DWB);
Becker 1801 Weltgesch. IX 278
des königs eigener einzug in Paris war tumultvoller als ein römischer triumph (DWB);
Herder vor 1803 (XVII 374)
jener geist der ruhe ... der unsern tumultvollen compositionen so oft fehlet;
ebd. XIX 338
in ihrer abge­zogenheit genössen sie einer ruhe, die die tumult­volle welt nicht kenne (DWB);
Goethe vor 1832 (I 25, 1)
mitten in diesem tumultvoll scheinenden leben, das zugleich sehr viel ruhige, müszig­einsame, ja langweilige stunden bietet (DWB).
zu tumultartig (2)
Süddtsch. Ztg. 8. 3. 1949
Darauf kam es zu tumultartigen Szenen; das Publikum nahm lebhaft für Hardt Partei;
ebd. 14. 6. 1951
Zu tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition kam es ... im Bundestag.