Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gau

gau,
schnell, behend, ein nd. wort das um 1700 auch in hd., md. wbb. erscheint, z. b. bei Ludwig 695, er ist gar zu gau, nimis festinat, praeceps est Stieler 636 (der auch gauisch, gauigkeit anführt); es ist eig. eins mit gähe, s. d. I, c. vgl. gaudieb.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1518, Z. 7.

gau, gäu, m., n.

gau, gäu, m. n.
pagus, rus.
1)
das alte wort.
a)
goth. gavi n., gen. gaujis, dazu gauja m. gaumann (vergl. ahd. gowo nachher), allai gaujans Luc. 8, 37 ungefähr in dem sinne wie das ganze land sp. 1291. ahd. ergibt sich aus den wenigen beispielen bei Graff 4, 274 fg. gewi und gowi n., wozu aber in den zahlreich überlieferten alten gaunamen bei Förstemann (und Graff) eine fülle noch anderer formen schon in ahd. zeit bezeugt ist, darunter dem goth. noch gleich gawi, z. b. im 8. jahrh. Durgawi Thurgau, in Thüringen ein Altgawi, in Franken ein Badanagaui, noch im 9. jh. Alpagawi das Allgäu, Sundargawi Sundgäu; ferner mit verlust des w gai, goi (wahrscheinlich gâi, gôi), mit verlust der endung gaw oder gao (gaho), dann gauge mit g für w, aber auch mit anderer, fem. endung gawa, gauwa, gowa, gôa, gouwa, geiwa (Först. 2, 1327), selbst gauia, gawia, gowia und gaugia (Först. 2, 171. 1212), an -awia und -augia aue erinnernd (s. unter aue); das fem. findet bestätigung im nd., s. u. d. nachher. Dazu bestand übrigens, dem goth. gauja entsprechend, auch ahd. gowo, eig. gowio, gaumann, zu erkennen bei Otfr. I, 13, 4, wo die hirten sich beeilen dasz sie mit den gowon das Christkind schauen, auch in gaunamen, z. b. im 8. jh. Badanahgowono fines gleich Badanahgewi Förstemann 2, 171 (196), Salagewono marca, lat. Salagouensium provincia s. 1212 (wie Haganenowono marcha 629, der Hagenauer mark), und nd. Morangâno pagus 1042 musz ebenso gemeint sein, wie lat. Hassigani, die leute des thüring. Hassagâ 696 (Widukind II, 3), vgl. mainfränk. Salagôeno fines 1212 gleich Salagôe (für gowe) 1211 und altfries. gâna gen. pl. Richthofen 771ᵃ, das auch vielmehr die gaulaute meinen wird. s. noch Aventins Norkaner aw 3, c.
b)
auszer dem eigentlich hd. gebiete alts. in stärkster kürzungund gô, z. b. Pathergâ und Pathergô um Paderborn, Lagingâ und Lagingô an der Leine (Lagina), doch oft mit den vollen gawi, gâi, gewe, gowe u. a. zur seite; aber auch im mitteld. bereiche z. b. Hassagâ, Hassagô, neben den volleren formen (althess. gewi Tat. 82, 1, altthür. gowi in gowimutti Haltaus 590), auch in Lothringen Salinagô neben -gowe, Seillegau Förstem. 2, 1212. auch in Frieslandund gô (gen. gâes) Richth. 771ᵃ, überseeisch aber nur bei den Angelsachsen in verschwindenden spuren neben dem herschenden scire (engl. shire), eben in der alts. und fries. form: Noxga gâ, Ohtga gâ als gaunamen, sieh Germ. 8, 9; fraglich ob auch noch im engl. yeoman gleich unserm gaumann (s. z. b. Frisch 1, 324ᵇ, Schmeller), altengl. ʒôman, ʒêman Stratm. 264, vgl. ags. geoman, iuman 'mann der vorzeit' Grein 1, 503. 2, 148.
