Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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fassen, praet.

fassen, praet.
ahd. faʒʒôn, faʒʒôta, mhd. vaʒʒen vaʒʒete, ags. fatian fatode, nnl. vatten vattede, altn. fata fatađi, schw. fatta fattade, dän. fatte fattede. Ihre 1, 441 und nach ihm Adelung halten fatta, fassen für ein frequentativ von faͦ, fahen und die vorherschende bedeutung capere, prehendere, amplecti stimmt. darin aber weichen beide von einander ab, dasz Ihre das subst. fat (dolium) aus dem lat. vas leitet, also gar nicht mit fatta verbindet, Adelung fasz und fassen zusammenstellt. in der that sind auch beide nicht zu trennen, nur wie sollte die form fasz aus fahen folgen? das frequentativelement könnte von dem verbum nur durch ein ableitendes i auf das nomen übergehen, aus fahatjan, wenn man dies zugeben wollte, ein fahati, kein fahat, fat entspringen. gothische frequentativa sind kaupatjan, lauhatjan, svôgatjan, für ahd. faʒʒôn müste aber goth. fatôn, nicht fahatjan, fatjan gefordert werden. Ulfilas überliefert uns kein fatôn fatôda, wol aber ein starkes verbum, worin dessen wurzel enthalten sein dürfte, die bedeutung jedoch absteht. fitan drückt Gal. 4, 19. 27 parturire, ὠδίνειν aus und gestattet ein volles fita fat fêtum anzusetzen, obschon auch fita fitaida möglich wäre, die starke form würde ahd. fëʒʒan faʒ fâʒum lauten, in der that findet sich ein merkwürdiges gifaʒ excidit, gifâʒun reciderunt (Graff 3, 727). die fitandei, ὠδίνουσα ist eine recidens, excidens, eine niederfallende, liegende, wie wir noch heute niederkommen, im kindbett liegen für gebären sagen und eine gefallene das mädchen heiszt, welches geboren hat. wie nun liesze sich aus gebären die vorstellung des fassens herleiten? parere heiszt nicht nur zur welt bringen, sondern überhaupt bringen, vortheil bringen, zu stande bringen, verschaffen; aus parere entspringt parare, wie aus fitan fatôn, bereiten, zurüsten, zeugen; aus fitan fêtjan ornare, aus fëʒʒan gifâʒi, gefäsz; das subst. fat, faʒ bezeichnet mancherlei apparat, zeug, werkzeug, utensile, vas, vestis, pera, poculum. für das verbum fassen sind zwei hauptvorstellungen, die des bereitens, ausstattens und die des empfangens, fangens, greifens festgesetzt, ohne dasz ein gedanke an förmlichen zusammenhang mit fahen oder fangen festzuhalten wäre. die wurzel fitan, fëʒʒan schwände sonst dahin. sie wird aber noch von einem neuen standpunct aus befestigt, es besteht auch ein altn. fëta fat fâtu, dessen wir nunmehr erst aus Egilsson 167ᵇ. 168ᵃ volle gewisheit haben. dies fëta zeigt zwar seine ursprüngliche sinnliche bedeutung nicht mehr auf, hat aber geradezu die abstracte und fast auxiliare des erreichens, findens, erlangens, fangens, des schw. naͦ, dän. naae: ëk fat yrkja ist soviel als orta, ëk fët smîđa, ich kann schmieden (verse machen), ëk fat illa braut, ich konnte den weg schwer finden, fëta leiđ, viam invenire, gerade was unser den weg fangen oder fassen ausdrücken könnte. dies nord. fëta hat demnach schon den transitiven sinn unseres fassen und unterscheidet sich von dem intransitiven, der für das goth. fitan, ahd. fëzan angenommen werden musz. die starke form bleibt dieselbe. skr. wurzeln pat cadere, paṭ ligare, path vestire seien hingestellt.
A)
bereiten, rüsten, sowol activisch als medial mit sich gebraucht, meistens folgt die praep. mit, früher also ein instrumentalis.
1)
parare se, instruere se, sich bereit, fertig machen, aufmachen: ahd.
bigondun sie sih faʒʒôn mit iro liohtfaʒʒon,
mit fakolôn managên joh wafanon garawên.
O. IV. 16, 15;
N. im Mart. Cap. 108. 109 verdeutscht den oft wiederkehrenden vers
scande caeli templa virgo!
erst 'far hina ûf tierna in himeliska selda',
dann 'faʒô dih tierna ûf hina in himela!'
beidemal mit dem gleichen sinn von auf, dirne, in die himmlische wohnung, mache dich auf, dirne, hin in den himmel!
2)
fassen, kleiden, binden, altn. ist fata vestire: sô var hann hrumr, at hann gat ei fatađ sig, adeo debilis erat, ut se ipse vestire non posset, vgl. fat vestis und fatlaus, investis, nudus. mhd.
dô vaʒete daʒ scône wîp
mit micheler cierde ir lîp.
Diemer 161, 21;
dô vaʒte si sich mit êren
unde gie fur Holofernen.
169, 19;
dô vaʒʒeten si den guoten
in ein phellil rôten.
fundgr. 1, 175;
daʒ ich âne nîden
al eine wol verdiene, daʒ
man mich lieplîche âne haʒ
behaldet ungehaʒʒet,
unde mich ze riter vaʒʒet
unde gift mir ros unde pert.
1, 239;
die uns minnint, spîsent unde vaʒʒent.
2, 236,
die andern hërren dâten sam,
vil wol vaʒʒetens ire man.
Rother 157;
wamit suln wir uns vaʒʒen? Grieshaber 1, 105; dô er von ime sîne chrône und andir kuniclîch gewâte warf und sich mit harînim gewâte vaʒʒôte. spec. eccl. 71; ein man dër ne was sô niht gevaʒʒet als zu brûtloufte rëht was. Leyser pred. 73, 18; mit diseme gewande hat mich Martinus gevaʒʒet. Schm. 1, 569; swër vaʒʒet oder maʒet einen durftigen in êre sant Erasmen, sîniu dinc ergênt im wol in dirre wërlt. Haupt 8, 115;
hête ir dinc dâ gesazt
und sich mit cleidern ûʒ gevazt,
mit rîchin rockin wol gesnitin
nâch den franzischin sitin.
Athis C*, 60;
lât mich si vaʒʒen baʒ.
Er. 639;
daʒ ër si müeste vaʒʒen baʒ.
1407;
gevaʒʒet mit gewande.
Eracl. 626;
und hieʒ Eraclium den knaben
vaʒʒen unde wol haben,
als ër sîn bruoder wære.
1214;
ir zopf und ir goltvarweʒ hâr
daʒ het ër an den stunden
gevaʒʒet und gebunden
in ein gesticket hüetelîn.
tr. kr. 7494;
daʒ ër mich vaʒʒe schône
und ër mir noch ze lône
rîchiu swërtlêhen gëbe.
Engelh. 315.
diese bedeutung ist nhd. beinahe untergegangen, im artikelsbrief der reichsvölker von 1672 und 1734 heiszt es noch art. 11: soll ein jeder mit seinem oberrock oder mantel gefaszt sein. Schmeller 1, 569.
3)
laden, auf schif und wagen, thiere beladen, wobei die last aufgebunden wurde, in das seil fassen, altn. ist fataz ligari:
ër vaʒʒôte sîne olbenten
mit sînen gwanten.
fundgr. 2, 45, 24;
dër setze sînen ambtman
uber iegelich gou,
uber chorn iouch hou,
den in disen siben jâren
daʒ nieht versmâhe,
si ne heiʒen mannegelîch faʒʒen an sîn seil
sînes chornes daʒ finfte teil,
trage iʒ zuͦ frôneme stadile
oder fuor iʒ ûf sîneme wagene.
60, 34;
diu ros man uns faʒʒôte
mit weiʒ iouch mit prôte.
64, 20;
si vaʒʒôten die esile,
chêrten heim widere.
67, 43;
sam manigen (esil) faʒʒet ër mit wiste
ze dërre heimverte friste.
71, 11;
Jacob faʒʒôte alʒ daʒ er het
ûf ros und esile,
chint unde wîb ûf wagene.
71, 41;
goldes hatten sie die macht,
dës vûrte si mit in die kraft,
alleʒ sie daʒ vaʒʒen hieʒ.
Bonifait dës niht ne lieʒ
her ne gewunne soumære.
gr. Rudolf K 3;
die kiele wâren gevaʒʒôt.
Roth. 164;
diu vrouwe vil wîse
diu vaʒʒete ir wîb mit spîse.
Diemer 161, 28;
so sul wir vaʒʒen wol
unser schif diu guoten mit edelem gesteine.
Gudr. 1131, 2;
ich sol ouch dir ûf dînen wagen
nimmêre mist gevaʒʒen.
Helmb. 266,
was auch heiszen dürfte den wagen mit miste vaʒʒen, anderes ist den mist vân, auffangen und wegräumen. bildlich:
ir habet allen ungerëht
an iuwer seil gevaʒʒet.
Trist. 249, 5.
nhd. man fasset auch nicht most in alte schleuche, vulg. neque mittunt vinum novum in utres veteres, goth. niþþan giutand vein niujata in balgins fairnjans, ags. ne dôđ nive vîn on ealde bytta. Matth. 9, 17. Marc. 2, 22. Luc. 5, 37; den guten (wein) er selbs faszt. Garg. 99ᵇ; das bier fassen (in fässer thun). pfründeordn. 432; wann du nun bier fassen wilt, so thue in jeden ahmen vier guter hand voll der weizenahern. Tabernaem. 604; so oft ein sud im brauhause geschiehet und das bier gefaszt ist. Hohberg 3, 1, 55ᵇ; die waaren auf das schif fassen, bringen; gsell, ich han do innen etlich lagel Veltliner win, deren hüt mir, do drink du als vil du wilt, lasz mir aber sunst niemants drüber, gab mir ein rörlin und furt mich zu den lagellen und gieng er gan essen. do asz ich das grosz stuk fleisch und brot und drank darzu gnug, wust des wins art nit. do der man kam, sprach er, hastu wol gehütet? ich sagt, jo. glich kam der schifman ouch und sprach: woluf gsell, wellen wir uber see? do schwanket ich zum schiflin zu, lacheten dlüt minen (meiner). do ich in das schif wolt dretten, dratt ich darneben und fiel höuptligen in das schif. der schifman lachet und des der win was, sagtend, der schifman weri wol gfaszt mit eim guten gferten. Plater 43. 44; frucht, korn, haber in säcke fassen. Keisersb. omeis 74ᵇ; sage es sei habern (für haber), den habst du in dem schlosz gefaszt. Wickram rollw. 7; ein fuder heu fassen, aufladen. Schmeller 1, 569 = den wagen mit heu fassen.
4)
überziehen mit metall oder farbe:
zwelif schilde
gevaʒʒet wol mit golde.
Gudr. 303, 4;
einen edelstein fassen, in gold oder silber; und solt zween onicherstein nemen ... also, das sie mit gold umbher gefasset werden. 2 Mos. 28, 11; ein türkis, onich, jaspis, in gold sollen sie gefasset sein in allen rigen, vulg. inclusi auro erunt per ordines suos. 28, 20; einen altar fassen, schmücken, mit geräth versehen; hölzerne figuren, spielsachen fassen, bemahlen, zubereiten; mhd.
die steine wurden in gesast,
alle in ein hiuslein gevast.
Apollonius 18265.
ähnlich das einfassen des gewandes mit schnüren, das einschnüren:
mit borten was alle ir wât
wol bestalt und umbenât
gevaʒʒet mit spæhen snüeren.
Heinr. Trist. 1533;
da hiengen weisze, rote und gele tücher, mit leinen und scharlaken seilen gefasset in silbern ringen. Esther 1, 6.
5)
einen garten fassen, mit kräutern, blumen zieren, bepflanzen: ein beet mit buchsbaum fassen, einfassen; mhd.
bî dem hûs was ein garte
mit bluomen wol gevaʒʒet,
dër vil sëlten naʒʒet
von keinem argen wëter.
Ls. 3, 11.
6)
ein wasser, einen bach, brunnen fassen, mit steinen, holz einfassen, einschlieszen, in die steine fassen: da durch sein gebot das wasser stund wie mauren, und durch sein wort die wasser stunden, als weren sie gefasset. Sir. 39, 22; zu seiner zeit war der brunnen verfallen, den fasset er mit kupfer. 50, 3; ein sauber gefaszter brunnen. Göthe 21, 73;
ich war ein bächlein, junggesell,
sie haben
mich so gefaszt, damit ich schnell
im graben
zur müle dort hinunter soll.
1, 207;
stieg man die stufen hinab, so zeigten sich steinerne bänke,
rings um die quelle gesetzt, die immer lebendig hervorquoll,
reinlich, mit niedriger mauer gefaszt, zu schöpfen bequemlich.
40, 284;
man dürfte sagen, im winter wird der bach mit eis gefaszt;
der agstein, drein ein wurm verschlossen, hat viel preis,
die welt liegt alle jahr gefasset in das eis.
Logau 2, 132, 67.
bergmännisch, einen stollen fassen, inwendig mit holz zimmern. schweiz. ein buch fassen, einbinden. Stalder 1, 356. vgl. ahd. poahfaʒ. Graff 3, 730.
7)
fassen, einrichten, verfassen, versehen, ausstatten, componere, instruere: demnach lesen wir diese schriften des ehrw. herrn doct. M. L. zusamen und geben sie in eine richtige ordnung gefaszt durch den druck an tag. Luther 1, 2ᵇ;
bücher haben auch ihr glücke, wann sie nicht gesalzen sein,
faszt man dennoch gute würze, pfeffer oder safran drein.
Logau 2, 157, 96,
(macht man duten aus ihnen, wo fassen sowol laden als hinein thun, capere nach B ist);
Venus wuste was ihr diente, sehnte sich nach andren dingen,
als ein albres mensch gemeinet.   ihr Vulcanus war gefasset
mit gezeug und hausgeräthe, so ihr auch lieb.
3, 241, 128;
es gehet diesem wol, der so sein haus kan fassen,
dasz jedes drinnen weisz was thulich, was zu lassen.
1, 54, 18;
ihr jungfern hört mir zu, doch fasset die geberden,
und meint durch meinen ruhm nicht stölzer wo zu werden.
2, 64, 58;
denn die gottlosen haben ir wesen warlich auch ins regiment gefasset, strafen böses, loben gutes. Luther 3, 308ᵇ; das die juden also ein gefaszt regiment gehabt haben, gleich wie andere reich ire ordnungen und gesetze. 3, 434ᵃ; das volk war in feinem ordentlichen regiment gefasset. 4, 404ᵃ; denn also hat gott das volk gefasset, gleichwie ein vater sein hausregiment ordentlich fasset. 8, 293ᵇ; gebt ihnen kirchen, faszt sie in die bürgerliche ordnung, schränkt sie ein. Göthe 8, 182. es heiszt auch etwas in die feder fassen, schriftlich fassen, abfassen, verfassen; es ist leichtlich geschehen, das sie aufzeichnen und aufs papier fassen (niederschreiben), worin und warumb ich geirret habe. Luther 1, 132ᵇ.
8)
in dergleichen anwendung begegnet besonders oft das part. gefasset, gefaszt, paratus, praeparatus, compositus: wer mit text wol gefasset (gerüstet) ist, der ist ein rechter pastor. Luthers tischr. 2ᵃ; da musz man mit gottes wort wol gefasset und gerüstet sein. 8ᵃ;
ihr (der dichter) thun ist so gefasset (beschaffen, eingerichtet),
dasz ihre süsze sachen
viel buler ihnen machen.
