Deutsches Fremdwörterbuch | |
ästhetisch |
Adj. (Steigerung ungebr.), seit Mitte 18. Jh.
belegte Ableitung von → Ästhetik; auch subst. gebraucht (s. Belege 1757, 1945,
1969).
Zunächst wissenschaftsspr. in der Kunsttheorie in der Bed. ‘den
Regeln der Kunst folgend, auf die Lehre der schönen Künste bezogen’ (s. Belege
1748, 1754, 1885, 1903), in Wendungen wie ästhetische Regeln,
Wahrscheinlichkeit, Schönheit, ästhetisch schön, auch im Sinn von ‘die
Regeln der Kunsttheorie anwendend’ (s. Belege 1754, 1755, 1760), in Wendungen
wie ästhetischer Dichter, ästhetisches Gedicht, ästhetische Methode, als
Modewort des 18. Jhs. auch abwertend (s. Belege 1755, 1764, 1767); auf das
Lehrfach bzw. Druckerzeugnisse bezogen in der Bed. ‘die Theorie vom Schönen
darlegend’ (s. Belege 1772, 1793–96), z. B. ästhetische Vorlesungen,
Schriften.
Seit späterem 18. Jh. setzt die Loslösung von der
Vorstellung eines aus Regeln bzw. Normen erzeugten Kunstwerks ein, danach
verallgemeinert zu der Bed. ‘das Schöne empfindend, für Schönheit empfänglich
seiend, auf den Schönheitssinn bezogen’ (s. Belege 1790–91, 1838, 1945, 1961),
in der Wendung ästhetisches Urteil von Kant ausdrücklich vom
Verstandesurteil abgegrenzt (s. Beleg 1790), auf eine dem Schönen bes.
zugeneigte Zeit/Epoche bezogen (s. Belege 1888, 1921) in Wendungen wie
ästhetisches Zeitalter, ästhetische Epoche; seit dem 18. Jh., vor allem
in der von Schiller in seiner philosophischen Darlegung geprägten festen
Verbindung ästhetische Erziehung, auch als ethisch-moralische Kategorie
gedeutet (s. Belege 1793–96, 1795, 1939, 1974, 1983), vgl. auch die von Schiller
geprägte Verbindung ästhetischer Staat (s. Beleg 1795); als
kunsttheoretische Bewertungskategorie im 20. Jh. zunehmend konnotiert mit
„oberflächlich, äußerlich“ (s. Beleg 1985) bzw. in Zss. wie rezeptions-,
wirkungs-, gehalts-, produktions-, darstellungsästhetisch differenziert, der
Vorstellung vom Kunstwerk als kommunikativem Akt entsprechend.
Seit
spätem 18. Jh. verallgemeinert zu der Bed. ‘schöngeistig’, z. B. auf
Zeitschriften bezogen (s. Beleg 1799), im 19. Jh. bes. in der schlagwortartig
gebrauchten Wendung ästhetischer Tee ‘Teegesellschaft, in der Fragen der
Kunst und des Schönen erörtert werden’ (→ Tee 1c; s. Belege 1800, 1824, 1831);
heute auch von Personen, vgl. die Wendungen ästhetischer Typus, ästhetische
Intellektuelle.
Seit späterem 18. Jh. mit erweitertem
Anwendungsbereich weiter abgeflacht zu der Bed. ‘angenehm, schön, Wohlgefallen
erregend’ (s. Belege 1789, 1813, 1854–55, 1936, 1993), seit frühem 20. Jh.
zunehmend auf alltägliche Gegenstände/Erscheinungen bezogen im Sinn von ‘stil-,
geschmackvoll’ (s. Belege 1904, 1928, 1929, 1959, 1993), vgl. die Zs.
alltagsästhetisch.
Daneben um 1800 gelegentlich verhüllend in der
Verbindung ästhetische Krankheit im Sinn von ‘Geschlechtskrankheit’ (s.
Belege 1799, 1802).
Seit späterem 18. Jh. die Präfixbildung
unästhetisch, zunächst vereinzelt in der Bed. ‘den Regeln der Kunst, der
Ästhetik widersprechend’ (s. Beleg 1772), Mitte 19. Jh. vereinzelt im Sinn von
‘für das Schöne nicht empfänglich’ (s. Beleg 1831), heute in der Bed.
