Sie kamen in der Nacht. Hungrig fielen sie über das Maisfeld her, rissen die Kolben von den Stängeln, zertrampelten Pflanzen und wühlte mit ihren starken Nasen den Boden auf. Entsetzt sah der Bauer am nächsten Morgen das Zerstörungswerk der Wildschweine.
Was für Tiere eine leckere Mahlzeit ist, bedeutet für Landwirte oft große finanzielle Verluste. Allein in Rheinland-Pfalz betragen die Kosten durch Wildschäden 1,7 Millionen Euro pro Jahr. Von solchen Verlusten sind auch Waldbesitzer betroffen. Ihnen machen neben Wildschweinen vor allem Hirsche und Rehe das Leben schwer. Denn diese Tiere fressen gern junge Triebe und Rinde von Büschen und Bäumen. Ohne Triebe aber können die Bäume nicht richtig wachsen, ohne Rinde sind sie Pilzen und Bakterien schutzlos ausgeliefert. Die Folge: Die Stämme werden brüchig, die Bäume sterben ab.
Jäger müssen zahlen
Entdeckt ein Waldbesitzer oder ein Bauer, dass Wildtiere seinen Besitz heimgesucht haben, muss er dies beim Ordnungsamt der Gemeinde anzeigen. „Ein Landwirt sollte den Schaden unbedingt innerhalb von acht Tagen anzeigen, sonst bleibt er auf den Kosten sitzen“, erklärt der Rechtsanwalt Dr. Christian Halm von der Arbeitsgemeinschaft Agrarrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ein Waldbesitzer muss den Schaden zum 1. Mai oder zum 1. Oktober bekannt geben.
Nach dem Bundesjagdgesetz muss für Wildschäden die Jagdgenossenschaft zahlen. In solchen Genossenschaften sind alle Grundstückseigentümer einer Gemeinde zusammengeschlossen, die zu einem Jagdbezirk gehören. Aber oft überträgt die Jagdgenossenschaft die Zahlungspflicht auf den Jagdpächter, also den örtlichen Jäger. Dieser ist meist eine Privatperson und darf durch den Jagdpachtvertrag auf der gepachteten Fläche jagen, ebenso wie auf fremden Grundstücken.
Ob ein Jäger nun tatsächlich für den Wildschaden eines Landwirts oder eines Waldbesitzers zahlen muss, ist im Alltag nicht immer klar. Daher schalten die Beteiligten oft die Gerichte ein, damit diese klären, wer denn nun für den Appetit und die Zerstörungswut der Wildtiere aufkommen muss. Dabei müssen die Gerichte oft klären, ob der Landwirt den Wildschaden fristgerecht gemeldet hat oder ob er die geschädigte Fläche überhaupt bewirtschaften darf. Beweisen muss das der Landwirt. Gelingt ihm das nicht, bleibt er auf den Kosten des Wildschadens sitzen.
Finanzielles Risiko ist hoch
Das ist aber nicht immer der Fall. Manchmal muss tatsächlich der Jäger zahlen, was ihn finanziell sehr belasten kann - gerade in Zeiten enorm wachsender Populationen von Wildschweinen steigen nämlich auch die Kosten für Wildschäden. Versichern kann sich ein Jäger dagegen nicht. Deshalb musste schon so mancher der knapp 360.000 Jäger in Deutschland sein Hobby aufgeben. Das finanzielle Risiko ist für viele einfach zu hoch.
Um dieses Risiko zu reduzieren und die Jägerei nicht unmöglich zu machen, sind viele Jagdgenossenschaften in den letzten Jahren dazu übergegangen, die Kosten für Wildschäden selbst zu zahlen. „Bezahlt werden die Wildschäden aus den Pachteinnahmen“, erklärt der Agrarrechtsexperte und Fachanwalt für Agrarrecht Dr. Christian Halm. „Reichen diese nicht aus, muss die Jagdgenossenschaft über eine Umlage die Differenz bei den Jagdgenossen anfordern.“
Übrigens: Wühlen Wildschweine die Gärten von Privatleuten um, müssen weder Jäger noch die Jagdgenossenschaft für den Schaden aufkommen. Sie zahlen nur, wenn die Schäden in jagdbaren Gebieten stattfinden. Wohngebiete gehören nicht dazu. Im Fall von Schäden an Gärten können die Eigentümer aber durch Zäune dafür sorgen, dass die Wildschweine draußen bleiben.
Vermieter haben nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Köpenick von 2012 die Pflicht, starke Zäune an den Gärten ihrer Mieter anzubringen, damit Wildschweine nicht eindringen können (AZ: 15 C 25/12).
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- red