Die Anekdote, wie er zum Schreiben kam, hat Paul Auster oft erzählt: Als Kind war er ein grosser Baseballfan. Eines Tages stand ganz unerwartet sein Idol, der Spieler Willie Mays, vor ihm. Schüchtern bat der achtjährige Paul um ein Autogramm. «Klar!», sagte Mays. «Hast du einen Stift?»
Er bekam kein Autogramm. Und fortan achtete er darauf, ja immer etwas zum Schreiben dabei zu haben.
Über 30 Werke hat Auster verfasst und mit seinen Essays, Gedichtbänden und insbesondere seinen Romanen eine grosse Fangemeinde gefunden.
Am Dienstag ist der New Yorker Autor 77-jährig an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Unseren Nachruf finden Sie weiter unten.
Ausserdem in diesem Newsletter: neue Literatur aus der Schweiz und ein Roman von Ian McEwan als Ballett.
Einen guten Wochenschluss wünscht Ihnen
Ihre SRF-Literaturredaktion
Bücher der Woche
«Wie der Hase läuft» von Rebekka Salm
Ihr Debüt «Die Dinge beim Namen» war ein Überraschungserfolg. Jetzt legt die Oltner Autorin Rebekka Salm mit einem Zweitling nach. Titel: «Wie der Hase läuft». Der Roman handelt von den miteinander verwobenen Familiengeschichten eines Liebespaars – und davon, dass man mit Leerstellen in der eigenen Vergangenheit leben muss.
«Comandante» von Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi
Die beiden italienischen Autoren Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi erzählen von einem italienischen U-Boot-Kommandanten, der im Zweiten Weltkrieg feindliche Überlebende gerettet und sich damit höheren Befehlen widersetzt hat. Die Geschichte basiert auf historischen Fakten. Eine ebenso fesselnde wie berührende Lektüre, sagt Literaturredaktor Felix Münger.
«Reichlich spät» von Claire Keegan
Ganz schmal sind sie meist, die Bücher der irischen Schriftstellerin Claire Keegan – aber von grossem inneren Gewicht. In ihrem neuen Roman «Reichlich spät» erzählt sie die Geschichte einer gescheiterten Liebe. Auf nur 64 Seiten leuchtet sie in die Seelen ihrer Figuren. Sie zeigt den Abgrund, der sich zwischen dem Liebespaar auftut.
«Die Stickerin» von Margrit Schriber
Anfang des 20. Jahrhunderts wanderte sie als junge Frau in die USA aus: die Appenzellerin Maria Antonia Räss. In New York angekommen, baute sie ein Textil-Imperium auf und verkehrte mit Persönlichkeiten wie Walt Disney oder Coco Chanel.
Räss' aussergewöhnliches Leben erzählt die Luzerner Autorin Margrit Schriber in ihrem Roman «Die Stickerin». Was sie zu dem Buch inspiriert hat, erzählt Schriber in der Sendung «Gesichter & Geschichten»
.
Empfehlungen vom Literaturstammtisch
Diese Woche haben wir am Literaturstammtisch folgende Titel vorgestellt: Rebekka Salm. «Wie der Hase läuft». Die Hauptfigur Teresa vergräbt sich immer tiefer in die Vergangenheit, während ihr Partner aufs Leben im Hier und Jetzt schwört. Ein spannender und raffiniert gebauter Roman, findet Katja Schönherr. Edoardo De Angelis und Sandro Veronesi.«Comandante». Ein U-Boot-Kommandant setzt sich im Zweiten Weltkrieg über Vorschriften hinweg, um Feinde vor dem Tod zu retten. Für Felix Münger ist dieser Comandante eine humanitäre Leuchtfigur. Paul Murray. Der Stich der Biene. Die Familie Barnes führt ein privilegiertes Leben, bis die Finanzkrise im Jahr 2008 in ihre heile Welt hineinbricht. Britta Spichiger stellt diese tragisch-komische Familiengeschichte aus Irland vor.
