Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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bleiben

bleiben,
manere, remanere, relinqui, franz. rester, demeurer. goth. erscheint weder leiban laif, noch bileiban bilaif, nur das transitive bilaibjan relinquere. häufig aber ahd. pilîpan pileip (Graff 2, 47), mhd. belîben beleip (Ben. 1, 968) und einzelne nhd. schriftsteller des 16 jh., z. b. Murner setzen noch das volle beleiben, wofür bald verengtes bleiben einreiszt; ags. belîfan belâf, engl. erloschen; mnl. bliven blêf, nnl. blijven bleef. nicht altn.; Schweden und Dänen haben ihr blifva blef (gekürzt bli ble), blive blev von uns entnommen. Vor augen liegt die unmittelbare verwandtschaft zwischen leiban, lîpan und gr. λείπειν und sie stimmt bis in den ablaut λέλοιπα = laif (früher einmal lailaif), zwar hat λείπειν den transitiven sinn relinquere, doch das pass. und medium den von relinqui, bleiben, verbleiben oder auch schwinden, deficere. den wichtigen zusammenhang mit leib und leben verleugnet Benecke, und bringt diese 1, 954. 1002 an andere stelle. wie bauen ein wohnen und sein ausdrückt und zu beo, bin gehört, ist auch der leib die stätte und wohnung, der bau, das bleiben der seele und leben ist ein habitare, manere, wohnen, bleiben ein sein, wesen, esse, superesse, remanere. das setzen die folgenden bedeutungen noch heller ins licht.
1)
bleiben an ort und stelle, von leuten und sachen: o bleib, gehe nicht!; bleib da, verlasz mich nicht! (wo sich deutsches bleib und gr. μὴ λεῖπε in verschiednem sinn begegnen); mhd.
vil liep beleip aldâ, lieb schiet von dannen.
Tit. 78, 1;
bleib bei mir, du solt mein vater und mein priester sein! richt. 17, 10; bleib bei mir = in meinem hause, wohne bei mir; lieber bleib uber nacht und lasz dein herz guter dinge sein! 19, 6 d. h. bleib ruhig; fleuch in Egyptenland und bleib alda, bis ich dir sage (ahd. fliuh in Egyptum, inti wis thar unzan ih thir quedê). Matth. 2, 13; gieng zur stad hinaus gen Bethanien und bleib daselbst (ahd. inti thar wonêta). 21, 17; bleibet hie und wachet mit mir (ahd. beitôt inti wachêt mit mir). 26, 38; wo ir in ein haus gehen werdet, da bleibet innen, bis ir von dannen ziehet (goth. þar saljaiþ, untê usgaggaiþ jainþrô). Marc. 6, 10. Luc. 9, 4; und Maria bleib bei ir drei monden (goth. gastôþ miþ izai svê mênôþs þrins). Luc. 1, 56; und bleib in keinem hause, sondern in den gräbern (goth. jah in garda ni gavas, ak in hlaivasnôm). 8, 27; in dem selbigen hause bleibet, esset und trinket (goth. inuh þan þamma garda visaiþ matjandans jah driggkandans). 10, 7; da er aber das zu inen gesaget, bleib er in Galilea (goth. þatuh þan qaþ du im visands in Galeilaia). Joh. 7, 9; keret doch ein zum hause ewers knechts und bleibet uber nacht. 1 Mos. 19, 2; da asz und trank er und bleib uber nacht alda. 24, 54; wir wollen uber nacht auf der gassen bleiben. 19, 2; zeuch nicht hinab in Egypten, sondern bleib in dem lande. 26, 2; bleib im lande und nere dich redlich. ps. 37, 3; fleuch zu meinem bruder Laban und bleib eine weile bei im, bis sich der grim deines bruders wende. 1 Mos. 27, 44; aber er bleib dieselbe nacht beim heer. 32, 21; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Ruth 1, 16; o das wir wären blieben! Jos. 7, 7; der mensch fleucht wie ein schatten und bleibt nicht. Hiob 14, 2; o hette ich flügel wie tauben, das ich flüge und etwa bliebe! ps. 55, 7; der geist fuhr herab wie eine taube und bleib auf im. Joh. 1, 32; ich kann nicht länger auf den füszen bleiben; er wuste nicht mehr wo bleiben; ich blieb zu tische;
sehe jeder wie ers treibe,
sehe jeder wo er bleibe.