Logau 3, 103;
das wol gefaszte werk wil bald volführet sein.
die mägdgen, die du nechst so grob gestriegelt hast,
stehn jetzt mit nadeln, zwirn und ruthen schon gefaszt.
die herliche universität, den wol gefaszten rath, die hochansehnliche rechtscollegia. Weise erzn. 437; eine geschwinde entschlieszung möchte nöthig sein, versetzte der abbé. dazu bin ich jetzt nicht gefaszt. Göthe 20, 24; so dasz zuletzt auch ein vorbereitetes gefasztes auge in verwirrung gerieth. 24, 301; ein gefasztes betragen, eine abgemessene rede. 25, 292; durch eine so genaue schätzung der worte, durch den bestimmten gebrauch derselben entsteht eine gefaszte sprache. 33, 161;
sie war gefaszt auf liebe und empfieng
ein diadem.
Schiller 273ᵃ;
muth ist uns noth und ein gefaszter geist.
380ᵃ;
alsdann mache dich auf ein gut glas Rheinwein gefaszt. Winkelmanns br. 137; heute morgen zu meiner überraschung erhielt ich deinen brief. ich war gar nicht mehr gefaszt darauf. Bettine br. 2, 67; man war aber auf so viele pferde und wagen, als zum fortschaffen der reisenden erfordert wurden, nicht gefaszt (vgl. 2). Campe kinderschr. 18, 9.
9)
die schlesischen dichter verwenden die medialbedeutung 'sich mit etwas fassen' im sinne von befassen, sich versehen, rüsten, behelfen, decken:
wann Epimetheus nicht
ein fasz hätt aufgethan und an das sonnenliecht
viel übel das uns kränkt mit haufen ausgelassen.
der arme wollte sich zwar mit dem deckel fassen
zu stopfen dis geschirr, doch leider gar zu spat.
Opitz 1, 54;
wie lange wirstu dann die sonne schlafen lassen?
ei sprich, sie solle doch sich mit dem zügel fassen,
die rosse stünden da, es sei schon hohe zeit.
2, 153;
komm fasse dich mit tartsch und schilde!
ps. 35;
von jedem liesz ein einzles fahren,
was an ihr Spurca hat zu paaren,
wann ihr nur würde zugelassen
mit zweien männern sich zu fassen.
Logau 1, 237, 97;
fassete (belud) sich der eine alsbald mit dem vater, der andere nahm die mutter, sie also aus der glut zu retten. Argenis 2, 328. hierher gehört das bekanntere sich mit geduld fassen, in geduld fassen, gleichsam hüllen, kleiden, wo man das mit, in geduld nicht für ein adverb nehme: er faszte sich dennoch in allem mit gedult und schlief ein. pol. colica 349; sich in geduld fassen. Gotter 1, 168; vgl.fasset ewre seele mit gedult. Luc. 21, 19. aber auch ohne mit bedeutet allgemein sich fassen se colligere, componere: sie vergeben mir, dasz ich über das besondere glück, dieselben allhier vergnügt anzutreffen, ganz aus mir selbst gesetzt bin und mich nicht sogleich fassen kann. Felsenb. 3, 138;
der knabe faszt sich (lernt) gut.
fassen sie sich, Valer! Lessing 1, 283;
sei heiter, sei gefaszt!
2, 354;
ich weisz du thusts nicht mehr, du wirst dich besser fassen.
Gellert 3, 406;
er wird sich mit der zeit schon fassen.
1, 92;
was hilfts, dasz sie sich dort auf seinen anblick faszt,
wenn er indessen hier vor ungeduld erblaszt?
Gotter 3, 191;
das alter musz doch einen vorzug haben,
dasz, wenn es auch dem irrthum nicht entgeht,
es doch sich auf der stelle fassen kann.
Göthe 9, 191;
und er faszte sich schnell und sagte traulich zum mädchen.
40, 307;
fasz dich, fasz dich! 14, 81; 'wenn sie sich nur kurz faszt!' das ist gar ihre art nicht. wenn so eine nachtigall einmal ins schlagen kommt, da musz man ihr den hals umdrehen, wenn sie aufhören soll. 14, 92;
kann ich im krieg mich doch menschlich fassen,
aber nicht auf mir trommeln lassen.
Schiller 329ᵃ;
wie ihr euch selbst zu fassen angefangen
im rohen handwerk.
381ᵇ.
10)
eigenthümlich ist ein mhd. vaʒʒen vür und vür sich oder auch vor sich vaʒʒen = vor sich her treiben, vor sich bringen, nehmen:
dës hât ër in gevaʒʒet vür.
krone 16537;
die ritter vaʒte ër sich vür
mit dem swërte, daʒ ër truoc.
17959;
si begunden mit slegen an einander vür vaʒʒen.
Rab. 677,
ër slûc drî hirtin,
die daʒ vî bewirtin,
vaʒʒinde vur sich die hert.
Jeroschin 13575;
wan ër si ot gevaʒʒit vor
zurucke hatte in den gart.
12972;
hie von ër (der teufel) ouch sie vaʒʒete
vor sich durch ungelucke.
pass. K. 32, 46;
hie von ër vur ouch vaʒʒete
den munch durch kunftic ungemach.
321, 28;
und wahrscheinlich in diesem gedicht noch öfter. in der späteren sprache entspricht nur bei Frisius 108ᵃ: alles das ich in der red einfuͦrt, sturzt er mir um, was ich fur mich fassen mocht, reisz er mir aus den henden, sed ut quidque ego apprehenderam, statim accusator extorquebat e manibus, und danach bei Maaler 132ᵇ; als der getauft jud für sich gefaszt (sich vorgenommen) hat. Reuchlin augensp. 1ᵇ. hier finden wir einen unmittelbaren übergang in die andere hauptbedeutung.
B)
fassen, tenere, capere, prehendere, amplecti, nehmen, greifen, packen, fangen.
1)
die hand, den arm fassen: er faszte seine hand und schüttelte sie; er faszte sie an den arm, sie faszten sich bei der hand, an den armen, in die arme; er faszt mit der hand, der bär mit der tatze; da aber Joseph sahe, das sein vater die rechte hand auf Ephranims heubt legt, gefiel es im ubel und fasset seines vaters hand, das er sie von Ephraims heubt auf Manasses heubt wendet. 1 Mos. 48, 17; wer sie (ein zänkisch weib) auf helt, der helt den wind und wil das ole mit der hand fassen. spr. Sal. 27, 16; wer fasset den wind in seine hende? 30, 4;
eilig faszte darauf der gute verständige pfarrherr
erst des vaters hand.
Göthe 40, 334.
mhd. scheint hier vaʒʒen ungebräuchlich, man sagte die hant nëmen, ëʒ in die hant nëmen, eines hende vâhen (Iw. 1342. 1482), ahd. fieng ira hant, tenens manum ejus. T. 60, 5, nicht vaʒʒen. in seiner (gottes) hand ists alles gefasset (begriffen, befangen). Luther 5, 2ᵃ. ebenso, seine starke hand, sein arm erfaszt ihn; ihre finger fassen die spindel. spr. Sal. 31, 19. zuruf an hunde: bäri fasz! Gotthelf erz. 1, 139.
2)
zu ohren fassen, auribus percipere: wirstu zu ohren fassen seine (des herrn) gebot. 2 Mos. 15, 26; die fraw fasset diese wort in ihr öhrlin. Wickram rollw. 90ᵇ; in seine örli fassen, ze oren lassen. Maaler 132ᵇ; einen ins auge fassen, rectis oculis intueri, fixieren; die zukunft fest ins auge fassen. Klinger 1, 468; ich breche diese vorrede ab, um sogleich den gegenstand selbst ins auge zu fassen. Brandes naturlehre 1, 2; lassen sie mich doch ja den edlen mann recht ins gesicht fassen. Klinger 9, 50; das auge, der blick faszt seinen gegenstand; der fassende, durchschauende blick.
3)
einen um den hals fassen, früher fangen, fahen, umfahen; um den leib fassen; er faszte sie mitten um den leib;
aber die mutter ergrif mit beiden armen das mädchen,
um den leib sie fassend.
Göthe 40, 331;
eines bart oder haar fassen, ihn beim bart, haar fassen; und Joab fasset mit seiner rechten hand Amasa bei dem bart, das er in küsset. 2 Sam. 20, 9, wo die mnd. version bei Merzdorf s. 109 hat: grêp ene umme unde kussede ene vor sînen munt.
4)
den schild fassen, mhd.
si begunde vaʒʒen den schilt an dër hant.
Nib. 427, 2;
Etzel was dër küene, ër vaʒte sînen schilt.
1958, 2;
do diu spër wurden geneiget
und die schilde gevaʒʒet.
krone 7470;
nu siht ër wâ ein riter habet
mit gevaʒʒetem schilde.
Lanz. 5148.
ahd. nam ër scilt inti spër; mhd. vienc den schilt habe ich nicht gelesen, obwol es möglich wäre;
ër bürte schilt unde swërt.
Iw. 5373,
wie nhd. schild und schwert erheben, ergreifen. warum nicht daʒ swërt vaʒʒen? nhd. das er stark werden und ein schwert fassen könne. Ez. 30, 21; das schwert ist schon gefaszt und gezückt. 32, 20; verschieden ist an das schwert fassen, mit dem schwerte hauen: (Herodes hat) die dem feur entrannen, an die schwerter gefasset. Frank chron. 34ᵃ. den bogen fassen, ergreifen: aber Jehu fasset den bogen und schosz Joram zwischen den armen, das der pfeil durch sein herz ausfur. 2 kön. 9, 24;
der räuber greift nach seinem bogen,
er zielt und faszt den pilger wol.
Gellert 1, 99,
nimmt ihn aufs korn; das messer fassen: und recket seine hand aus und fasset das messer, das er seinen son schlachtet. 1 Mos. 22, 10. einen stein fassen und werfen;
und er faszte den anderen krug und beugte sich über.
Göthe 40, 307.
in fassen scheint zwar ergreifen und nehmen, oft aber auch festhalten, festnehmen tenere gelegen, was wir packen nennen.
5)
ebenso einen fassen, ohne dasz das wobei ausgedrückt ist: da fasset der mann sein kebsweib und bracht sie zu inen hinaus. richt. 19, 25; als er nun heim kam, nam er ein messer und fasset sein kebsweib und stücket sie mit bein und mit alle in zwelf stück. 19, 29; da fasset ich mein kebsweib und zerstücket sie. 20, 6; die hunde fassen den bären; gott hat den patriarchen hin und her geworfen wie ein ballen, auch wol zwischen die sporn gefasset. Luther 4, 146ᵇ; unpersönlich, es faszt (packt) mich; es hat ihn hart, an seiner schwachen seite gefaszt; das fieber, der schauder, die furcht faszte ihn; unaussprechliche angst faszte mich;
mich faszt ein grausen, da ich mit dir rede.
Schiller 551ᵇ;
Tell faszt ihn heftig. Schiller 535ᵇ;
doch bringt dir einer jene kette,
die schwerer drückt und ernster faszt,
verdenk ich es dir nicht, Lisette,
wenn du ein klein bedenken hast.
Göthe 1, 83;
wer sie am höchsten verehrt, den weisz er am besten zu fassen.
1, 290.
6)
da fasset David seine kleider und zureisz sie (vulg. apprehendens sua vestimenta scidit). 2 Sam. 1, 11; und Ahia fasset den newen mantel, den er an hatte und reisz in in zwelf stück (vulg. apprehendens pallium scidit). 1 kön. 11, 30; einen am zipfel des mantels fassen; er faszte (nahm, ergrif) hut und stock und gieng hinaus; nam auch weder hemd noch einig schuͦ und harnasch, allein fasset er zuͦ henden einen stecken, darmit er sich der hund erweren mocht. Aimon F 1ᵃ;
Hermann faszte die peitsche.
Göthe 40, 283.
7)
und er fasset die zwo mittelseulen, auf welchen das haus gesetzt war und drauf sich hielt, eine in seine rechte und die ander in seine linke hand (vulg. apprehendens ambas columnas, alteram dextera, alteram laeva tenens). richt. 16, 29, wo Luther mit dem fassen sowol das ergreifen als halten ausdrückt; der schifbrüchige sucht ein bret zu fassen;
dort ragt ein fels beim eintritt ins gebirg hervor,
ein alter eichbaum faszt ihn mit den starken ästen
und aus den seiten flieszt ein klarer quell.
Göthe 10, 19.
8)
er (Münzer) wolt alle schüsse in die ermel fassen (auffangen). Luther 3, 130ᵇ, vgl. sp. 914 in die ermeln empfangen; nötigt ihn (den ehmann, wenn er sich klagt) auf die federn, beredt ihn hinder den umhang, faszt den harn, schickt zum doctor. Garg. 71ᵇ, was sonst den harn fangen heiszt. imen fassen (bienen in die körbe). Brant 110ᵇ, 34; grillen fassen. unw. doct. 638, wie sonst fangen (sp. 1312); wasser fassen, schöpfen, einnehmen. Heberer 2, 51. 233; feuer fassen, wie fangen, ἅπτειν. Od. 9, 379.
9)
fassen, in sich fassen, enthalten, raum für etwas haben, capere: der krug faszt zwölf gläser; die tonne faszt hundert krüge; er trinkt mehr wein als er fassen (vertragen) kann; wer zu vil fasset, vil fallen lasset. Garg. 260ᵇ; der magen konnte nicht mehr speise fassen (in sich fassen, aufnehmen, excipere); der missethäter sind so viele, dasz sie der kerker nicht fassen kann; sein gedächtnis faszt eine menge wörter; der sal faszt nicht mehr als hundert männer; die schmale thüre faszt immer nur éinen, läszt nur éinen zugleich durch:
denn éinen nur faszte die öfnung,
μία δ' οἴη γίγνετ' ἐφορμή.
Od. 22, 130;
fasset uns, capite nos, d. i. nehmt uns auf unter euch. 2 Cor. 7, 2 dreht Ulfilas passend um, gamôteima in izvis, finden wir platz unter euch; den vater und den sohn faszt dasselbe grab; und ihr glück und ihre liebe faszte selig éine wohnung, éin bett und éin grab. Göthe 10, 191; die fabel faszt zwei lehren.
10)
einen trunk fassen, thun, einnehmen: gestern hatt ich ein bosen trunk gefasset, da must ich singen. trink ich nicht wol, das ist mir leid. Luthers br. 4, 553; er konnte nur einen löffel arznei fassen. die hunde faszten gierig die hingeworfnen knochen.
11)
athem fassen, luft schöpfen, fangen: meine liebe vettern, erholent euch und fassent wider athum. Aimon o 2ᵃ; mhd.
ûʒ an die wîte,
ër hielt sich ûʒ dem strîte,
die luft wolde dô vâhen ër.
Ludwig 6776;
ein rôre in daʒ schiffelîn gienc
damit ër wider âtem vienc.
Morolt 1824.
und da er seine kreft wider gefaszt (aus der ohnmacht kam), er zerzerret sein har, rauft aus seinen bart. Aimon F 1ᵇ.
