Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

stigmatisieren

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
GrammatikVerb · stigmatisiert, stigmatisierte, hat stigmatisiert
Aussprache [ʃtɪgmatiˈziːʀən] · [stɪgmatiˈziːʀən]
Worttrennung stig-ma-ti-sie-ren
Wortbildung  mit ›stigmatisieren‹ als Erstglied: Stigmatisation · Stigmatisierung  ·  mit ›stigmatisieren‹ als Grundform: stigmatisiert
Icon Wortgeschichte digital Zu diesem Eintrag finden Sie auch eine Wortgeschichte, bereitgestellt von unserem Projektpartner Wortgeschichte digital.
DWDS-Vollartikel

Bedeutung

bildungssprachlich, besonders Soziologie jmd., etw. stigmatisiert jmdn.mit einem Stigma belegen; Personen auf ihre von der Norm abweichenden, als negativ bewerteten körperlichen oder geistigen Merkmale reduzieren und gesellschaftlich diskriminieren, bloßstellen; Personen negativ bewertete Merkmale und Eigenschaften zuschreiben und dadurch abwerten, in eine gesellschaftliche Außenseiterrolle drängen
Beispiele:
Die Intellektuellen wurden [nach Algeriens Unabhängigkeit 1962] als vermeintliche Kollaborateure der verhaßten [französischen] Kolonialmacht stigmatisiert. [Die Zeit, 27.05.1994]
Dort [in Dänemark] wird man nicht stigmatisiert, wenn man – wegen Legasthenie oder geringer Bildung – nicht gut lesen kann. [Süddeutsche Zeitung, 19.04.2021]
Der Kläger wurde durch die Erklärungen der Polizeivizepräsidentin stigmatisiert und sein Ansehen erheblich beschädigt, so das Gericht. [Landgericht Frankfurt a. M. – Urteil, 02.08.2020, aufgerufen am 01.09.2020]
Historisch hat man immer wieder versucht, unliebsame politische oder ethnische Gruppen auch als sexuell unzuverlässig oder abseitig zu stigmatisieren. [Welt am Sonntag, 23.11.2014]
Besonders gut stand die Frisur [dem Schauspieler Robert] De Niro nicht, doch mit dem Hahnenkamm auf dem Kopf stigmatisierte sich die Filmfigur Travis Bickle [in »Taxi Driver«] als Außenseiter der Gesellschaft – und machte sich gleichzeitig zu einem Blickfang. [Der Spiegel, 29.02.2008 (online)]
Um die Beteiligten nicht zu stigmatisieren, sollen die Projekte attraktiv sein auch für Familien der Mittelschicht. [Süddeutsche Zeitung, 22.12.2001]
Caritas‑Direktor Walter S[…] forderte, die HIV‑Infizierten und Aids‑Kranken nicht zu stigmatisieren. [Süddeutsche Zeitung, 20.12.1994]
Unter den heutigen Bedingungen bleibt also jemandem, der im GTL‑[Tariflohn-]System [in Logistik-Unternehmen] nicht unterkommt, nur die Wahl, entweder als Empfänger von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe stigmatisiert oder als »Schwarzarbeiter« kriminalisiert zu werden. [Die Zeit, 06.12.1985]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Stigma · stigmatisieren · stigmatisiert
Stigma n. ‘Merkmal, (entehrendes) Kennzeichen, Wundmal’. Lat. stigma, hervorgegangen aus griech. stígma (στίγμα) ‘Stich, Brandmal, Malzeichen, Kennzeichen’, zu griech. stízein (στίζειν) ‘stechen, punkten, tätowieren, brandmarken’ (verwandt mit stechen und Stich, s. d.), wird Anfang des 17. Jhs. in seinen Bedeutungen ‘den Sklaven und Verbrechern zur Beschimpfung eingebranntes Zeichen, Brandmal’ und (mlat.) ‘eins der fünf Wundmale Christi’ ins Dt. übernommen. Seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. begegnet übertragener Gebrauch ‘Kennzeichen, Merkmal, Schandmal’, in der Medizin ‘Krankheitsanzeichen’ (1. Hälfte 19. Jh.). Früher bezeugt ist stigmatisieren Vb. ‘brandmarken, mit den fünf Wundmalen Christi zeichnen’ (16. Jh.), (aus kultischen bzw. rituellen Gründen) ‘Wundmale, Narben beibringen’ (18. Jh.), übertragen ‘(kenn)zeichnen, verleumden’ (19. Jh.), mlat. stigmatizare ‘mit den Wundmalen Christi zeichnen’, griech. stigmatízein (στιγματίζειν) ‘punktieren, brandmarken’, spätlat. stigmāre ‘brandmarken’. stigmatisiert Part.adj. ‘mit Wundmalen versehen’ (16. Jh.), auf Grund religiöser Ergriffenheit ‘mit Wundmalen wie der gekreuzigte Christus behaftet’ (19. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

(hart) kritisieren · (jemanden) heruntermachen · (öffentlich) anprangern · geißeln · richten (archaisierend) · stigmatisieren · verurteilen · öffentlich beschuldigen  ●  (das) Urteil sprechen (über) fig. · an den Pranger stellen fig. · ins Gericht gehen (mit) fig. · unter Beschuss nehmen fig. · (jemandem) ans Bein pinkeln ugs., fig. · beredte Klage führen (über) geh. · den Stab brechen (über) ugs., fig.
Oberbegriffe
Assoziationen

stigmatisieren · vorverurteilen  ●  abstempeln (als) ugs. · geistig ausgrenzen geh.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›stigmatisieren‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›stigmatisieren‹.

Zitationshilfe
„stigmatisieren“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/stigmatisieren>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
Stiftungszweck
Stiftzahn
Stigma
Stigmarie
Stigmatisation
stigmatisiert
Stigmatisierte
Stigmatisierung
Stigmonym
Stiko

Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Verteilung über Areale

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Weitere Wörterbücher

Belege in Korpora

Metakorpora

Referenzkorpora

Zeitungskorpora

Webkorpora

Spezialkorpora