Der Fall
Ein Vater enterbte seine Tochter. Dieser stehen daher Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlass des Vaters zu. Sie machte daraufhin gegen die Erbin ihres verstorbenen Vaters gerichtlich Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche geltend. Dabei fielen Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von rund 6.000 € an.
Die Erbin erkannte die Ansprüche zwar an. In der Zwangsvollstreckung zeigte sich aber, dass sie nicht in der Lage war, die Pflichtteilsansprüche in Höhe von rund 43.000 € oder die zu ihrer Geltendmachung angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die Tochter wollte nun wenigstens die Kosten bei ihrer eigenen Einkommensteuer absetzen.
Das zuständige Finanzamt lehnte im konkreten Fall die Absetzbarkeit ab, weil der eingeklagte Erbanspruch nicht – wie gesetzlich vorausgesetzt – einen existenziell wichtigen Bereich betreffe und die Existenzgrundlage der Familie der Steuerpflichtigen auch ohne die Erbschaft durch das erzielte Familieneinkommen gesichert sei. Es handele sich deshalb nicht um außergewöhnliche Belastungen.
Kosten nur bei zwangsläufigen Prozessen absetzbar
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht entschied ebenfalls zu Ungunsten der Steuerpflichtigen. Zwar hatte sich der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 12.5.2011 für eine Absetzbarkeit von Prozesskosten in den Fällen ausgesprochen, in denen die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht wendet jedoch die frühere Rechtsprechung an, wonach die Kosten eines Zivilprozesses lediglich in besonders gelagerten Fällen als außergewöhnliche Belastung anerkannt waren – nämlich dann, wenn die Durchführung eines Gerichtsverfahrens prozessrechtlich der einzige Weg war, das Klageziel zu erreichen.
Unter Berücksichtigung dieser früheren Rechtsprechungsgrundsätze seien die im Streitfall geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Es gehe in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit um Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche, die die Klägerin gegenüber den Erben ihres verstorbenen leiblichen Vaters geltend gemacht hatte. Damit waren keine existentiell wichtigen Bereiche oder der Kernbereich des menschlichen Lebens betroffen. Die Klägerin sei letztlich ein Prozessrisiko eingegangen, mit dem Ziel, eine Vermögensbereicherung zu erzielen. Eine Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen im Sinne der früheren BFH-Rechtsprechung bestehe nicht.
Hinweis:
Das Schleswig-Holsteinische FG entschied anders als der Bundesfinanzhof in dessen Urteil vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10). Zu der Frage ist daher eine Vielzahl an Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig.
Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) vom 18.3.2015 (Az.: 2 K 256/12)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 25.08.2015