Wolfgang Staudte

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Wolfgang Staudte (1955)

Wolfgang Georg Friedrich Staudte (* 9. Oktober 1906 in Saarbrücken; † 19. Januar 1984 in Žigrski Vrh, SR Slowenien, Jugoslawien) war ein deutscher Filmregisseur der Nachkriegszeit. Er trat auch als Synchronsprecher und Schauspieler in Erscheinung.

Staudte blickte nach 1945 im Kino auch auf die deutsche Schuld. Er galt – neben Helmut Käutner – als einziger deutscher Nachkriegsregisseur von Rang, der nach 1945 fernab von Heimatfilm und Geschichtsverdrängung auf ein kontinuierliches künstlerisches Filmschaffen zurückblicken konnte. Staudtes Filme standen für politisch engagiertes Kino ebenso wie für professionelles Handwerk, für Filmkunst und (gute) Unterhaltung mit gesellschaftlichem Anspruch.[1]

Staudte war Sohn des Schauspielerehepaares Fritz Staudte und Mathilde Firmans und wuchs ab 1912 in Berlin auf. Nach der mittleren Reife begann er eine Lehre als Autoschlosser, fuhr Autorennen und absolvierte ab 1923 ein zweijähriges Ingenieurstudium an der Ingenieur-Akademie Oldenburg und ein zweijähriges Praktikum bei Mercedes-Benz und in den Hansa-Werken. Von 1926 bis 1932 war er außerdem zuerst Komparse, dann Darsteller an der Volksbühne Berlin.

Wolfgang Staudte gab 1930 die Synchronstimme des Soldaten Franz Kemmerich, der Hauptrolle der amerikanischen Verfilmung von Im Westen nichts Neues. Dieser Film prägte den jungen Staudte stark. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde ihm 1933 wegen „progressiver Betätigung“ die Arbeitserlaubnis als Schauspieler entzogen. Deswegen arbeitete er als Synchronsprecher und Rundfunksprecher von Märchen und Werbesendungen.

Seine Karriere als Regisseur begann, als er ab 1935 Werbefilme realisierte und ab 1941 vier interne Studiofilme als „Talentprobe“ für Nachwuchskräfte für die halbstaatliche Tobis Filmkunst GmbH erstellte. Daneben trat er auch wieder als Schauspieler auf, unter anderem in Veit Harlans Propagandastreifen Jud Süß (1940). Seinen ersten langen Spielfilm Akrobat schö-ö-ö-n inszenierte er 1942/1943. 1944 wurde Staudtes Film Der Mann, dem man den Namen stahl aus unbekanntem Grund verboten. Daraufhin verlor er seine Freistellung vom Wehrdienst. Auf Intervention des Intendanten des Berliner Schiller-Theaters, Heinrich George, der auf Staudtes Regie bei seinem Film Das Mädchen Juanita bestand, konnte Ende 1944 die Abkommandierung an die Front verhindert werden.

In den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs erreichte Staudte nach Meinung der Kritik den Höhepunkt seiner künstlerischen Fähigkeiten. Mit dem von der SMAD unterstützten ersten DEFA-Spielfilm Die Mörder sind unter uns schuf Staudte 1946 den ersten deutschen Nachkriegsfilm überhaupt. In den darauffolgenden Jahren und auch nach der Gründung der beiden deutschen Staaten arbeitete der in West-Berlin lebende Staudte bis 1955 hauptsächlich als Grenzgänger für die ostdeutsche DEFA, so bei Rotation (1948/1949) und Der Untertan (1951), für den zunächst Falk Harnack als Regisseur vorgesehen war. In beiden Filmen attackierte Staudte vor allem die Borniertheit des unpolitischen Kleinbürgers in der deutschen Geschichte.

Nach der Premiere des Untertan nannte ihn Der Spiegel einen „politischen Kindskopf“ und „verwirrten Pazifisten“.[2] Der Film blieb im Westen fünf Jahre verboten und durfte dann bis 1971 nur gekürzt gezeigt werden. Staudte wurde dann 1952 während der Dreharbeiten zu Gift im Zoo vom Bundesministerium des Innern dazu gedrängt, eine Verpflichtung zu unterschreiben, künftig nicht mehr für die DEFA zu arbeiten. Dieser Aufforderung kam er nicht nach, wurde deshalb von der Regie abgezogen und produzierte mit Die Geschichte vom kleinen Muck einen Farbfilm, der der DEFA große Erfolge brachte. Der Film Gift im Zoo wurde von Hans Müller fortgesetzt.

Im Jahr 1955 verließ Staudte die DEFA aber doch endgültig und blieb dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Grund für diesen Arbeitsplatzwechsel dürfte in seiner Enttäuschung über das Verhalten der DEFA-Leitung in seinem Konflikt mit Bertolt Brecht und Helene Weigel über die Verfilmung von Brechts Mutter Courage und ihre Kinder gelegen haben.

Im Westen wurde ihm zunächst keine Möglichkeit geboten, seine gesellschaftskritischen Anliegen zu inszenieren. Zwischen 1958 und 1960 gründete und betrieb er zusammen mit Harald Braun und Helmut Käutner die Freie Filmproduktion GmbH, ebenfalls 1958 heiratete er die Schauspielerin Ingmar Zeisberg; die Ehe hielt bis 1964. Erst 1959 hatte er mit Rosen für den Staatsanwalt wieder Erfolg bei Kritik und Publikum. Zudem war dieser Film einer von nur sehr wenigen westdeutschen Filmen der 1950er Jahre, in dem die nationalsozialistische Vergangenheit ein Thema war. 1960 wurde ihm für diesen Film der Bundesfilmpreis verliehen; Staudte nahm den Preis jedoch nicht an.