‘Widerwillen erregend, den optischen Eindruck störend’ (s. Beleg 1963).
Belege
Meier 1748 Anfangsgründe I 6
aesthetischen Regeln;
ebd. I 230
Eine Fabel, die utopisch ist, die folglich keine aesthetische
Wahrscheinlichkeit besitzt, ist ein Mährlein . . und dergleichen Fratzen haben
gar keine aesthetische Schönheit;
Wieland 1753 Ges. Schr. IV 6
Gewöhnen
Sie sich nur bey Zeiten, sich über die mittlere Gegend des Aesthetischen
Horizonts zu heben;
Meier 1754 Anfangsgründe I 295
Wenn man . . einen
Gedanken aesthetisch erleuchten wil, so kan man dieses bewerkstelligen, wenn man
das Gegentheil seines Gegenstandes auch denkt;
Gottsched 1754 Auszug a.
Batteux Schöne Künste 41
unsre ästhetischen Dichter;
Schönaich 1754
Ästhetik 75
Ein gelehrter Mann . . hat das Wörtchen Brunnen recht ästhetisch
angebracht, und uns ein Muster gegeben, wie man die gewöhnliche Sprache
verlassen müsse, wenn man gefallen will;
Nicolai 1755 Zustand d. schönen
Wiss. Vorr. o. S.
Es sind viel die den Hrn. Klopstok schlecht nachgeahmt
haben . . Man nennt alle diese Gedichte ästhetische Gedichte, wenn sie gleich
die Ästhetik noch so sehr verwirft;
ebd.
Es gehet dem Worte Aesthetisch,
fast eben so, wie dem Worte Philosophisch, vor zwanzig und mehreren Jahren. Es
war genung, einen zum Kezzer in der Theologie zu machen, wenn man sagte: Er
denkt philosophisch;
Gottsched 1757 Neuestes a. d. anmutigen Gelehrsamkeit
VIII 515
Einige . . haben das Sinnliche, das Aesthetische im Ausdrucke, für
den wesentlichen Charakter der Dichtkunst gehalten;
Meier 1759 Anfangsgründe
III 1
Von den ästhetischen Begriffen;
Gottsched 1760 Handlex. 50
Was
es mit unsern ästhetischen Dichtern für eine Bewandniß habe, kann aus der ganzen
Aesthetik in einer Nuß ersehen werden. In der That aber strafet dieß Buch, nicht
so wohl den guten untadelichen ästhetischen Ausdruck; als den Mißbrauch einiger
neuern, gar zu schwülstigen Dichter und Redner;
Hamann 1764 Briefw. II
238
Sie müssen es [das Exemplar] nach den Hiesigen Horizont beurtheilen um
die Größe des ästhetischen Bubenstücks zu schätzen;
Herder 1764 S. W. I
388
[Unterschied] der gemeinen, aesthetischen und gelehrten Sprache;
ders. 1767 S. W. I 422
aesthetische Kapriolen;
Riedel 1768 Publicum
14
der ästhetische Horizont ist der Innbegriff aller Gegenstände des schönen
Denkens;
Sonnenfels 1769 Wienerische Schaubühne 310
wenn der Stoff . .
keinen ästäthischen [!] Reichthum in sich hielt;
Sulzer 1771 Theorie I 22
Aesthetisch . . Die Eigenschaft einer Sache, wodurch sie ein Gegenstand des
Gefühls, und also geschikt wird, in den Werken der schönen Künste gebraucht zu
werden. Die Ausdrücke: ein ästhetischer Gedanke, ein ästhetisches Bild u. d.gl.
bezeichnen solche Gedanken und Bilder, die bequem sind, in einem Werk des
Geschmaks Platz zu finden;
1772 Frankf. gel. Anz. 49
Ästhetische
Vorlesungen;
Matthisson 1786 Rheinfahrt (II 22)
zur Ehrenrettung seines
ästhetischen Takts;
Hermes 1789 für Eltern II 62
weil der Prügel beim
Hünde lag: so kostete michs nichts, mein Herz mit der ästhetischen Bemerkung
abzufinden, er sei nächst dem Bischof von * der schönste Mensch in Europa;
Kant 1790 Kritik d. Urteilskraft (Werkausg. X 36 f.)