c)
mhd. ist die herschende form (d. h. in den ausgaben) göu oder geu, jenes auf ahd. gowi, dieses auf gewi zurückgehend, daneben noch einzeln volles göuwe acc. (wie zu göu im gen. göuwes), während umgekehrt schon ahd. auch die stumpfen formen vorkommen, wie österr. Lungow im 11. jh. Förstemann 2, 957, schwäb. Hegou im 10. jh. das. 718, ja im 8. jh. bair. Sundergeu und -gou 1334, entsprechend dem alts. -gô. auch das alts.hat sein mhd. seitenstück in bair. gäw Lexer 1, 1057, noch im 16. jh. (s. 2, a), daraus auch (als gæ, wie jenes wol als gæw zu fassen) im 14. und noch im 16. jh., s. Schm.² 1, 855, Aventin unter 2, d, β. ebenso aus gew mit verlust des w auch gê, mhd. z. b. Neidh. 56, 35 in der Riedegger hs., und noch im 15. 16. jh.: rus, das gee. Dief. 504ᵇ aus einem Augsb. voc. v. 1521; dasz Otto zu Nurenberg gesamelt hab volk ausz Franken, Thuringen, Bayern, Norg ge (Nordgau), Swaben und Reingeer (Rheingauer). Nürnb. chron. 3, 69, 18, Norgee 87, 12. 89, 17, Thurge 103, 25; Allgew, Turgew (andern gefallt meer gee, als Breisgee etc.). Seb. Helber syllabierb. 43. ebenso göwe, göw gekürzt zu gœ, z. b. Neidh. 56, 35 goͤ in B., im 15. jahrh. z. b. goͤman rurigena Dief. nov. gl. 322ᵇ.
d)
die mnd. form ist gô, wie schon alts., altmd. (s. b), einzeln auch gow (s. nachher) aber im gebrauch auf das rechtsleben eingeschränkt und auch da eigentlich im eingehen, dat gô von dem gaugericht, dem gôding, z. b.: coram terre iudicio, quod vulgo dicitur vor deme gho. Haltaus 732, 14. jh.; höchstens noch von dem bezirk des gaugerichts, z. b. weisth. 3, 225 binnen gohes, und welche des gohes grenze sei (16. jh.). dafür aber auch land, z. b.: a. 77 up den sondach vor Feliciani heft dat go in der vagedie to Verden bidden laten unsen gn. heren .. dat s. g. dem lande wolde vororloven u. s. w. weisth. 4, 701, 15. jahrh., nachher das. 701. 702 dafür de golude, die gauleute. dieszist ursprünglich nichts anderes als was nachher lant genannt wird, d. h. das land im goding vertreten, wie dieses bei Haltaus vorhin terrae judicium heiszt und z. b. weisth. 4, 686 ff. ein gogreve einem gerichte vorsitzt das vielmehr dat lant genannt wird, wie 3, 236 ff. auf befragen des gorichters dat ganze lant antwortet (s. dazu sp. 1290f., V, 2150); ebenso werden die nl. gaunamen Oestergo, Westergo um 1500 durch Oesterland, Westerland ersetzt, s. Liliencron 2, 342 ff. So hat das nd.seinen ursprünglichen wert verloren und bezeichnet hauptsächlich nur noch das sitzende gaugericht, für den ursprünglich weiteren sinn aber ist lant eingetreten; vgl. auch vereinigt im 16. jh. ein westfäl. lantgoding, sein vorsitzender als gogreve und lantrichter weisth. 3, 108. 