Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

überein, übereins, adv.

überein, übereins, adv.,
durchaus, gleichmäszig. nl. overeen; entlehnt ins dän.-norweg. overens und schwed. öfverens. zusammenrückung aus über präp. und ein ntr. = über eines hin; mit wortaccent auf letzter silbe. zur bildung vgl. überall, übereck, überhaupt, überquer u. ä. die form übereins findet sich seit dem 15. jahrh.: übereins voc. theut. (1482) hh 6ᵃ; Diefenbach gloss. 145ᵃ s. v. conspirare; in den ma. allgemein neben überein, vgl. Hunziker 268; Stadler schweiz. idiot. 1, 284; Martin-Lienhart 1, 45; Follmann lothr. ma. 262ᵃ; Albrecht Leipz. ma. 226ᵃ; Woeste 192ᵃ; sie ist aus dem flectierten acc. sg. (über) einez entstanden und erhält sich auch schriftsprachlich neben überein, da sie sich dem heutigen sprachgefühl wie ein adverbialer gen. der s-losen form zur seite stellt (vgl. analoge doppelformen wie übereck — überecks). bedeutung u. gebrauch: aus mhd. 'alle zusammen, insgesamt' (mhd. wb. 1, 418ᵃ) erwachsen früh abgezogene verwendungen:
1)
gleichmäszig, ebenmäszig, zusammenstimmend. zu enger verbindung mit einer reihe von verben verwachsen, unter welchen in der älteren sprache tragen, in der neueren noch kommen, stimmen, treffen (s. u. übereinkommen, übereinstimmen u. s. w.) die festeste verbindung mit dem adv. eingehen und die häufigste verwendung finden (Steinbach 1, 328). auf diese drei verba will Heynatz antib. (1796) 2, 488 den in der älteren sprache freien gebrauch von überein eingeschränkt haben, doch zeigt Göthes sprache noch die weite verwendungsmöglichkeit des adverbs, auch sonst findet sich im 18. und vereinzelt im 19. jahrh. die verbindung von überein auszer mit den drei genannten verben noch mit bringen, denken, fallen, gehen, halten, hillen, klingen, laufen, lauten, reimen, schreiben, stehen, tragen, treten u. a. (s. u. übereinbringen u. s. w.). überein sein, gleich sein, übereinstimmen, einig sein:
is dat glücke over ein
to allen tiden? nein
quelle bei Frisch (1741) 398ᵇ;
die frisur ist auf beiden seiten so überein, als wenn sie mit dem zirkel abgezeichnet wäre Joh. E. Schlegel 2, 117; es musz bey mir alles überein sein. wenn die tapeten von atlas sind, so ist mir's zuwider, wenn die stühle von sammet sind 3, 583. überein werden, einig werden: und ward der herzog uberain und die von Augspurg, daz si dem ... die fest Wellenpurg wölten zerfüren städtechron. 4, 105; so sein wir überain worden mitt unser mutter, das wir uns ergeben wollen in seine genade Schiltberger reiseb. 12, 2;
die schiffleut wurden überein,
wolten sich der fart gwidert han
Teuerdank 151. 24;
wann eins mals die gantz dorffgemein
wurden all räthig überein,
sie wolten bawen ein rathhausz
Hans Sachs 9, 380, 7 Keller;
zu dem ob man schon die materi gleich übereins einbeitzet oder putrificiret, ist doch solche arbeit auch vergebens Sebiz feldbau 435; schneidet speck fein sauber überein Amaranthes frauenz.-lex. 712; von wegen der nahgelegnen wälder, die sich überein bisz an see erziehen Stumpf Schwytzerchron. 