Göthe 1, 72;
sind wir nun zusammen blieben,
bleibt denn auch das treue lieben?
1, 125;
du bleibst! du wirst nicht entlassen; der diener bleibt im dienst; er bleibt bei dem mann, wie der has bei dem hunde. Simrock 1134; der schlüssel blieb aus versehen in der thür; und an welchem ort die wolke bleib, da lagerten sich die kinder Israel. 4 Mos. 9, 17; ein dorn blieb im herzen; sie mochte waschen, wie sie wollte, der blutflecke blieb; also trug er den reif weil er lebet, und bleib im auch der name also. Luther 6, 501ᵃ; von dieser sache blieb ihm der name;
da bleib im königliche ehr.
es bleibt alles wie es war; und sollen (die stangen) in den rinken bleiben und nicht heraus gethan werden. 2 Mos. 25, 14; so viel er ausgegeben hatte, es blieb ihm noch geld genug; es wird hie nicht ein stein auf dem andern bleiben (ahd. ni wirdít forlâʒan stein oba steine). Matth. 24, 2; die liebe zum vaterland bleibt in allen herzen. Die beigefügten ahd. und goth. stellen machen anschaulich, wie bleiben zusammenfalle mit wesen, wohnen, bauen, herbergen (saljan), stehen, warten: bleib da heiszt sei, wohne, stehe, warte da! bleiben hat auch den sinn von oben bleiben, superare: das aber die blieben und gesiegeten. Luther 5, 2ᵃ; gott hilft uns, das wir obligen und bleiben. 5, 58ᵃ.
2)
zur bestimmung und verstärkung kann dem bleiben der infinitiv der verba hinzutreten, welche ruhe und dauer ausdrücken, stehen, liegen, sitzen, haften, stecken, kleben, hängen, schweben: und da sie kamen an den bach Besor, blieben etliche stehen. 1 Sam. 30, 9; da aber einer sahe, das alles volk da stehen bleib. 2 Sam. 20, 12; er wird sich dran halten, aber doch nicht stehen bleiben. Hiob 8, 15; alles blieb stehen, wie es stand; die uhr ist stehn geblieben;
doch wenn sie vor mir flieht? 'so bleibe du nicht stehn,
dies fliehn ist ein befehl ihr weiter nachzugehn.'
Gellert 3, 304;
sie bleibt jeden morgen bis um eilf uhr im bette liegen; alles bleibt jetzt liegen; bleib da ligen. Keisersb. s. d. m. 9ᵇ;
gerne hätt ich fort geschrieben,
aber es ist liegen blieben.
Göthe 1, 333;
nachdem alle fort waren, blieb er allein noch sitzen; als er eintrat, blieben alle, ohne auf ihn zu achten, sitzen; lasz uns unter der kühlen linde sitzen bleiben!; als der hirsch unter die bäume und büsche geriet und mit dem geweihe hangen blieb. Lokman fab. 2; aber er bleib hangen. 2 kön. 3, 3;
doch bleibt am leichenvollen ufer
horchend der eilende geist noch schweben.
Klopstock 1, 8;
der vorwurf blieb auf ihm hängen; der schlüssel war stecken geblieben; die rosse blieben in dem leimigen boden stecken; der stecken oder kurz gebliebene redner. Hippel 8, 346;
er sah mich an und blieb verweilend schweben.
Göthe 1, 4;
in seinem gedächtnisse bleibt wenig haften. verba der bewegung verbinden sich natürlich nicht mit bleiben, es müste denn eine anhaltende, fortgesetzte gemeint sein: der habicht blieb noch eine weile in der luft kreisen. aber leben, grünen, blühen ist zugleich ruhe und bewegung: bleib leben. 4 Mos. 21, 9; so werdet ir leben bleiben und nicht sterben. 2 kön. 18, 32; beschicke dein haus, denn du wirst sterben und nicht leben bleiben. 20, 1; der sieche erholte sich und blieb noch zehn volle jahre leben; die blume geht zu bestimmter zeit auf und bleibt nur einen tag blühen;
o dasz sie ewig grünen bliebe
die schöne zeit der jungen liebe!
daher kompts, dasz die arme seelen im fegfeur brennen bleiben. bienenk. 197ᵃ. mhd. hat belîben noch keine solche inf. (nur part. praes.) neben sich, obgleich sie neben wesen und werden zuweilen vorkommen, z. b. wæren vischen. Greg. 775; ward fâhen. Haupt 8, 515. nnl. aber heiszt es: ik blijf hier staan, zitten, liggen, hangen, leven.