12)
ein herz, mut fassen, audere, animum recipere: darumb mustet ir ein herz und trotz fassen. Luthers br. 4, 416; von disem trost kriegt das volk wider ein herz und fasset einen mut. 1 Macc. 13, 7; fasset nur mut!; fassete ein besonders frisch herze. Felsenb. 1, 263; diesen morgen hat man sich ein herz gefaszt zu beichten. Gotter 3, 22; ein mannheit fassen. Luther 4, 3ᵃ. auch zu herzen, zu gemüthe fassen, zu herzen, zu sinne nehmen, erwägen, überlegen: so fasset nu dise wort zu herzen. 5 Mos. 11, 18; solchs alles haben wir zu herzen gefaszt. Luther 1, 458ᵇ; obschon der eine weise und der andere unweise ist, so hab ich doch beider worte zu herzen gefasset. pers. baumg. 4, 4; zu wünschen wäre, dasz alle jugend die gute lehre ihrer treumeinenden unterweiser zu gemüth fassen thäte. Simpl. K. 88. in das herz fassen:
du hast sie noch gesehn, den letzen blick,
den sehnsuchtsvollen, dîr ins herz gefaszt.
Göthe 9, 315;
kommt zu euch, königin! faszt euren mut
zusammen.   das ist die entscheidungsvolle stunde.
Schiller 426ᵃ.
ein gelübde fassen, vovere. vgl. fangen 15.
13)
fassen, animo comprehendere, intelligere, begreifen: die knaben fassen schnell zahllose dinge; er konnte es lange nicht fassen; wer es fassen mag, der fasse es, vulg. qui potest capere capiat. Matth. 19, 12, ahd. thër mugi bifâhan bifâhê;
faszt ihr nun,
dasz wir auf euch voll mitleid sehn?
Klopstock 2, 36;
von gott verlassen hiengst du da,
von gott verlassen,
im schweisz, im blut, dem tode nah!
herr, wir fassen,
jauchzen, beben, fassens nicht.
7, 109;
noch faszt sie nicht wie ihr geschehen.
Wieland 9, 296;
wärt ihr, schwärmer, im stande die ideale zu fassen.
Göthe 1, 399;
mein dienst, aus irrthum schmähst du ihn,
lern ihn von nun an besser fassen.
Gotter 1, 461.
14)
fassen, tenere, retinere, discere: durch die lere der demut nur eitel hoffart fassen. Luther 3, 142ᵇ; wenn aber der glaube kompt, welcher das wort fasset. 3, 157ᵇ; ich fasse dich beim worte; bei dem worte fassen. Lessing 2, 288; wenn du viel weisheit und kunst gefasset hast. pers. rosenth. 8, 6; latinam linguam lernen und fassen. Mich. Neander bed. 21ᵇ; eine lehre aus etwas fassen. 2, 16;
o jugend, fasz doch diese lehren,
itzt ist dein herz geschickt dazu.
Gellert 1, 171.
15)
lust und neigung, hasz und widerwillen, verdacht, groll, vertrauen, mistrauen fassen: sie konnte keine liebe zu ihm fassen; eine neigung, welche sie gegen Wilhelm Meister gefaszt, wollen wir ihr nicht verargen. Göthe 33, 238; der junge mann faszte die heftigste leidenschaft für sie. Wieland 3, 210; da aber Tryphon sahe, das das kriegsvolk einen hasz wider den könig gefasset hatte. 1 Macc. 11, 39; ein grimmen, bitteren zorn fassen. Maaler 132ᵃ; ein neid fassen. Spreng Aen. 126ᵃ;
sie seh ich oben schweben
und gröszer sein als ich, die mich, weisz nicht warümm
aus selbstgefasztem hasz und grammsein rennen ümm.
sie faszten Mosen ihren pfleger
und trewen diener selbst in neid.
Opitz ps. s. 102.
16)
fassen, locum occupare, consistere: fusz fassen, posto fassen; der feind hat in den Rheinländern fusz gefaszt; fassen sie wieder fusz auf der erde! man lebt nur einmal. Göthe bei Schöll 168; enge schrittchen fassen, kleine schritte machen, wie frauen thun. pol. stockf. vorr.; es gelang ihm festen sitz zu fassen. wurzel fassen, radices agere, gestalt fassen:
ich sah sie keimen diese liebe, sah
der leidenschaften unglückseligste
in seinem herzen wurzel fassen.
Schiller 295ᵃ;
nu kan ja das jene, so ein eitel oder nichts ist, freilich keine gestalt fassen. Luther 3, 368ᵇ.
17)
zusammen, zu hauf fassen: wenn mans nu abmisset nach dem, wie es hie beschlossen ist, und fassets in haufen, so ist es sechsmal lenger denn breit. Luther 4, 47ᵃ; welches alles zu hauf gefasset ist in dem spruch. 4, 392ᵇ.
18)
in, an, bei etwas fassen: fasse meine threnen in deinen sack, on zweivel du zelest si. ps. 56, 9; sehet, wie sich dieser könig damit tröstet, das er gewis ist, das seine flucht, seine threnen seien für gott alle gezelet, und alle threnen in gottes sack gefasset, das nicht eine solt beifallen. Luther 6, 1ᵇ; unden an dem bauch hat es (das beutelthier, känguru) noch ein bauch, den thet es auf und zu, und so es die jungen ausschüttet und geseugt hett, fasset sis wider darein. Frank weltb. 224ᵇ; in ein summ, in ein zal fassen, comprehendere numero. Maaler 132ᵇ; urtheil in schrift fassen, verfassen. Carolina 92; in ein buch fassen (s. verfassen); in reime fassen;
im fall sie (die liebe) schon einmal uns an ihr joch gefaszt.
Opitz 1, 136.
19)
mhd. irre vaʒʒen, irre grîfen, fehl greifen, irre gehen. Berth. 318.
20)
refl. sich fassen, amplecti se, zu unterscheiden von A, 9 se componere. die tanzenden fassen sich;
immer wilder drängts heran,
die elemente fassen sich die tobenden.
Göthe 11, 258.
21)
intr. fassen: es faszt schon, es faszt nicht; die wurzel faszt im boden;
das feuer faszt, schon brennts an sieben ecken.
die neue lehre hat unter den leuten gefaszt; falsche vorwürfe treffen flach, aber wahre fassen tief. Möser patr. ph. 1, 214. Vergleicht man die beiden vorstellungen, so vermitteln sie sich in dem begriffe capere, nehmen. der fassende nimmt als ladender, rüstender und greifender, der kleidende deckt und beladet, der schmückende umfängt, legt ein, faszt ein, verfaszt; der greifende faszt an, fängt, umfängt, nimmt gefangen, begreift, nimmt ein, nimmt platz. fassen, laden A, 3 reicht an fassen, einnehmen B, 8. 9. glaublich aber scheint, dasz aus intransitivem liegen allmälich ein transitives empfangen, bringen, erlangen und nehmen hervorgegangen sei, wie uns die starke und schwache form fëʒʒan faʒ und faʒʒôn faʒʒôta darlegt. man sehe auch das subst. fasz. s. abfassen, anfassen, auffassen, befassen, erfassen, einfassen, gefassen, umfassen, verfassen, zusammenfassen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1340, Z. 14.

fassen, praet.

fassen, praet.
ahd. faʒʒôn, faʒʒôta, mhd. vaʒʒen vaʒʒete, ags. fatian fatode, nnl. vatten vattede, altn. fata fatađi, schw. fatta fattade, dän. fatte fattede. Ihre 1, 441 und nach ihm Adelung halten fatta, fassen für ein frequentativ von faͦ, fahen und die vorherschende bedeutung capere, prehendere, amplecti stimmt. darin aber weichen beide von einander ab, dasz Ihre das subst. fat (dolium) aus dem lat. vas leitet, also gar nicht mit fatta verbindet, Adelung fasz und fassen zusammenstellt. in der that sind auch beide nicht zu trennen, nur wie sollte die form fasz aus fahen folgen? das frequentativelement könnte von dem verbum nur durch ein ableitendes i auf das nomen übergehen, aus fahatjan, wenn man dies zugeben wollte, ein fahati, kein fahat, fat entspringen. gothische frequentativa sind kaupatjan, lauhatjan, svôgatjan, für ahd. faʒʒôn müste aber goth. fatôn, nicht fahatjan, fatjan gefordert werden. Ulfilas überliefert uns kein fatôn fatôda, wol aber ein starkes verbum, worin dessen wurzel enthalten sein dürfte, die bedeutung jedoch absteht. fitan drückt Gal. 4, 19. 27 parturire, ὠδίνειν aus und gestattet ein volles fita fat fêtum anzusetzen, obschon auch fita fitaida möglich wäre, die starke form würde ahd. fëʒʒan faʒ fâʒum lauten, in der that findet sich ein merkwürdiges gifaʒ excidit, gifâʒun reciderunt (Graff 3, 727). die fitandei, ὠδίνουσα ist eine recidens, excidens, eine niederfallende, liegende, wie wir noch heute niederkommen, im kindbett liegen für gebären sagen und eine gefallene das mädchen heiszt, welches geboren hat. wie nun liesze sich aus gebären die vorstellung des fassens herleiten? parere heiszt nicht nur zur welt bringen, sondern überhaupt bringen, vortheil bringen, zu stande bringen, verschaffen; aus parere entspringt parare, wie aus fitan fatôn, bereiten, zurüsten, zeugen; aus fitan fêtjan ornare, aus fëʒʒan gifâʒi, gefäsz; das subst. fat, faʒ bezeichnet mancherlei apparat, zeug, werkzeug, utensile, vas, vestis, pera, poculum. für das verbum fassen sind zwei hauptvorstellungen, die des bereitens, ausstattens und die des empfangens, fangens, greifens festgesetzt, ohne dasz ein gedanke an förmlichen zusammenhang mit fahen oder fangen festzuhalten wäre. die wurzel fitan, fëʒʒan schwände sonst dahin. sie wird aber noch von einem neuen standpunct aus befestigt, es besteht auch ein altn. fëta fat fâtu, dessen wir nunmehr erst aus Egilsson 167ᵇ. 168ᵃ volle gewisheit haben. dies fëta zeigt zwar seine ursprüngliche sinnliche bedeutung nicht mehr auf, hat aber geradezu die abstracte und fast auxiliare des erreichens, findens, erlangens, fangens, des schw. naͦ, dän. naae: ëk fat yrkja ist soviel als orta, ëk fët smîđa, ich kann schmieden (verse machen), ëk fat illa braut, ich konnte den weg schwer finden, fëta leiđ, viam invenire, gerade was unser den weg fangen oder fassen ausdrücken könnte. dies nord. fëta hat demnach schon den transitiven sinn unseres fassen und unterscheidet sich von dem intransitiven, der für das goth. fitan, ahd. fëzan angenommen werden musz. die starke form bleibt dieselbe. skr. wurzeln pat cadere, paṭ ligare, path vestire seien hingestellt.
A)
bereiten, rüsten, sowol activisch als medial mit sich gebraucht, meistens folgt die praep. mit, früher also ein instrumentalis.
1)
parare se, instruere se, sich bereit, fertig machen, aufmachen: ahd.
bigondun sie sih faʒʒôn mit iro liohtfaʒʒon,
mit fakolôn managên joh wafanon garawên.
O. IV. 16, 15;
N. im Mart. Cap. 108. 109 verdeutscht den oft wiederkehrenden vers
scande caeli templa virgo!
erst 'far hina ûf tierna in himeliska selda',
dann 'faʒô dih tierna ûf hina in himela!'
beidemal mit dem gleichen sinn von auf, dirne, in die himmlische wohnung, mache dich auf, dirne, hin in den himmel!
2)
fassen, kleiden, binden, altn. ist fata vestire: sô var hann hrumr, at hann gat ei fatađ sig, adeo debilis erat, ut se ipse vestire non posset, vgl. fat vestis und fatlaus, investis, nudus. mhd.
dô vaʒete daʒ scône wîp
mit micheler cierde ir lîp.
Diemer 161, 21;
dô vaʒte si sich mit êren
unde gie fur Holofernen.
169, 19;
dô vaʒʒeten si den guoten
in ein phellil rôten.
fundgr. 1, 175;
daʒ ich âne nîden
al eine wol verdiene, daʒ
man mich lieplîche âne haʒ
behaldet ungehaʒʒet,
unde mich ze riter vaʒʒet
unde gift mir ros unde pert.
1, 239;
die uns minnint, spîsent unde vaʒʒent.
2, 236,
die andern hërren dâten sam,
vil wol vaʒʒetens ire man.
Rother 157;
wamit suln wir uns vaʒʒen? Grieshaber 1, 105; dô er von ime sîne chrône und andir kuniclîch gewâte warf und sich mit harînim gewâte vaʒʒôte. spec. eccl. 71; ein man dër ne was sô niht gevaʒʒet als zu brûtloufte rëht was. Leyser pred. 73, 18; mit diseme gewande hat mich Martinus gevaʒʒet. Schm. 1, 569; swër vaʒʒet oder maʒet einen durftigen in êre sant Erasmen, sîniu dinc ergênt im wol in dirre wërlt. Haupt 8, 115;
hête ir dinc dâ gesazt
und sich mit cleidern ûʒ gevazt,
mit rîchin rockin wol gesnitin
nâch den franzischin sitin.
Athis C*, 60;
lât mich si vaʒʒen baʒ.
Er. 639;
daʒ ër si müeste vaʒʒen baʒ.
1407;
gevaʒʒet mit gewande.
Eracl. 626;
und hieʒ Eraclium den knaben
vaʒʒen unde wol haben,
als ër sîn bruoder wære.
1214;
ir zopf und ir goltvarweʒ hâr
daʒ het ër an den stunden
gevaʒʒet und gebunden
in ein gesticket hüetelîn.
tr. kr. 7494;
daʒ ër mich vaʒʒe schône
und ër mir noch ze lône
rîchiu swërtlêhen gëbe.
Engelh. 315.
diese bedeutung ist nhd. beinahe untergegangen, im artikelsbrief der reichsvölker von 1672 und 1734 heiszt es noch art. 11: soll ein jeder mit seinem oberrock oder mantel gefaszt sein. Schmeller 1, 569.
3)
laden, auf schif und wagen, thiere beladen, wobei die last aufgebunden wurde, in das seil fassen, altn. ist fataz ligari:
ër vaʒʒôte sîne olbenten
mit sînen gwanten.
fundgr. 2, 45, 24;
dër setze sînen ambtman
uber iegelich gou,
uber chorn iouch hou,
den in disen siben jâren
daʒ nieht versmâhe,
si ne heiʒen mannegelîch faʒʒen an sîn seil
sînes chornes daʒ finfte teil,
trage iʒ zuͦ frôneme stadile
oder fuor iʒ ûf sîneme wagene.
60, 34;
diu ros man uns faʒʒôte
mit weiʒ iouch mit prôte.
64, 20;
si vaʒʒôten die esile,
chêrten heim widere.
67, 43;
sam manigen (esil) faʒʒet ër mit wiste
ze dërre heimverte friste.
71, 11;
Jacob faʒʒôte alʒ daʒ er het
ûf ros und esile,
chint unde wîb ûf wagene.
71, 41;
goldes hatten sie die macht,
dës vûrte si mit in die kraft,
alleʒ sie daʒ vaʒʒen hieʒ.
Bonifait dës niht ne lieʒ
her ne gewunne soumære.
gr. Rudolf K 3;
die kiele wâren gevaʒʒôt.
