Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

übelthäter, m.

übelthäter, m.,
maleficus: es wollen auch einige grammatici ... wörtern, die in singulari auff ein er oder el auszgehen in plurali ein (e) zusetzen, als der vater, die vätere, oder da es sich im versz nicht schicke, das erste (e) wegwerffen und dafür setzen die übelthätre, die bürgre Morhof unterricht v. d. dtsch. spr. 1, 478.
bedeutung und gebrauch.
1)
im weitesten sinne: malefactor Diefenbach gloss. 344ᶜ; vgl. auch magus u. elymas 343ᶜ, 198ᵇ: zawberer, wol u. ubelteter; der übels thut, an evil doer Ludwig teutschengl. wb. (1765) 1780; kwaad doender Kramer hochniederd. wb. (1719) 217ᵇ; gutthäter und übelthäter under jn waren Seb. Franck chron. Germ. (1538) 201; bettetend für sich selbs und auch für die gut- und übeltäter Tschudi chron. 1, 374.
2)
verengt: verbrecher, peinlich angeklagter, seit dem 15. jahrhdt. in der älteren rechtssprache allgemein üblich und von hier in die profane und geistliche literatur dringend: maleficus Maaler 441ᵇ; reo Megiserus (1592) Oo 5ᵇ; malfattore Hulsius 143ᵃ; delinquente Kramer (1678) 1065ᵇ; criminel, malfaiteur Frisch (1719) 565; noxius Kirsch 297ᵇ; reus Hederich 2395; verbrecher, malefizperson Chomel 8, 2191; vgl. auch asilum, freiung, do die ubeltheter yn fliehen Diefenbach gloss. 54ᵃ.
a)
wir wollen auch aus fürstlicher obrigkait sölhen austretern, beschedigern und andern dergleichen übelthätern und iren helfern, enthaltern und fürschiebern, die in unsern und andern landen, niederzuwerfen und zu erobern mit allem vleiss nachstellen landpot in ober und nieder Baiern (1516) 8ᵃ; und so der übelthäter ergriffen wirt, bindt man in Seb. Münster cosm. 76; so sichs aber begibt, dasz der profosz einen übelthäter für recht stellt Fronsperger kriegsbuch (1578) 1, a 3; im fall der commendant ... seumig were ..., das alsdan der magistratus loci allein die gebühr anschaffen und die übelthäter straffen möchte Chemnitz schwed. krieg 2, 421; ist er neutral gewesen, so wird präsumirt, dasz der übelthäter ein beharrlicher ausreiser sey, kan aber dennoch in etwas begnadigt werden Fleming der vollk. teutsche soldat (1726) 130, 7; aus der neueren rechtsprosa durch missethäter (das Luther nach Teller 2, 47 noch gar nicht gebrauchte) und insbesonders durch verbrecher verdrängt.
b)
ir solt Barraban, den übelthetter
nemen aus seiner gefangkhnus schwär
altdeutsche passionssp. 396 Wackernell;
herr landtpfleger, da bringen wir
ein übeltheter, den wir dir
überantworten nach deinr pflicht
das er werdt zu dem todt gericht
Hans Sachs 11, 286 Keller;
nach diesem auch all übelthätr ...
dieb, reuber, fehder und dergleichn
gesellen, thut zu bodem streichn
Ringwalt lauter wahrheit 236;
befilht sein dienern all derwegen,
den Joseph soll man gfangen legen
ins königs thurn zun vbelthäter
demnach er wie ein vbelthäter
durch ein scharff offenlich vrtheil
vom todt zum leben mit vnheil
verdammet wurd
Spreng Aeneis (1610) 2, 24ᵃ.
alle dye rauber vnd morder, auch was sunst übeltätter wären Hartlieb histori v. Alexander (1473) 12ᵇ; waͮ macht du ... hertern richter über die übelteter ymer me erfinden? Stainhöwel de claris mulieribus 237; darumb der richter letzt nit den übeltheter unbillich, so er in noch ordnung des gesatzs tödten losst Geiler bilgersch. B VIᵇ; es ist gewonlich, wan man ein vsz fürt, so gat der vbeldöter vor vnd gat der hencker hinnach Pauli schimpf und ernst 45 Österley; ja gleych wie die Juden lassen sie den übeltetther Barrabam losz und todten die gnade gottis, den unschuldigen son gottis Luther 2, 107, 5 Weim.; es sey dann, das du im römischen reich ... kein schwert, noch anders, domit man übelthäter