3)
bleiben gestattet, wie sein und werden, ein praedicat im nom. neben sich, und bezeichnet uns einen dauernden, das dän. blive oft einen beginnenden, werdenden zustand.
a)
ein subst.: ich bin und bleibe dein freund; er ist mein feind geblieben; er will noch junggeselle bleiben; sie blieb zehn jahre lang magd in dem hause; das verspotten si und bleibent also spottvögel bisz das sie von hinnen scheiden. Keisersb. s. d. m. 28ᵇ;
wer nicht liebt wein, weib und gesang,
der bleibt ein narr sein lebenlang.
mhd. ich wil noch meit belîben.
Nib. 586, 3.
dän. für werden: og der blev aften, og der blev morgen, förste dag, da ward aus abend und morgen der erste tag. 1 Mos. 1, 5; gud sagde vorde lys og lyset blev, in der ausg. von 1550 gud sagde, der skal blive lys og der blev lys, gott sprach es werde licht, und es ward licht. 1 Mos. 1, 3. die schw. bibel von 1541 hat: gudh sadhe, warde liws, och thet wardt liws.
b)
ein part. praes. nur selten: er blieb sitzend, stehend, haltend, zu tische, zu pferde = sitzen, stehen, halten: von drei kindern starben zwei, eins bleibt lebend = leben, am leben; also das nur 18 häuser stehend geblieben. Micrälius 5, 331. schw. han blir liggande; han blef staͦende hela dagen, er stand den ganzen tag; hon blef sittande af häpnad, sie blieb vor erstaunen sitzen.
c)
öfter ein part. praet. zumal mit privativem un. die sünden der väter bleiben gestraft an den kindern; funfzig entflohen, dreiszig blieben gefangen; die wache blieb aufgestellt; es blieb angemerkt; es bleibt bekannt; es soll verschwiegen bleiben; nit verschwigen mag bliben. Keisersb. s. d. m. 28ᵇ;
dasz die lieb ein feuer sei, bleibt daher bekant,
dasz so viel aus ihrer glut nehmen einen brand.
Logau 3, zug. 87;
auch hier streift die bedeutung unmittelbar an die des werdens. schw. han blef tagen, er ward gefangen = han togs. hie sol niemand ungestraft bleiben. 1 kön. 15, 22; ire junge manschaft frasz das fewr und ire jungfrawen musten ungefreiet bleiben. ps. 78, 63; das soll nicht unbelohnt, ungeahndet, unbeachtet, unbemerkt, ungethan bleiben; dies wort blieb nicht unbelächelt. das bleibt unter uns (geheim gehalten).
d)
noch häufiger ein adjectiv: bleib nur ruhig! bleib gesund! bleib mir gut!; er bleib stumm (goth. vas dumbs). Luc. 1, 22; und du solt in den kasten thun allerlei thier, das sie lebendig bleiben bei dir. 1 Mos. 6, 19; auf das same lebendig bleibe auf dem ganzen erdboden. 7, 3; so bleibt doch sein boge fest. 49, 24; also blieben seine hende steif, bis die sonne untergieng. 2 Mos. 17, 2; der sol in der stedte eine fliehen, das er lebendig bleibe. 5 Mos. 4, 42; heuts tags haben wir gesehen, das got mit menschen redet und sie lebendig bleiben. 5, 24; der von reinen henden wird stark bleiben. Hiob 17, 9; ich bleib stille und gieng nicht zur thür aus. 31, 34; so werde ich unschüldig bleiben groszer missethat. ps. 19, 14; bleib fromm und halt dich recht! 37, 37; welcher (Petrus) wol mit dem munde aus furcht und schrecken in verleugnet, doch im herzen im hold bleib. Luther 6, 117ᵇ; er bleibt mir nichts schuldig; sein beutel bleibt leer;
und hatte nicht geschrieben,
ob er gesund geblieben.
Bürgers Lenore;
ach was soll der mensch verlangen,
ist es besser ruhig bleiben?