392ᵃ; dasz alles volck auf erden überein gott fürchtet Opitz 4, 288; und hat mich dieses fast sehr gekräncket, wenn ich bemercket, dasz oft alle herren praeceptores in einer schule nicht durchgehends überein schreiben (= dieselbe orthographie haben) kunst teutsch zu schreiben (1711) vorrede a 2ᵇ; dasz er ganz bis auf die füsze von oben herab in purpur überein gekleidet ist Heinse 4, 18 Schüddekopf; wer dem poeten vor übel nehmen wollte, dasz er darauf bauet, der mag zugleich die natur anklagen, dasz sie jene und den verstand nicht überein gemachet hat Bodmer abhandl. v. d. wunderbaren 47; es sind die menschen auch in ihren neigungen gar veränderlich, und werden ihrer wenige angetroffen, die bisz in ihr hohes alter überein gesinnet verbleiben Fleming d. vollk. teutsche soldat 37 § 1; beide häuszer sind nun übereins und geschmackvoll angestrichen Lichtenberg br. 2, 244; obgleich alles überein zugeschneit war Göthe I 19, 289, 11 Weim.; solche die verschieden grüszten, waren überein gekleidet 24, 257, 13 Weim.; das kann und musz man annehmen, ... dasz alle gesunden augen alle farben und ihr verhältnisz ungefähr überein sehen 45, 312, 22 Weim.; aus begierde, völlig mit einander überein zu leben, (konnten sie) niemals einig werden 22, 344, 23 Weim.; nichts ist natürlicher, als dasz der gute Stieglitz mit seinen bemühungen sich uns ganz gleichförmig präsentirt, da unsre spiegel überein geschliffen sind IV 20, 356, 8 Weim.; dieses saftige weisz, überein, ohne blasz, ohne matt zu sein 45, 296, 1 Weim.;
sie geht mit freundlich halbgesenkten blicken,
und mit sich selbst so ruhig überein
I 16, 225 Weim.;
es wird nothwendig ein ungleiches werk werden, da in solchen dingen zwei nicht überein arbeiten können briefw. zw. J. u. W. Grimm etc. 1, 529; was sie (die musikanten) aber alle drei überein hatten, das waren die von der übligkeit bleichen gesichter O. Ludwig 2, 511; ihr haltet es nicht dafür (für unsauberkeit), mir aber gilt es so. das sehen der menschen augen nicht alle übereins an Höfer auf deutscher erde 1, 186;
der seelen jede hat zwei rosse,
das eine bös, das andre rein,
sie selbst als führer und genosse
damit verwachsen überein
Lenau 503.
2)
durchaus, schlechterdings, unbedingt. bis zum 16. jahrh. ganz allgemein, in der neueren sprache nicht nachzuweisen:
so du doch ye wilt überein
verreiten und gar sein allein
Wickram 4, 171, 1287;
dieweil sich denn ye mein sach also zutreyt dasz ich mich nit anderst behelfen mag, und mich überein in den kampf ergeben musz 1, 142, 32; wöllen wir, das got sein stat in uns find, ... so müszen wir überain friden in uns machen Keisersberg pred. 99ᵇ; wir bitten dich, das du uns nit wellest usz dem land vertriben aber wilt du überein uns vertriben und usz werffen, so losz uns in die schwyn faren postille 3, 92ᵇ; da der vater sahe, das er überein ein spiler wolt sein, da verdinckt er in zu den besten spilern, die in dem land waren Pauli schimpf u. ernst 229; wann übereins und nothwendiger weise im zunemmenden liecht must pflantzen, soltu am ende des mons die nebenschosz am baum beschneiden Sebiz feldbau 341. als verstärkung der negation wie überall (s. o.): und also lang sy darauf bleiben ... so mag in der gaistlich trost überain nit werden Keisersberg pred. 88ᵇ.
3)
übereinander, über den haufen: öwerên smîten, über den haufen werfen; öwerên kuəmen, in streit geraten Wöste 192ᵃ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 2 (1918), Bd. XI,II (1936), Sp. 176, Z. 68.

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Zitationshilfe
„ubereins“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/%C3%BCbereins>.

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