Roth. 164;
diu vrouwe vil wîse
diu vaʒʒete ir wîb mit spîse.
Diemer 161, 28;
so sul wir vaʒʒen wol
unser schif diu guoten mit edelem gesteine.
Gudr. 1131, 2;
ich sol ouch dir ûf dînen wagen
nimmêre mist gevaʒʒen.
Helmb. 266,
was auch heiszen dürfte den wagen mit miste vaʒʒen, anderes ist den mist vân, auffangen und wegräumen. bildlich:
ir habet allen ungerëht
an iuwer seil gevaʒʒet.
Trist. 249, 5.
nhd. man fasset auch nicht most in alte schleuche, vulg. neque mittunt vinum novum in utres veteres, goth. niþþan giutand vein niujata in balgins fairnjans, ags. ne dôđ nive vîn on ealde bytta. Matth. 9, 17. Marc. 2, 22. Luc. 5, 37; den guten (wein) er selbs faszt. Garg. 99ᵇ; das bier fassen (in fässer thun). pfründeordn. 432; wann du nun bier fassen wilt, so thue in jeden ahmen vier guter hand voll der weizenahern. Tabernaem. 604; so oft ein sud im brauhause geschiehet und das bier gefaszt ist. Hohberg 3, 1, 55ᵇ; die waaren auf das schif fassen, bringen; gsell, ich han do innen etlich lagel Veltliner win, deren hüt mir, do drink du als vil du wilt, lasz mir aber sunst niemants drüber, gab mir ein rörlin und furt mich zu den lagellen und gieng er gan essen. do asz ich das grosz stuk fleisch und brot und drank darzu gnug, wust des wins art nit. do der man kam, sprach er, hastu wol gehütet? ich sagt, jo. glich kam der schifman ouch und sprach: woluf gsell, wellen wir uber see? do schwanket ich zum schiflin zu, lacheten dlüt minen (meiner). do ich in das schif wolt dretten, dratt ich darneben und fiel höuptligen in das schif. der schifman lachet und des der win was, sagtend, der schifman weri wol gfaszt mit eim guten gferten. Plater 43. 44; frucht, korn, haber in säcke fassen. Keisersb. omeis 74ᵇ; sage es sei habern (für haber), den habst du in dem schlosz gefaszt. Wickram rollw. 7; ein fuder heu fassen, aufladen. Schmeller 1, 569 = den wagen mit heu fassen.
4)
überziehen mit metall oder farbe:
zwelif schilde
gevaʒʒet wol mit golde.
Gudr. 303, 4;
einen edelstein fassen, in gold oder silber; und solt zween onicherstein nemen ... also, das sie mit gold umbher gefasset werden. 2 Mos. 28, 11; ein türkis, onich, jaspis, in gold sollen sie gefasset sein in allen rigen, vulg. inclusi auro erunt per ordines suos. 28, 20; einen altar fassen, schmücken, mit geräth versehen; hölzerne figuren, spielsachen fassen, bemahlen, zubereiten; mhd.
die steine wurden in gesast,
alle in ein hiuslein gevast.
Apollonius 18265.
ähnlich das einfassen des gewandes mit schnüren, das einschnüren:
mit borten was alle ir wât
wol bestalt und umbenât
gevaʒʒet mit spæhen snüeren.
Heinr. Trist. 1533;
da hiengen weisze, rote und gele tücher, mit leinen und scharlaken seilen gefasset in silbern ringen. Esther 1, 6.
5)
einen garten fassen, mit kräutern, blumen zieren, bepflanzen: ein beet mit buchsbaum fassen, einfassen; mhd.
bî dem hûs was ein garte
mit bluomen wol gevaʒʒet,
dër vil sëlten naʒʒet
von keinem argen wëter.
Ls. 3, 11.
6)
ein wasser, einen bach, brunnen fassen, mit steinen, holz einfassen, einschlieszen, in die steine fassen: da durch sein gebot das wasser stund wie mauren, und durch sein wort die wasser stunden, als weren sie gefasset. Sir. 39, 22; zu seiner zeit war der brunnen verfallen, den fasset er mit kupfer. 50, 3; ein sauber gefaszter brunnen. Göthe 21, 73;
ich war ein bächlein, junggesell,
sie haben
mich so gefaszt, damit ich schnell
im graben
zur müle dort hinunter soll.
1, 207;
stieg man die stufen hinab, so zeigten sich steinerne bänke,
rings um die quelle gesetzt, die immer lebendig hervorquoll,
reinlich, mit niedriger mauer gefaszt, zu schöpfen bequemlich.
40, 284;
man dürfte sagen, im winter wird der bach mit eis gefaszt;
der agstein, drein ein wurm verschlossen, hat viel preis,
die welt liegt alle jahr gefasset in das eis.
Logau 2, 132, 67.
bergmännisch, einen stollen fassen, inwendig mit holz zimmern. schweiz. ein buch fassen, einbinden. Stalder 1, 356. vgl. ahd. poahfaʒ. Graff 3, 730.
7)
fassen, einrichten, verfassen, versehen, ausstatten, componere, instruere: demnach lesen wir diese schriften des ehrw. herrn doct. M. L. zusamen und geben sie in eine richtige ordnung gefaszt durch den druck an tag. Luther 1, 2ᵇ;
bücher haben auch ihr glücke, wann sie nicht gesalzen sein,
faszt man dennoch gute würze, pfeffer oder safran drein.
Logau 2, 157, 96,
(macht man duten aus ihnen, wo fassen sowol laden als hinein thun, capere nach B ist);
Venus wuste was ihr diente, sehnte sich nach andren dingen,
als ein albres mensch gemeinet.   ihr Vulcanus war gefasset
mit gezeug und hausgeräthe, so ihr auch lieb.
3, 241, 128;
es gehet diesem wol, der so sein haus kan fassen,
dasz jedes drinnen weisz was thulich, was zu lassen.
1, 54, 18;
ihr jungfern hört mir zu, doch fasset die geberden,
und meint durch meinen ruhm nicht stölzer wo zu werden.
2, 64, 58;
denn die gottlosen haben ir wesen warlich auch ins regiment gefasset, strafen böses, loben gutes. Luther 3, 308ᵇ; das die juden also ein gefaszt regiment gehabt haben, gleich wie andere reich ire ordnungen und gesetze. 3, 434ᵃ; das volk war in feinem ordentlichen regiment gefasset. 4, 404ᵃ; denn also hat gott das volk gefasset, gleichwie ein vater sein hausregiment ordentlich fasset. 8, 293ᵇ; gebt ihnen kirchen, faszt sie in die bürgerliche ordnung, schränkt sie ein. Göthe 8, 182. es heiszt auch etwas in die feder fassen, schriftlich fassen, abfassen, verfassen; es ist leichtlich geschehen, das sie aufzeichnen und aufs papier fassen (niederschreiben), worin und warumb ich geirret habe. Luther 1, 132ᵇ.
8)
in dergleichen anwendung begegnet besonders oft das part. gefasset, gefaszt, paratus, praeparatus, compositus: wer mit text wol gefasset (gerüstet) ist, der ist ein rechter pastor. Luthers tischr. 2ᵃ; da musz man mit gottes wort wol gefasset und gerüstet sein. 8ᵃ;
ihr (der dichter) thun ist so gefasset (beschaffen, eingerichtet),
dasz ihre süsze sachen
viel buler ihnen machen.
Logau 3, 103;
das wol gefaszte werk wil bald volführet sein.
die mägdgen, die du nechst so grob gestriegelt hast,
stehn jetzt mit nadeln, zwirn und ruthen schon gefaszt.
die herliche universität, den wol gefaszten rath, die hochansehnliche rechtscollegia. Weise erzn. 437; eine geschwinde entschlieszung möchte nöthig sein, versetzte der abbé. dazu bin ich jetzt nicht gefaszt. Göthe 20, 24; so dasz zuletzt auch ein vorbereitetes gefasztes auge in verwirrung gerieth. 24, 301; ein gefasztes betragen, eine abgemessene rede. 25, 292; durch eine so genaue schätzung der worte, durch den bestimmten gebrauch derselben entsteht eine gefaszte sprache. 33, 161;
sie war gefaszt auf liebe und empfieng
ein diadem.
Schiller 273ᵃ;
muth ist uns noth und ein gefaszter geist.
380ᵃ;
alsdann mache dich auf ein gut glas Rheinwein gefaszt. Winkelmanns br. 137; heute morgen zu meiner überraschung erhielt ich deinen brief. ich war gar nicht mehr gefaszt darauf. Bettine br. 2, 67; man war aber auf so viele pferde und wagen, als zum fortschaffen der reisenden erfordert wurden, nicht gefaszt (vgl. 2). Campe kinderschr. 18, 9.
9)
die schlesischen dichter verwenden die medialbedeutung 'sich mit etwas fassen' im sinne von befassen, sich versehen, rüsten, behelfen, decken:
wann Epimetheus nicht
ein fasz hätt aufgethan und an das sonnenliecht
viel übel das uns kränkt mit haufen ausgelassen.
der arme wollte sich zwar mit dem deckel fassen
zu stopfen dis geschirr, doch leider gar zu spat.
Opitz 1, 54;
wie lange wirstu dann die sonne schlafen lassen?
ei sprich, sie solle doch sich mit dem zügel fassen,
die rosse stünden da, es sei schon hohe zeit.
2, 153;
komm fasse dich mit tartsch und schilde!
ps. 35;
von jedem liesz ein einzles fahren,
was an ihr Spurca hat zu paaren,
wann ihr nur würde zugelassen
mit zweien männern sich zu fassen.
Logau 1, 237, 97;
fassete (belud) sich der eine alsbald mit dem vater, der andere nahm die mutter, sie also aus der glut zu retten. Argenis 2, 328. hierher gehört das bekanntere sich mit geduld fassen, in geduld fassen, gleichsam hüllen, kleiden, wo man das mit, in geduld nicht für ein adverb nehme: er faszte sich dennoch in allem mit gedult und schlief ein. pol. colica 349; sich in geduld fassen. Gotter 1, 168; vgl.fasset ewre seele mit gedult. Luc. 21, 19. aber auch ohne mit bedeutet allgemein sich fassen se colligere, componere: sie vergeben mir, dasz ich über das besondere glück, dieselben allhier vergnügt anzutreffen, ganz aus mir selbst gesetzt bin und mich nicht sogleich fassen kann. Felsenb. 3, 138;
der knabe faszt sich (lernt) gut.
fassen sie sich, Valer! Lessing 1, 283;
sei heiter, sei gefaszt!
2, 354;
ich weisz du thusts nicht mehr, du wirst dich besser fassen.
Gellert 3, 406;
er wird sich mit der zeit schon fassen.
1, 92;
was hilfts, dasz sie sich dort auf seinen anblick faszt,
wenn er indessen hier vor ungeduld erblaszt?
Gotter 3, 191;
das alter musz doch einen vorzug haben,
dasz, wenn es auch dem irrthum nicht entgeht,
es doch sich auf der stelle fassen kann.
Göthe 9, 191;
und er faszte sich schnell und sagte traulich zum mädchen.
40, 307;
fasz dich, fasz dich! 14, 81; 'wenn sie sich nur kurz faszt!' das ist gar ihre art nicht. wenn so eine nachtigall einmal ins schlagen kommt, da musz man ihr den hals umdrehen, wenn sie aufhören soll. 14, 92;
kann ich im krieg mich doch menschlich fassen,
aber nicht auf mir trommeln lassen.
Schiller 329ᵃ;
wie ihr euch selbst zu fassen angefangen
im rohen handwerk.
381ᵇ.
10)
eigenthümlich ist ein mhd. vaʒʒen vür und vür sich oder auch vor sich vaʒʒen = vor sich her treiben, vor sich bringen, nehmen:
dës hât ër in gevaʒʒet vür.
krone 16537;
die ritter vaʒte ër sich vür
mit dem swërte, daʒ ër truoc.
17959;
si begunden mit slegen an einander vür vaʒʒen.
Rab. 677,
ër slûc drî hirtin,
die daʒ vî bewirtin,
vaʒʒinde vur sich die hert.
Jeroschin 13575;
wan ër si ot gevaʒʒit vor
zurucke hatte in den gart.
12972;
hie von ër (der teufel) ouch sie vaʒʒete
vor sich durch ungelucke.
pass. K. 32, 46;
hie von ër vur ouch vaʒʒete
den munch durch kunftic ungemach.
321, 28;
und wahrscheinlich in diesem gedicht noch öfter. in der späteren sprache entspricht nur bei Frisius 108ᵃ: alles das ich in der red einfuͦrt, sturzt er mir um, was ich fur mich fassen mocht, reisz er mir aus den henden, sed ut quidque ego apprehenderam, statim accusator extorquebat e manibus, und danach bei Maaler 132ᵇ; als der getauft jud für sich gefaszt (sich vorgenommen) hat. Reuchlin augensp. 1ᵇ. hier finden wir einen unmittelbaren übergang in die andere hauptbedeutung.
B)
fassen, tenere, capere, prehendere, amplecti, nehmen, greifen, packen, fangen.
1)
die hand, den arm fassen: er faszte seine hand und schüttelte sie; er faszte sie an den arm, sie faszten sich bei der hand, an den armen, in die arme; er faszt mit der hand, der bär mit der tatze; da aber Joseph sahe, das sein vater die rechte hand auf Ephranims heubt legt, gefiel es im ubel und fasset seines vaters hand, das er sie von Ephraims heubt auf Manasses heubt wendet. 1 Mos. 48, 17; wer sie (ein zänkisch weib) auf helt, der helt den wind und wil das ole mit der hand fassen. spr. Sal. 27, 16; wer fasset den wind in seine hende? 30, 4;
eilig faszte darauf der gute verständige pfarrherr
erst des vaters hand.
Göthe 40, 334.
mhd. scheint hier vaʒʒen ungebräuchlich, man sagte die hant nëmen, ëʒ in die hant nëmen, eines hende vâhen (Iw. 1342. 1482), ahd. fieng ira hant, tenens manum ejus. T. 60, 5, nicht vaʒʒen. in seiner (gottes) hand ists alles gefasset (begriffen, befangen). Luther 5, 2ᵃ. ebenso, seine starke hand, sein arm erfaszt ihn; ihre finger fassen die spindel. spr. Sal. 31, 19. zuruf an hunde: bäri fasz! Gotthelf erz. 1, 139.
2)
zu ohren fassen, auribus percipere: wirstu zu ohren fassen seine (des herrn) gebot. 2 Mos. 15, 26; die fraw fasset diese wort in ihr öhrlin. Wickram rollw. 90ᵇ; in seine örli fassen, ze oren lassen. Maaler 132ᵇ; einen ins auge fassen, rectis oculis intueri, fixieren; die zukunft fest ins auge fassen. Klinger 1, 468; ich breche diese vorrede ab, um sogleich den gegenstand selbst ins auge zu fassen. Brandes naturlehre 1, 2; lassen sie mich doch ja den edlen mann recht ins gesicht fassen. Klinger 9, 50; das auge, der blick faszt seinen gegenstand; der fassende, durchschauende blick.
3)
einen um den hals fassen, früher fangen, fahen, umfahen; um den leib fassen; er faszte sie mitten um den leib;
aber die mutter ergrif mit beiden armen das mädchen,
um den leib sie fassend.
