Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gänge, m.

gänge, m.
gänger, nhd. nur noch in fürgeng m. im 16. jh. (Schmeller² 1, 922):
der schmied bei dem abt durch sein kunst
erlangt groszen dank, gnad und gunst,
das er in drei jar setzet frei,
und ward fürgeng in der abtei.
H. Sachs 2, 4, 81ᵇ (1560),
gleich fürgänger (s. d. 2, b und 3) zur bezeichnung irgend einer vorsteherschaft, vergl. vorgang m. gleich vorgänger, vorsteher bei Schmeller und goth. faúragaggja, faúragagga vorsteher, verwalter (faúragaggi n. vorsteheramt), das in der ersten form in dem fürgeng bei H. Sachs so spät nachlebt, falls nicht doch das adj. fürgeng gemeint ist (s. das adject. gänge II, 7). Ahd. ist bezeugt nur der zweiten gothischen form entsprechend forakango praevius Graff 4, 104, nachlebend im 16. jh. in dem vorgang vorhin, im 15. jh. vorgang previus Dief. 458ᶜ, mhd. also sicher noch vorgange neben fürgenge oder vorgenge, die alle zu finden bleiben. gewöhnlich ist schon ahd. die umlautsform z. b. in hantgengo dediticius Haupt 2, 204, undgengio naufragus Graff 4, 103 (der auf den ünden, wogen treibt, 'geht', vgl. u. gang III, 7), auch ein fem. in lantkenkia meretrix, eig. vagabundin, vgl. âgenggûn lamiae Hattemer 1, 247ᵇ; vgl. übrigens Wolfganc u. a. gramm. 2, 494. Mhd. zur zeit nur in vuoʒgenge m. pedes, noch im 15. jh. ein fueszgenk Dief. nov. gl. 284ᵃ, gewöhnlich schon vuoʒgengel (s. gängel). das einfache wort ist wol ahd. in der malb. gl. bezeugt in chanco wagenross, s. J. Grimm zur lex. sal. s. xxviii und gänger 2. auszerdem z. b. ags. sægenga seefahrer, begengea incola, s. Ettm. 411.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1874), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1238, Z. 20.

gänge, adj.

gänge, adj.
verb. zu gehn.
I.
Die form und ihre entstehung.
a)
mhd. genge, ahd. gengi, kengi, alts. gengi nicht bezeugt, aber ags. genge, altn. gengr, altfries. genzie, ghinse, ganse (s. Richthofen 773ᵇ); altengl. genge, mnd. genge und ghinge (s. II, 5, b), mnl. ghinge und ghenge (Oudem. 2, 684. 504), nnl. erloschen; nnd. gänge Dähnert 140ᵃ, Strodtm. 65, göttingisch ginge und genge zum theil wolerhalten, s. II, 3, b. eigen dän. gängs, schwed. gängse, dial. gängsen Rietz 185ᵇ, vgl. Rydqvist 2, 427. 464, altn. algangsi; norw. gjengd Aasen² 219ᵇ.
b)
eine umlautlose form gang nur in folg. formel und fast nur in neuer zeit: zwei finger breit über den gang und gäben weiberwuchs. Hippel lebensl. 2, 295 (vgl.gang- und gebemünzer u. II, 5, b); er ist bei uns zu lande gang und gäbe. Holtei Lammfell 134; schon Haltaus 585 setzt gang und gebe an, obwol seine beispiele nur mit umlaut sind. die jetzt beliebte formel wird wie éin wort behandelt, worin denn gänge sein eignes dasein ganz verloren hat und gleichsam auf seinen stamm zurückgeführt ist durch entfernung des umlauts, dessen grund dem bewusztsein ohnehin längst verschüttet ist. freilich gibt schon Henisch neben gäng und geng auch 'gang, färig, das leichtlich alles durchstreicht und durchfart, meabilis' 1341, 10; das ist aber aus Maaler 155ᵇ ausgeschrieben, der vielmehr gäng hat, sodasz jenes nur verschrieben sein wird. was Tobler 218ᵇ als 'in ältern urk. häufig' beibringt, gang und geber Konstanzer münze, ist ohne beleg unbrauchbar und schwer glaublich, so wie Dähnerts gankgewe münte 141ᵇ, das er als alt beibringt, vergl. genkgewe 140ᵃ (s. II, 5, a); aber auch veltgange vê im Ssp. (s. II, 1, d), landgange münze Haltaus 1164 (15. jh.). es müszte sich die umlautlose nebenform von dem subst. gänge (s. das vor. wort) ins adj. eingedrängt haben, wie denn das subst. und adj. von haus aus allerdings schwester formen éines wortes sind. vgl. gängel.