Göthe 1, 72;
wenn alle untreu werden,
so bleib ich dir doch treu.
Novalis 2, 29;
er bleibt sich immer gleich; du bleibst der alte; ich bin und bleibe der ihrige; sie blieben froh und glücklich; im hohen sommer bleibt es bis zehn uhr abends hell; es bleibt unwiderruflich; bei dem seltsamen vorfall konnte niemand ernsthaft bleiben. wir unterscheiden hier sein und bleiben, werden und bleiben: er ist und bleibt gesund; er ward und blieb gesund; du kannst davon siech werden und bleiben (tomber et rester malade). das dän. blive kann aber werden bedeuten: hun blev röd, sie ward roth, erröthete.
setz deinen fusz auf ellenhohe socken,
du bleibst doch immer was du bist.
Göthe 12, 90.
4)
bleiben für sterben gemahnt ans gr. ψυχὴ λέλοιπε, das leben schwindet, ist dahin. O. III. 23, 48 von Lazarus:
er selbo meinta avur thaʒ, thaʒ er thô biliban was;
ist Lazarus bilibanêr.
23, 50;
thoh er nû biliban sî, farêmês thoh thar er sî.
23, 55.
mhd. stellen bei Ben. 1, 369ᵃ. dies bleiben liesze sich auffassen als ein fallen in der schlacht, rester sur le champ de bataille, auf dem fleck, auf dem platz bleiben, liegen bleiben, aber auch als gegensatz von lebendig bleiben: von unsern leuten sind nur zwanzig geblieben; sein einziger sohn blieb in der schlacht von Waterloo. Luther setzt todt bleiben: das drei hundert und sechzig man waren tod blieben. 2 kön. 2, 31; und blieben tod bei drei tausend man. 1 Macc. 4, 15. beides steht aber überhaupt für umkommen, auch auszerhalb der schlacht: die leibliche schwacheit, die doch so geschwinde (heftig) war, das wir besorgten, (Luther) würde drüber bleiben. Luther 3, 401ᵇ; welchs mir auch selbs zwo nacht solch herzleid machte, das ich leicht auch hette mügen bleiben. 8, 174ᵇ; das sie (Rebecca) sich hat müssen erwegen ires lebens und gefurcht, sie müsse mit den kindern bleiben. 4, 138ᵇ;
(die frau) am zwölften kindle tod blieb.
als der Zwingli unter seinen Schweizern im feld, wie ein kriegsman blieben ist. Alberus wider Witzel H 1ᵇ; nachdem die feind entkommen, uberschlug Gurgelstrotza gleich sein volk und befand, dasz dessen wenig gebliben. Garg. 267ᵃ; der junge Plinius, dessen vetter, der scribent der naturlichen historien vom dampfe und rauche des berges auch geblieben ist. Opitz 1, 31;
es bleibt in keiner schlacht jetzt vierzigtausend mann,
was Hannibal gekunt, ist keiner der es kan.
Logau 1, 3, 81;
doch blieb auch mancher held des Cissides.
Kleist 2, 58;
lasz das kind los, schrie er wie ein rasender, oder einer von uns bleibt hier auf der stelle. Göthe 18, 160. nnl. het schip is gestrand, en al het volk is gebleven. auch de schepen zijn gebleven, die schiffe sind verunglückt.
5)
bleiben lassen, bedeutet
a)
belassen, behalten, bestehn lassen: und wil euch in keinem königreiche auf erden bleiben (wohnen) lassen. Jer. 34, 17; das müssen wir lassen bleiben, das Adam uns versündiget hat. Luther 4, 19ᵃ; lieber wirt, wir dörfen nicht zweierlei wein trinken, es ist wider unser statuten, wir lassen es bei einerlei wein bleiben. sch. u. ernst cap. 282 (1522 cap. 246); lasz mich deinen sohn bleiben! Wieland 7, 167; lasz ihn deinen freund bleiben!
b)
bei seite liegen, stehn lassen, in ruhe lassen, unterwegen lassen, unterlassen, sein lassen, praeterire, omittere. mhd.
den lieʒ er dô belîben (Irinc den Volker).
Nib. 1978, 3;
Cerberus gelach stille,
gewunden als ein schîbe.
dâ lieʒen si in belîben.