Göthe 40, 331;
eines bart oder haar fassen, ihn beim bart, haar fassen; und Joab fasset mit seiner rechten hand Amasa bei dem bart, das er in küsset. 2 Sam. 20, 9, wo die mnd. version bei Merzdorf s. 109 hat: grêp ene umme unde kussede ene vor sînen munt.
4)
den schild fassen, mhd.
si begunde vaʒʒen den schilt an dër hant.
Nib. 427, 2;
Etzel was dër küene, ër vaʒte sînen schilt.
1958, 2;
do diu spër wurden geneiget
und die schilde gevaʒʒet.
krone 7470;
nu siht ër wâ ein riter habet
mit gevaʒʒetem schilde.
Lanz. 5148.
ahd. nam ër scilt inti spër; mhd. vienc den schilt habe ich nicht gelesen, obwol es möglich wäre;
ër bürte schilt unde swërt.
Iw. 5373,
wie nhd. schild und schwert erheben, ergreifen. warum nicht daʒ swërt vaʒʒen? nhd. das er stark werden und ein schwert fassen könne. Ez. 30, 21; das schwert ist schon gefaszt und gezückt. 32, 20; verschieden ist an das schwert fassen, mit dem schwerte hauen: (Herodes hat) die dem feur entrannen, an die schwerter gefasset. Frank chron. 34ᵃ. den bogen fassen, ergreifen: aber Jehu fasset den bogen und schosz Joram zwischen den armen, das der pfeil durch sein herz ausfur. 2 kön. 9, 24;
der räuber greift nach seinem bogen,
er zielt und faszt den pilger wol.
Gellert 1, 99,
nimmt ihn aufs korn; das messer fassen: und recket seine hand aus und fasset das messer, das er seinen son schlachtet. 1 Mos. 22, 10. einen stein fassen und werfen;
und er faszte den anderen krug und beugte sich über.
Göthe 40, 307.
in fassen scheint zwar ergreifen und nehmen, oft aber auch festhalten, festnehmen tenere gelegen, was wir packen nennen.
5)
ebenso einen fassen, ohne dasz das wobei ausgedrückt ist: da fasset der mann sein kebsweib und bracht sie zu inen hinaus. richt. 19, 25; als er nun heim kam, nam er ein messer und fasset sein kebsweib und stücket sie mit bein und mit alle in zwelf stück. 19, 29; da fasset ich mein kebsweib und zerstücket sie. 20, 6; die hunde fassen den bären; gott hat den patriarchen hin und her geworfen wie ein ballen, auch wol zwischen die sporn gefasset. Luther 4, 146ᵇ; unpersönlich, es faszt (packt) mich; es hat ihn hart, an seiner schwachen seite gefaszt; das fieber, der schauder, die furcht faszte ihn; unaussprechliche angst faszte mich;
mich faszt ein grausen, da ich mit dir rede.
Schiller 551ᵇ;
Tell faszt ihn heftig. Schiller 535ᵇ;
doch bringt dir einer jene kette,
die schwerer drückt und ernster faszt,
verdenk ich es dir nicht, Lisette,
wenn du ein klein bedenken hast.
Göthe 1, 83;
wer sie am höchsten verehrt, den weisz er am besten zu fassen.
1, 290.
6)
da fasset David seine kleider und zureisz sie (vulg. apprehendens sua vestimenta scidit). 2 Sam. 1, 11; und Ahia fasset den newen mantel, den er an hatte und reisz in in zwelf stück (vulg. apprehendens pallium scidit). 1 kön. 11, 30; einen am zipfel des mantels fassen; er faszte (nahm, ergrif) hut und stock und gieng hinaus; nam auch weder hemd noch einig schuͦ und harnasch, allein fasset er zuͦ henden einen stecken, darmit er sich der hund erweren mocht. Aimon F 1ᵃ;
Hermann faszte die peitsche.
Göthe 40, 283.
7)
und er fasset die zwo mittelseulen, auf welchen das haus gesetzt war und drauf sich hielt, eine in seine rechte und die ander in seine linke hand (vulg. apprehendens ambas columnas, alteram dextera, alteram laeva tenens). richt. 16, 29, wo Luther mit dem fassen sowol das ergreifen als halten ausdrückt; der schifbrüchige sucht ein bret zu fassen;
dort ragt ein fels beim eintritt ins gebirg hervor,
ein alter eichbaum faszt ihn mit den starken ästen
und aus den seiten flieszt ein klarer quell.
Göthe 10, 19.
8)
er (Münzer) wolt alle schüsse in die ermel fassen (auffangen). Luther 3, 130ᵇ, vgl. sp. 914 in die ermeln empfangen; nötigt ihn (den ehmann, wenn er sich klagt) auf die federn, beredt ihn hinder den umhang, faszt den harn, schickt zum doctor. Garg. 71ᵇ, was sonst den harn fangen heiszt. imen fassen (bienen in die körbe). Brant 110ᵇ, 34; grillen fassen. unw. doct. 638, wie sonst fangen (sp. 1312); wasser fassen, schöpfen, einnehmen. Heberer 2, 51. 233; feuer fassen, wie fangen, ἅπτειν. Od. 9, 379.
9)
fassen, in sich fassen, enthalten, raum für etwas haben, capere: der krug faszt zwölf gläser; die tonne faszt hundert krüge; er trinkt mehr wein als er fassen (vertragen) kann; wer zu vil fasset, vil fallen lasset. Garg. 260ᵇ; der magen konnte nicht mehr speise fassen (in sich fassen, aufnehmen, excipere); der missethäter sind so viele, dasz sie der kerker nicht fassen kann; sein gedächtnis faszt eine menge wörter; der sal faszt nicht mehr als hundert männer; die schmale thüre faszt immer nur éinen, läszt nur éinen zugleich durch:
denn éinen nur faszte die öfnung,
μία δ' οἴη γίγνετ' ἐφορμή.
Od. 22, 130;
fasset uns, capite nos, d. i. nehmt uns auf unter euch. 2 Cor. 7, 2 dreht Ulfilas passend um, gamôteima in izvis, finden wir platz unter euch; den vater und den sohn faszt dasselbe grab; und ihr glück und ihre liebe faszte selig éine wohnung, éin bett und éin grab. Göthe 10, 191; die fabel faszt zwei lehren.
10)
einen trunk fassen, thun, einnehmen: gestern hatt ich ein bosen trunk gefasset, da must ich singen. trink ich nicht wol, das ist mir leid. Luthers br. 4, 553; er konnte nur einen löffel arznei fassen. die hunde faszten gierig die hingeworfnen knochen.
11)
athem fassen, luft schöpfen, fangen: meine liebe vettern, erholent euch und fassent wider athum. Aimon o 2ᵃ; mhd.
ûʒ an die wîte,
ër hielt sich ûʒ dem strîte,
die luft wolde dô vâhen ër.
Ludwig 6776;
ein rôre in daʒ schiffelîn gienc
damit ër wider âtem vienc.
Morolt 1824.
und da er seine kreft wider gefaszt (aus der ohnmacht kam), er zerzerret sein har, rauft aus seinen bart. Aimon F 1ᵇ.
12)
ein herz, mut fassen, audere, animum recipere: darumb mustet ir ein herz und trotz fassen. Luthers br. 4, 416; von disem trost kriegt das volk wider ein herz und fasset einen mut. 1 Macc. 13, 7; fasset nur mut!; fassete ein besonders frisch herze. Felsenb. 1, 263; diesen morgen hat man sich ein herz gefaszt zu beichten. Gotter 3, 22; ein mannheit fassen. Luther 4, 3ᵃ. auch zu herzen, zu gemüthe fassen, zu herzen, zu sinne nehmen, erwägen, überlegen: so fasset nu dise wort zu herzen. 5 Mos. 11, 18; solchs alles haben wir zu herzen gefaszt. Luther 1, 458ᵇ; obschon der eine weise und der andere unweise ist, so hab ich doch beider worte zu herzen gefasset. pers. baumg. 4, 4; zu wünschen wäre, dasz alle jugend die gute lehre ihrer treumeinenden unterweiser zu gemüth fassen thäte. Simpl. K. 88. in das herz fassen:
du hast sie noch gesehn, den letzen blick,
den sehnsuchtsvollen, dîr ins herz gefaszt.
Göthe 9, 315;
kommt zu euch, königin! faszt euren mut
zusammen.   das ist die entscheidungsvolle stunde.
Schiller 426ᵃ.
ein gelübde fassen, vovere. vgl. fangen 15.
13)
fassen, animo comprehendere, intelligere, begreifen: die knaben fassen schnell zahllose dinge; er konnte es lange nicht fassen; wer es fassen mag, der fasse es, vulg. qui potest capere capiat. Matth. 19, 12, ahd. thër mugi bifâhan bifâhê;
faszt ihr nun,
dasz wir auf euch voll mitleid sehn?
Klopstock 2, 36;
von gott verlassen hiengst du da,
von gott verlassen,
im schweisz, im blut, dem tode nah!
herr, wir fassen,
jauchzen, beben, fassens nicht.
7, 109;
noch faszt sie nicht wie ihr geschehen.
Wieland 9, 296;
wärt ihr, schwärmer, im stande die ideale zu fassen.
Göthe 1, 399;
mein dienst, aus irrthum schmähst du ihn,
lern ihn von nun an besser fassen.
Gotter 1, 461.
14)
fassen, tenere, retinere, discere: durch die lere der demut nur eitel hoffart fassen. Luther 3, 142ᵇ; wenn aber der glaube kompt, welcher das wort fasset. 3, 157ᵇ; ich fasse dich beim worte; bei dem worte fassen. Lessing 2, 288; wenn du viel weisheit und kunst gefasset hast. pers. rosenth. 8, 6; latinam linguam lernen und fassen. Mich. Neander bed. 21ᵇ; eine lehre aus etwas fassen. 2, 16;
o jugend, fasz doch diese lehren,
itzt ist dein herz geschickt dazu.
Gellert 1, 171.
15)
lust und neigung, hasz und widerwillen, verdacht, groll, vertrauen, mistrauen fassen: sie konnte keine liebe zu ihm fassen; eine neigung, welche sie gegen Wilhelm Meister gefaszt, wollen wir ihr nicht verargen. Göthe 33, 238; der junge mann faszte die heftigste leidenschaft für sie. Wieland 3, 210; da aber Tryphon sahe, das das kriegsvolk einen hasz wider den könig gefasset hatte. 1 Macc. 11, 39; ein grimmen, bitteren zorn fassen. Maaler 132ᵃ; ein neid fassen. Spreng Aen. 126ᵃ;
sie seh ich oben schweben
und gröszer sein als ich, die mich, weisz nicht warümm
aus selbstgefasztem hasz und grammsein rennen ümm.
sie faszten Mosen ihren pfleger
und trewen diener selbst in neid.
Opitz ps. s. 102.
16)
fassen, locum occupare, consistere: fusz fassen, posto fassen; der feind hat in den Rheinländern fusz gefaszt; fassen sie wieder fusz auf der erde! man lebt nur einmal. Göthe bei Schöll 168; enge schrittchen fassen, kleine schritte machen, wie frauen thun. pol. stockf. vorr.; es gelang ihm festen sitz zu fassen. wurzel fassen, radices agere, gestalt fassen:
ich sah sie keimen diese liebe, sah
der leidenschaften unglückseligste
in seinem herzen wurzel fassen.
Schiller 295ᵃ;
nu kan ja das jene, so ein eitel oder nichts ist, freilich keine gestalt fassen. Luther 3, 368ᵇ.
17)
zusammen, zu hauf fassen: wenn mans nu abmisset nach dem, wie es hie beschlossen ist, und fassets in haufen, so ist es sechsmal lenger denn breit. Luther 4, 47ᵃ; welches alles zu hauf gefasset ist in dem spruch. 4, 392ᵇ.
18)
in, an, bei etwas fassen: fasse meine threnen in deinen sack, on zweivel du zelest si. ps. 56, 9; sehet, wie sich dieser könig damit tröstet, das er gewis ist, das seine flucht, seine threnen seien für gott alle gezelet, und alle threnen in gottes sack gefasset, das nicht eine solt beifallen. Luther 6, 1ᵇ; unden an dem bauch hat es (das beutelthier, känguru) noch ein bauch, den thet es auf und zu, und so es die jungen ausschüttet und geseugt hett, fasset sis wider darein. Frank weltb. 224ᵇ; in ein summ, in ein zal fassen, comprehendere numero. Maaler 132ᵇ; urtheil in schrift fassen, verfassen. Carolina 92; in ein buch fassen (s. verfassen); in reime fassen;
im fall sie (die liebe) schon einmal uns an ihr joch gefaszt.
Opitz 1, 136.
19)
mhd. irre vaʒʒen, irre grîfen, fehl greifen, irre gehen. Berth. 318.
20)
refl. sich fassen, amplecti se, zu unterscheiden von A, 9 se componere. die tanzenden fassen sich;
immer wilder drängts heran,
die elemente fassen sich die tobenden.
Göthe 11, 258.
21)
intr. fassen: es faszt schon, es faszt nicht; die wurzel faszt im boden;
das feuer faszt, schon brennts an sieben ecken.
die neue lehre hat unter den leuten gefaszt; falsche vorwürfe treffen flach, aber wahre fassen tief. Möser patr. ph. 1, 214. Vergleicht man die beiden vorstellungen, so vermitteln sie sich in dem begriffe capere, nehmen. der fassende nimmt als ladender, rüstender und greifender, der kleidende deckt und beladet, der schmückende umfängt, legt ein, faszt ein, verfaszt; der greifende faszt an, fängt, umfängt, nimmt gefangen, begreift, nimmt ein, nimmt platz. fassen, laden A, 3 reicht an fassen, einnehmen B, 8. 9. glaublich aber scheint, dasz aus intransitivem liegen allmälich ein transitives empfangen, bringen, erlangen und nehmen hervorgegangen sei, wie uns die starke und schwache form fëʒʒan faʒ und faʒʒôn faʒʒôta darlegt. man sehe auch das subst. fasz. s. abfassen, anfassen, auffassen, befassen, erfassen, einfassen, gefassen, umfassen, verfassen, zusammenfassen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1340, Z. 14.

fassen, praet.