c)
an der bildung fällt auf dasz es nicht, wie sonst diese adj. verb., den vocal des praet. hat, z. b. gevüere förderlich, genæme, gelæge, nütze, s. gäbe und J. Grimm gesch. d. d. spr. 851; aber dieselbe erscheinung zeigt sich beim verbum causativum gängen, s. dort (2). anderseits kommt doch auch der praesensvocal vor, z. b. in gibe gleich gæbe, s. z. b. sp. 1117 und unten II, 4, a; s. auch 'geng und geh' unter II, 1, a, α.
II.
Bedeutung und gebrauch.
1)
Von lebenden wesen, gangbar, ganghaft, frisch im gange, gut gehend u. ä., sicher die erste bedeutung.
a)
auch von menschen, mhd. und nhd. (vgl. die mhd. wbb.).
α)
im eig. sinne: (kein priester wird geweiht), er hab dann sein glider all, sei glidganz, sei ganghällig, geng und geh. Garg. 207ᵇ (in andern ausgaben geng und geb); so ist die schwangere frau, so ein recht kind empfangen, viel gänger und leichtfertiger, dann eine so eine misgeburt empfangen hat. Rüff hebammenb. 97, 'besser auf den füszen' (leichtfertig einer der lîhte vart hat, lîhte vert, gut zu fusze ist); der alt vatter war noch zimlich geng, und lief dem son stets nach. Zimm. chr. 1, 489; er het ein gengen fueszboten bei sich .. der wust alle steg und weg. 3, 310; wie sie uf iren füeszen jugend halb genger, dann die andern beritten (waren), lief sie inen allen hin (entrann). 4, 110, vgl. geng beritten unter b am ende; ein altes mittel, wie ein müder wanderer wieder gäng werden kann, s. bei Schmeller 2, 53. einen genge machen, wie gängen, in gang setzen, in trapp setzen: jetzt wird ich dich geng machen. Bolz Terenz 36ᵇ, für ego jam te commotum reddam Andr. 5, 2, 23.
β)
in bildlichkeit übergehend, gänge zu .., bereit, geschickt, hurtig u. ä.: möchten wir gar wol uns in der stadt umsehen und delectiren. darzu waren wir geng und bereitet. Philander Lugd. 6, 89, wie fertig (von fart iter);
do Alexanders vatter wolt,
das er umb gaben loufen solt (s. sp. 1112),
dann er zuͦ loufen vast geng was ...
Brant 77, 43, flink, geschickt zum wettlaufe;
wer ... ist zuͦ allem bschisz der gengst.
überschr. zu c. 100.
mhd. zuo strâfe genge Elis. 3994, rasch, bereit zu strafen. mhd. auch im adv., rasch, sofort:
so er winglocken hœre liuten,
daʒ er kome genge.
lieders. 3, 313.