ästhetisch oder
sinnlich urteilen, so fern dieses Erkenntnis eines Gegenstands sein soll, ist
selbst alsdann ein Widerspruch, wenn Sinnlichkeit sich in das Geschäft des
Verstandes einmengt und . . dem Verstande eine falsche Richtung gibt . . ein
ästhetisches Urteil [ist] dasjenige, dessen Bestimmungsgrund in einer Empfindung
liegt, die mit dem Gefühle der Lust und Unlust unmittelbar verbunden ist;
Hölderlin 1790–91 Geschichte d. schönen Künste (S. W. u. Br. I 810)
Das
dunkle Altertum erlaubt nicht anders, als fragmentarisch, und auch das
Fragmentarische noch sehr ungewiß darzustellen. Doch sehen wir auch in diesen
Spuren . . das künftige ästhetische Volk zum voraus;
Reichardt 1791 Musikal.
Kunstmagazin 39
Die Zusammensetzung [von Leichtsinn und Schwermut in einer
Person] kan also wohl moralische Wahrheit haben, aesthetische hat sie gewiß
nicht;
Dalberg 1791 Grundsätze 109
Ästhetische Bemerkung über das Buch
Ruth;
ders. 1791 Ästhetik 17
die ästhetischen Gesetze verlangen so viel
geistiges, als möglich ist; so wenig körperliches, als unentbehrlich ist. Ohne
Geistiges ist kein Daseyn des Schönen; ohne Körperliches ist kein Anschauen des
Schönen;
Schiller 1793–96 Nutzen (H. XII 150)
ästhetischer Sitten;
ebd. 190
Über den moralischen Nutzen ästhetischer Schriften;
Hölderlin 1794 Br. (S. W. u. Br. II 608)
Ich würde Dir gerne auch noch
etwas von mir, von . . meinen kantischästhetischen Beschäftigungen . . erzählen;
Schiller 1794 Br. (Prutz’ Museum I 145)
ich nenne ihn [den Umgang]
aesthetisch, wo sich die Menschen bloß als Erscheinungen gegeneinander
verhalten, und wo nur auf den Eindruck, den sie auf den Schönheitssinn machen,
geachtet wird;
ders. 1795 Ästhetische Erziehung (H. XI 5)
Ich hoffe, Sie
zu überzeugen, daß diese Materie weit weniger dem Bedürfnis als dem Geschmack
des Zeitalters fremd ist, ja daß man, um jenes politische Problem in der
Erfahrung zu lösen, durch das ästhetische den Weg nehmen muß, weil es die
Schönheit ist, durch welche man zu der Freiheit wandert;
ebd. XI 86
Es
gehört . . zu den wichtigsten Aufgaben der Kultur, den Menschen auch schon in
seinem bloß physischen Leben der Form zu unterwerfen und ihn, soweit das Reich
der Schönheit nur immer reichen kann, ästhetisch zu machen, weil nur aus dem
ästhetischen, nicht aber aus dem physischen Zustand der moralische sich
entwickeln kann;
ebd. XI 114
Der dynamische Staat kann die Gesellschaft
bloß möglich machen, indem er die Natur durch Natur bezähmt; der ethische Staat
kann sie bloß (moralisch) notwendig machen, indem er den einzelnen Willen dem
allgemeinen unterwirft; der ästhetische Staat allein kann sie wirklich machen,
weil er den Willen des Ganzen durch die Natur des Individuums vollzieht;
Böttiger 1797 Literar. Zustände I 220
[Sie] schmiedeten das berüchtigte
ästhetische Wörterbuch, worin Haller, Bodmer, Breitinger, Klopstock und seine
Freunde mit einer Flut Gottschedischen Wassersuppenwitzes begossen wurden;
F.
Schlegel 1798 Griech. Poesie (Krit. Schr. 161 f.)
Es ist wahrhaft wunderbar,
wie in unserm Zeitalter das Bedürfnis des Objektiven sich allenthalben regt . .
Der Augenblick scheint . . für eine ästhetische Revolution reif zu sein, durch
welche das Objektive in der ästhetischen Bildung der Modernen herrschend werden
könnte . . Die ästhetische Revolution setzt zwei notwendige Postulate als
vorläufige Bedingungen ihrer Möglichkeit voraus: ästhetische Kraft und
Moralität;
Laukhard 1799 Annalen III 68
venerisch oder
ästhetisch-scabiös, nach der Sprache der Privilegirten;
Hölderlin 1799 Br.