130. im Sachsensp. aber ist zwar noch von gogreven, godingen die rede, aber nicht mehr vom gô. Übrigens erscheint nd. ein fem., wie es ahd. in den gaunamen unter a bezeugt ist (gowa u. ä.): des kemen se to schelden worden, und welden vor de go to Borchtorp. weisth. 4, 692, d. h. beriefen sich beide von dem amtsgerichte, wo sie sich nicht einigen konnten, an das goding, wie es nachher heiszt, um 'vor ihm' das urtheil zu nehmen; de goe holden, das goding. 3, 236 fg.; de goe, so oft .. se schall geholden werden. 3, 237; der Eldagser ghoe gerechtigkeit. 4, 659 ff., die golüde heiszen das. gohelüde, und das -e ist nachklang des fem. -a, wie denn das Brem. wb. 2, 527 als sing. gohe, goë angibt, das wort galt nämlich in Bremen noch im vorigen jh., s. 3, b, ja einzeln bis ins 19. jh.: wenn sich im Bremischen .. noch einige richterliche bezirke finden, die den namen der gohe oder gaue führen, so ist diese benennung als ein zeugnis und überbleibsel der alten .. freiheit der landsgemeinden, die ihre richter selbst wählten, zu betrachten. Kobbe Bremen u. Verden 1, 55. früher übrigens auch gow, z. b.: die gow zwischen Langwedel und Bremen. das. 56, vgl. unter gaugericht. auch in Hannover gohe f. gleich voigtei, z. b. die gohe Adenzen, Pattensen amts Calenberg, Coldinger gohe, Braunschweigische gohe amts Hannover.
e)
von hd. formen aus der übergangszeit sind auszer den schon unter c belegten gäw, gä, ge noch besonders zu erwähnen goi und gei. jenes z. b. in einem rhein. voc. des 15. jahrh.: pagus, goy vel durgoy (?) Dief. 405ᶜ; es steht nichts im wege, darin die fortsetzung des ahd. goi oder gôi unter a zu sehen, das da md. wie oberd. erscheint, z. b. thüring. Hassagôi, alem. Albigôi Allgäu (fem. Brisgoia Förstem. 2, 293), und auch mhd. bezeugt ist z. b. in der Weingarter liederhs., 'gôy' Neidh. xxxiii, 5 var.; es ist wie noch schwäb. gojen gleich gäuen (s. d.), nd. koje (s. d.) gleich hd. kaue, eigentlich käue, nd. hoy gleich heu weisth. 3, 136. Ebenso kann gey die fortsetzung von ahd. gâi sein (oder auch von gewi): gey, rus, est habitatio colonorum. voc. inc. teut. h 4ᵇ, geiman gäumann 5ᵃ; besonders bair., östr., im 16. 17. jh., bis heute: ruri, auf dem gey, im gey. rus, auf das gey, in das gey. Aventin gramm. bei Schm. 2, 2, wo mehr, vergl. aus Abele unter 2, c. d; im Salzburgischen gei. österr. weisth. 1, 129 u. o. (geu 1, 241); österr. von heute z. b. in Kärnten gai, im demin. noch mit dem -w gaiwl Lexer 110;
das is ja nix neu's (das hirschröhren),
das hörst öfter im gey (: g'weih).
Schosser naturbilder 64.
2)
das nhd. gäu, nur neutr., im oberd. lebendig noch gegenwärtig, von Kärnten bis ins Elsasz; im pl. gäu (z. b. d, δ), wie mhd. diu göu Haupt 8, 297.
a)
die ältere schreibung ist gern gew (im nächsten anschlusz an ahd. gewi, gewe): gew, rus. voc. 1482 m 5ᵃ, gewman 5ᵇ;
mein man, far hin gen hew,
nach gramat in das gew.