γ)
natürlich auch vom fusze u. ä. (wie gängig 1, c): gleichwie auch nicht ein überaus weiter schuh den fusz gänger oder besser macht. Fischart ehz. 515 Sch., und selbst gänge stiefeln, ocreae amplae, faciles Stieler 624, in denen 'sichs gut geht'.
b)
von pferden (vgl. gang I, 6, a und gänger 2), appenzellisch e gengs ross, das ein guter läufer ist Tobler 218ᵇ;
dô begunde er sprengen
für den grüenen tan
ûf einem rosse genge.
Wolfdietr. 1016, 2 Holtzm.;
schrib er auch, wie dasselbig pferd (leibhengst) sein sollt von der farb und gestalt, auch solt es sein geng und sanfttrabent. Zimm. chr. 3, 162; also hieng Wilwolt .. bei 60 der gengsten pferden, die er bei ime im vortraben oder schützen het, an sich, underfieng mit denselben den herzogen aus seiner ordnung zu .. reiszen. Wilw. v. Schaumb. 42, die reiter mit den gängsten pferden bilden den vortrab, mit denen er unternimmt, den gegnerischen hauptmann zu fangen; er gab mir den gängsten und besten gaul den er het. Götz v. Berl. 71; bei denen, bei welchen von natur guͦte, gänge und ringe (leichte, flinke) ross fallen (geworfen werden), als bei den Türken. Seuter 7; aus Malta wird im 16. jahrh. erzählt von eselchen als vortrefflichen reitthieren für reisende: und kan einer die dierlin laiten wie er will, sein geng, postieren (traben wie ein postross) immer mit einem fort. Kiechel 196, der zusatz erklärt das geng;
Albrecht .. hat ein ross, das kann zelten und traben ...
er hat ein ross, das ist so genge beritten
als das hirschlein vor dem grünen walde.
Uhland volksl. 377, wunderh. 4, 248,
genge beritten als verstärktes genge.
c)
diesz genge beritten auch scherzend vom fuszgänger (vgl. auf schusters rappen reiten u. ä.): aber der Petter war .. uf seinen füeszen geng beritten. Zimmer. chron. 2, 356; aber der knab war im zu geng beritten und flohe vor im dahin (zu fusze). 4, 206.
d)
von thieren sonst: hetzhund geng und freidig. Meurer von forstlicher oberherrlichkeit 85ᵃ, vgl. gängig 1, a;
gleichwie von jener schiltkrott stehet,
welche verdrosz zu kriechen länger,
meint, in der luft wird (würde) sie vil gänger ...
Fischart ehz. 51 (450 Sch.).
feldgänge von vieh das zur weide geht Frisch 1, 316ᶜ, veltgenge Ssp. I, 20, 1 var. (auch veltginge und -gange, -gunge), s. dazu gang I, 6, c.
e)
in bildlichkeit übergehend, von menschen, noch im 18. jh., Kestner z. b. schreibt von seinem bekanntwerden mit Göthen in Wetzlar: da ich .. im publico nicht so gänge bin, so lernte ich Goethen erst später und ganz von ohngefähr kennen. Göthe u. Werther s. 35, gemeint zu sein scheint: unter den leuten nicht so 'herum komme', oder zu 4, b. c? ähnlich im 16. jh.: ain eltere schwester .. war ain fromme fraw, und aber ain genge huer, als sie ungevarlich uf dem ganzen Schwarzwald war (nämlich genge). Zimm. chron. 2, 178, die überall 'herum kam', doch wol zugleich zu 4.
2)
Von allem was sich bewegt oder 'geht'.
a)
der wind z. b., in hübscher reimformel strenge und gänge, scharf 'gehend': aber je strenger und gänger er wähete und wülte, je enger und strenger der wanderer den mantel an sich pfrenget. Fischart ehz. 421 Sch.; vergl. gäng, färig ... meabilis Maaler 155ᵇ (s. Henisch u. I, 2). der teig wird gänge, 'geht': der sauerteig den teig ... genge macht. Luther bei Dietz 2, 6ᵇ.
b)
eine mühle u. ä. (wie gangbar 1, b):
Fungus maul ist eine mühle, die gar gäng an ihrem lauf,
mählt ein handvoll witz (geist) kaum abe, schütet wort ein malder auf.
