Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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huhn, n.

huhn, n.
pullus, ahd. hôn, huon, mhd. huon; alts. hôn; niederl. hoen; altnord. findet sich das neutr. plur. hœns und hæns, hahn und henne, hühner, auch hœnsn und hœsn, das als dän. höns hühner, schwed. höns huhn fortlebt, während ein davon abstehender dän. sing. höne, plur. höner wol aus dem deutschen eingedrungen ist. ags. engl. fries. ist das wort nicht bezeugt.
1)
huhn wird zunächst von jedem gliede der hühnerfamilie gebraucht, es reicht als allgemeine bezeichnung über hahn und henne, die das natürliche geschlecht hervorheben. daher kann in der alten sprache huon stehen, wo wir den hahn darunter begreifen:
thu lougnis mîn ze wâre,   êr hînaht hano krâhe,
in nôtlîchemo thinge,   êr thaʒ huan singe.
Otfrid 4, 13, 36;
eʒ was dennoch sô spæte
daʒ ninder huon dâ kræte.
Parzival 194, 6.
von den jungen, wo das geschlecht noch zurücktritt, wird, wie jetzt noch, allgemein huhn gesagt: pullus ein iung huon o. ein ieglich iung thier Dief. 472ᵃ; ebenso kann der plural in dieser allgemeinen bedeutung stehen: hüner autem in plurali totum gregem gallinarum et gallorum complectuntur. Stieler 750, während Frisch 1, 473ᶜ den plur. nur von jungen hünern von beiderlei geschlecht gelten lassen will; er (der fuchs) lâget auch allermaist haimlichem gefügel, sam hüenren und gensen. Megenberg 163, 27; als festliches gericht:
gense, hüener, vogel, swîn,
dermel (würste), pfâwen sulnt dâ sîn.
Steinmar, minnes. 2, 154ᵃ Hagen;
im sprichwort: jemandes hühner und gänse wissen, aufzählen, allen seinen besitz oder seine verhältnisse; ich kenne weder seine hühner, noch seine gänse, albus aterve sit nescio. Serz 72ᵃ. vgl. auch die allgemeine bezeichnung huhn bei den hühnerartigen vögeln unten no. 3.
2)
diese alte bedeutung von huhn aber wird alteriert, indem der begriff hahn sich von dem allgemeinen huhn scharf loslöst, so dasz das letztere nur noch das weibliche huhn bezeichnet und ganz mit henne zusammenfällt: gallina bruͦthen, henne huͦne Dief. 256ᶜ (aus einem voc. des 15. jahrh.); huͦn, henn gallina Dasyp., ebenso Maaler 233ᵃ; wer eier haben will, musz der hüner gatzen leiden, devitat, quicunque molam fugit, ille farinam. Stieler 750; trittst du mein huhn, so wirst du mein hahn. Simrock sprichw. 262; ihre zoten seien nur wie die krankheit der hühner, wenn sie anfangen zu krähen, ohne gleichwohl durch solche stimmübungen jemals die rechte hahnenhaftigkeit zu erringen. Immermann Münchh. 1, 110; selbst das geschlecht wird mit rücksicht auf henne bestimmt: eben zu der zeit fieng eine von unsern hünern erbärmlich an zu schreien .. mein kind, fieng endlich der selige mann zu mir an, die henne schreit nichts gutes heraus. Gellert 3, 161. Wie von der henne (sp. 996) heiszt es auch vom huhn, es gackert, gatzet, scharrt, kratzt, legt, brütet, gluckt; thätigkeit und nutzen des vogels werden in einer reihe sprichwörtlicher redensarten gezeichnet: hüner legen gern in neue nester. Schottel 1118ᵃ; die hüner im korbe (vergl. hühnerkorb) wollen gern heraus, und die drauszen wollen gern hinein, nemo sua sorte contentus. 1128ᵃ; wer wil die eier haben, musz das kakelen der hüner leiden. 1131ᵃ; das huhn legt gern ins nest, worin schon eier sind. Simrock sprichw. 262; bereitet man den hühnern nicht bei zeiten ein bett, so legen sie die eier in die nesseln. kluge hühner scheiszen auch in die nesseln. hühner die daheim essen und anderswo legen, soll man am bratspiesz ziehen. sieh auf die hühner und nicht auf die nester. kein huhn scharrt umsonst. ebenda; was zum huhn geboren ist, scharrt nimmer vor sich. sind die hühner brütig, so hätten sie gern eier. seine hühner legen eier mit zwei dottern. 