Uhlands volksl. 729.
alem., schweiz., an gowi, gouwi angeschlossen, das göuw rus Maaler 189ᵃ, oder noch göw Dief. n. gl. 322ᵇ (rurigena göman das.), wie selbst Denzler clavis Basel 1716 1, 671ᵇ noch schreibt; das hand die engel bezügt uf dem göw by Bethlehem. Zwingli 1, 196, auf dem felde;
ich solt auch ietz zuͦ göw hin laufen
und ein par schwerer ochsen kaufen.
spil wie man die narren vertreiben soll (1554) B 6ᵃ.
ferner, zu ahd. gawi, gäw Dasyp. 212ᵃ, rurigena auf dem land oder gäw geboren, rusticor ich won auf dem felde, ihm (so) gäw ders.; auf dem gäw Schm. 2, 2 (15. jh.), auf dem gäwe. Petr. 58ᵃ; vil gäns ausz Nördlingergäw, hutzeln im Algäw .. kröpf im Pinzgäw. Fischart groszm. 134 (Sch. 653), auch gäuw, s. Fischart unter b. dann mit entfernung des w geü rus Frischlin nom. (Dief. 504ᵇ), geu fastn. sp. 478, 25, gäu z. b. Tabernaem. 1, β. wegen gä, ge oder gee, dann gei, goi s. 1, c und e, alles berechtigte und lehrreiche formen, hervorgerufen durch die von haus schwierige lautverbindung -áwi; s. ähnliches unter krähe.
b)
die erreichbar älteste bedeutung landgebiet, lat. regio, pagus, provincia, marca, fines (s. unter 1, a, vgl. gauverfassung), mhd. z. b. Helbl. 4, 797, mit lant wechselnd 2, 93 und 97, in nhd. zeit im gelehrten bewusztsein wieder aufgefrischt; Fischart z. b. führt einmal in geschichtsphilosophischer betrachtung aus, wie die ströme die bildung der staaten bedingt hätten, die seitenflüsse oder bäche die der pagi, gaue (man dachte lange an aue, als wäre es eigentlich g'au):
die flüsz die nachbarschaft verainen ...
die bäch die haben pagos gmacht,
dasz man ein gäuw für ein statt (civitatem) acht.
Fischart dicht. 3, 334 Kz.
α)
in alten gaunamen, die im süden noch fortgeführt werden, die meisten doch auch nur noch unterm volke und immer mehr auf das gebirge sich einschränkend, wie anderes alte; in Baiern z. b. das Chiemgäu, Attergäu, Sulzgäu, Albgäu, wie Schmeller 2, 3 noch schreibt, im volke Alge, daher sonst Algäu, in Salzburg das Pinzgäu, Salzburgische gäu (s. unter 1, e), in Tirol das Vintschgäu, in Schwaben z. b. das Zabergäu an der Zaber, das Strohgäu, eine korngegend um Leonberg und Böblingen, in der Schweiz das Aargäu, Thurgäu, im Elsasz das Sundgäu (Songgöu), d. h. Südgäu, wie es verschiedene Nordgäu gibt oder gab, im 16. jh. Ergew, Algew Frank Germ. chr. 288ᵃ, Breisgew 294ᵃ, Norgew 304ᵃ, Krechgew 292ᵇ, auch Ringew 303ᵇ. die Norddeutschen und die geographie haben für gäu n. durchgängig gau m. eingesetzt (s. 3), der Pinzgau, Breisgau, Aargau u. s. w., dem nun selbst die Süddeutschen sich gern fügen, wie z. b. Schöpf im tirol. idiot. s. xv Vinschgau schreibt, schon Höfer 1, 276 (1815) Binsgau neben Allgäu, während noch Stalder z. b. im schweiz. id. 1812 1, 78 an Aargäu, Thurgäu festhielt, im 17. jh. Henisch 1372 nur Brisgäw, Algäw nennt (aber Nortgaw), im 16. jahrh. selbst im niederd. texte Chytraeus Sundgäw 509, Rhyngäwer 527 (daneben richtig Hennegow 509, im 10. jahrh. Heinegowe Förstem. 655). für das Prättigäu, wie es an ort und stelle heiszt, hört man selbst von Schweizern nun der Prättigau; im Vorarlberg heiszt das Nebelgäu scherzweise 'der vordere Walgau' oberhalb Feldkirch, wie Vonbun in Frommanns zeitschr. 4, 247 schreibt. beim Rheingau übrigens ist gau auch das landesübliche, unterm volke gesprochen Rĭnggâ, Rĭngge, Rĭnge (Kehrein Nassau 328), daher noch spät auch geschrieben Rinkgau Stieler 63, aber nur als n., das denn auch z. b. Göthe brauchte, noch im j. 1814: um den weg ins angenehme Rheingau zu suchen. 43, 217.