Logau 3, 3, 46.
gewiss auch von thüren u. ä., wie gängig 4, a und gangbar 1, b. appenzellisch en genga schletta, schlitten der leicht dahingleitet Tobler 218ᵇ.
c)
der mund, der auch sonst einer mühle verglichen wird, wenn er recht flink 'geht', oder die zunge (vgl. z. b. klappermühle 3):
so nun gemach (allmälich) der senfte win
schlicht und ouch truft (trieft) dem herzen in (bei tische) ..
und machet geng zur red die zung ...
Brant thesmoph. 671,
vgl. geng zuͦ loufen u. 1, a; mein maul ist mir jetzt zu gänge gewesen und hette wol ein gute daschen verdient. Ayrer proc. 1, 7;
das maul war ihnen mächtig gäng.
Philander 2, 4;
mensch, der du, eh dein gänger mund
dich sterblich nennet, oft gestorben.
Weckherlin 498 (od. 2, 34, 2);
schutzrede einer jungfraw über die gänge zunge. Logau 2, 1, 38. vgl. zunggänge geschwetzgirigkeit Garg. 74ᵃ (126 Sch.). natürlich auch vom schwätzer selber: zur arbeit faul und gäng im maul. Fischart ehz. 559 Sch. noch schwäb. ein gänges maul Schmid 378 (bei Stieler 624 homo loquax), appenz. e gengs mûl.
d)
ähnlich gänge finger, hand des spielers u. ä., von der laute rühmt Fischart:
sie macht .. ein gläychig gänge hand (in den gleichen, gelenken gewandt) ...
und machet also fein geringer (leichter)
zu andern spielen auch die finger.
ged. 3, 15 Kurz.
gänge augen, man sieht wie lebendig das schöne wort noch im 16. jh. war: geng und unstäte augen, oculi lubrici. Maaler 168ᶜ, vgl.umbe gên von solchen augen Walther 82, 20.
e)
bildlich hübsch von 'flieszenden' versen, es mag zugleich an ihre füsze gedacht sein: dasz die verse nunmehr gänger, fertiger und lieblicher daher flieszen. Klay lobrede der teutschen poeterei 12.
3)
Auch von orten, wegen u. ä., wie jetzt gangbar.
a)
eigentlich, viel begangen, belebt, so deutlich z. b. im folg.: jede hauptstatt (Chinas) wie auch schier alle landstätte haben zum wenigsten einen thurn an einem sehr lustigen und gängen platz. abentheur von allerh. mineralien u. s. w. durch A. P. F. B. Frankf. a. M. 1656 63; geng ort, da man vast hin gadt und vil leüt sind, frequens locus. Maaler 168ᶜ; Sempaches hus am staden (in Straszburg) .. das dozuͦmale eine genge herberge was. Königshofen 753, 24. der begriff des gehens ist darin von den leuten übergesprungen auf den ort, wie in ouch gienc der walt wildes vol Iw. 3272, vgl. dazu V, 2209, Berl. heldenb. 5, 281.
b)
daher besonders von straszen: gänger wäg, via celebris. Maaler 155ᵇ. einen wäg geng machen, ein straasz vil brauchen, iter terere. 168ᶜ;
und Christus zaigt mit worten streng
di strasz zur hellen brait und geng.
damit die strasz gemeiner, genger und sicherer würde. Amadis 270, wo der begriff begehbar eingemischt sein mag (vergl. gangbar 2); kam auf eine gänge landstrasze. Simpl. 1, 68;
das Böhmerland ist gar schön und grosz
und hat gar gänge straszen.
