pikieren
GrammatikVerb · pikiert, pikierte, hat pikiert
Aussprache [piˈkiːʀən]
Worttrennung pi-kie-ren
Wortbildung
mit ›pikieren‹ als Erstglied:
Pikierholz · Pikierkiste
·
mit ›pikieren‹ als Grundform:
pikiert
Herkunft aus piquerfrz ‘stechen, anspornen, reizen, schlagen’, reflexiv ‘sich beleidigt fühlen’
Bedeutungsübersicht
- 1. [Gartenbau] ⟨jmd. pikiert (etw.)⟩ (junge Pflanzen) auspflanzen bzw. (in größeren Abständen) neu verpflanzen
- 2. ⟨jmd., etw. pikiert jmdn.⟩ (unangenehm) überraschen, (unvorbereitet) verletzen, (jmds.) Missfallen, Verärgerung auslösen
- 3. ⟨jmd. pikiert sich (über etw., jmdn.)⟩ sich abschätzig, missfällig (über etw., jmdn.) äußern
- 4. [Textilwesen, Nähen] ⟨jmd. pikiert etw.⟩ (mit vielen kleinen Stichen) auf die Innenseite eines Kleidungsstücks aufnähen (um dieses dadurch fester und haltbarer zu machen und einen besseren Sitz zu erreichen)
- 5. [selten] [besonders Lebensmitteltechnik, gelegentlich Kochkunst] ⟨jmd. pikiert etw.⟩ (vorsichtig, leicht) einstechen, durchstechen o. Ä.
eWDG und ZDL
Bedeutungen
1.
Gartenbau ⟨jmd. pikiert (etw.)⟩(junge Pflanzen) auspflanzen bzw. (in größeren Abständen) neu verpflanzen
Beispiele:
Tomaten pikierenWDG
Die Samen des Mangolds sind eine sogenannte »Sammelsaat«. Das
bedeutet, dass mehrere Pflänzchen aus einem Samenkorn wachsen. Zeigt sich
pro Topf mehr als eine Mangoldpflanze, pikierst du
sie in einzelne Töpfe, sobald die ersten echten Blätter da sind. [Mangold anbauen: Bunte Vielfalt im Garten, 23.04.2022, aufgerufen am 14.03.2024]
Nach dem Keimen sollten die Frühbeetkästen regelmäßig gelüftet
werden, und die Jungpflanzen sind möglichst früh zu
pikieren, da ein zu enger Stand Pilzkrankheiten
begünstigt. [Badische Zeitung, 14.03.2011]
Sind die Keime im Frühjahr sichtbar, kann die Folie entfernt werden,
um die Pflänzchen zu pikieren. [Der Tagesspiegel, 11.02.2006]
Die Schüler beobachteten das Gedeihen der kleinen Pflanzen, sie
pikierten und rückten dem Unkraut zu Leibe. [Neues Deutschland, 18.05.1979]
Alle Hände voll gibt es jetzt im Frühjahr zu tun, das Frühgemüse zu
ernten, den Boden erneut zu bearbeiten, wieder zu säen, die Pflanzen
einzutopfen, zu pikieren und schließlich auch dem
Unkraut zu Leibe zu rücken. [Neue Zeit, 01.06.1961]
2.
