Was bedeutet Pfändung?
Per Definition ist die Pfändung eine Art der Zwangsvollstreckung und rechtlich in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Wenn ein Schuldner zum Beispiel ausstehende Rechnungen nicht begleicht, kann der Gläubiger versuchen, durch Zwangsvollstreckung an das fehlende Geld zu kommen. Er lässt dann von einem Gericht feststellen, dass der Anspruch besteht und beantragt die Pfändung. Das Gericht und seine Vollstreckungsbeamten übernehmen es dann, das Geld für den Gläubiger einzutreiben. Ohne vollstreckbaren Titel, darf nicht gepfändet werden.
Welche Arten von Pfändung gibt es?
Das bedeutet aber nicht immer, dass der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. (Geld)Forderungen, die dem Schuldner zustehen, können ebenso eingezogen werden, wie dessen Eigentum. Auf welche Art und Weise die Schulden beglichen werden sollen, entscheidet der Gläubiger. Die wichtigsten Arten der Pfändung stellen wir hier vor:
Die Lohnpfändung
Bei der Lohnpfändung wird ein Teil des Gehalts des Schuldners direkt vom Arbeitgeber einbehalten und stattdessen an den Gläubiger gezahlt. Der Gläubiger stellt dafür beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Wenn das Gericht den Beschluss dem Arbeitgeber zugestellt hat, ist dieser dazu verpflichtet, das Gehalt an den Gläubiger, statt den Angestellten, zu zahlen. Der Arbeitgeber wird zum sogenannten „Drittschuldner“. Außerdem muss er den pfändbaren Anteil des Gehalts selbst ausrechnen.
Wie hoch der pfändbare Gehaltsanteil ist, kann jederzeit in der Pfändungstabelle nachgelesen werden, die alle zwei Jahre vom Bundesjustizministerium veröffentlicht wird. Dem Schuldner muss immer ein Existenzminimum bleiben, die sogenannte „Kahlpfändung“ ist nicht zulässig. Erst ab einer bestimmten Gehaltsklasse, kann der ganze Lohn eingezogen werden.
Beispiel: Wenn ihr Netto-Gehalt bei rund 1.800 Euro im Monat liegt, können laut Pfändungstabelle 2021/2022 davon 383,15 Euro einbehalten werden. Ihnen bleiben 1.416,85 Euro. Anders liegt die Sache aber, wenn Sie zum Beispiel ein minderjähriges Kind haben, für das Sie Unterhalt bezahlen. Dann können von Ihren 1.800 Euro nur 37,96 Euro gepfändet werden. Je höher das Einkommen, desto höher auch der pfändbare Betrag.
Die Kontopfändung
Der Gläubiger kann nach seiner Wahl auch statt der Lohnpfändung die Kontopfändung beantragen. Das Gericht stellt den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dann der Bank zu und macht diese zum sogenannten „Drittschuldner“. Die Bank ist dann verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Pfändung zu ermöglichen.
Konsequenzen der Kontopfändung
Die Kontopfändung ist gravierender als die Lohnpfändung, da sie eine Reihe unangenehmer Konsequenzen nach sich zieht. Insbesondere gibt es bei der Kontopfändung keine Sicherung des Existenzminimums, wie bei der Lohnpfändung. Grundsätzlich kann das komplette Vermögen auf dem Konto gepfändet werden. Davor kann sich ein Schuldner aber schützen, indem er ein Pfändungsschutzkonto, auch P-Konto genannt, einrichtet. Auf einem P-Konto sind bestimmte pauschale Summen vor der Pfändung geschützt. Ein Pfändungsschutzkonto kann auch dann noch eingerichtet werden, wenn die Zwangsvollstreckung bereits läuft.
Eine weitere negative Konsequenz der Kontopfändung ist, dass das Konto eingefroren wird, die Bankkarte eingezogen und alle Zahlungsaufträge gestoppt werden, bis die Zwangsvollstreckung abgeschlossen ist. Wer kein P-Konto hat, kann beim Vollstreckungsgericht die Freigabe des pfändungsfreien Einkommens beantragen. Auch unpfändbare Zahlungen (z.B. Sozialleistungen, Unterhalt) und Freibeträge können freigegeben werden. Über dieses Geld kann der Schuldner dann wieder verfügen.
Wichtig: Wenn der vollstreckende Gläubiger eine Behörde (z.B. das Finanzamt) ist, muss der Antrag auf Freigabe bei dieser Behörde gestellt werden.