(S. W. u. Br. II 819)
Der Ton, der durchaus in der Zeitschrift herrschen
wird, macht es wohl schicklich, daß der HE. Verleger . . ihr . . den Titel:
Journal für Damen, ästhetischen Inhalts, geben kann;
Brentano 1800 Gustav
Wasa 96
Ich kenne zwanzig Mittel dagegen, erstens den ästhetischen Thee . .
d. h. Kunst mit Moral, die ihr aufhelfen soll;
Goethe 1800 Br. (WA IV
15,151)
Wenn der ästhetische Theil der Beschreibung raphaelischer Werke . .
sich lesen läßt, so ist schon viel gewonnen. Möchten Sie die Lücke, die Sie am
Technischen finden, einmal selbst ausfüllen;
Laukhard 1802 Leben V 29
Der
gar zu häufige Genuß der Wollust schwächte ihren Körper . . Damals . . war
die ästhetische Krankheit schon sehr sichtbar an ihr;
1803 Br. v. d. Univ.
15
das ästhetisch vollendetste Frauenzimmer;
Goethe 1805 Br. (WA IV
19,73)
Ich lasse jederzeit die Namen lebender Personen ausstreichen . . Das
Schauspiel soll eine heiter ästhetische Stimmung hervorbringen, die durch solche
Realitäten durchaus gestört wird;
Bouterwek 1807 Ästhetik 51
ästhetischer Cynismus;
ebd. 187
Das natürliche Bedürfniß der
Abwechselung hat an sich mit dem ästhetischen Verlangen nach Neuheit wenig
gemein. Aber wir verlangen von der Kunst mit ästhetischem Rechte dieselbe
Unerschöpflichkeit im Mannigfaltigen, die zum Wesen der Natur gehört;
ders.
1807 Gesch. VI 25
ästhetische Universalität . ., durch die eine Nation
beweiset, daß sie überhaupt nichts Geschmackloses dulden will;
Heinsius 1809
Bardenhain I 331
einen moralisch- und ästhetisch-feinen Sinn für das Große,
Gute und Schöne;
Jean Paul 1812 Vorschule. Vorr. zur zweiten Aufl. (W. IX
16)
Aber wollte ich denn in der Vorschule etwas anders sein als ein
ästhetischer Vorschulmeister, welcher die Kunstjünger lediglich einübt und
schulet für die eigentlichen Geschmacklehrer selber?;
ebd.
bekanntlich
ist der ästhetische Lehrstuhl ein Triklinium dreier Parteien . ., nämlich der
kritischen, der naturphilosophischen und der eklektischen;
Seume 1813 Leben I
(W. I 42)
Die schönsten Stellen sind immer die einfachsten, und es ward mein
ästhetisches Glaubensbekenntniß;
Heine 1824 Harzreise (S. W. IV 51)
ein
junger Dichter bemerkte sogar, wie einige belletristische Damen auf einer
Bergecke ihre ästhetische Teegesellschaft hielten . . und über alle
Erscheinungen in der deutschen Literatur ihr Endurteil fällten;
Goethe 1827
Br. (WA IV 43,134)
Hätte ich mich nicht in die Naturwissenschaften
eingelassen, so wäre ich nie zu dieser Einsicht gelangt; denn in sittlichen und
ästhetischen Dingen läßt sich das Wahre und Falsche niemals so in die Enge
treiben;
Immermann 1831 W. X 206
Ausdünstungen der ästhetischen
Teemaschine (LADENDORF);
Rumohr 1832 Denkwürdigkeiten II 84
ein
angenehmer Vierziger, den Sie an seinen weichen ästhetischen Manieren alsbald
erkennen werden. Er ist Mitarbeiter an unserem grossen encyclopädischen Werke,
worin er die gesamte ästhetische Partie übernommen hat;
Glassbrenner 1836
Bilder II 213
diese berühmten ästhetischen Soiréen;
Vischer 1837 Erhabene
41
das Altertum [schenkte] dem rein ästhetischen Gebiete keine abgesonderte
Betrachtung;
Immermann 1838 Oberhof 31
das ästhetische Landschaftsgefühl
ist schon ein Produkt der Überfeinerung, weshalb es denn auch nie in eigentlich
robusten Zeiten auftritt;
Herbart 1841 Vorlesungen 63
Die ästhetische
Kontemplation . . erfolgt nicht anders, als bei so ruhiger Lage des Gemüts, daß
es das simultane Schöne genau zusammenfassen und dem successiven in
entsprechender Bewegung nachkommen kann;
Burckhard 1844 Br. II 62
eines
übel berufenen ästhetischen Christenthums;
Hettner 1850 Schule 164
Regungen des ästhetischen Katholizismus;
Marx/Engels 1853 D. großen Männer d.