263; die letzten kinder der irdischen väter müssen manchmal besorgen, dasz die ersten das beste und meiste hinnehmen nach dem sprichwort: das erste huhn sammelt die besten körner. Scriver seelensch. 1, 836; von einem naseweisen heiszt es: das ei leret das hun, und die saw meistert gott. Luther 6, 139ᵇ; zeichen boshaften mutwillens ist es, den hühnern den schwanz aufzubinden: es ist schon allzu viel mutwillens in der jugent und dem pöbel, darumb denken sie vollend leuse in den pelz zu setzen und den hünern den schwanz aufzubinden, wie sie ir vater, der lügner und mörder treibt. 110ᵇ; von einem betrübten wird gesagt: ich zeigte es darnach mit einem solchen .. armensündergesicht vor, als hätten mir die hühner das brod gefressen. Riehl culturgesch. nov. 373. mit sonnenuntergang gehen die hühner auf ihre hühnerstangen schlafen, daher eine zeitbestimmung: wäret nicht lenger denn von der vesper bisz die hüner auffliegen. Kirchhof wendunm. 42ᵃ;
wenn die hühner sich auf ihren latten
eine schlafbank wählen für die nacht,
und die sonn aus meinem schatten
einen ackerlangen riesen macht,
husch ich in den garten.
Gökingk lieder zweier lieb. (1779) s. 44;
und die sprichwörter: wer mit den hühnern zu bette geht, kann mit den hahnen aufstehen. Simrock sprichw. 262;
früh mit den hühnern zu bette,
und mit den hahnen zur wette.
ebenda;
das gefühl des hungers wird dem kratzen der hühner verglichen:
umb fünfe hin,   so kratzen ihn
die hüner in dem magen,
mit groszem grimm,   drumm musz man im
das essen bald her tragen.
Mittler d. volksl. no. 855, 4 (aus einer sammlung von 1583);
von einer schlechten schrift wird gesagt, sie sehe aus, als ob die hühner über das papier gelaufen wären, vgl. unten hühnerschrift; nach dem geringen wert den das leben eines huhns hat: die armen hühner, die man der eier wegen hält die sie legen sollen; denn wenn sie nicht recht fleiszig legen, so wird man sie abschlachten, und aus ihrem fleische die brühe auskochen. Nicolai bei Lessing 13, 188, heiszt es einen abwürgen wie ein huhn, mit leichtigkeit, ohne bedenken: ihr müsset mir sie in diesem augenblick copuliren, .. oder ich will sie alle beide wie die hüner erwürgen. Simpl. 1, 337 Kurz;
der bidemt vor girde (mordlust) sam ein loup.
er sprach: ich briche in als ein huon.
Meier Helmbr. 1851;
wie si in wolten zureiszen als ain huon.
fastn. sp. 464, 33;
hinrichten als die hühner warm.
B. Ringwald l. warh. 385;
wie auch in manchen andern wendungen ein geringer wert des huhns überhaupt vortritt: keinem auf dem marsch ein huhn kränken, in itinere militari ordinem servare, incolas non laedere. Frisch 1, 473ᵇ;
und hab im nie kein leit getan.
het ich im neur erschreckt ein hun,
so solt es mir nit zorn thun.
fastn. sp. 269, 15;
und waʒ du wilt daʒ wil ich tuon.
ich acht der andern nicht ein huon.
ring 14ᵇ, 6.
vom rupfen des geschlachteten huhns ist das bild hergenommen ein huhn mit einem rupfen, pflücken, eine sache, streitsache mit einem ausmachen: die toryblätter, die keine gelegenheit passiren lassen, um mit der admiralität ein huhn zu pflücken. Weimar. zeitung 1864, no. 277; als zeichen eines mäszigen wolstandes gilt sonntags das huhn im topfe: (der bauer gab) dem könig auf seine fragen nach dem landbau, nach seinen kindern, und ob er auch alle sonntage ein huhn im topfe habe, gesprächige antwort. Hebel 3 (1853) 22; es fliegt einem kein gebraten huhn