Weiteres aus der Literaturwelt
Zum Tod von Paul Auster
Seinen Durchbruch als Schriftsteller hatte Paul Auster 1985 mit dem experimentellem Grossstadt-Krimi «Stadt aus Glas», einem Buch, das zuvor von 17 Verlagen abgelehnt worden war. Als es schliesslich herauskam, wurde es Kult. Mehr als 30 Gedichtbände, Essays und Romane folgten, auch Filmdrehbücher und Biographien verfasste er.
Was Paul Auster und sein Schreiben geprägt hat, hören und lesen Sie hier. Den Nachruf aus der «Tagesschau» können Sie
hier ansehen.
Ian McEwans Erfolgsroman «Atonement» auf der Bühne
«In meinem Alter ist Glück für mich, wenn ich morgens aufwache und noch da bin», sagt der Schriftsteller, Kabarettist und Liedermacher Franz Hohler. In «Musik für einen Gast» spricht er über Glück, über das Älterwerden, über seine Freundschaft zu Mani Matter und über sein Cello.
Die populäre Radiosendung feiert mit dieser Ausgabe ihren 60. Geburtstag und wurde deshalb ausnahmsweise auch im Fernsehen ausgestrahlt.
SRF live an den Solothurner Literaturtagen
Nächste Woche empfangen wir an den Solothurner Literaturtagen zahlreiche Gäste zu Gesprächen und Lesungen. Wir freuen uns, wenn Sie diese live vor Ort oder am Radio verfolgen. Wir begrüssen Sie gerne in der «Cantina del Vino» am Landhausquai 15. Unser Solothurn-Programm finden Sie hier.
Mundart
«Dini Mundart»: Laute sind die heimlichen Mundartstars
Sind es die Wortformen, ist es die Grammatik oder die Betonung, durch die sich Dialekte am meisten unterscheiden? Es sind eindeutig die Lautvarianten: So heisst es beispielsweise manchenorts «Määl», andernorts «Meel».
Um Laute drehen sich die Mundart-Fragen, die in der aktuellen Ausgabe von «Dini Mundart – Schnabelweid» beantwortet werden.
Schwiiz und dütlich: Herkunft des Flussnamens «Thur»
Diese Woche eine spannende Literatursendung gehört, aber die näheren Angaben zum Buch verpasst? Oder bereits neugierig, was nächste Woche bei uns besprochen wird? Alle Titel, die in unseren Sendungen vorgestellt werden, sind in unserer wöchentlichen Bücherliste zu finden.
In der Rubrik «Kopf der Woche» präsentieren wir wöchentlich eine Schweizer Schriftstellerin oder einen Schweizer Schriftsteller von der SRF-Autorenplattform «Ansichten». Heute: Claude Cueni. Mit «Script Avenue» ist ihm nicht nur ein eindringliches Selbstporträt ohne jegliche Larmoyanz gelungen, sondern auch ein Stück ungewöhnliche Schweizer Geschichte.
Die SRF-Literaturformate
Kennen Sie sie alle? Hier gibt's eine Übersicht mit Links zu allen Formaten von SRF Literatur:
Cannabisvorliebe und Eifersucht: Neues über Shakespeare
Zu William Shakespeare sei alles gesagt, sagte schon Goethe. Trotzdem stösst die Wissenschaft auch nach 460 Jahren immer wieder auf neue Erkenntnisse.
Rezepte gegen Massenradikalisierung
Extreme Meinungen sind in der Mitte unserer Gesellschaft angelangt: egal ob Rechtspopulismus, Verschwörungstheorien, Antisemitismus oder Fremdenhass. Was tun?
Wussten Sie, dass das Lexikon lügt?
Auch Wissenschaftler haben Humor. Das zeigen Scherzartikel – sogenannte «Nihilartikel» – in Nachschlagewerken. Sechs bekannte Beispiele.
Zum Schluss noch dies
Sie haben diesen Newsletter weitergeleitet bekommen?
Kompakt informiert, vorzüglich unterhalten. Die einen wöchentlich, die anderen täglich. Acht Newsletter stehen bei SRF zur Wahl.
Da sind die besten Geschichten immer drin.