Exils (MEW VIII 261)
von diesem Augenblick an beteiligte sich die Masse des
deutschen Spießbürgertums und des ästhetischen Waschlappentums eine Zeitlang an
der blauen-Blume-Komödie;
Eichendorff 1854 Drama 213
eine andere Art von
Nippes für die Boudoirs ästhetischer Damen;
Keller 1854–55 Heinrich (S. W.
XVIII 149)
Sonst war die achtzehnjährige Tochter Agnes der einzige
ästhetische Nachlaß des Mannes;
Strauss 1856 Papierreisende 17
meinen
ästhetischen Freund in Zürich;
Landsteiner 1860 Leben 129
Wer der Meinung
ist, daß es bloß . . an der Spree ästhetische Thee’s gibt, der irrt. Auch die
südliche Metropole . . erfreut sich gewisser Salons, in denen . .
geschöngeistert und kritisirt wird;
Marx 1868 Die Verbindungen (MEW XVI
332 f.)
Hier macht sie ihre verschämten Auszüge aus „Times“, „Morning Star“
und „Saturday Review“ mit einer ästhetischen Fischsauce für den Geschmack ihres
Publikums zurecht;
Nietzsche 1871 Geburt d. Tragödie (W. I 40)
nur als
ästhetisches Phänomen ist das Dasein und die Welt ewig gerechtfertigt;
Gutzkow 1878 Schwulst 81
einen . ., an der ästhetischen
Geschmacksschmiede Deutschlands betheiligten Hauptwortführer des „ästhetischen
Schwulstes“;
Hartmann 1879 Phänomenol. 700
Culturgeschichte . . als
ästhetische Culturgeschichte oder Entwicklungsgeschichte der Ideale der
Menschheit;
Schmidt 1883 Dtsch. Literaturdenkmale XIII 89
Ein Stück, das
nicht, nach ihrem Maaße abgemessen, oder auf ihrer Probecharte steht . . bleibt
in ihren Augen . . Aesthetische Konterbande;
Gottschall 1885 Totenkl. 267
Diese Vorrede . . charakterisirt das Wesen des photographischen Zeitromans, ohne
ästhetische Analyse und Begriffsbestimmung;
Rolef 1887 Reisebr. 193
wenn
man das Rauchen und Schnupfen vom ästhetischen Standpunkte aus betrachten will,
so wird wohl das Nichtschnupfen den Vorzug verdienen;
1888 VjS. f.
Literaturgesch. I 225
Wunsch Goethes und Schillers, in ihrem Zusammenwirken
ein ästhetisches Zeitalter für die deutsche Nation heraufzuführen;
Dahn 1895
Erinn. IV 2
Völklein der ästhetischen Wandervögel: der Schauspieler, Sänger,
Musiker;
Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 196)
Sehen Sie, Schwiegervater,
die Revolution ist in Berlin an ästhetischen Teetischen vorbereitet worden;
Lipps 1903 Ästhetik I 229
Das Resultat ist eine ästhetisch vollkommen
unmögliche Linie;
Oppenheimer 1904 Ges. Reden I 358
leider fehlt . . der
unbemittelten Klasse . . das Verständnis für die gemütlich-ästhetischen Reize
. . einer gut gehalteten . . Wohnung;
Schmitz 1911 Brevier 211
Warum
essen die wenigsten Frauen gerade so viel, wie ihnen gut steht? Entweder, sie
sind „ästhetisch“ und essen nichts, oder sie essen gleich so viel wie ein Mann;
Benjamin 1913 Br. I 63
Schreibt Ihr, was Ihr über die Angelegenheit des
Jahrhundertspiels zu sagen habt! Möglichst gründlich und zugleich möglichst
wenig technisch-ästhetisch;
1915–16 Polit.-anthropol. Monatsschr. XIV 610
Die kleinen Unbequemlichkeiten, die immerhin die Mutterschaft mit sich bringt,
glauben unsere überästhetischen und nervösen jungen Frauen nicht vertragen zu
können;
Cassirer 1916 Freiheit 103
die ästhetische Reflexion und Kritik
wird zur produktiven Bedingung für den Prozeß des Schaffens, weil sie bis in
jene letzten geistigen Tiefen zurückdringt, aus denen das Schaffen selbst seine
Bestimmung empfängt;
Wätzold 1921 Kunsthistoriker I 318
Ihre [der
deutschen Kunstgeschichtsschreibung] „ästhetische“ Epoche schliesst mit Rumohr;
Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 631)
ein humanes Zuchthaus sei eine
ästhetische Halbheit, ein Kompromiß, und Herr Settembrini, obgleich er ein
Schönredner sei, verstehe im Grunde nichts von Schönheit;
Borries 1925
Romantik 108
Der Bildungsbegriff der Frühromantik . . beschränkt sich auf
die rein menschliche Form, er enthält den ästhetischen Imperativ;
Bahr 1925
Liebe I 315
man sollte fortan: ästh-etisch schreiben;