⟨jmd., etw. pikiert jmdn.⟩(unangenehm) überraschen, (unvorbereitet) verletzen, (jmds.) Missfallen, Verärgerung auslösen
Beispiele:
1963 kaufte er [Andy Warhol] sich seine
eigene Bolex [eine Kamera] und begann alles
aufzuzeichnen, was ihm vor die Linse kam. Ein Jahr später
pikierte das Magazin »Film Culture« die New
Yorker Undergroundfilmszene, als es seine jährliche Auszeichnung an Warhol
vergab – einen Mann, der eigentlich nur die Kamera an‑ und ausschalten
konnte. [Der Tagesspiegel, 19.02.2012]
Als einziges der 32 WM‑Teams beziehen Deutschlands Kicker einen
Neubau. Die Entscheidung des DFB (= Deutscher Fußball-Bund) und die Aussage, unter den vielen angebotenen
Luxus‑Quartieren sei nichts Passendes gewesen,
pikierte die Gastgeber, dennoch wurde die
Baugenehmigung schnell erteilt. […] Rund 200
Arbeiter ackern im Schichtdienst, um das »Campo Bahia« bis zum Eintreffen
des DFB‑Trosses am 8. Juni fertigzustellen. [Berliner Morgenpost, 06.06.2014]
Was [die Kugelstoßerin Christina]
Schwanitz [bei der Siegerehrung]
[…] vom Podest aus zu sehen bekam,
pikierte sie […].
»Die Medaillenzeremonie hätte schön sein können – wenn da ein paar Zuschauer
gewesen wären«, stellte sie ironisch fest. [Berliner Morgenpost, 14.08.2013]
[…] Ingolstadts Coach Jürgen
P[…] verteidigte den Unparteiischen auf der
Pressekonferenz, bescheinigte ihm, »sich gut verkauft« zu haben und zog sich
prompt Missfallenskundgebungen
(= Missfallensbekundungen) aus dem Auditorium zu,
die ihn ziemlich pikierten. [Südkurier, 20.11.2006]
Der Begriff »Cojones« steht im Englischen für »Mut« und »Kühnheit«.
[…] Was bei der englischsprachigen Bevölkerung ganz gut
ankam [die Wortschöpfung »Turbo-Cojones« für den Werbeslogan eines Sportwagens], pikierte die
spanisch sprechenden Amerikaner um so mehr. Denn für sie bedeutet der flotte
Werbeslogan nicht nur »Turbo‑Mut« sondern auch »Turbo‑Hoden«. [Welt am Sonntag, 26.03.2006]
3.
⟨jmd. pikiert sich (über etw., jmdn.)⟩sich abschätzig, missfällig (über etw., jmdn.) äußern
Beispiele:
»In der Amtsstube ein Nickerchen machen? In Vechta (Niedersachsen) ist das ausdrücklich erwünscht«, schrieb die »Bild«‑Zeitung und pikierte sich darüber, dass das Schläfchen als Arbeitszeit gelte […]. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2013]
»Ist Ihnen Ihre Bekleidung nicht etwas zu … eng?«, pikierte sich […] Emily Brent […] über das hautenge Kleid der flotten Sekretärin Vera Claythorne […]. [Münchner Merkur, 03.04.2017]
[…] sie [arbeitete in der frühen Nachwendezeit] als Zimmerfrau und an der Rezeption eines
kleinen Hotels in Breege. Das war die Zeit, als sich die Gäste aus Sachsen
amüsierten, wenn sich westdeutsche Urlauber über FKK‑Freunde am Strand
pikierten. [Schweriner Volkszeitung, 30.10.2010]
[Tante Frieda, alias Siggi] Ritter,
karnevalistisches Urgestein, pikierte sich
[in der Karnevalssitzung]
[…] über die allgemeine Verrohung der
Sitten. [Rhein-Zeitung, 03.02.2003]
Sie [Witwen einflussreicher südkoreanischer Politiker]
pikieren sich über den vielen Dreck in der Bahn und
singen von ihren prunkvollen Männern, den hohen Generälen, ohne die alles in
Südkorea sehr viel schlechter sei. [Süddeutsche Zeitung, 06.04.2001]
4.
