Siegfried Schmidt-Joos

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Siegfried Schmidt-Joos (* 17. April 1936 in Gotha) ist ein deutscher Musik- und Kulturjournalist sowie Autor von Büchern über die Jazz-, Pop- und Rockmusikkultur.

Nach dem Abitur an der Arnoldi-Oberschule in Gotha studierte er von 1954 bis 1957 Germanistik und Musikwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Gleichzeitig schuf er mit der „arbeitsgemeinschaft jazz halle“ in der FDJ-Hochschulgruppe einen der ersten offiziell zugelassenen Jazzclubs der DDR. 1956/57 moderierte er innerhalb der Unterhaltungsreihe Stelldichein der Synkopen die erste Jazz-Serie im Fernsehen der DDR. Er flüchtet 1957 aus der DDR. Von 1957 bis 1959 schloss sich ein Studium der Kulturwissenschaften in Frankfurt/Main an, wo er unter anderem Vorlesungen von Carlo Schmid, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und Walter Höllerer besuchte. Daneben arbeitete er in Frankfurt als Korrespondent für das Jazzmagazin schlagzeug, das im Berliner Äquator-Verlag erschien.

Von 1959 bis 1968 arbeitete Schmidt-Joos als Musikredakteur bei Radio Bremen und lieferte Beiträge über Jazz und Beat für so gut wie alle deutschen Sender.[1] Außerdem war er als freiberuflicher Redakteur für die Beilage jazz-echo im Gondel-Magazin sowie für die Jazz-Teile der Fachblätter Fono Forum und Musikalische Jugend zuständig und schrieb Artikel für den Monat, Deutsches Panorama, twen, Petra, Playboy, Brigitte und andere Zeitschriften.

Zwischen 1965 und 1968 moderierte er die Sendung Swing-in im TV-Nachmittagsprogramm der ARD mit Themen wie „Pop Jazz – Free Jazz“, American Folk Blues Festival oder Porträts von Bill Ramsey, Paul Kuhn und des Edelhagen-Orchesters. In dieser Sendereihe wurden dem deutschen Fernsehpublikum aber auch erstmals ausführlich US-Stars wie Aretha Franklin, Country Joe McDonald und B. B. King vorgestellt.

1968 wechselte Schmidt-Joos in die Kulturredaktion des Nachrichtenmagazins Der Spiegel in Hamburg, der er bis 1978 angehörte und wo er unter anderem für die Sparte Popmusik zuständig war. Von 1979 bis 1987 leitete er die Abteilung „Leichte Musik“ beim Rundfunksender RIAS Berlin und arbeitete anschließend bis 2001 in gleicher Funktion als Abteilungsleiter beim Sender Freies Berlin (SFB, später RBB).[1]

Bekannt wurde Schmidt-Joos vor allem durch das erstmals im Dezember 1973 bei Rowohlt erschienene Rock-Lexikon, das er zusammen mit dem Journalisten und Radiomoderator Barry Graves unter Mitarbeit von Bernie Sigg verfasst hat. Das Werk avancierte zum Standardwerk, von dem schon im Oktober 1975 die sechste, aktualisierte und erweiterte, Ausgabe in einer Auflage von 119.000 Stück vorlag. Die letzte Auflage mit seinem 1994 an AIDS verstorbenen Co-Autoren Barry Graves erschien 1990. Im August 2008 wurde das mittlerweile auf den Umfang von zwei Bänden zu jeweils über 1000 Seiten angewachsene Rock-Lexikon mit dem Partner Wolf Kampmann in einer völlig überarbeiteten Neufassung ediert. Die Gesamtauflage lag zu dieser Zeit bei über einer halben Million.[2]

1974 wurde Schmidt-Joos Mitglied des Ausschusses „Popularmusik“ im Deutschen Musikrat und von Herbst 1974 an war er Vizepräsident des Kuratoriums der Deutschen Phono-Akademie.

Seit 2006 gehört er (neben Wim Wenders, Johannes Heisig, Eva Demski, Udo Lindenberg u. a.) dem Kuratorium der Lippmann + Rau-Stiftung in Eisenach an.

Am 27. September 2008 wurde er im Rahmen des 28. Lahnsteiner Bluesfestivals mit dem dort jährlich vergebenen „Blues-Louis“ ausgezeichnet.

Schmidt-Joos gehörte „seit Ende der 1960er Jahre zu den wichtigsten Bahnbrechern des Pop in der Medienlandschaft der Bundesrepublik“, urteilt der Historiker Detlef Siegfried.[3]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Geschäfte mit Schlagern, Bremen 1960
  • Jazz – Gesicht einer Musik, Genf 1960
  • Das Buch der Spirituals und Gospel Songs (als Co-Autor), Hamburg 1961
  • Das Musical, München 1965
  • mit Kathrin Brigl: Selbstredend ... (Liedermacher-Porträts, zwei Bände), Hamburg 1983 und 1985
  • mit Kathrin Brigl: Fritz Rau – Buchhalter der Träume, Berlin 1985
  • Idole (Herausgeber, Rock-Porträts, neun Bände), Berlin 1984 bis 1987
  • mit Barry Graves: Rock-Lexikon, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1973; Neudrucke und weitere Auflagen bis 1990
  • mit Bernward Halbscheffel: Rock-Lexikon, Hamburg 1998
  • mit Wolf Kampmann: Pop-Lexikon, Hamburg 2002
  • My Back Pages. Idole und Freaks, Tod und Legende in der Popmusik, Berlin 2004, ISBN 978-3-86732-849-4
  • mit Wolf Kampmann: Rock-Lexikon, Hamburg 2008
  • Die Stasi swingt nicht. Ein Jazz-Fan im kalten Krieg, Halle: Mitteldeutscher Verlag 2016, ISBN 978-3-95462-761-5.
  • Es muss nicht immer Free Jazz sein: Zeitlose Texte zu Musik und Politik, Altenburg, Kamprad Verlag 2021, ISBN 978-3-95755-666-0[1]
  • Jazz-Echos aus den Sixties – Kritische Skizzen aus einem hoffnungsvollen Jahrzehnt, Altenburg, Kamprad Verlag 2022, ISBN 978-3957556707

Einzelnachweise

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  1. a b c Michael Rüsenberg: Siegfried Schmidt-Joos: Es muss nicht immer Free Jazz sein. jazzcity.de, 4. Mai 2021, abgerufen am 5. Mai 2021.
  2. 40 Jahre „Rock-Lexikon“: Ein Interview mit Siegfried Schmidt-Joos. In: GoodTimes, 1/2014, S. 86.
  3. F. Bajohr u. a. (Hrsg.): Mehr als eine Erzählung. Zeitgeschichtliche Perspektiven auf die Bundesrepublik. Göttingen 2016. S. 380.