β)
im 16. jh. auch noch als freies wort für landstrich überhaupt, z. b.: es wächst dieses kräutlein in den fruchtfeldern in dem Wormser, auch in dem Alzeiheimer gäu. Tabernaem. kräut. 60, der erstere hiesz in alter zeit vielmehr daʒ Wormaʒfeld, nur ausnahmsweise Wormaʒgowe Förstem. 2, 1570. hie und da führen gewisse gegenden oder landstriche vorzugsweise oder kurzweg den namen, z. b. auszer dem Rheingau (s. z. b. 3, d aus der hess. chron. des 16. jh.) in Schwaben das Gäu zwischen Hornberg und Calw Schmid 222, in Baiern das Gäu am Donaumoos mit acht dörfern, das Gäu an der Speck im Eichstädtischen Schmeller 2, 3, 'das gebiet der stadt Rotenburg in Franken heiszt das Gau' (gäu?) Frisch 1, 324ᵃ; Kirchgau, drei ämter in der Unterpfalz, Heidelberg, Mosbach und Bretten Steinb. 1, 563. ähnlich in ortsnamen bestimmter gaue, wie im Wormsgau und Nahegau Gauweinheim, Gaubischofsheim (ein anderes Bischofsheim lag am Main), Gauböckelheim, im 14. jh. Gawbeckelnheim Baur hess. urk. 3, 554, Gausaulheim, im 13. jh. Gausûlhêm Baur 2, 469. politisch scheint es auch gemeint in gäuviertel, getreidemasz in rechter, vorgeschriebener grösze: man sol auch zu jeglichem jahrgericht .. ein gäwviertel haber geben. weisth. 1, 250. 260, schweiz.; so ahd. gowimutti, gäuscheffel: ex eadem decimatione (zehnten) .. unum quod vulgari lingua dicitur gowimutti pro antiqua Thuringorum justitia reddant. Haltaus 590, v. j. 1105.
γ)
ein rest der ursprüngl. bedeutung im nd. gebiete noch im 16. jh. istals gerichtssprengel (s. unter 1, d), also an innerm werte eingeschränkt, vom politischen aufs rechtliche eingeschrumpft. auch dem umfang nach zeigt sich ein solches einschrumpfen, z. b. im altfries.als 'ort, dorf' Richthofen 771ᵃ, genauer der ortsbezirk, zugleich die dorfflur als bereich des betreffenden gerichtes. selbst auf den rechtsbereich eines einzelnen hofes, hauses beschränkt z. b. in Kärnten, 'der zu einem hause gehörige bezirk, besitz, da haste nicht zi schaffn, da ist mei gäu' Lexer 110. darin zeigt sich die bekannte entwertung titelmäsziger namen, deren beginn für unser wort wol schon in alter zeit zu erkennen ist, wenn wie öfter ein pagus wieder mehrere pagi in sich hat. damit zusammenhängen musz es auch, wenn gau als name von ortschaften auftritt, wie ihrer Schmeller 2, 4 aus Baiern anführt, z. b. Gärmischgäu (jetzt blosz Garmisch), Schongau, Walgau, Ammergau, also in diesem sinne doch auch bair. ohne umlaut, wie im schwäb. Saulgau; ebenso schon mlat. pagus, daher noch franz. pays beim gemeinen manne, wie Schmeller beibringt. schon in ahd. zeit findet sich -gowi u. ähnl. in ortsnamen, z. b. Repagowi, jetzt Regau österr., Scôngawa, jetzt Schongau bair., s. Förstemann 2, 565 ff.
c)
die politische bed. ist auch noch rein abgedruckt zu sehen, ins private übersetzt, in gewissen oberd. redensarten.