1928 Die Dame 2.
Okt.’h. 71
Erst in den letzten Jahren werden wir auf das amerikanische
Beispiel aufmerksam, das an Möbeln und Hausrat nur, was wirklich notwendig ist
und womit sich ein echtes Bedürfnis (das auch ein ästhetisches sein kann)
verbindet, auf die Dauer um sich dulden möchte;
Voss. Ztg. 16. 7. 1929
Aesthetischer Genuß auch, Joe Childs im Sattel zu sehen, . . der . . Jockey des
Stalles Weinberg war;
1930 Handb. d. Frankreichkunde II 275
V. Hugo war
viel zu sehr Künstler, als daß ausserästhetische Bindungen seiner Dichtung
dauernd ihren Stempel aufgedrückt hätten;
Friedell 1931 Kulturgesch. III
254
was ist ästhetisch? Übereinstimmung mit den Gesetzen des eigenen
Organismus. Daher ist die Natur immer ästhetisch;
Benn 1932 Nach dem
Nihilismus (Ges. W. I 161)
Raumgefühl, Proportion, Realisierungszauber,
Bindung an einen Stil. Also ästhetische Werte . . Artistik;
Cassirer 1932
Renaissance 137
Man pflegt fast allgemein anzunehmen, daß das Erstarken des
ästhetischen Interesses im 18. Jahrhundert aus der Vertiefung und Verfeinerung
der psychologischen Einsichten zu erklären ist;
Freud 1933 Warum Krieg?
(Studienausg. IX 286)
Und zwar scheint es, daß die ästhetischen
Erniedrigungen des Krieges nicht viel weniger Anteil an unserer Auflehnung
[gegen den Krieg] haben als seine Grausamkeiten;
K. Mann 1936 Mephisto 26
Vom ästhetischen Gesichtspunkt aus war die Situation für Höfgen vorteilhaft:
neben dem gar zu ausladenden Ehepaar wirkte er schlank;
Bloch 1938–47 Prinzip
Hoffnung 249
Ob . . der Ruf nach Vollendung – man kann ihn das gottlose
Gebet der Poesie nennen – auch nur einigermaßen praktisch wird und nicht bloß im
ästhetischen VorSchein bleibt, darüber wird nicht in der Poesie entschieden,
sondern in der Gesellschaft;
Th. Mann 1939 Lotte (W. II 541)
nie ist mir
klarer geworden, daß, was uns sittlich, und ästhetisch beruhigt, uns Billigung
abnötigt, die Harmonie, die Stimmigkeit ist;
Horkheimer/Adorno 1944 Dialektik
132
Das Fernsehen zielt auf die Synthese von Radio und Film . . deren
unbegrenzte Möglichkeiten . . die Verarmung der ästhetischen Materialien . .
