Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

ausstechen

ausstechen,
expungere, excidere, effodere,
1)
einen reiter ausstechen, aus dem sattel stechen, wie ausheben, dann auch allgemein seinen gegner verdunkeln, übertreffen, verdrängen: den andern nach möglichkeit zu übervortheilen und auszustechen. Wieland 7, 366;
zwar ists ein sehr kleiner triumf, so eine häszliche braut
durch ihre reize auszustechen.
5, 137;
ein heiliges gebet sticht hundert ochsen aus.
Rachel 39;
sie ist der inbegrif aller vollkommenheiten, und die niedliche schwester war ein für allemal ausgestochen. Göthe 21, 166; sie stach alle weiber durch ihre schönheit und ihren witz aus. Klinger 1, 394; du bist nun ausgestochen.
2)
einem die augen ausstechen, aus dem kopf stechen: mhd.
wan im hât diu girescheit
diu ougen der bescheidenheit
ûʒ gestochen, daʒ ist wâr.
welsch. gast 14081.
nhd. aber die philister griffen in und stochen im die augen aus. richt. 16, 21; das ich euch allen das rechte auge aussteche. 1 Sam. 11, 2; aber Zedekia liesz er die augen ausstechen. Jer. 39, 7. 52, 11; stach den vögeln die augen aus. Garg. 129ᵇ; sticht den zeislin die augen aus. 185ᵇ.
3)
rasen, torf ausstechen; spargeln ausstechen; teiche, graben ausstechen:
sorgt, die gräben fleiszig auszustechen.
Göthe 5, 245.
butter mit dem löffel aus dem topf ausstechen: wenn ich mir butter aussteche. Göthe 16, 39; austern ausstechen.
4)
gläser, flaschen ausstechen, austrinken, ausleeren, vielleicht vom öfnen, aufstopfen, aufpfropfen entnommen oder lieber fortsetzung der bedeutung 1, wie es auch heiszt einer flasche den hals brechen: lasz uns noch eins (noch ein glas) ausstechen:
er siehet frölich zu, wird eines ausgestochen,
das muth zu reden macht.
Opitz 1, 62;
die gläser wurden wichtig ausgestochen. ehe eines mannes 95; als der abend herbei gekommen, auch manches gläsgen wolschmeckender wein ausgestochen war. 225; so ein weitläuftiges mühmchen bei einem alten hagestolze auszustechen, bei gott, Finette, das würde eben so wenig sünde sein, als, Lotchen soll leben!, als ein glas wein auszustechen. Lessing 2, 550; haben doch lang nicht beisammen gesessen, lang keine flasche miteinander ausgestochen. Göthe 8, 28.
5)
die kürschner nennen ausstechen, wenn sie die wamme aus dem balge schneiden; metallarbeiter stechen scheiben aus, kupferstecher ihre platten; lautenmacher stechen den boden der laute oder geige aus, wölben ihn aus.
6)
wäscherinnen stechen die spitzen aus. bilder oder muster werden ausgestochen; er stach ihm mit seiner spitzen zunge ein schönes bild der höfe aus. J. Paul uns. loge 2, 42.
7)
einen tag ausstechen, praefigere diem: was inzwischen mich bewog, den heutigen tag dazu auszustechen, war hauptsächlich der gestrige. J. Paul jubels. 185; vergeblich hatte seine schwester vorgeschlagen, etwan den vierten oder fünften markttag zu seinem glanz- und gasttage sich auszustechen. komet 2, 65.
8)
intransitiv, ausstechen f. hervorstechen, excellere: was für ein strebender mensch und ausstechender vater ist unser redliche Caspar. Hamann 7, 407. gehören dahin auch die folgenden bedeutungen des part. ausgestochen: mein herr hatte einen ausgestochenen essig und durchtriebenen funken zum page neben mir. Simplic. 1, 97;
ein seemann, stark von knochen,
rasch wie sein element, in reden kurz und rund,
plump von manier, und gar nicht ausgestochen,
grosznasigt überdies und gröszer noch von mund.
Wieland 10, 219?
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 5 (1853), Bd. I (1854), Sp. 984, Z. 11.

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Zitationshilfe
„ausstechen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/ausstechen>.

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