α)
so deutlich genug noch mhd.:
ir sint leider niune,
die mir daʒ göu verbietent manegen liehten vîretac.
Neidhart 56, 35, vgl. ⅩⅩⅩⅠⅠⅠ, 5. 124, 13,
mich vom festplatze fernhalten, verbannen; einem daʒ göu verbieten war sicher eine formel für das wirkliche verbannen, ein solcher verboten man (s. Schmeller 1, 222) hiesz wol auch ein ûʒgouwe, extorris (Diemer gen. 68, 6).
β)
noch heiszt oberd. mein gäu wo ich allein herr bin (eig. göuherre), vgl. aus Kärnten unter b, γ, einem ins gai gehn in seine rechte eingreifen Fromm. 5, 373 (tirol.), vgl. Höfer 1, 277; den thäter, welcher in sein gey gangen, namhaft machen. Abele unordn. 2, 276. besonders von den bueben gebraucht, die der geliebten eines andern nachgehn Frisch 1, 324ᵃ, Stald. 1, 428, Schm. 2, 3 (vgl. 1, 173 das.), Schöpf 179, Lexer 110, schwäbisch Schmid 222, elsäss. Arnold pfingstm. 192, z. b.: du hast beim herausgehen die Vittore so angesehen, dasz ich fast fürcht, du gehst mir ins gäu. Auerbach neues leb. 1, 211. vom waarenversteck eines schmugglers, eig. geheimes gehege: den schwur .. dasz sie nie und nimmer dem unglücklichen sein gäu verrathen wolle. Felder reich u. arm 260. bair. das is e rechts gäu für mi, da hab i mei gäu, da kann ich hoffen etwas zu gewinnen, zugleich zum folg. soldatisch im 17. jh., requisitionsbezirk u. ä.: als der von Mercii unsere völker .. zusammen zoge, um dem Tourenne zu wehren dasz er sich in unserm gäu, in Schwaben und Franken, daraus wir uns selbst zu erhalten gewohnt waren, nicht zu heimisch .. machen solte. Simpl. 3, 245 Kurz.
γ)
der geschäftsbezirk, gleichsam das reiver eines metzgers u. ä., sein gehege, bairisch: Miesbach ist das hauptgäu für die Münchner metzger;
dTraunsteiner metzger de hamt e grosz gai,
hamt überal menscher und kinder derbei;
ein metzger soll dem andern nit ins gäu gehn. Schm. 2, 3, der es z. b. auch von musikanten, badern, wasenmeistern angibt, 'landbezirk worin er sein gewerb zu betreiben vor andern berechtigt ist' (also andern 'das gäu verbieten' kann), deutlich die alte politische bedeutung ins kleine gezogen. dazu gäuschmidt, gäubader, gäuwirt, gäumetzger u. a. (s. unter d), wobei auszer der folgenden bed. diese hier gewiss oft mit einspielt, wie mhd. z. b. in göutôre Helmbr. 41, gleichsam der thor fürs ganze gäu (vgl.dorfnarre Dief. 504ᵇ), vgl. vürtanzel in dem geu Neidh. 124, 13, der allen als vortänzer dient, von allen als solcher anerkannt.
d)
eine einschränkung des ursprüngl. begriffes ist auch die bed. land im gegensatz zur stadt, wie sie ja land selbst erfahren hat; die einschränkung ist geschichtlich begreiflich durch das aufkommen der städte, die nun in gegensatz zum lande traten, zu dem sie doch zugleich gehörten.