Achtung Doppelpfändung
Von (unechter) Doppelpfändung spricht man, wenn der Gläubiger sowohl die Kontopfändung, als auch die Gehaltspfändung veranlasst. Das ist rechtlich zulässig und für den Betroffenen besonders unangenehm. Die Konstellation erlaubt es dem Gläubiger nämlich, sowohl den pfändbaren Teil des Gehalts einzukassieren, als auch das Konto zu pfänden, auf dem der Rest des Gehalts (also der Freibetrag) landet. In so einer Situation ist es am Schuldner, das eigene Konto zu schützen, zum Beispiel indem er ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einrichtet.
Achtung: Rechtlich unzulässig ist es hingegen, wenn aus ein und demselben Vollstreckungstitel zweimal in das gleiche Konto gepfändet wird. Man spricht dann von der sogenannten echten Doppelpfändung.
Die Sachpfändung
Die Sachpfändung ist die bekannteste Art der Zwangsvollstreckung. Hier kommt ein Gerichtsvollzieher zum Schuldner nach Hause (oder in dessen Büroräume) und nimmt dessen Eigentum in Besitz. Bargeld, Schmuck und kleinere Wertgegenstände wird der Pfänder sofort mitnehmen, größere Wertgegenstände werden mit einem Pfändungssiegel, dem „Kuckuck“ versehen und auf diese Weise in Besitz genommen. Der Eigentümer darf dann nicht mehr über diese Gegenstände verfügen, sie zum Beispiel verkaufen oder verschenken.
Der Gerichtsbeamte hat das Recht, die gepfändeten Gegenstände zu versteigern und die Schulden von dem Erlös zu bezahlen. Es darf natürlich nicht mehr bezahlt werden, als geschuldet wird. Eventuelle Erlös-Überschüsse gehen zurück an den Schuldner.
Taschenpfändung: Eine Sonderform der Sachpfändung ist die Taschenpfändung. Dabei darf der Pfänder alle pfändbaren Gegenstände an sich nehmen, die eine Person bei sich trägt, zum Beispiel in seiner Tasche oder Jackentasche. Die Taschenpfändung muss nicht am Wohnort des Schuldners stattfinden.
Was darf nicht gepfändet werden?
Nicht jeder Gegenstand darf gepfändet werden. Sachen, die der Schuldner oder ein (im Haushalt lebendes) Familienmitglied für das alltägliche Leben benötigt, sind unpfändbar. Das betrifft:
- Haushaltsgegenstände
- Dinge des alltäglichen Gebrauchs (auch Fernseher)
- Lebensmittelvorräte (für einen Monat)
- Arbeitsmittel (z.B. Laptop oder Smartphone)
- Religiöse Gegenstände (mit Wert unter 500 Euro)
- Medizinisches Gerät (z.B. Rollstuhl)
- Orden oder Ehrenzeichen
- Eheringe
- Haustiere (die nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden)
- Autos dürfen nicht gepfändet werden, wenn sie für die Erwerbstätigkeit notwendig sind
- Bargeld darf nur zu einem gewissen Anteil gepfändet werden
Achtung Austauschpfändung: Bei allen unpfändbaren Dingen wird der Maßstab einer bescheidenen Lebensführung angelegt. Wenn einzelne Gegenstände (z.B. Auto oder Fernseher) besonders wertvolle Exemplare sind, kann der Gerichtsvollzieher sie dennoch pfänden und durch eine weniger wertvolle Alternative ersetzen, die den gleichen Zweck erfüllt.
Beispiel: Sie fahren mit Ihrem brandneuen Porsche Cayenne jeden Morgen zu Ihrer 30 Km entfernten Arbeitsstelle. Zwar brauchen Sie den Wagen um zur Arbeit zu gelangen (eine Zugverbindung existiert nicht) und somit ist Ihr Auto unpfändbar. Allerdings darf der Pfänder Ihren geliebten Porsche im Wege der Austauschpfändung dennoch mitnehmen und Ihnen stattdessen einen gebrauchten Opel Corsa vor die Tür stellen. Warum? Weil der Opel Sie ebenfalls morgens zur Arbeit bringt und somit Ihren unpfändbaren Wagen ersetzt.
Dürfen Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld etc. gepfändet werden?