En. 99, 6.
nhd. was eeren mir sünst ward gethon,
ümb kürz ich sölchs hie bleiben lon.
Schwarzenb. 150, 2;
die narrerei bleiben zu lassen gebetten. Kirchhof wendunm. 215ᵇ; nun wir wöllen den wolf ein wenig bleiben lassen (eine weile nicht von ihm reden). Helvicus 1, 12; nun wöllen wir ein weil die bös hur bleiben lassen. 1, 13; mhd. nu lâʒen daʒ belîben. Nib. 1446, 1.
du tödtest, buchstabe,
wem graut für dem grabe,
der lasse dich bleiben!
Logau 2, 7, 63;
das soll er wol bleiben lassen. Opitz Arg. 1, 511;
top, und ich schreibe dir gewis in versen wieder.
'so? groszen dank! nun lasz ichs bleiben'.
Lessing 1, 29;
er hättes bleiben lassen dich zu retten.
2, 355;
doch Wurstel läszt sich nicht vertreiben,
läszt seine neckerei nicht bleiben.
Göthe 13, 55;
lasz er uns das zum zweiten male bleiben.
12, 116;
de wirsch mers, traui, blibe lo.
Hebel 214;
das will ich wol bleiben lassen. vgl. mhd.
eʒ mac alsô belîben (dabei bewenden).
Nib. 1151, 2;
daʒ muoʒ nu belîben.
Wigal. 970,
davon kann weiter nicht die rede sein (Ben. 1, 969ᵃ); nhd. es mag bleiben (unterbleiben). mnl.
dat laet men nu zere bliven.
lekensp. 1, 258,
das versäumt man heute, es bleibt unter wegen. schw. laͦt bli! lasz das bleiben, lasz das in ruhe!
6)
erwartung und ungeduld, schmerzhafte teuschung, sehnsüchtige klage werden ausgedrückt durch fragendes, rufendes bleiben: wo bleibt er so lange? wo bleibt der bote nur? wo meine knechte bleiben? Göthe 8, 9;
o komm mein geliebter,
wo bleibst du und säumest?
Schiller 498ᵃ;
Jenny mein leben, wo bist du geblieben? Klingers th. 2, 325; Röse! wo bleibt das frühstück? gleich, gleich! Göthe 24, 259;
wo ist dein lieben geblieben?
12, 241;
wo blieb die zeit die selige?
Gotter 1, 16;
wir redten tage lang, wenn wir beisammen trieben,
und wusten auf die nacht kaum, wo der tag geblieben,
so schnell verstrich er uns.
Gellert 3, 388;
wo ist dein heiliges versprechen geblieben? wo bleiben eure eide? d. i. wo stecken sie unerfüllt?
wo bleibt dein letzter schwur?    G. er bleibt, wo deiner blieb.
wo bleibt dein treues herz?    G. gar auf mein herz zu pochen?
Gellert 3, 393. 394.
mit andrer wendung mhd.
war sint die eide komen?
Nib. 562, 3,
war kom dîn rôter munt?
Parz. 252, 27;
war kom mîn trût?
109, 19;
war sint komen die sinne mîn?
MS. 1, 65ᵃ;
war kam iuwer schœner lîp?
1, 81ᵇ;
war ist dîn guot gerihte nu komen?
kaiserchr. 5955.
gr. parallelen sind bei Haupt 2, 569 angeführt. wie da mit ποῦ und πῇ gefragt wird, ποῦ ἅλες; ποῦ τράπεζαι; heiszt es auch 1 Cor. 12, 17 εἰ ὅλον τὸ σῶμα ὀφθαλμός, ποῦ ἡ ἀκοή; εἰ ὅλον ἀκοή, ποῦ ἡ ὄσφρησις; vulg. si totum corpus oculus, ubi auditus? si totum auditus, ubi odoratus? goth. jabai all leik augô, hvar hliuma? jabai all hliuma, hvar dauns? Luther aber sagt: wenn der ganze leib auge wäre, wo bliebe das gehör? so er ganz das gehör wäre, wo bliebe der geruch?