strafft, habest Hutten 1, 373, 27; er tranck ... ein giffttrunck, den die Athener den übelthätern pflegten zuͦ geben Seb. Franck chron. Germ. 21; deszgleichen pflegen nit auch noch heut etliche eltern jre kinder, ... zur warnung mitzunehmen, wann man vbelthäter vom leben zum todt zurichten auszfüret? Fischart Garg. 4; stücklein von reddern, pfälen, stricken, damit vbelthäter gestrafft vnd hingericht Nigrinus von zäuberern 18; denn die vrtheil also, wie an öffentlichem gericht, vber die vbelthäter vnnd schuͦldigen gesprochen wird volksb. v. dr. Faust 36 neudr.; Christus ... wurde ... vnder die mörder vnd vbelthäter zum allerscheuszlichsten todt ... verdambt Ayrer processus (1600) vorr. vᵃ; einer der eine paszquill verkaufft, über land schickt und unter die leute bringt, ist eben sowol ein übelthäter, als derjenige der sie gemacht hat Schupp schrift. 566; überall freistätte, friedensorte und heilige säulen angelegt, wohin dem übelthäter so wenig der richter als der rächer folgen durfte Möser 2, 339; aber das gemeine vorurtheil der gesetzgeber, die übelthäter nur als die verworfensten menschen anzusehen, ... trägt zu solcher übertriebenen härte ... viel bey Nicolai reise 6, 768; es ist eine eiche, auf der sonst die übelthäter aufgehängt worden sind Stifter 3, 200; gewöhnlich macht ihr herren von der justiz uns ärzten den vorwurf, dasz wir ... durch „unzurechnungsfähigkeit“ gewisse übelthäter eurer macht entziehen wollen Holtei erzähl. schr. 3, 165.
c)
auch in der geistlichen prosa aus der rechtssprache entnommen und oft in dieser prägnanten bedeutung z. b. golgotha daz ist ein stat der quelung var. der übeltheter Math. 27, 33 cod. tepl., ebenso Zainer-bibel; ob dirr nicht wer ein übelteter, wir hetten dir in nit geantwurt Joh. 18, 30 erste d. bibel. daneben auch erweitert für 'sünder, übertreter des sittengesetzes': verbirg mich ... vor dem hauffen der übelthäter (protexisti me ... a multitudine operantium iniquitatem) psalm 64, 3; er solde gekreucziget werden alsz eyn übelthetter vor got und der welt Luther 34ᴵ, 244, 23 Weim.; ertzurn dich nit ubir den böszen vind, lasz dich nit verdriessen die ubiltheter 8, 214; seyn doch der mehrertheil der menschen vbelthäter vnd kommen doch durch buss widerumb zu gnaden buch der liebe (1587) 100ᵈ; er ist feind allen übelthätern, er bringet die lügner umb Dannhawer catechismus-milch 1, 39; wie die sünden der alten welt, also haben auch die übeltähter dieser kleinen welt einer sündflutt von nöhten Butschky Pathmos 561; o herr, der du alles weist, ... richter, dem kein übelthäter in gerechter straff entgeht ... wer will deiner hand entgehen? Schmolcke trost- u. geistr. schrift. 1, 36. als schmäh- und scheltwort: du selloser, du übeltäter, warum hast du den tempel Appollinis schmähend beroubet? Stainhöwel Äsop. 73; ihr hertzen böser art, ihr schnöden übelthäter Treuer Dädalus 1, 217; weichet alle von mir jr verfluchten (maledicti) Matth. 25, 41 wird öfter mit übelthäter variiert, z. b.: darauf wird jnen der herr antwortten: ich hab euch nye erkennt. ir übeltäter müesst von mir abweichen Berth. v. Chiemsee theologey 19;
weicht ab jr vbeltheter all
Ringwalt handb. A 10ᵇ;
ich kenn euch nicht, weicht von mir schnell,
ihr übeltheter gehört zur hell
B. Krüger aktion J VIᵃ;
ihr vbeltheter weicht von mir,
der herr erhört mein flehen
ev. kirchenl. 1, 210 Fischer-Tümpel.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 1 (1913), Bd. XI,II (1936), Sp. 49, Z. 44.

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Zitationshilfe
„ubelthater“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/%C3%BCbelth%C3%A4ter>.

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