radikal zu steigern verspricht;
Adorno 1945 Minima moralia 156
Dem
ästhetischen Auge, welches das Unnütze gegen die Utilität vertritt, wird das mit
Gewalt von den Zwecken abgelöste Ästhetische zum Antiästhetischen, weil es
Gewalt ausdrückt: Luxus zur Roheit;
Th. Mann 1947 Reden u. Aufs. (W. IX
706)
Es gibt zuletzt nur zwei Gesinnungen und Haltungen: die ästhetische und
die moralistische, und der Sozialismus ist streng moralische Weltansicht;
ND
1. 11. 1949
weil sich dort in der Kunst der Kampf um den Realismus gegen den
Formalismus zugunsten des Realismus entschieden hat – das ist nur die
kunstästhetisch formulierte Schlußfolgerung;
Bense 1954 Aesthetica 12
in
der Reflexion, in der sich das ästhetische Urteil vorbereitet, stellt sich das
Kunstwerk außerhalb der Affekte;
Jaspers 1958 Atombombe 193
Der geistige
Neutralismus . . läßt alles in irgendeiner Weise gelten, entzieht sich und ist
die Folge des unverbindlichen, ästhetischen Zusehens;
Welt 2. 5. 1959
jenen ästhetisch vollendeten Spielschreibtischen . ., in deren Schubladen sich
höchstens eine Handvoll Papiere unterbringen läßt;
Bachmann 1959–60 Frankf.
Vorlesungen (W. IV 192)
Da mag sie [die neue Sprache] uns freilich erlauben,
auf ihre Schönheit zu achten, Schönheit zu empfinden, aber sie gehorcht einer
Veränderung, die weder zuerst noch zuletzt ästhetische Befriedigung will,
sondern neue Fassungskraft;
Adorno 1961 Noten II 43
Das antirealistische
Moment des neuen Romans, seine metaphysische Dimension, wird selber gezeitigt
von seinem realen Gegenstand, einer Gesellschaft, in der die Menschen
voneinander und von sich selber gerissen sind. In der ästhetischen Transzendenz
reflektiert sich die Entzauberung der Welt;
Johnson 1961 Buch 310
Einigkeit und Recht und Freiheit immer nach der selben Melodie, die Achim
vielleicht mißfiel, musikalisch, ästhetisch, und von früher her?;
Lukács 1962
Theorie d. Romans 11
Aus dem Hegelschen Erbe stammt ebenfalls die
ästhetische Problematik der Gegenwart: daß geschichtsphilosophisch die
Entwicklung in einer Art von Aufhebung jener ästhetischen Prinzipien mündet, die
den bisherigen Gang der Kunst bestimmten;
Böll 1963 Clown 281
Sommerweil
hatte sich die Haare raufen müssen, eine Trauung ohne Schleier verdarb ihm das
ganze ästhetische Konzept;
Glaser 1964 Spießer 35
was von dem
ästhetischen Schmelz überzogen war, erschien schön – auch das Niedrige oder
Gemeine;
Staiger 1966 Grundbegriffe 228
Eine Poetik, wie sie hier
vorliegt, kann keine ästhetische Wertung begründen;
Jauß 1967
Literaturgeschichte als Provokation 169
Die rezeptionsästhetische
Perspektive vermittelt . . zwischen passiver Aufnahme und aktivem Verstehen,
normbildender Erfahrung und neuer Produktion;
ebd. 174
die verbreitete
. . Skepsis, ob eine wirkungsästhetische Analyse überhaupt an die
Bedeutungssphäre eines Kunstwerks heranreiche und nicht bestenfalls in eine
simple Soziologie des Geschmacks bei solchen Versuchen herauskomme;
ND
8. 4. 1969
Allerdings sei den Zirkeln empfohlen, sich über die ästhetischen
Gesetze des Genres, vor allem der Anekdote, mehr Klarheit zu verschaffen;
Kuczynski 1969 Gestalten 86
Das Ästhetische bei Hölderlin ist zugleich
immer auch ein Ästhetisch-Menschliches, das heißt, das vollendete Gedicht ist
eine Widerspiegelung der Vollendung des Menschen;
ND 19. 6. 1974
[eine]
Vervollkommnung der Aussage . ., die im textgebundenen wie im rein
instrumentalen Werk beim Publikum eindeutige ästhetisch-ethische Haltungen
auslöst;
Hildesheimer 1977 Mozart 370