7)
bleiben mit praeposition, auszer den schon unter 1 angegebnen fällen.
a)
bleiben aus unterscheidet sich von ausbleiben (1, 833): bleib mir aus dem hause, betritt meine schwelle nicht; dasz er mir nur aus dem wege bleibt! mir nicht aufstöszt; mein vater blieb zuerst aus der gesellschaft. Göthe 24, 70; ich bleibe aus aller verbindung mit diesen leuten. zuweilen steht aber bloszes bleiben für ausbleiben:
mir ists im herzen weh und bange,
mein bräutigam der bleibt so lange.
Göthe 13, 69,
läszt solange auf sich warten, zögert solange (vgl. 6). Luther sagte auszen bleiben: wie sein herr in aussendet, die verlorne küe zu suchen, und er so lange auszen bleib. 6, 146ᵇ.
b)
bleiben von etwas, sich davon fern halten: bleib mir davon! rühr nicht an! schw. blif derifraͦn!; bleib mir vom halse, vom leibe!; ich bleibe von der sache; der mann sollte nur von der kanzel bleiben, weil er so wenig rednergabe hat; ich kann nicht von dem mädchen bleiben; lieber vater! bleib auch du von den brettern. Göthe 18, 278; ihr kinder, dasz ihr von der leiter bleibt! vgl. wegbleiben, fortbleiben, schw. han är och blir borta, er ist und bleibt fort.
c)
bleiben auf etwas, darauf beharren, bestehen: da bleib ich auf, da lebe und sterbe ich auf, da streite und thue ich alles auf. Luther 3, 330; darauf einem iglichen zu merken und zu bleiben ist. 3, 37; wer in der heiligen schrift studieren wil, sol ie drauf sehen, das er auf den einfeltigen worten bleibe. 4, 2ᵃ; was sie endlich schlieszen und worauf sie endlich bleiben wollen. Melanchth. etliche lehr und trostr. schriften. Wittenb. 1588. 64;
so soll sie ihn drauf bleiben lan,
als ob man ihn nicht sehen kan.
Ayrer 401ᵇ;
nein doch, ich bleibe darauf, sie soll königin von meinen schlössern werden. Göthe 8, 83 (42, 107. 330); der gefangne blieb auf seiner aussage, so unglaublich sie war.
d)
bleiben an, in etwas, beharren: so ir bleiben werdet an meiner rede, so seid ir meine rechte jünger (goth. jabai jus gastandiþ in vaurda meinamma). Joh. 8, 31; ich habe die arbeit begonnen und bleibe daran. bleib uber nacht in dem gebet. Luc. 6, 12. im vortheil, im schusz, im feuer bleiben.
e)
bleiben bei etwas, beharren, bestehn, sich beschränken: er aber bleib bei seiner taufe und glauben und liesz sich darüber martern. Luther 6, 100ᵇ; man musz einem jeden (kremer) heimstellen, das ers gebe danach er kauft hat, das er und andere dabei bleiben mögen (bestehn können). Agricola spr. nᵒ 226; bei der stange bleiben;
hand uns nit wollen offenbaren,
was doch die warheit sei,
da wir all solten bleiben bei.
Soltau 271;
die (Balthie) mich mehr nicht läszt grüszen,
weil ich ihr nicht bei meinen worten blieb.
Fleming 103;
bleibt dabei, dasz menschen nur thorheit bei vernunft beginnen.
Logau 3, 4, 80;
es blieb auf beiden seiten nur bei allgemeinen danksagungen und höflichkeiten. Göthe 19, 284; sobald ich mich in das gewand der thorheit kleidete, blieb es nicht blosz bei der maske, sondern die narrheit durchdrang mich sogleich durch und durch. 19, 296;
unwiderruflich bleibts bei der entscheidung.
Schiller 256ᵇ;
es musz dabei bleiben, sein bewenden haben. in anderm sinne hört man auch, ich weisz mit der sache nicht zu bleiben, nicht damit auszukommen, fertig zu werden.
f)
bleiben vor etwas, bestehen, aushalten, sich erwehren: er wirft seine schloszen wie bissen, wer kan bleiben fur seinem frost? ps. 147, 17; gott bleibet wol, als der im himmel wonet, fur irem zorn. Luther 5, 9ᵃ; Christus wird sich fur dir nicht fürchten, und wird auch fur dir bleiben. 5, 289ᵃ; ich kann vor der groszen hitze nicht bleiben;
auch kan seins paurn töchter keine vor im bleiben.
fastn. sp. 657, 21.
g)
bleiben ohne etwas: und ersticken das wort und bleibet ohne frucht. Marc. 4, 19; meine augen blieben ohne schlaf; bleibt hier ohne furcht.
h)
zurück, hinten, dahinten, daneben, zusammen bleiben.