fassen, praet.
ahd. faʒʒôn, faʒʒôta, mhd. vaʒʒen vaʒʒete, ags. fatian fatode, nnl. vatten vattede, altn. fata fatađi, schw. fatta fattade, dän. fatte fattede. Ihre 1, 441 und nach ihm Adelung halten fatta, fassen für ein frequentativ von faͦ, fahen und die vorherschende bedeutung capere, prehendere, amplecti stimmt. darin aber weichen beide von einander ab, dasz Ihre das subst. fat (dolium) aus dem lat. vas leitet, also gar nicht mit fatta verbindet, Adelung fasz und fassen zusammenstellt. in der that sind auch beide nicht zu trennen, nur wie sollte die form fasz aus fahen folgen? das frequentativelement könnte von dem verbum nur durch ein ableitendes i auf das nomen übergehen, aus fahatjan, wenn man dies zugeben wollte, ein fahati, kein fahat, fat entspringen. gothische frequentativa sind kaupatjan, lauhatjan, svôgatjan, für ahd. faʒʒôn müste aber goth. fatôn, nicht fahatjan, fatjan gefordert werden. Ulfilas überliefert uns kein fatôn fatôda, wol aber ein starkes verbum, worin dessen wurzel enthalten sein dürfte, die bedeutung jedoch absteht. fitan drückt Gal. 4, 19. 27 parturire, ὠδίνειν aus und gestattet ein volles fita fat fêtum anzusetzen, obschon auch fita fitaida möglich wäre, die starke form würde ahd. fëʒʒan faʒ fâʒum lauten, in der that findet sich ein merkwürdiges gifaʒ excidit, gifâʒun reciderunt (Graff 3, 727). die fitandei, ὠδίνουσα ist eine recidens, excidens, eine niederfallende, liegende, wie wir noch heute niederkommen, im kindbett liegen für gebären sagen und eine gefallene das mädchen heiszt, welches geboren hat. wie nun liesze sich aus gebären die vorstellung des fassens herleiten? parere heiszt nicht nur zur welt bringen, sondern überhaupt bringen, vortheil bringen, zu stande bringen, verschaffen; aus parere entspringt parare, wie aus fitan fatôn, bereiten, zurüsten, zeugen; aus fitan fêtjan ornare, aus fëʒʒan gifâʒi, gefäsz; das subst. fat, faʒ bezeichnet mancherlei apparat, zeug, werkzeug, utensile, vas, vestis, pera, poculum. für das verbum fassen sind zwei hauptvorstellungen, die des bereitens, ausstattens und die des empfangens, fangens, greifens festgesetzt, ohne dasz ein gedanke an förmlichen zusammenhang mit fahen oder fangen festzuhalten wäre. die wurzel fitan, fëʒʒan schwände sonst dahin. sie wird aber noch von einem neuen standpunct aus befestigt, es besteht auch ein altn. fëta fat fâtu, dessen wir nunmehr erst aus Egilsson 167ᵇ. 168ᵃ volle gewisheit haben. dies fëta zeigt zwar seine ursprüngliche sinnliche bedeutung nicht mehr auf, hat aber geradezu die abstracte und fast auxiliare des erreichens, findens, erlangens, fangens, des schw. naͦ, dän. naae: ëk fat yrkja ist soviel als orta, ëk fët smîđa, ich kann schmieden (verse machen), ëk fat illa braut, ich konnte den weg schwer finden, fëta leiđ, viam invenire, gerade was unser den weg fangen oder fassen ausdrücken könnte. dies nord. fëta hat demnach schon den transitiven sinn unseres fassen und unterscheidet sich von dem intransitiven, der für das goth. fitan, ahd. fëzan angenommen werden musz. die starke form bleibt dieselbe. skr. wurzeln pat cadere, paṭ ligare, path vestire seien hingestellt.
A)
bereiten, rüsten, sowol activisch als medial mit sich gebraucht, meistens folgt die praep. mit, früher also ein instrumentalis.
1)
parare se, instruere se, sich bereit, fertig machen, aufmachen: ahd.
bigondun sie sih faʒʒôn mit iro liohtfaʒʒon,
mit fakolôn managên joh wafanon garawên.
O. IV. 16, 15;
N. im Mart. Cap. 108. 109 verdeutscht den oft wiederkehrenden vers
scande caeli templa virgo!
erst 'far hina ûf tierna in himeliska selda',
dann 'faʒô dih tierna ûf hina in himela!'
beidemal mit dem gleichen sinn von auf, dirne, in die himmlische wohnung, mache dich auf, dirne, hin in den himmel!
2)
fassen, kleiden, binden, altn. ist fata vestire: sô var hann hrumr, at hann gat ei fatađ sig, adeo debilis erat, ut se ipse vestire non posset, vgl. fat vestis und fatlaus, investis, nudus. mhd.
dô vaʒete daʒ scône wîp
mit micheler cierde ir lîp.
Diemer 161, 21;
dô vaʒte si sich mit êren
unde gie fur Holofernen.
169, 19;
dô vaʒʒeten si den guoten
in ein phellil rôten.
fundgr. 1, 175;
daʒ ich âne nîden
al eine wol verdiene, daʒ
man mich lieplîche âne haʒ
behaldet ungehaʒʒet,
unde mich ze riter vaʒʒet
unde gift mir ros unde pert.
1, 239;
die uns minnint, spîsent unde vaʒʒent.
2, 236,
die andern hërren dâten sam,
vil wol vaʒʒetens ire man.
Rother 157;
wamit suln wir uns vaʒʒen? Grieshaber 1, 105; dô er von ime sîne chrône und andir kuniclîch gewâte warf und sich mit harînim gewâte vaʒʒôte. spec. eccl. 71; ein man dër ne was sô niht gevaʒʒet als zu brûtloufte rëht was. Leyser pred. 73, 18; mit diseme gewande hat mich Martinus gevaʒʒet. Schm. 1, 569; swër vaʒʒet oder maʒet einen durftigen in êre sant Erasmen, sîniu dinc ergênt im wol in dirre wërlt. Haupt 8, 115;
hête ir dinc dâ gesazt
und sich mit cleidern ûʒ gevazt,
mit rîchin rockin wol gesnitin
nâch den franzischin sitin.
Athis C*, 60;
lât mich si vaʒʒen baʒ.
Er. 639;
daʒ ër si müeste vaʒʒen baʒ.
1407;
gevaʒʒet mit gewande.
Eracl. 626;
und hieʒ Eraclium den knaben
vaʒʒen unde wol haben,
als ër sîn bruoder wære.
1214;
ir zopf und ir goltvarweʒ hâr
daʒ het ër an den stunden
gevaʒʒet und gebunden
in ein gesticket hüetelîn.
tr. kr. 7494;
daʒ ër mich vaʒʒe schône
und ër mir noch ze lône
rîchiu swërtlêhen gëbe.
Engelh. 315.
diese bedeutung ist nhd. beinahe untergegangen, im artikelsbrief der reichsvölker von 1672 und 1734 heiszt es noch art. 11: soll ein jeder mit seinem oberrock oder mantel gefaszt sein. Schmeller 1, 569.
3)
laden, auf schif und wagen, thiere beladen, wobei die last aufgebunden wurde, in das seil fassen, altn. ist fataz ligari:
ër vaʒʒôte sîne olbenten
mit sînen gwanten.
fundgr. 2, 45, 24;
dër setze sînen ambtman
uber iegelich gou,
uber chorn iouch hou,
den in disen siben jâren
daʒ nieht versmâhe,
si ne heiʒen mannegelîch faʒʒen an sîn seil
sînes chornes daʒ finfte teil,
trage iʒ zuͦ frôneme stadile
oder fuor iʒ ûf sîneme wagene.
60, 34;
diu ros man uns faʒʒôte
mit weiʒ iouch mit prôte.
64, 20;
si vaʒʒôten die esile,
chêrten heim widere.
67, 43;
sam manigen (esil) faʒʒet ër mit wiste
ze dërre heimverte friste.
71, 11;
Jacob faʒʒôte alʒ daʒ er het
ûf ros und esile,
chint unde wîb ûf wagene.
71, 41;
goldes hatten sie die macht,
dës vûrte si mit in die kraft,
alleʒ sie daʒ vaʒʒen hieʒ.
Bonifait dës niht ne lieʒ
her ne gewunne soumære.
gr. Rudolf K 3;
die kiele wâren gevaʒʒôt.
Roth. 164;
diu vrouwe vil wîse
diu vaʒʒete ir wîb mit spîse.
Diemer 161, 28;
so sul wir vaʒʒen wol
unser schif diu guoten mit edelem gesteine.
Gudr. 1131, 2;
ich sol ouch dir ûf dînen wagen
nimmêre mist gevaʒʒen.
Helmb. 266,
was auch heiszen dürfte den wagen mit miste vaʒʒen, anderes ist den mist vân, auffangen und wegräumen. bildlich:
ir habet allen ungerëht
an iuwer seil gevaʒʒet.
Trist. 249, 5.
nhd. man fasset auch nicht most in alte schleuche, vulg. neque mittunt vinum novum in utres veteres, goth. niþþan giutand vein niujata in balgins fairnjans, ags. ne dôđ nive vîn on ealde bytta. Matth. 9, 17. Marc. 2, 22. Luc. 5, 37; den guten (wein) er selbs faszt. Garg. 99ᵇ; das bier fassen (in fässer thun). pfründeordn. 432; wann du nun bier fassen wilt, so thue in jeden ahmen vier guter hand voll der weizenahern. Tabernaem. 604; so oft ein sud im brauhause geschiehet und das bier gefaszt ist. Hohberg 3, 1, 55ᵇ; die waaren auf das schif fassen, bringen; gsell, ich han do innen etlich lagel Veltliner win, deren hüt mir, do drink du als vil du wilt, lasz mir aber sunst niemants drüber, gab mir ein rörlin und furt mich zu den lagellen und gieng er gan essen. do asz ich das grosz stuk fleisch und brot und drank darzu gnug, wust des wins art nit. do der man kam, sprach er, hastu wol gehütet? ich sagt, jo. glich kam der schifman ouch und sprach: woluf gsell, wellen wir uber see? do schwanket ich zum schiflin zu, lacheten dlüt minen (meiner). do ich in das schif wolt dretten, dratt ich darneben und fiel höuptligen in das schif. der schifman lachet und des der win was, sagtend, der schifman weri wol gfaszt mit eim guten gferten. Plater 43. 44; frucht, korn, haber in säcke fassen. Keisersb. omeis 74ᵇ; sage es sei habern (für haber), den habst du in dem schlosz gefaszt. Wickram rollw. 7; ein fuder heu fassen, aufladen. Schmeller 1, 569 = den wagen mit heu fassen.
4)
überziehen mit metall oder farbe:
zwelif schilde
gevaʒʒet wol mit golde.
Gudr. 303, 4;
einen edelstein fassen, in gold oder silber; und solt zween onicherstein nemen ... also, das sie mit gold umbher gefasset werden. 2 Mos. 28, 11; ein türkis, onich, jaspis, in gold sollen sie gefasset sein in allen rigen, vulg. inclusi auro erunt per ordines suos. 28, 20; einen altar fassen, schmücken, mit geräth versehen; hölzerne figuren, spielsachen fassen, bemahlen, zubereiten; mhd.
die steine wurden in gesast,
alle in ein hiuslein gevast.
Apollonius 18265.
ähnlich das einfassen des gewandes mit schnüren, das einschnüren:
mit borten was alle ir wât
wol bestalt und umbenât
gevaʒʒet mit spæhen snüeren.
Heinr. Trist. 1533;
da hiengen weisze, rote und gele tücher, mit leinen und scharlaken seilen gefasset in silbern ringen. Esther 1, 6.
5)
einen garten fassen, mit kräutern, blumen zieren, bepflanzen: ein beet mit buchsbaum fassen, einfassen; mhd.
bî dem hûs was ein garte
mit bluomen wol gevaʒʒet,
dër vil sëlten naʒʒet
von keinem argen wëter.
Ls. 3, 11.
6)
ein wasser, einen bach, brunnen fassen, mit steinen, holz einfassen, einschlieszen, in die steine fassen: da durch sein gebot das wasser stund wie mauren, und durch sein wort die wasser stunden, als weren sie gefasset. Sir. 39, 22; zu seiner zeit war der brunnen verfallen, den fasset er mit kupfer. 50, 3; ein sauber gefaszter brunnen. Göthe 21, 73;
ich war ein bächlein, junggesell,
sie haben
mich so gefaszt, damit ich schnell
im graben
zur müle dort hinunter soll.
1, 207;
stieg man die stufen hinab, so zeigten sich steinerne bänke,
rings um die quelle gesetzt, die immer lebendig hervorquoll,
reinlich, mit niedriger mauer gefaszt, zu schöpfen bequemlich.
40, 284;
man dürfte sagen, im winter wird der bach mit eis gefaszt;
der agstein, drein ein wurm verschlossen, hat viel preis,
die welt liegt alle jahr gefasset in das eis.
Logau 2, 132, 67.
bergmännisch, einen stollen fassen, inwendig mit holz zimmern. schweiz. ein buch fassen, einbinden. Stalder 1, 356. vgl. ahd. poahfaʒ. Graff 3, 730.
7)
fassen, einrichten, verfassen, versehen, ausstatten, componere, instruere: demnach lesen wir diese schriften des ehrw. herrn doct. M. L. zusamen und geben sie in eine richtige ordnung gefaszt durch den druck an tag. Luther 1, 2ᵇ;
bücher haben auch ihr glücke, wann sie nicht gesalzen sein,
faszt man dennoch gute würze, pfeffer oder safran drein.
Logau 2, 157, 96,
(macht man duten aus ihnen, wo fassen sowol laden als hinein thun, capere nach B ist);
Venus wuste was ihr diente, sehnte sich nach andren dingen,
als ein albres mensch gemeinet.   ihr Vulcanus war gefasset
mit gezeug und hausgeräthe, so ihr auch lieb.
3, 241, 128;
es gehet diesem wol, der so sein haus kan fassen,
dasz jedes drinnen weisz was thulich, was zu lassen.
1, 54, 18;
ihr jungfern hört mir zu, doch fasset die geberden,
und meint durch meinen ruhm nicht stölzer wo zu werden.
2, 64, 58;
denn die gottlosen haben ir wesen warlich auch ins regiment gefasset, strafen böses, loben gutes. Luther 3, 308ᵇ; das die juden also ein gefaszt regiment gehabt haben, gleich wie andere reich ire ordnungen und gesetze. 3, 434ᵃ; das volk war in feinem ordentlichen regiment gefasset. 4, 404ᵃ; denn also hat gott das volk gefasset, gleichwie ein vater sein hausregiment ordentlich fasset. 8, 293ᵇ; gebt ihnen kirchen, faszt sie in die bürgerliche ordnung, schränkt sie ein. Göthe 8, 182. es heiszt auch etwas in die feder fassen, schriftlich fassen, abfassen, verfassen; es ist leichtlich geschehen, das sie aufzeichnen und aufs papier fassen (niederschreiben), worin und warumb ich geirret habe. Luther 1, 132ᵇ.
8)
in dergleichen anwendung begegnet besonders oft das part. gefasset, gefaszt, paratus, praeparatus, compositus: wer mit text wol gefasset (gerüstet) ist, der ist ein rechter pastor. Luthers tischr. 2ᵃ; da musz man mit gottes wort wol gefasset und gerüstet sein. 8ᵃ;
ihr (der dichter) thun ist so gefasset (beschaffen, eingerichtet),
dasz ihre süsze sachen
viel buler ihnen machen.
Logau 3, 103;
das wol gefaszte werk wil bald volführet sein.
die mägdgen, die du nechst so grob gestriegelt hast,
stehn jetzt mit nadeln, zwirn und ruthen schon gefaszt.
die herliche universität, den wol gefaszten rath, die hochansehnliche rechtscollegia. Weise erzn. 437; eine geschwinde entschlieszung möchte nöthig sein, versetzte der abbé. dazu bin ich jetzt nicht gefaszt. Göthe 20, 24; so dasz zuletzt auch ein vorbereitetes gefasztes auge in verwirrung gerieth. 24, 301; ein gefasztes betragen, eine abgemessene rede. 25, 292; durch eine so genaue schätzung der worte, durch den bestimmten gebrauch derselben entsteht eine gefaszte sprache. 33, 161;
sie war gefaszt auf liebe und empfieng
ein diadem.
Schiller 273ᵃ;
muth ist uns noth und ein gefaszter geist.
