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Letzter Wille

Testa­mentser­öffnung: Was Erben wissen müssen

Das Nachlassgericht nimmt die Testamentseröffnung vor
© Quelle: Sokolov/fotolia.com

Das Famili­en­oberhaupt ist gestorben. Im trauten Heim warten die versam­melten Angehörigen darauf, dass der Famili­en­anwalt den Letzten Willen des Verstorbenen verliest. So sieht Testaments­er­öffnung im Film aus. In der Realität geht es anders zu.

Ein Anwalt in einem edlen Anzug steht in der holzge­tä­felten Bibliothek vor einer eindrucks­vollen Bücherwand. Vor ihm auf dem schweren Schreibtisch aus Eiche liegt eine Mappe aus dunklem Leder, in der sich der Letzte Wille des verstorbenen Patriarchen versteckt. Die versam­melten Angehörigen in festlichem Trauer­gewand warten gespannt darauf, wer das ganze Vermögen erbt.

In der Praxis laufen Testaments­er­öff­nungen so eher nicht ab. Denn meist wird der Letzte Wille nicht von einem Anwalt eröffnet, sondern vom Nachlass­gericht. Es wird aktiv, sobald es von einem Todesfall Kenntnis erlangt. Üblicherweise kommt die Information vom Standesamt. Antworten auf wichtige Fragen:

Wie erfährt das Nachlass­gericht vom Testament?

Ob ein Testament vorliegt, erfährt das Gericht auf zwei Wegen: Zum einen über das zentrale Testaments­re­gister, in dem alle notariell erstellten Verfügungen sowie die beim Nachlass­gericht hinter­legten handschrift­lichen Testamente verzeichnet sind. Zum anderen, weil zum Beispiel ein zu Hause aufbewahrtes Dokument entdeckt und bei Gericht abgegeben wurde. Offiziell darf nur das Nachlass­gericht die Verfügung aus dem Umschlag holen - vom amtlichen Aufschlitzen des Kuverts leitet sich der Begriff Testaments­er­öffnung ab.

Was passiert, wenn ein anderer ein Testament eröffnet?

Jeder, der ein solches Papier findet, ist verpflichtet, es möglichst sofort beim Nachlass­gericht abzuliefern. So sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) vor. Grundsätzlich bleiben verschlossene Umschläge verschlossen. Eine Zwickmühle für die Angehörigen: Woher sollen sie wissen, ob der Letzte Wille in dem in der Nachttisch­schublade entdeckten Kuvert steckt, wenn nichts draufsteht? Wer ein Testament sucht oder es öffnet, sollte neutrale Zeugen dabei haben und alles sorgfältig dokumen­tieren, um Ärger mit der Verwandt­schaft vorzubeugen. Fotos und Videos sind hilfreich. Auch Entwürfe oder zerrissene Testamente müssen laut Gesetz zum Nachlass­gericht gebracht werden.

Informiert das Nachlass­gericht automatisch die Erben?

In der Regel kommt Post vom Nachlass­gericht. Das passiert unabhängig davon, ob jemand schon vorher wusste, was ihm Eltern, Partner oder Oma zugedacht haben. Grundsätzlich wird jeder der im Testament Genannten angeschrieben. Das können neben möglichen Erben auch Menschen oder Organi­sa­tionen sein, denen der Verfasser ein Vermächtnis zugedacht hat. Das gerichtliche Schreiben enthält meist das sogenannte Eröffnungs­pro­tokoll und eine Fotokopie des Testaments.

Häufig ist nur der jeweils den Adressaten betreffende Abschnitt lesbar, der Rest wird geschwärzt. „Den Kinder­schutz­verein geht ja nichts an, was der Schützen­verein bekommt“, sagt der Münchner Erbrechts­anwalt und Buchautor Bernhard Klinger, der zudem Mitglied im Deutschen Anwalt­verein (DAV) ist. Nur ein Alleinerbe erfährt alles. Aus dem Brief des Gerichts geht nicht unbedingt hervor, wie umfangreich der Nachlass und der Anteil des Einzelnen sind. Manchmal findet sich nur die Formulierung „Sie kommen als Erbe in Betracht“. Details zum Inhalt müssen mögliche Nutznießer dann selbst recher­chieren.

Wann bekommt man Nachricht vom Nachlass­gericht?

Das hängt unter anderem davon ab, wie schnell nach der Testaments­er­öffnung die richtigen Adressaten gefunden werden. Bei einem amtlichen verwahrten Testament dauert es etwa einen Monat. Manchmal kann ein halbes Jahr vergehen. Zugunsten eines zügigen Ablaufs rät Bernhard Klinger Testaments­ver­fassern, ihre künftigen Erben klar zu benennen. Neben Vor- und Nachname sollten letzte bekannte Adresse, Geburtsort und -datum auf dem Papier stehen. Kosenamen verwirren: „Schatzimaus kommt und geht. Hinterher weiß keiner, welche gemeint ist.“

Worauf sollten Benach­richtigte achten?

Häufig informieren Nachlass­ge­richte mit einem Formblatt über die nächsten Schritte. Unter anderem sind Fristen wichtig. Ein Erbe hat sechs Wochen Zeit zu entscheiden, ob er den Nachlass notariell ausschlagen soll. Bei Auslands­auf­ent­halten beträgt die Frist sechs Monate. Bei Nichtstun gilt das Erbe automatisch als angenommen. Das birgt ein Risiko: Möglicherweise hat der Verstorbene mehr Schulden als Vermögen hinter­lassen. Die Miesen hätte der Erbe dann zunächst am Bein. Zur eigenen Absicherung sollte er sich deshalb schnell einen Überblick über die Finanzen verschaffen. Ein Erbschein hilft nicht weiter. Denn den gibt es erst bei Annahme des Erbes.

Für das Geltend­machen des Pflicht­teils­an­spruchs bleibt eine Frist von drei Jahren. Die Verjährung beginnt am Ende des Jahres, in dem ein Berech­tigter das Schreiben über die Testaments­er­öffnung im Briefkasten hatte. Im ärgsten Fall muss der Pflichtteil eingeklagt werden. Eine Klage hemmt die Verjährung.

Der Anspruch auf Herausgabe eines Vermächt­nisses - etwa Schmuck für die beste Freundin - endet in der Regel ebenfalls drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Zustellung. Bei Immobilien sind es zehn Jahre. Ansprech­partner ist der Erbe. Seine Identität steht im Erbschein. Begünstigte haben Anspruch auf eine Kopie. Den bekommen sie beim Nachlass­gericht.

Datum
Aktualisiert am
19.03.2018
Autor
dpa/tmn
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Themen
Anwalt Notar Testament

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