Auch bei der Forderungspfändung gibt es Grenzen. Neben dem unpfändbaren Lohnanteil gibt es auch andere Zahlungen und Freibeträge, die von der Pfändung ausgeschlossen sind.
- Urlaubsgeld: darf in der Regel nicht gepfändet werden (soweit es nur einmal im Jahr gezahlt wird)
- Weihnachtsgeld: Ja, aber erst ab einer Höhe von 500 Euro
- Unterhaltszahlungen für Kinder: Dürfen nicht gepfändet werden, da sie dem Kind zustehen und nicht dem Elternteil, das Schuldner ist
- Kindergeld: Darf eingezogen werden, da es den Eltern zusteht
- Rente: Grundsätzlich ja (anderes gilt für Waisenrente, Witwenrente oder staatlich geförderte Riester-Rente)
Wichtig: Auch wenn diese Zahlungen grundsätzlich unpfändbar sind, können sie einer Kontopfändung zum Opfer fallen. Diese betrifft nämlich das gesamte Konto und alle Zahlungseingänge. Die Bank darf nicht einzelne Beträge ausschließen. Um unpfändbare Zahlungen auch wirklich vor der Pfändung zu schützen, muss der Schuldner sie daher auf ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einzahlen.
Wie läuft eine Pfändung ab?
Es darf nur vollstreckt werden, wenn es einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner gibt. Das kann zum Beispiel ein Gerichtsurteil oder ein gerichtlicher Vollstreckungsbescheid sein. Inhaltlich bestätigt das Urteil oder der Bescheid, dass der Schuldner einen Anspruch gegen den Gläubiger hat.
Mit dem Titel kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Zwangsvollstreckung stellen. Er entscheidet selbst, in welcher Art und Weise gepfändet werden soll. Das Vollstreckungsgericht veranlasst dann die Durchführung der Zwangsvollstreckung. Es entsendet entweder einen Gerichtsvollzieher oder schickt einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an die Bank oder den Arbeitgeber.
Das elektronische Mahnverfahren
In der Praxis ist das elektronische Mahnverfahren Gang und Gäbe. Am Ende des Mahnverfahrens steht ein Vollstreckungsbescheid (kein Urteil). Knackpunkt beim Mahnverfahren ist, dass es kein klassisches Gerichtsverfahren ist, sondern nur eine verkürzte Version, ohne genaue inhaltliche Prüfung durch einen Richter. Ziel des Mahnverfahrens ist es, dem Gläubiger schnell und unkompliziert zu seinem Recht zu verhelfen. In der Regel kann man das Mahnverfahren online durchführen.
Im Laufe des Mahnverfahrens wird der Schuldner immer wieder zur Zahlung der Forderung aufgefordert. Er erhält zuerst einen Mahnbescheid und dann einen Vollstreckungsbescheid. Gegen jeden Bescheid, kann man innerhalb bestimmter Fristen Widerspruch bzw. Einspruch erheben. Die Folge eines Widerspruchs ist, dass ein ordentliches Gerichtsverfahren eröffnet wird. Im Verfahren wird dann geklärt, ob der Anspruch wirklich besteht.
Wer darf eigentlich pfänden – und wer nicht?
Wie oben schon beschrieben, steht es dem Gläubiger zu, zu pfänden. Allerdings darf er das nicht selbst tun. Er muss sich dafür der staatlichen Organe bedienen. In der Regel wird das Vollstreckungsgericht einen Pfänder entsenden.
Wichtig: Bei einer Lohnpfändung oder Kontopfändung sind nicht der Arbeitgeber bzw. die Bank das Vollstreckungsorgan. Sie sind vielmehr Drittschuldner und müssen dem Pfändung- und Überweisungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts Folge leisten.
Es dürfen aber auch andere staatliche Behörden pfänden, etwa das Finanzamt. Das meldet sich zum Beispiel gerne bei Steuerschulden mit einem eigenen Vollstreckungsbescheid und kann danach auch selbst das Geld einziehen.
Inkasso-Büros: Manche Personen treten ihre Forderung auch an Inkasso-Dienstleister ab, die sich dann um die Eintreibung der Schulden kümmern. Aber auch hier gilt: Inkasso-Dienstleister dürfen nicht selbst pfänden. Sie müssen – wie jeder andere auch – einen vollstreckbaren Titel haben und diesen gerichtlich vollstrecken lassen. Besonders Inkassoschreiben, die Zahlungsaufforderungen enthalten, sind gerade keine Vollstreckungstitel.