Opel u. Cohn 30jähr. krieg 95.
daher weingenge von der kehle der guten schlucker Garg. 83ᵃ (142 Sch.), vergl. weinstrasz von der kehle 89ᵃ (154). noch nd. en gengen weg, ene ginge stîge, gangbarer fuszsteig Schambach 64ᵃ, vgl. 314ᵇ.
c)
übertragen, vom leibe, stuhlgange: die gesoten ruoben waichent den leip und machent in geng. Megenberg 419, 11 (ebenso gängig 4, b), es ist an die gänge im körper gedacht (s. gang II, 2, b, besonders maʒganc mastdarm), vergl. gangbar 1, b a. e. von wasserröhren, von denen es ja selber heiszt dasz sie gehn, wieder gehn u. ä.
d)
aber auch der mensch selbst hiesz gänge, der guten stuhlgang hat; Grimmelshausen erzählt von einer saurbrunnenchur, wie ihm eine frau begegnet, die butter feil trägt: weil mir dann nun solche schmutzige (fette) materia zu mir zunehmen (und zwar täglich vor dem morgenessen) von meinem doctor verordnet, ich auch allbereit nicht allerdings gäng war, weil ichs (das 'gehn') aus unachtsamkeit underlassen hatte, wurde ich mit der alte (so) mutter leicht eins .. Simpl. 4, 208 Kz.; aus gänger leib muszte gänge im leibe geworden sein, zumal sich das dann anschlosz an zu stuhle gehn und gang als abtritt sp. 1227.
4)
Auch gänge, was unter den leuten, im lande umgeht, umläuft, 'geläufig' ist, wie gangbar oder im gange, genauer lantgenge (s. c).
a)
mhd. z. b. von einer rede, einem gerüchte:
nû jach des ein ieglich man,
wie er verloren wære.
daʒ was ein gengeʒ mære
in allem dem lande.
Iw. 3374;
dô hôrt man in der stat sagen,
vil genge was daʒ mære ...
Dietr. flucht 6931.
dann auch geläufig, gewöhnlich, und nur so ahd. bezeugt (s. Graff 4, 104), also schon in der eigentlich abgeblasztesten bedeutung, zugleich zum deutlichsten beweis, wie dürftig uns die ahd. rede überliefert ist gerade nach der sinnlichen seite. mhd. für gewöhnlich unter den leuten z. b. in der klage in der minne regel:
ruom wart nie als nû sô gibe
und balde geweren nie sô genge.
Hätzl. 242ᵇ,
dasz ein minner sich laut brüstet mit seinem glücke und die frauen so bald gewähren, ist nie so gibe und genge gewesen, denn diese formel bestand wahrscheinlich auch (s. 5).
b)
nhd. z. b.: embsiger genger brauch, frequentatio. Maaler 168ᵈ, auch im adv.: geng und vil an einem ort sein, frequentare 168ᶜ (vgl. 6); unter den christen sol dis eine kendliche, gemeine und genge sprache sein. Luther bei Dietz 2, 6ᵇ; dasz man sonderlichen die gängen und gemeinen laster ernstlich strafe. corp. constit. Brandenb.-Culmb. 1, 32, durch gemeine verstärkt, denn das wort kam allmälich in abgang (auszer in der formel 5, b), musz aber um 1800 wieder aufgefrischt worden sein, vermutlich aus dem nd., aus dem es Adelung allein kannte (er führt aus Niedersachsen an das ist nun so gänge, mode): es war die allgemein gänge ableitung. Niebuhr 1, 25; ich meine, den alten geist in der neuen allgemeinverständlichen sprache und in der gängen form des heutigen liedes aufzufassen und wiederzugeben. Wilh. Müller, blumenlese aus den minnesingern Berl. 1816 vorr. s. II. zugleich an 5, d angelehnt:
hätt ich .. so mich den augen aller ausgeboten (wie du),
so dem gemeinen umgang gäng' und feil (stale and cheap).