380ᵃ;
alsdann mache dich auf ein gut glas Rheinwein gefaszt. Winkelmanns br. 137; heute morgen zu meiner überraschung erhielt ich deinen brief. ich war gar nicht mehr gefaszt darauf. Bettine br. 2, 67; man war aber auf so viele pferde und wagen, als zum fortschaffen der reisenden erfordert wurden, nicht gefaszt (vgl. 2). Campe kinderschr. 18, 9.
9)
die schlesischen dichter verwenden die medialbedeutung 'sich mit etwas fassen' im sinne von befassen, sich versehen, rüsten, behelfen, decken:
wann Epimetheus nicht
ein fasz hätt aufgethan und an das sonnenliecht
viel übel das uns kränkt mit haufen ausgelassen.
der arme wollte sich zwar mit dem deckel fassen
zu stopfen dis geschirr, doch leider gar zu spat.
Opitz 1, 54;
wie lange wirstu dann die sonne schlafen lassen?
ei sprich, sie solle doch sich mit dem zügel fassen,
die rosse stünden da, es sei schon hohe zeit.
2, 153;
komm fasse dich mit tartsch und schilde!
ps. 35;
von jedem liesz ein einzles fahren,
was an ihr Spurca hat zu paaren,
wann ihr nur würde zugelassen
mit zweien männern sich zu fassen.
Logau 1, 237, 97;
fassete (belud) sich der eine alsbald mit dem vater, der andere nahm die mutter, sie also aus der glut zu retten. Argenis 2, 328. hierher gehört das bekanntere sich mit geduld fassen, in geduld fassen, gleichsam hüllen, kleiden, wo man das mit, in geduld nicht für ein adverb nehme: er faszte sich dennoch in allem mit gedult und schlief ein. pol. colica 349; sich in geduld fassen. Gotter 1, 168; vgl.fasset ewre seele mit gedult. Luc. 21, 19. aber auch ohne mit bedeutet allgemein sich fassen se colligere, componere: sie vergeben mir, dasz ich über das besondere glück, dieselben allhier vergnügt anzutreffen, ganz aus mir selbst gesetzt bin und mich nicht sogleich fassen kann. Felsenb. 3, 138;
der knabe faszt sich (lernt) gut.
fassen sie sich, Valer! Lessing 1, 283;
sei heiter, sei gefaszt!
2, 354;
ich weisz du thusts nicht mehr, du wirst dich besser fassen.
Gellert 3, 406;
er wird sich mit der zeit schon fassen.
1, 92;
was hilfts, dasz sie sich dort auf seinen anblick faszt,
wenn er indessen hier vor ungeduld erblaszt?
Gotter 3, 191;
das alter musz doch einen vorzug haben,
dasz, wenn es auch dem irrthum nicht entgeht,
es doch sich auf der stelle fassen kann.
Göthe 9, 191;
und er faszte sich schnell und sagte traulich zum mädchen.
40, 307;
fasz dich, fasz dich! 14, 81; 'wenn sie sich nur kurz faszt!' das ist gar ihre art nicht. wenn so eine nachtigall einmal ins schlagen kommt, da musz man ihr den hals umdrehen, wenn sie aufhören soll. 14, 92;
kann ich im krieg mich doch menschlich fassen,
aber nicht auf mir trommeln lassen.
Schiller 329ᵃ;
wie ihr euch selbst zu fassen angefangen
im rohen handwerk.
381ᵇ.
10)
eigenthümlich ist ein mhd. vaʒʒen vür und vür sich oder auch vor sich vaʒʒen = vor sich her treiben, vor sich bringen, nehmen:
dës hât ër in gevaʒʒet vür.
krone 16537;
die ritter vaʒte ër sich vür
mit dem swërte, daʒ ër truoc.
17959;
si begunden mit slegen an einander vür vaʒʒen.
Rab. 677,
ër slûc drî hirtin,
die daʒ vî bewirtin,
vaʒʒinde vur sich die hert.
Jeroschin 13575;
wan ër si ot gevaʒʒit vor
zurucke hatte in den gart.
12972;
hie von ër (der teufel) ouch sie vaʒʒete
vor sich durch ungelucke.
pass. K. 32, 46;
hie von ër vur ouch vaʒʒete
den munch durch kunftic ungemach.
321, 28;
und wahrscheinlich in diesem gedicht noch öfter. in der späteren sprache entspricht nur bei Frisius 108ᵃ: alles das ich in der red einfuͦrt, sturzt er mir um, was ich fur mich fassen mocht, reisz er mir aus den henden, sed ut quidque ego apprehenderam, statim accusator extorquebat e manibus, und danach bei Maaler 132ᵇ; als der getauft jud für sich gefaszt (sich vorgenommen) hat. Reuchlin augensp. 1ᵇ. hier finden wir einen unmittelbaren übergang in die andere hauptbedeutung.
B)
fassen, tenere, capere, prehendere, amplecti, nehmen, greifen, packen, fangen.
1)
die hand, den arm fassen: er faszte seine hand und schüttelte sie; er faszte sie an den arm, sie faszten sich bei der hand, an den armen, in die arme; er faszt mit der hand, der bär mit der tatze; da aber Joseph sahe, das sein vater die rechte hand auf Ephranims heubt legt, gefiel es im ubel und fasset seines vaters hand, das er sie von Ephraims heubt auf Manasses heubt wendet. 1 Mos. 48, 17; wer sie (ein zänkisch weib) auf helt, der helt den wind und wil das ole mit der hand fassen. spr. Sal. 27, 16; wer fasset den wind in seine hende? 30, 4;
eilig faszte darauf der gute verständige pfarrherr
erst des vaters hand.
Göthe 40, 334.
mhd. scheint hier vaʒʒen ungebräuchlich, man sagte die hant nëmen, ëʒ in die hant nëmen, eines hende vâhen (Iw. 1342. 1482), ahd. fieng ira hant, tenens manum ejus. T. 60, 5, nicht vaʒʒen. in seiner (gottes) hand ists alles gefasset (begriffen, befangen). Luther 5, 2ᵃ. ebenso, seine starke hand, sein arm erfaszt ihn; ihre finger fassen die spindel. spr. Sal. 31, 19. zuruf an hunde: bäri fasz! Gotthelf erz. 1, 139.
2)
zu ohren fassen, auribus percipere: wirstu zu ohren fassen seine (des herrn) gebot. 2 Mos. 15, 26; die fraw fasset diese wort in ihr öhrlin. Wickram rollw. 90ᵇ; in seine örli fassen, ze oren lassen. Maaler 132ᵇ; einen ins auge fassen, rectis oculis intueri, fixieren; die zukunft fest ins auge fassen. Klinger 1, 468; ich breche diese vorrede ab, um sogleich den gegenstand selbst ins auge zu fassen. Brandes naturlehre 1, 2; lassen sie mich doch ja den edlen mann recht ins gesicht fassen. Klinger 9, 50; das auge, der blick faszt seinen gegenstand; der fassende, durchschauende blick.
3)
einen um den hals fassen, früher fangen, fahen, umfahen; um den leib fassen; er faszte sie mitten um den leib;
aber die mutter ergrif mit beiden armen das mädchen,
um den leib sie fassend.
Göthe 40, 331;
eines bart oder haar fassen, ihn beim bart, haar fassen; und Joab fasset mit seiner rechten hand Amasa bei dem bart, das er in küsset. 2 Sam. 20, 9, wo die mnd. version bei Merzdorf s. 109 hat: grêp ene umme unde kussede ene vor sînen munt.
4)
den schild fassen, mhd.
si begunde vaʒʒen den schilt an dër hant.
Nib. 427, 2;
Etzel was dër küene, ër vaʒte sînen schilt.
1958, 2;
do diu spër wurden geneiget
und die schilde gevaʒʒet.
krone 7470;
nu siht ër wâ ein riter habet
mit gevaʒʒetem schilde.
Lanz. 5148.
ahd. nam ër scilt inti spër; mhd. vienc den schilt habe ich nicht gelesen, obwol es möglich wäre;
ër bürte schilt unde swërt.
Iw. 5373,
wie nhd. schild und schwert erheben, ergreifen. warum nicht daʒ swërt vaʒʒen? nhd. das er stark werden und ein schwert fassen könne. Ez. 30, 21; das schwert ist schon gefaszt und gezückt. 32, 20; verschieden ist an das schwert fassen, mit dem schwerte hauen: (Herodes hat) die dem feur entrannen, an die schwerter gefasset. Frank chron. 34ᵃ. den bogen fassen, ergreifen: aber Jehu fasset den bogen und schosz Joram zwischen den armen, das der pfeil durch sein herz ausfur. 2 kön. 9, 24;
der räuber greift nach seinem bogen,
er zielt und faszt den pilger wol.
Gellert 1, 99,
nimmt ihn aufs korn; das messer fassen: und recket seine hand aus und fasset das messer, das er seinen son schlachtet. 1 Mos. 22, 10. einen stein fassen und werfen;
und er faszte den anderen krug und beugte sich über.
Göthe 40, 307.
in fassen scheint zwar ergreifen und nehmen, oft aber auch festhalten, festnehmen tenere gelegen, was wir packen nennen.
5)
ebenso einen fassen, ohne dasz das wobei ausgedrückt ist: da fasset der mann sein kebsweib und bracht sie zu inen hinaus. richt. 19, 25; als er nun heim kam, nam er ein messer und fasset sein kebsweib und stücket sie mit bein und mit alle in zwelf stück. 19, 29; da fasset ich mein kebsweib und zerstücket sie. 20, 6; die hunde fassen den bären; gott hat den patriarchen hin und her geworfen wie ein ballen, auch wol zwischen die sporn gefasset. Luther 4, 146ᵇ; unpersönlich, es faszt (packt) mich; es hat ihn hart, an seiner schwachen seite gefaszt; das fieber, der schauder, die furcht faszte ihn; unaussprechliche angst faszte mich;
mich faszt ein grausen, da ich mit dir rede.
Schiller 551ᵇ;
Tell faszt ihn heftig. Schiller 535ᵇ;
doch bringt dir einer jene kette,
die schwerer drückt und ernster faszt,
verdenk ich es dir nicht, Lisette,
wenn du ein klein bedenken hast.
Göthe 1, 83;
wer sie am höchsten verehrt, den weisz er am besten zu fassen.
1, 290.
6)
da fasset David seine kleider und zureisz sie (vulg. apprehendens sua vestimenta scidit). 2 Sam. 1, 11; und Ahia fasset den newen mantel, den er an hatte und reisz in in zwelf stück (vulg. apprehendens pallium scidit). 1 kön. 11, 30; einen am zipfel des mantels fassen; er faszte (nahm, ergrif) hut und stock und gieng hinaus; nam auch weder hemd noch einig schuͦ und harnasch, allein fasset er zuͦ henden einen stecken, darmit er sich der hund erweren mocht. Aimon F 1ᵃ;
Hermann faszte die peitsche.
Göthe 40, 283.
7)
und er fasset die zwo mittelseulen, auf welchen das haus gesetzt war und drauf sich hielt, eine in seine rechte und die ander in seine linke hand (vulg. apprehendens ambas columnas, alteram dextera, alteram laeva tenens). richt. 16, 29, wo Luther mit dem fassen sowol das ergreifen als halten ausdrückt; der schifbrüchige sucht ein bret zu fassen;
dort ragt ein fels beim eintritt ins gebirg hervor,
ein alter eichbaum faszt ihn mit den starken ästen
und aus den seiten flieszt ein klarer quell.
Göthe 10, 19.
8)
er (Münzer) wolt alle schüsse in die ermel fassen (auffangen). Luther 3, 130ᵇ, vgl. sp. 914 in die ermeln empfangen; nötigt ihn (den ehmann, wenn er sich klagt) auf die federn, beredt ihn hinder den umhang, faszt den harn, schickt zum doctor. Garg. 71ᵇ, was sonst den harn fangen heiszt. imen fassen (bienen in die körbe). Brant 110ᵇ, 34; grillen fassen. unw. doct. 638, wie sonst fangen (sp. 1312); wasser fassen, schöpfen, einnehmen. Heberer 2, 51. 233; feuer fassen, wie fangen, ἅπτειν. Od. 9, 379.
9)
fassen, in sich fassen, enthalten, raum für etwas haben, capere: der krug faszt zwölf gläser; die tonne faszt hundert krüge; er trinkt mehr wein als er fassen (vertragen) kann; wer zu vil fasset, vil fallen lasset. Garg. 260ᵇ; der magen konnte nicht mehr speise fassen (in sich fassen, aufnehmen, excipere); der missethäter sind so viele, dasz sie der kerker nicht fassen kann; sein gedächtnis faszt eine menge wörter; der sal faszt nicht mehr als hundert männer; die schmale thüre faszt immer nur éinen, läszt nur éinen zugleich durch:
denn éinen nur faszte die öfnung,
μία δ' οἴη γίγνετ' ἐφορμή.
Od. 22, 130;
fasset uns, capite nos, d. i. nehmt uns auf unter euch. 2 Cor. 7, 2 dreht Ulfilas passend um, gamôteima in izvis, finden wir platz unter euch; den vater und den sohn faszt dasselbe grab; und ihr glück und ihre liebe faszte selig éine wohnung, éin bett und éin grab. Göthe 10, 191; die fabel faszt zwei lehren.
10)
einen trunk fassen, thun, einnehmen: gestern hatt ich ein bosen trunk gefasset, da must ich singen. trink ich nicht wol, das ist mir leid. Luthers br. 4, 553; er konnte nur einen löffel arznei fassen. die hunde faszten gierig die hingeworfnen knochen.
11)
athem fassen, luft schöpfen, fangen: meine liebe vettern, erholent euch und fassent wider athum. Aimon o 2ᵃ; mhd.
ûʒ an die wîte,
ër hielt sich ûʒ dem strîte,
die luft wolde dô vâhen ër.
Ludwig 6776;
ein rôre in daʒ schiffelîn gienc
damit ër wider âtem vienc.
Morolt 1824.
und da er seine kreft wider gefaszt (aus der ohnmacht kam), er zerzerret sein har, rauft aus seinen bart. Aimon F 1ᵇ.
12)
ein herz, mut fassen, audere, animum recipere: darumb mustet ir ein herz und trotz fassen. Luthers br. 4, 416; von disem trost kriegt das volk wider ein herz und fasset einen mut. 1 Macc. 13, 7; fasset nur mut!; fassete ein besonders frisch herze. Felsenb. 1, 263; diesen morgen hat man sich ein herz gefaszt zu beichten. Gotter 3, 22; ein mannheit fassen. Luther 4, 3ᵃ. auch zu herzen, zu gemüthe fassen, zu herzen, zu sinne nehmen, erwägen, überlegen: so fasset nu dise wort zu herzen. 5 Mos. 11, 18; solchs alles haben wir zu herzen gefaszt. Luther 1, 458ᵇ; obschon der eine weise und der andere unweise ist, so hab ich doch beider worte zu herzen gefasset. pers. baumg. 4, 4; zu wünschen wäre, dasz alle jugend die gute lehre ihrer treumeinenden unterweiser zu gemüth fassen thäte. Simpl. K. 88. in das herz fassen:
du hast sie noch gesehn, den letzen blick,
den sehnsuchtsvollen, dîr ins herz gefaszt.
Göthe 9, 315;
kommt zu euch, königin! faszt euren mut
zusammen.   das ist die entscheidungsvolle stunde.
Schiller 426ᵃ.
ein gelübde fassen, vovere. vgl. fangen 15.