Textilwesen, Nähen ⟨jmd. pikiert etw.⟩(mit vielen kleinen Stichen) auf die Innenseite eines Kleidungsstücks aufnähen (um dieses dadurch fester und haltbarer zu machen und einen besseren Sitz zu erreichen)
Beispiele:
den Kragen, die Vorderseite des Sakkos, einen Pelz pikierenWDG
Genau nach den Massen eines Kunden beginnt die Reise durch die
Anfertigung getreu nach den einzelnen Vorgaben des Kunden. Eine Garantie
wird dadurch gegeben, dass die Front des Jacketts durch Kamelhaareinlage
oder mittels Rosseinlagen fein säuberlich pikiert
wird. Es wird hier nicht geklebt, nur so ist das gewisse Etwas
gegeben. [Nichts ist eleganter als ein Massanzug, 15.08.2020, aufgerufen am 30.08.2023]
Mit den nötigen Angaben auf Änderung versehen, wandert das
Kleidungsstück […] zum Arbeiter zurück, der es
jetzt wieder auseinander nimmt, die Façon pikiert,
Eckenband vorlegt, das Besetzen stückt und überstürzt, das Futter
unterschlägt, überstaffiert und was der vielen, vielen Arbeiten mehr sind. [Martens: Lese-, Lehr- und Hilfsbuch für Gewerbeschulen. 2. Aufl. Schwerin i. M. 1905]
5.
selten, besonders Lebensmitteltechnik, gelegentlich Kochkunst ⟨jmd. pikiert etw.⟩(vorsichtig, leicht) einstechen, durchstechen o. Ä.
Beispiele:
Beim Roquefort und Gorgonzola verwendet man Blauschimmel
[…]. Damit dieser sich
besser entfalten kann, wird der Käse mit Nadeln
»pikiert«. Sauerstoff gelangt in den Laib und
fördert die Vermehrung des Pilzes. [Münchner Merkur, 12.10.2019]
In der Regel werden [beim Kalträuchern]
Fleisch und Fisch zunächst pikiert, d. h. die
Fleischfasern werden mit einer speziellen Nadel durchstochen, um den Rauch
besser eindringen zu lassen. Anschließend werden sie eingesalzen oder
eingelegt, um den Geschmack zu intensivieren und die Haltbarkeit zu
erhöhen. [Was ist Kalträuchern, 02.04.2023, aufgerufen am 29.08.2023]
In der Kategorie Halbfester Schnittkäse
sind der italienische Gorgonzola (aus Kuhmilch hergestellt) oder der
französische Roquefort (Schafsmilchkäse) eine typische Spezialität. Diese
werden mit Blauschimmelkulturen geimpft und während der Reifung
pikiert, d. h. mit feinen Nadeln werden
Lüftungskanäle in den Käse gestochen, denn die Pilzkulturen brauchen für ihr
Wachstum Sauerstoff. [Käse, 06.02.2023, aufgerufen am 29.08.2023]
Nach dem natürlichen Abtropfen während 24 Stunden wird der Fourme gesalzen und mit Nadeln pikiert, damit sich die Schimmelpilzkulturen entwickeln können. [Fourme d’Ambert AOC, 25.01.2021, aufgerufen am 29.08.2023]
letzte Änderung:
Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
pikiert · pikieren
pikiert Adj. ‘gereizt, verletzt, verstimmt, gekränkt’ (Ende 18. Jh.), Part.adj. zu pikieren Vb. ‘stechen, anstacheln, reizen, verstimmen’, reflexiv ‘sich anspornen, sich angelegen sein lassen’ (Ende 17. Jh.), einer Entlehnung aus frz. piquer ‘stechen, anspornen, reizen, schlagen’, reflexiv ‘sich beleidigt fühlen’. Dieses gehört zu einem im Roman. verbreiteten Typus vlat. *pīccāre, der auf lautmalendem *pīkk- (mit expressiver Konsonantendoppelung) beruht; vgl. die sich mit ähnlichen Laut- und Bewegungsvorstellungen verbindenden parallelen Bildungen lat. pīcus ‘Specht, Baumhacker’, dt. picken (s. d.). Eine vereinzelte Frühentlehnung (Ende 16. Jh.) ist pikieren im Sinne von ‘stechen, nähen, steppen’.
Typische Verbindungen zu ›pikieren‹ (berechnet)
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