ins maul, das glück kommt nicht mühelos; aber etliche sagen, ja verlas dich darauf, sorge nicht, und sihe, ob dir ein gebraten hun ins maul fliege. Luther 1, 254ᵃ (sonst auch gebratene taube, vgl. theil 2, 310). — Von einem schlechten gesange heiszt es die hühner sterben davon (sonst er vertreibt ratten, mäuse): weilen ich mich meiner meuder erinnert, .. dasz sie oft gesagt, sie besorge die hüner würden dermaleins von meinem gesang sterben, als beliebte mir auch zu singen, damit das remedium wider den wolf desto kräftiger wäre. Simpl. 1, 17 Kurz.
3)
huhn, von hühnerartigen vögeln.
a)
bei gröszern steht das allgemeine, beide geschlechter bezeichnende huhn nur im plural, im singular wird immer das männliche hahn vom weiblichen henne oder huhn unterschieden, und zwar heiszt es bei zahmem derartigem geflügel lieber henne: truthenne, pfauhenne, fasanhenne, bei wildem lieber huhn: auerhuhn, birkhuhn, haselhuhn: es sind etliche unerfahrene weidleuthe in der meinung, es habe der auerhahn, weiln er .. auf denen bäumen stehe, mit seinem hune die brut auf demselben. Göchhausen not. ven. 72; dieser auerhahn oder hun. 73; es ist der birkhahn ein vogel, welcher nicht in solcher enge bleibet, als der auerhahn, .. hat meist sein hun bei, oder doch nicht weit von sich. 77.
b)
bei kleineren gilt huhn im singular als allgemeine bezeichnung der gattung und nur wenn das geschlecht ausdrücklich hervorgehoben wird, ist zwischen hahn und huhn ausdrücklich unterschieden; vergl. die ausführungen unter hahn sp. 162. 163. gern wird auch das rebhuhn unter bloszem huhn verstanden: so stand mein hund vor einer kette von einigen hundert hühnern. Münchh. reisen (1788) s. 36; eine flucht hühner. s. 25;
wer darum nur die morgenröthe grüszet,
nur darum gern durch saat und hecken streicht,
weils ihn ergötzt, wenn durch sein blei erreicht,
ein huhn die rothen äuglein schlieszet.
Gökingk lieder zweier lieb. (1779) s. 34;
doch das wilde huhn bei Schiller meint einen hühnervogel im allgemeinen:
das wilde huhn kann ich im fluge zählen,
den falk erkenn ich in den höchsten lüften.
jungfrau v. Orleans 5, 11.
4)
einmal ist auch huhn auf das junge anderer vögel gewendet: daʒ si geben ein opfer, alse gesaget ist in der ê des herren, ein par torteltûben, odir zwei tûbenhuon. mitteld. evangelienübers. in Haupts zeitschr. 9, 299 (Luc. 2, 24, vulg. duos pullos columbarum).
5)
huhn, vom menschen, in halb verächtlichem sinne; man schimpft du dummes huhn!;
man helt ihn für ein garstig hun.
Ringwald laut. warh. 170;
machs nicht darnach, sei kein leicht huhn.
Brodtkorb deutsche wahrh. 120.
aber das dim. hühnchen ist kosewort (s. nachher), wie im mittelhochdeutschen huhn selbst, wenn auch hier unter ausführung eines bildes:
'sinc, ein guldîn huon; ich gibe dir weiʒe'.
schiere dô
wart ich vrô:
nâch ir hulden ich vil gerne singe.
Neidhart 40, 1;
und im niederdeutschen:
Anke van Tharaw, dat war wy nich dôn (nicht zanken),
du böst myn dŷfken, myn schâpken, myn hôn.
S. Dach bei Gödeke eilf büch. deutscher dicht. 1, 337ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1875), Bd. IV,II (1877), Sp. 1875, Z. 23.

hühnern, verb.

hühnern, verb.
einen mit einer abgabe von hühnern belegen, oder mit solcher abgabe belegt sein. ehemals hessisch, vergl. Vilmar 179.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 9 (1875), Bd. IV,II (1877), Sp. 1881, Z. 18.

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Zitationshilfe
„huhn“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/huhn>.

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