Sterbensakt und Tod des Genies
unterliegen nicht zuletzt auch der ästhetischen Zensur;
Selle 1981 Kultur der
Sinne und ästhetische Erziehung
(Titel);
Richter-Reichenbach 1983
Bildungstheorie und ästhetische Erziehung heute
(Titel);
Zeit
29. 3. 1985
er verschmäht das ästhetische Raffinement des Artistischen;
ebd. 24. 5. 1985
Damals ging es unter anderem um die Begeisterung, die
amerikanische ästhetische Intellektuelle und Cineasten für Leni Riefenstahl an
den Tag legten;
ebd. 7. 6. 1985
wer die Exzesse allein dem Fußball
anlastet, wird dem Charakter eines Spiels nicht gerecht, das auch höchsten
ästhetischen Genuß vermitteln kann;
MM 12. 8. 1985
mit Büchern . ., in
denen Kausalität, Logik, Psychologie ersetzt sind durch Phantastik, mit
alogischen und akausalen Dichtungen, in denen eine nur-ästhetische Welt
entworfen wird;
Zeit 4. 10. 1985
Er meint damit weniger die ästhetische
Ödnis seiner begradigten Ufer oder seine Farbe, sondern die reduzierte
Gleichförmigkeit des Lebens in seinen Fluten;
ebd. 18. 4. 1986
der neue
ästhetische Typus, gekleidet in Closed-Jeans und einen Armani-Pullover,
bevölkert die Vernissagen der schicken Galerien;
Welsch 1988 postmoderne
Moderne 49
Dabei zeigen die . . Beispiele, daß sich nicht nur
innerästhetisch schon höchst gegensätzliche „Modernen“ gegenüberstehen, sondern
daß auch der Unterschied der ästhetischen Sphäre gegenüber anderen Sphären, etwa
der ökonomisch-industriellen, sich innerästhetisch reproduziert;
MM
31. 3. 1988
Wie soll denn nun endlich das Müll-Splitting auch ästhetisch
schmackhaft gemacht werden?;
ebd. 24. 5. 1988
Zum erstenmal scheinen
Zahls Aussagen beliebig, vermag er es nicht, sich die ästhetischere Form der
Lyrik zunutze zu machen;
ebd. 30. 5. 1988
Während . . die einen von den
filmästhetischen Reizen schwärmen, . . fühlen sich die anderen wie in einem
Supermarkt der Bilder;
1990 Ästhetische Grundbegriffe 21 f.
die Promotion
des Wortes „Geschmack“ zum ästhetischen Grundbegriff im 18. Jahrhundert bis zur
Ästhetik Kants;
ebd. 28
Hegels gehaltsästhetischer Begriff der Schönheit
ist ein anderer als Kants geschmacksästhetischer;
ebd.
Die
Differenzierung kunstwissenschaftlicher Theorien und Methoden in
produktionsästhetisch oder darstellungsästhetisch, wirkungsästhetisch und
rezeptionsästhetisch orientierte;
Sanders 1992 Sprachkritikastereien 6
Wörter und Wendungen . . den höheren Weihen sprachästhetischer Würdigung
zuzuführen;
Spiegel 30. 11. 1992
Selbst eine Bombennacht gerät dem
Regisseur Liebeneiner zum ästhetischen Ereignis;
Schulze 1993
Erlebnisgesellschaft 13
Geländeautos . . sind vordergründig zweckmäßig, nur
besitzt Geländegängigkeit in unserem asphaltierten und betonierten Ambiente kaum
Gebrauchswert, so daß sich diese Eigenschaft als ästhetisches Attribut entpuppt;
ebd. 96
Was Gegenstand alltagsästhetischer Episoden ist, von der
Mondscheinsonate bis zum Autozubehör, erscheint aus der Perspektive des
semantischen Paradigmas als Zeichen, dessen Gehalt Erlebnisse sind;
Süddtsch.
Ztg. 19./20. 2. 1994
[Er] erwartete . ., daß sich das, was ihm und anderen
Parteigängern der ästhetischen Fortschrittspartei . . vorschwebte, am Hoftheater
rasch und vorteilhaft verwirkliche.
Hamann 1772
S. W. III 21
der mystische [Unterricht] ist zweydeutig, unphilosophisch,
unästhetisch;
Pückler 1831 Br. III 364
Er war aber darin gar zu nüchtern
und unästhetisch;
Böll 1963 Clown 285
Karl und Sabine werden weinen,
hemmungslos, auf eine Weise, die allen Teilnehmern am Begräbnis unästhetisch
vorkommen wird.