Welche Rechte habe ich als Schuldner?
Auch bei der Zwangsvollstreckung geht nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Beginnend mit der Entscheidung des Gerichts, über die Form des vollstreckbaren Titels bis hin zum Verhalten des Gerichtsvollziehers: Rechtliche Fehler sind nicht ausgeschlossen. Es ist also wichtig, die eigenen Rechte zu kennen.
- Zustellung des Titels: Pfänden darf man nur, wenn es auch einen vollstreckbaren Titel gibt. Das ist in der Regel ein Gerichtsurteil oder ein Vollstreckungsbescheid. Ihnen muss dieser Titel zugestellt werden, das heißt, Sie erhalten eine Kopie per Post. Wenn das unterbleibt, wurden Sie in Ihren Rechten verletzt.
- Verfahren, Form und Fristen: Wie oben bereits beschrieben, geht der Vollstreckung immer ein gerichtliches (Mahn-)Verfahren voraus. Diese Verfahren unterliegen formalen Regeln, bei denen es zu rechtlichen Fehlern kommen kann. Formfehler oder die Nichteinhaltung von Fristen, verletzen Ihre Rechte als Schuldner.
- Vollstreckungsankündigung: Eine Forderungseinziehung kommt nicht überraschend. Sie muss Ihnen gegenüber angekündigt werden. Mit der Vollstreckungsankündigung wird Ihnen noch einmal die Gelegenheit zur Zahlung gegeben, bevor die Pfändung erfolgt. In Ausnahmefällen kommt ein Gerichtsbeamter aber auch mal unangekündigt.
- Besuch des Gerichtsvollziehers: Sie haben das Recht (und auch die Pflicht), beim Besuch des Pfänders anwesend zu sein. Der Gerichtsvollzieher darf nicht in Ihrer Abwesenheit Ihre Wohnung betreten, außer, er hat einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss.
- Unpfändbare Sachen: Sie haben ein Recht darauf, dass keine pfändungsfreien Sachen gepfändet werden. Wiederstand gegen den Vollzugsbeamten ist aber nicht angeraten. Sie können allerdings auf die Unpfändbarkeit hinweisen. Der Vollstreckungsbeamte ist verpflichtet, ein Pfändungsprotokoll anzufertigen, in dem auch Ihre Hinweise vermerkt sein müssen.
Was tun bei einer Pfändung?
Eine Zwangsvollstreckung ist immer unangenehm – egal ob es sich um eine Lohn- oder Kontopfändung handelt, oder ob der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht. Für Schuldner ist es aber wichtig zu wissen, dass sie auch in dieser unangenehmen Situation noch Rechte und Handlungsmöglichkeiten haben. Und dass sie sich wehren können, wenn gegen ihre Rechte verstoßen wird.
Einige Dinge können Sie selbst tun:
- Richten Sie bei einer Kontopfändung ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) ein
- Suchen Sie bei einer Lohnpfändung das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber und klären Sie die Situation auf
- Kooperieren Sie bei einer Sachpfändung mit dem Vollzugsbeamten, sonst drohen zusätzliche Kosten oder sogar strafrechtliche Konsequenzen
Rechtsweg
Rechtlich können Sie als Schuldner auf verschiedenen Wegen gegen die Zwangsvollstreckung vorgehen. Vom Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid bis hin zur Vollstreckungsgegenklage gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich zu wehren oder Fehler zu rügen, die im Zuge der Zwangsvollstreckung gemacht wurden. Mitunter steht Ihnen sogar Schadensersatz zu, zum Beispiel gegen einen Arbeitgeber, der den pfändbaren Gehaltsanteil falsch berechnet hat.
Von Pfändung betroffen: Anwälte helfen
Das komplizierte Thema für Betroffene sehr unangenehm sein. Tatsächlich gibt es aber viele Möglichkeiten, sich in dieser unschönen Situation zu behelfen. Auch als Schuldner haben Sie bestimmte Rechte, die es zu schützen gilt. Deshalb empfiehlt es sich für Betroffene, sich rechtlichen Beistand zu suchen. Anwältinnen und Anwälte etwa, die auf das Insolvenzrecht spezialisiert sind, wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Ansprechpartner in ganz Deutschland finden Sie über unsere Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.01.2022
- Autor
- red/dav