Über seine Erfahrungen mit der Filmwirtschaft im Westen sagte Staudte: „Es ist schwer die Welt zu verbessern mit dem Geld von Leuten, die die Welt in Ordnung finden.“ Er fand neue Arbeitsmöglichkeiten im Fernsehen und drehte mit Die Rebellion 1962 seinen ersten Fernsehfilm, der Maßstäbe setzte. 1964 kam Staudtes Herrenpartie in die Kinos, eine Mischung aus politischer Satire und Schicksalstragödie. Der Film behandelt den Zustand der Vergangenheitsbewältigung in der Nachkriegszeit und wurde deshalb von der Öffentlichkeit und der Kritik abgelehnt.

„Pendelnd zwischen politischer Satire und Schicksalstragödie, ist der hervorragend gespielte Film ein bemerkenswerter Beitrag zur unbewältigten Vergangenheit beider Völker. Nicht minder interessant ist der Blick auf die damalige Rezeptionsgeschichte des Films, der als „üble Nestbeschmutzung“ diffamiert wurde und die Kino-Karriere Staudtes als engagierter Gesellschaftskritiker beendete.“

Lexikon des internationalen Films[3]

Nach dem Oberhausener Manifest, in dem eine neue Generation westdeutscher Filmemacher „Opas Kino“ für tot erklärte und ihren eigenen Anspruch auf das „Kino der Gegenwart“ formulierte, galt Staudte Ende der 1960er Jahre als unzeitgemäß.

1968 gründete Staudte die Produktionsgesellschaft Cineforum GmbH, mit der er den Film Heimlichkeiten produzierte. Der Film fiel beim Publikum durch und Staudte war bis an sein Lebensende verschuldet.[4] Er war dadurch gezwungen, für das Fernsehen zu arbeiten, von dem er noch 1968 behauptete: „Ich habe ein gestörtes Verhältnis zum Fernsehen. Diese Zwergenschicksale interessieren mich nicht sonderlich.“[5]

Im Jahr 1972 leitete er im Auftrag von Stanley Kubrick die Synchronisation des Films Clockwork Orange.

Für das Fernsehen inszenierte er unter anderem zahlreiche Folgen der Krimiserien Tatort und Der Kommissar und war für die ZDF-Abenteuervierteiler Der Seewolf (1971) und Lockruf des Goldes (1975) verantwortlich. 1977 drehte er die überaus erfolgreiche achtteilige ARD-Familienserie MS Franziska, die das Leben einer Binnenschifferfamilie auf dem Rhein darstellte.

Im Jahr 1975 wurde ihm das Filmband in Gold für „langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film“ verliehen; 1978 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Bis zu seinem Tode lebte Staudte in Berlin-Steglitz. Wolfgang Staudte starb 1984 bei den Außenaufnahmen zu seinem letzten Fünfteiler für das Fernsehen Der eiserne Weg an Herzversagen. Am 3. März 1984 wurde die Asche Wolfgang Staudtes der Nordsee übergeben.

  • Ab der Berlinale 1990 vergaben die Internationalen Filmfestspiele Berlin bis 2006 alljährlich zu seinem Andenken den Wolfgang-Staudte-Preis für einen Film des Internationalen Forums des jungen Films.[6]
  • Am 9. Oktober 2006 wurde an seinem Geburtshaus in der Mainzer Straße 11 in Saarbrücken eine Gedenktafel enthüllt mit der Inschrift: „Feigheit macht jede Staatsform zur Diktatur.“
  • Am 11. April 2016 wurde der Wolfgang Staudte-Platz in der Nähe des Saarbrücker Hauptbahnhofs der Öffentlichkeit übergeben. Zum gleichen Zeitpunkt errichtete die Saarländische Gesellschaft für Kulturpolitik in Erinnerung an den Künstler eine Stele am gleichen Standort.[7]
  • Im Potsdamer Stadtteil Drewitz ist eine Straße nach ihm benannt.

Kino

Fernsehen

Wolfgang Staudte drehte neben seinen Spielfilmen über 100 Werbe- und Kurzfilme.

Darsteller (Auswahl)

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Schauspieler

Einzelnachweise

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  1. Deutsche Welle (www.dw.com): Wiederentdeckung eines Klassikers - Wolfgang Staudte | DW | 29.01.2017. Abgerufen am 2. Februar 2022 (deutsch).
  2. Zoomorde: Des Müllers Lust Der Spiegel 50, 12. Dezember 1951
  3. Wolfgang Staudte. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. August 2017.
  4. Eva Orbanz: Wolfgang Staudte. ISBN 3-920889-53-3, S. 106
  5. Hamburger Abendblatt, 28. Juni 1968, S. 9
  6. Info vom Filmhaus Saarbrücken (Memento vom 7. Oktober 2007 im Internet Archive)
  7. Erinnerungs-Stele für Wolfgang Staudte. In: Saarbrücker Zeitung vom 13. April 2016, Seite B4, abgerufen am 13. April 2016