Shakesp. Heinr. IV. 1. th. 3, 2.
c)
auch noch sinnlicher vorgestellt: und ward allerlei ungemach fast auf eine zeit auf allen seiten gänge. Micrälius altes Pommern 3, 493, 'grassierte', wie durchs land schreitend. auch wenn münzen genge heiszen, z. b. Renner 13770 (vgl. unter 5), sind sie 'im lande gehend' gedacht, daher auch lantgenge, curs habend im lande (moneta curribilis, cursibilis Haltaus 585): zwainzig gute rinische gulden lantgenge und geneme. Stephans stofflief. 1, 58, vgl. Haltaus 1164 und reichsgängig unter gängig 2; in dem 1390. jare begunnen iserne penninge .. genge werden in dusser stad. Magdeb. chron. 1, 290; s. dazu gang III, 3, f.
5)
Mit gäbe verbunden.
a)
zuweilen 'genge gebe', z. b. im 15. jh.: das wir ime alle jar .. reichen und geben sollen dri phund phenninge die in der statt Erfurt genge gebe und unvorslagen sint. Michelsen rechtsd. 394, vergl. mnd. genkgewe unter I, b, es ist aber nur kürzung von genge und gebe, das viel in gebrauch war. es findet sich auch gäng und genem Haltaus 586, gäng und gabhaft das., gäng und gäbig. das gewöhnliche aber ist
b)
gänge und gäbe (s. schon sp. 1117): swer einem phenninge gelobet, der sol einem phenninge geben, die dâ (an dem zahlorte) genge und gæbe sint. Schwabensp. 254, mnd. im Ssp. genge unde gêve III, 40, 4, ghinghe unde gheve in deme lande to Brunswig städtechron. 1, 197; mit solcher werschaft, die denne (zur zahlzeit) für Costenzer pfenning in gemainem louf, ongevärlich gäng und gäb ist. Haltaus 585; mit gulden, schilling .. die hie werung, geng und gebe sint. Nürnb. poliz. 146; vierhundert sekel silbers, das im kauf (handel, geschäft) geng und gebe war. 1 Mos. 23, 16; böse münz, die nicht gäng und gäb ist, daran man verlieren musz. Otho 998; dieses geld ist gäng und gebig bei euch in allem handel und wandel. 1012; auf Malta ist eine lederne münze von 16 sous in werth gäng und gäbe. J. Paul Siebenk. 2, 134. mit völlig entwickeltem misverständnis (s. I, b): sein ausdruck ist nicht scheidemünze, nicht gang- und gebemünze, sondern aus der sparbüchse genommenes geld. Hippel lebensl. 2, 47.
c)
dann auch von waare: ein jeder fleischer (landfleischer) soll gebe und genge viehe herein schlachten (in die stadt). Leipz. stadtordn. 1701 s. 431 (vom jahre 1634), am rande in der nachher gewöhnlichen stellung genge und gebe viehe, wie es dann Adelung anführt, in der ordnung von 1544 aber blosz gebe (sp. 1117), das dann durch genge verstärkt ward; s. gangbare waare sp. 1237, die auf dem markte gang hat, marktgängige.
d)
übertragen auf anderes was in gunst und geltung ist, umgeht, herscht u. ä.: dasz wir .. darneben den jetzigen statum des römischen stuls in etwas erfahren und was sonsten jetzo alda geng und geb, besehen. Philander lugd. 6, 79; dasz wir, ein jeder absonderlich, was zu Rom geng und geb war, erkundigen solten. 88, es ist nach der ersten stelle auch oder besonders an die zustände in staat und kirche gedacht, an tagespolitik, gewiss aber auch an kunst, mode u. anderes, was da im schwange oder an der tagesordnung oder en vogue ist, wie es jetzt heiszt. flexion erhält schon im 17. jh. das zweite wort allein: was an manches herrn tafel und rathstuben geng und geben valoris ist. ped. schulfuchs 225.