13)
fassen, animo comprehendere, intelligere, begreifen: die knaben fassen schnell zahllose dinge; er konnte es lange nicht fassen; wer es fassen mag, der fasse es, vulg. qui potest capere capiat. Matth. 19, 12, ahd. thër mugi bifâhan bifâhê;
faszt ihr nun,
dasz wir auf euch voll mitleid sehn?
Klopstock 2, 36;
von gott verlassen hiengst du da,
von gott verlassen,
im schweisz, im blut, dem tode nah!
herr, wir fassen,
jauchzen, beben, fassens nicht.
7, 109;
noch faszt sie nicht wie ihr geschehen.
Wieland 9, 296;
wärt ihr, schwärmer, im stande die ideale zu fassen.
Göthe 1, 399;
mein dienst, aus irrthum schmähst du ihn,
lern ihn von nun an besser fassen.
Gotter 1, 461.
14)
fassen, tenere, retinere, discere: durch die lere der demut nur eitel hoffart fassen. Luther 3, 142ᵇ; wenn aber der glaube kompt, welcher das wort fasset. 3, 157ᵇ; ich fasse dich beim worte; bei dem worte fassen. Lessing 2, 288; wenn du viel weisheit und kunst gefasset hast. pers. rosenth. 8, 6; latinam linguam lernen und fassen. Mich. Neander bed. 21ᵇ; eine lehre aus etwas fassen. 2, 16;
o jugend, fasz doch diese lehren,
itzt ist dein herz geschickt dazu.
Gellert 1, 171.
15)
lust und neigung, hasz und widerwillen, verdacht, groll, vertrauen, mistrauen fassen: sie konnte keine liebe zu ihm fassen; eine neigung, welche sie gegen Wilhelm Meister gefaszt, wollen wir ihr nicht verargen. Göthe 33, 238; der junge mann faszte die heftigste leidenschaft für sie. Wieland 3, 210; da aber Tryphon sahe, das das kriegsvolk einen hasz wider den könig gefasset hatte. 1 Macc. 11, 39; ein grimmen, bitteren zorn fassen. Maaler 132ᵃ; ein neid fassen. Spreng Aen. 126ᵃ;
sie seh ich oben schweben
und gröszer sein als ich, die mich, weisz nicht warümm
aus selbstgefasztem hasz und grammsein rennen ümm.
sie faszten Mosen ihren pfleger
und trewen diener selbst in neid.
Opitz ps. s. 102.
16)
fassen, locum occupare, consistere: fusz fassen, posto fassen; der feind hat in den Rheinländern fusz gefaszt; fassen sie wieder fusz auf der erde! man lebt nur einmal. Göthe bei Schöll 168; enge schrittchen fassen, kleine schritte machen, wie frauen thun. pol. stockf. vorr.; es gelang ihm festen sitz zu fassen. wurzel fassen, radices agere, gestalt fassen:
ich sah sie keimen diese liebe, sah
der leidenschaften unglückseligste
in seinem herzen wurzel fassen.
Schiller 295ᵃ;
nu kan ja das jene, so ein eitel oder nichts ist, freilich keine gestalt fassen. Luther 3, 368ᵇ.
17)
zusammen, zu hauf fassen: wenn mans nu abmisset nach dem, wie es hie beschlossen ist, und fassets in haufen, so ist es sechsmal lenger denn breit. Luther 4, 47ᵃ; welches alles zu hauf gefasset ist in dem spruch. 4, 392ᵇ.
18)
in, an, bei etwas fassen: fasse meine threnen in deinen sack, on zweivel du zelest si. ps. 56, 9; sehet, wie sich dieser könig damit tröstet, das er gewis ist, das seine flucht, seine threnen seien für gott alle gezelet, und alle threnen in gottes sack gefasset, das nicht eine solt beifallen. Luther 6, 1ᵇ; unden an dem bauch hat es (das beutelthier, känguru) noch ein bauch, den thet es auf und zu, und so es die jungen ausschüttet und geseugt hett, fasset sis wider darein. Frank weltb. 224ᵇ; in ein summ, in ein zal fassen, comprehendere numero. Maaler 132ᵇ; urtheil in schrift fassen, verfassen. Carolina 92; in ein buch fassen (s. verfassen); in reime fassen;
im fall sie (die liebe) schon einmal uns an ihr joch gefaszt.
Opitz 1, 136.
19)
mhd. irre vaʒʒen, irre grîfen, fehl greifen, irre gehen. Berth. 318.
20)
refl. sich fassen, amplecti se, zu unterscheiden von A, 9 se componere. die tanzenden fassen sich;
immer wilder drängts heran,
die elemente fassen sich die tobenden.
Göthe 11, 258.
21)
intr. fassen: es faszt schon, es faszt nicht; die wurzel faszt im boden;
das feuer faszt, schon brennts an sieben ecken.
die neue lehre hat unter den leuten gefaszt; falsche vorwürfe treffen flach, aber wahre fassen tief. Möser patr. ph. 1, 214. Vergleicht man die beiden vorstellungen, so vermitteln sie sich in dem begriffe capere, nehmen. der fassende nimmt als ladender, rüstender und greifender, der kleidende deckt und beladet, der schmückende umfängt, legt ein, faszt ein, verfaszt; der greifende faszt an, fängt, umfängt, nimmt gefangen, begreift, nimmt ein, nimmt platz. fassen, laden A, 3 reicht an fassen, einnehmen B, 8. 9. glaublich aber scheint, dasz aus intransitivem liegen allmälich ein transitives empfangen, bringen, erlangen und nehmen hervorgegangen sei, wie uns die starke und schwache form fëʒʒan faʒ und faʒʒôn faʒʒôta darlegt. man sehe auch das subst. fasz. s. abfassen, anfassen, auffassen, befassen, erfassen, einfassen, gefassen, umfassen, verfassen, zusammenfassen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1861), Bd. III (1862), Sp. 1340, Z. 14.

gefaszt, part.

gefaszt, part.
zu fassen, sich fassen, adjectivisch gebraucht, in einigen wendungen besonders zu betrachten.
1)
gerüstet, noch im 16. 17. jh. in seiner urspr. beziehung auf krieg und kampf zu erkennen (s. gefäsz 5, c), wie denn gerade in der kriegersprache viel uraltes forgeführt wurde und wird.
a)
im eigentlichen sinne: item er betracht (überlege wol), dasz er mit geschütz, arkelei und munition gefaszt und versehen sei. Fronsp. kriegsb. 1, 57ᵃ; nothwendig, dasz er sich .. mit allen tapfern .. personen .. umbsehe und gefaszt mache. Kirchhof mil. disc. 230. auch mit gerüstet verbunden:
gnädigster herr, mit allen dingen,
was man zum krieg bedörftig ist,
seind wir stattlich gefast und grüst.
Ayrer 137ᵃ (687, 35).
noch im 18. jahrh. stellt es Aler richtig mit entsprechenden lat. wendungen zusammen: sich gefaszt machen, accingere se, accingi. 862ᵃ; sich zur reis gefaszt machen, accingi ad iter. 862ᵇ (reise ist ursprünglich kriegsfahrt); auf allen fall sich gefaszt machen, stare in procinctu. das., und noch Günther braucht es, wo wir bewaffnet sagen würden, mit nadeln und ruthen gefaszt 488 (s. fassen A, 8), wie noch jetzt aus und in dem kriegsleben: Miller ergreift ein spanisches rohr, setzt den hut auf und macht sich zum angriff gefaszt. Schiller III, 418 (kabale u. liebe 2, 7), bewaffnet und rüstet sich. Mhd. z. b. gevaʒʒet und gewâfenet wb. 3, 284ᵃ (bildlich), sich vaʒʒen mit einem kreftigen here kaiserchr. 66ᵃ; auch den schilt, daʒ sper vaʒʒen heiszt nicht erfassen (das hiesz nemen), sondern kampfbereit machen, richten, halten, z. b. von Brünhild, die sich zum kampfe rüstet:
si begunde vaʒʒen (C sêre v.) den schilt an der hant.
Nib. 427, 2,
wo der dat. statt acc. wie das sêre sinnlos wäre nach der heutigen auffassung, welche die wbb. noch fest halten;
die sper wurden geneiget (zum anrennen)
und die schilde gevaʒʒet.
krone 7470.
daʒ swert vaʒʒen hiesz aber auch kampffertig, kampftüchtig machen, herstellen, vom waffenschmidt:
si (die schwerter) wâren gevaʒʒet in allen vlîʒ
unde wâren broun unde wîʒ (vom besten staht).
exod. 158, 31 D.
b)
vom krieg übertragen auf andere zurüstung, wie das ja auch noch gerüstet heiszt, z. b. für eine reise: sie namm Charicliam und alles das sie darzu bereit hatte und zu einer reisen notwendig ist, dann sie hette sich vorhin in den handel gefaszt gemacht. buch d. liebe 197ᶜ. auf ein fest: ein man der ne was sô niht gevaʒʒet als zu brûtloufte reht was. Leyser pred. 73, 18, hier doch nur von kleidung und schmuck, da es ein gast ist, vgl. gefaszt unter gefieder 1, c und gefäder und gefasset unter gefeder; legte das weib die falten wieder ein wenig zu recht, thät ein ander grösz (s. krös) umb und machte sich gefast zur hochzeit zu gehen. Simpl. 3, 367, 12 Kz. vom wirte: ich mich auch in küch und keller ziemlich gefaszt gemacht. Schweinichen 2, 236. noch jetzt wir müssen auf viele gäste gefaszt sein, uns gefaszt machen, freilich nur mit der verdünnung des begriffs in das blosze gefaszte erwarten, wohinter sich das zurüsten doch noch versteckt, das aber sonst in der haussprache sich einrichten, eingerichtet sein heiszt.
c)
mit etwas gefaszt, mit den nötigen mitteln (eig. waffen und rüstung) versehen, ausgestattet, eigentlich und bildlich, auch geistig: bistu aber gefasset mit gottes wort, so kanstu bald urteilen. Luther 5, 448ᵇ; mit gottes wort wol gefasset und gerüstet. tischr. 8ᵃ; königreiche .. mit gewalt gerüstet und mit rechten gefasset. bei Dietz 1, 634ᵇ, vgl. verfassung, das auch im folg. anklingt, es hiesz auch verfaszt;
das nicht gebrochen noch getrennt (werde)
mit rechten gefaszte polizey (staatsordnung).
Waldis Es. I, 17, 17;
im entrechten (bei der schluszverhandlung) sollen baid tail .. mit aller notturft zu recht gefast sein, (d. h.) mit procurei, mit prieflichen urkunden, auch kuntschaften, auch mit beistanden und rednern. östr. weisth. 1, 229, 16; also ritt ich nach Straszburg und machte mich nicht allein mit geld gefast .. Simpl. 2, 22, 3 Kz.; mit gelt nicht gefaszt. Henisch 1417, 53. noch im 18. jh.: sich mit gelde gefaszt machen, pecuniâ se instruere. Weber 330ᵃ.
d)
auf oder zu etwas gefaszt, gerüstet, vorbereitet: thuet der antwurter (der verklagte) sein antwurt schriftlich oder mündlich, des mag der klager auch abschrift begern ... auf das entrecht (s. vorhin), darauf sollen alsdan baid tail versechen und gefast sein. östr. weisth. 1, 228, 40, d. h. mit den nötigen papieren u. s. w. versehen (s. unter c), dasz der entscheid keine weiterungen mehr findet; sich zum schmause gefaszt machen, praeparare ventrem epulis. Steinbach 1, 414; er hält sich auf den feind gefaszt. 415; sich zur reis, zur flucht etc. gefaszt machen. Aler 862ᵇ;
die einsamkeit, dein alter gast,
hält sich bei dir zur flucht gefast.
auch mit auf für das mit u. c: sich auf winterholz gefaszt machen, providere ligna in hiemem. Weber, wo das eigentlich gemeinte ist: mit holz auf den winter. und mit zu und inf.: nicht gefaszt sein zu reden, non ex praeparato loqui. Aler. s. auch verfassen, verfaszt.
e)
endlich in der heutigen verinnerlichung, wonach wir dabei zunächst oder blosz an innere mittel und vorbereitung denken, an entschlüsse oder erwartungen, besorgnisse, bedachte möglichkeiten, besonders schlimme, mit denen man sich im voraus abfindet u. ähnl.:
musz es denn gestorben sein,
ey, so ist es balde besser ..
der ist klug, der allen fällen
allzeit sich gefast kan stellen.
Fleming 341 (Lappenb. 283);
mit heilsamen anschlägen gefast sein. Simpl. 1685 1, 66, eig. noch 'versehen' nach c; sich gefast machen, idoneis se consiliis instruere ad aliquod negotium, gefast sein, meditatam habere rem suam. Aler 862ᵇ;
als ihn ein auftritt unterbricht,
auf den das weise paar sich nicht gefaszt gehalten.
Wieland 9, 163 (Musar. b. 2);
bitten wir die vorbelobten Lukrezien um erlaubnis, dieses kapitel mit einer kleinen nutzanwendung, auf die sie sich vielleicht nicht gefaszt gemacht haben, schlieszen zu dürfen. 1, 263 (Agath. 5, 7). im 18. jh. auch noch mit zu (wie u. d): entziehen sie mir nur, meine liebe, ihre gute meinung nicht .. so bin ich zu allem sehr gefaszt. Lessing 12, 425; wir müssen uns zu der gesetzten erwartung unvermeidlicher übel gefaszt machen. Gellert, wie bei vorbereiten. jetzt nur noch mit auf: wir müssen uns auf alles, auf das schlimmste gefaszt machen; darauf war ich nicht gefaszt.
2)
das schlägt dann aber in einen andern begriff um, gefaszt zu sich fassen, sich (innerlich) zusammennehmen, seine kraft, seinen mut zusammenfassen u. ähnl., sich fassung verschaffen: seine leiden gefaszt ertragen u. ä.;
was du trägst, o trags gefaszt.
Platen 11;
doch fühl ich mich gefaszt im schmerz.
291.
wenn man eine schlimme meldung mit den worten einleitet machen sie sich auf etwas schlimmes gefaszt, meint man die fassung, die der andere zum ertragen braucht. Doch mag diesz sich fassen und fassung selbst erst aus dem vorigen entstanden sein, nachdem der alte sinn dunkel geworden war; der übergang ist hübsch erkennbar bei der wendung mit geduld, ursprünglich sich mit geduld fassen (s. u. fassen A, 9), d. h. rüsten, wappnen, sich in geduld fassen, d. h. geduldig, ergeben beruhigen, beherschen. Auch im comp., ich bin nun schon gefaszter:
möcht ich doch nicht gern .. den bruder .. sprechen,
eh ich gefaszter bin.
Göthe 9, 170 (Tasso 3, 1).
und attributiv, eine gefaszte haltung, miene u. ä. auch nl. op alles gevat zijn, wol nach dem hochd.
3)
zu fassen vom inhalt eines gefäszes: gefaszter wein, wein im fasz. Schönsl. O 5ᵈ; gefasztes bier, dolio condita. Steinb. 1, 414, s. u. gefäsz 3, c. aber urspr. auch vom gefäsze selber: ein silberin kleinot mit wolriechenden specereien gfasset. Frank weltb. 146ᵃ, eig. dasselbe gefaszt mit .., wie 1, c, s. fassen A, 3.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1878), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 2131, Z. 75.

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Zitationshilfe
„fassen“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/fassen>.

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