8)
die ältere sprache fügte auch den gen. zu bleiben. mhd. er belibe des slages. Er. 853, bliebe todt von dem schlag. mnl. des kindes bliven = van kinde bliven, wie mhd. kindes geligen, genesen, eines kinds entbunden werden. de Vries woordenlijst zum lekensp. s. 388 und leven van Jezus 12. 13. diese fügung ist aber nhd. wie nnl. erloschen, ähnlichkeit hat das schw. blifva till, geboren werden: denna kalf blef till i gaͦr, dies kalb kam gestern auf die welt.
9)
bleiben, restare, superesse, übrig sein, mit dat.: was bleibt mir jetzt?; du sollst mir bleiben. Schiller 193ᵃ;
und mir bleibt die verzweiflung.
445ᵃ;
mit folgendem zu und inf.: bleibt zu wissen, reste à savoir; das bleibt näher zu untersuchen; es blieb mir vieles zu bedenken; manches wird zu thun bleiben;
auch will ich meinen fehler gern gestehn,
er bleibet deiner gnade zu verzeihn.
Göthe 9, 221.
man sagt aber auch übrig bleiben und beim subtrahieren blosz: bleibt.
10)
bleibend, μένων, manens: dazu wirstu unter denselben völkern kein bleibend wesen haben. 5 Mos. 28, 65; und ir wisset, das ein todschläger nicht hat das ewige leben bei im bleibend (ζωὴν μένουσαν, vitam manentem). 1 Joh. 3, 15; die ir wisset, das ir eine bleibende hab im himmel habt (manentem substantiam). Ebr. 10, 34; denn wir haben hier keine bleibende stadt (manentem civitatem, μένουσαν πόλιν). 13, 14; kein blibende stat. Keisersb. bilg. 2ᵇ;
und hab gar kein bleibende stat.
H. Sachs III. 3, 25;
bis ich mir selbst eine gute bleibende stätte ausgemacht hätte. Felsenb. 2, 213; es ist dieses eine herkömmliche sache, die jeder reisende zu seinem vortheil, jeder bleibende zu seinem nachtheil öfters erfahren hat. Göthe 26, 187; er hat noch keine bleibende anstellung; ein bleibendes verhältnis, denkmal. schw. en blifvande gerning, eine bleibende that. das bleibende, der rest bei der subtraction.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1854), Bd. II (1860), Sp. 90, Z. 5.

bleiben, n.

bleiben, n.
domicilium, sedes, mora, aufenthalt, verweilen: kein bliben han uf diser erden. Keisersb. bilg. 2ᵃ; vorzugsweise wird aber der gen. mit einem possessiv zu ist nicht gesetzt, wo ahd. pilîpannes, mhd. belîbens stehn würde, und man möchte zît hinzu denken: so ist meines bleibens nicht lenger denn den morgenden tag. Galmy 197; da nun der guͦt man selbs sahe, dasz seins bleibens nit wol sein kunde. Petr. 209ᵃ; oho, hie ist meins bleibens nit mehr. Garg. 231ᵃ; unsers bleibens ist nicht mehr hie. 266ᵃ; deins bleibens ist nit mehr hier. Philand. lugd. 5, 526;
seins bleibens leider nit mehr was.
Scheit grobianus O 1;
stracks aber auf dein wort war ihres bleibens nicht.
seines bleibens wäre da nicht länger. Simpl. 3, 237; für mich ist kein bleibens (so). Göthe 10, 192; die begierde nach Rom zu kommen war so grosz, dasz kein bleiben (so) mehr war. 27, 202;
denn hier ist meines bleibens nicht.
Schiller 389ᵇ;
komm meine tochter, hier ist unsers bleibens
nicht mehr.
512ᵇ.
kein bleiben bei Göthe scheint vorzüglicher als kein bleibens. vgl. bleibchen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1854), Bd. II (1860), Sp. 95, Z. 30.

blieb

blieb,
ablaut von bleiben.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1854), Bd. II (1860), Sp. 119, Z. 4.

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