e)
jetzt weiter abgeblaszt und beschränkt, in fällen wie folg.: lügenhafte kühnheit, wie sie zum exempel über dem meere so sehr gänge und gebe wäre. Klopstock 12, 163; lehrbücher ... so unter uns gäng und gebe sind. Hamann 2, 8; einige lieder, welche von der art in Schmolls hause gäng und gäbe waren. Stilling jüngl. (1778) 112; bald werden alsdann seltne edle worte .. gäng und gäbe. Stolberg 10, 311; ob auch bei ihnen dergleichen (sprüche) gäng und gäbe wären. Göthe 43, 280; wenn das vorurtheil in seiner nation nicht schon gäng und gäbe gewesen wäre. 54, 143; korknachbildnerei, um antike tempel und prachtgebäude in leichten korkformen gäng und gäbe zu machen. J. Paul 36, 11. man sieht, wie da gänge, das samt gäbe eben nur in dieser formel noch gänge ist, seine endung einbüszte (und auch seinen umlaut, s. I, b). s. übrigens auch gängig, und ganghaft.
6)
Endlich auch in den zeitbegriff übertretend.
a)
adj.: geng, on underlasz, da kein aufhören nit ist, assiduus, frequens. Maaler 168ᶜ, aus Frisius 128ᵇ, es scheint eben nur schweiz., und wesentlich im adv. gebraucht.
b)
adv. geng, assidue, z. b. er kam geng zuͦ mir, assidue veniebat Maaler, Frisius; ein sträflich bös ding ists an einem menschen, die lugenen, die sind aber geng in des unweisen mund. Züricher bibel 1530 639ᵃ, vulg. mendacium in ore ... assidue erit (eccles. 20, 26), gleichsam in éinem gange fort, s. gang I, 3, f (éines ganges) und III, 4, d.
c)
rein zeitlich noch heute 'geng immer', auch geng in eim, geng anenander, immerfort Stalder 1, 422, Schmidts id. bern. bei Frommann 2, 82ᵃ, wo auch gäng wie gäng, more solito, bei Gotthelf schuldenb. 54 geng wie geng; auch in den sprachinseln am Monte Rosa geng (und gang), s. Schott 301 fg.
7)
Wie lebendig das wort von haus aus war, zeigt seine einstige zusammensetzungsfähigkeit, die es noch wie eine verbalform erscheinen läszt; so auszer den genannten ungänge, lantgenge (4, c) auch durchgenge, durgenge pervius Mones anz. 3, 47, Dief. 431ᵃ (16. jh. s. II, 1614), fürgänge vorzüglich sp. 730 (der vorgengste Dief. 459ᶜ), mhd. widergenge wb. 1, 477ᵃ, zwigenge J. Grimms meisterges. 83, und noch heute in Sachsen zugänge zugänglich, z. b. ein gut das zwei hofthore hat, ist durch zwei thore zugänge. alterthümlich ist auch sächs. gegänge gleich gänge, nd. begänge gangbar, gewöhnlich Dähnert 29ᵇ, ostpreusz. z. b. von einem taschenmesser das leicht 'aufgeht' Hennig 79 (gött. beginne von wegen Schambach 19ᵃ, aus beginge), holst. begeng auch z. b. von einem mädchen die noch als solches 'geht' (diu gêt noch megetîn MF. 10, 10), noch nicht verthan ist, als adj. entsprechend dem subst. ahd. pigengio extorris (in der fremde schweifend) Graff 4, 103, vgl. I, b am ende.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1874), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1238, Z. 47.

gänge, f., subst.

gänge, f. subst.
zum vor., 'gängigkeit, gebrauch', bei Campe als landschaftlich nach einer stelle aus dem 'geist der journale': und wenn die waare von gemeiner gänge gefehlt hat, so ist sie aufgeschlagen; zum adj. gänge 5, c.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1874), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1243, Z. 9.

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„gange“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/g%C3%A4nge>.

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