α)
so schon später ahd. beginnend und mhd.: cives dici possunt etiam qui in agris habitant, in demo gewe. Graff 4, 274, im gegensatz zu wohnungen überhaupt Otfr. III, 14, 75; mhd.: nieman schol sîneu tuoch auʒ der stat in daʒ gawe ze weben geben. Schm. 2, 2, vom j. 1258; swenne si (die städtischen wînmeʒʒer) hin für die stat in daʒ göu .. pottigen .. pfehtent .. Meraner stadtr. Haupt 6, 422, aufs land verlangt werden zum eichen der gefäsze; eʒ sol ouch nieman ûʒerhalben der stat daʒ fuoter nindert în legen in kein göu. 423, wo sogar dorf gemeint scheint oder besser ein vorwerk o. ä. (vgl.ε); iedoch hân ich des (honigthaues) vil geʒʒen auf dem geu, dô ich ein kindel was. Megenberg 88, 26; wir wellen auch, daʒ nieman auf dem gäw schenkhe, ân in mergten und in steten. rechtsb. von 1453 bei Schm.
β)
nhd.: gew, rus. voc. 1482 m 5ᵇ; das die nit also rein weren, die in kostlichen stätten und pallasten woneten, als die auf dem gew in demuͤtigen heüslen. Frank weltb. 90ᵇ; der gemein mann, so auf dem g aͤ und land sitzt (in Baiern). Aventinus chron. 12ᵃ, mit beibehaltung der landesüblichen form, wie er es liebt (vgl. unter 3, c);
ich wil dich schicken auf das gew,
da must du huͤten meiner sew.
H. Sachs 3, 1, 199ᵈ;
auch solten die becken (bäcker) ire sew
ausz der stadt nausz thun in das gew.
4, 1, 1ᵇ;
in scham und schand zu letzt
zog ich hin auf das gew,
da ich het kaufet new (neulich)
ein guten maierhof.
2, 2, 57ᶜ;
du Dromo nimb zwen buschel hew
und folg mir nach über das gew.
2, 2, 35ᶜ;
derselb graf Walter oben gmeldt
zu seinem ehgmahl ihm erwehlt
vom gew ein arme baurenmagd.
G. Mauricius com. vom graf Walter a 3ᵃ;
ich mag nicht bei gegenwertiger winterzeit auf dem einsamen gey wohnen ... führet mich in die nechstentlegene stadt. Abele unordn. 4, 438; gartende soldaten .. mit welchen das ganze gey angefüllt ist. bair. landtagshandl. v. 1669; ein landpfarrer vom geu herein. Isargesellschaft 5, 87, vom jahre 1703; kramer, die alle gey auslaufen. mandat vom j. 1726, s. Schm. 2, 2. 3;
(ein hund, der) aufs gay mit seinem metzger gieng.
Schubart 2, 222,
mit der anmerk. 'auf den schlachtviehkauf (in den gau)'; zwei metzger gehen aufs gäu, kommen in ein dorf u. s. w. Hebel schatzk. 254.
γ)
auch in zahlreichen zusammensetzungen, die den begriff trefflich beleuchten, aus Baiern, theilweis noch jetzt in geltung, bei Schmeller gäubau im gegensatz eines stadtbaues, stadtgebäudes, gäubauer (s.δ), gäubeck, gäubader, gäukramer, gäumetzger, gäuschäffler (böttcher), gäuhandwerker, gäumaister, gäuwirt, gäutâfern (wirtshaus), gäureiter, der mit einem beschälhengst aufs gäu reitet, auch gäublut, ein 'blut' vom lande: um wie vil ist ein adeliches bluet röther als ein geybluet? Selhamer; tirol. gäudirne, gäutapper s. Schöpf 179, östr. gaijude wanderjude idiot. austr. 77, gaischütz, bäcker der mit brot hausiert Castelli 136; aus älterer zeit auch gäukäufel, gaͤkeuflein landkrämer, gaͤfraw händlerin vom lande, gewherr geistlicher für einen landbezirk, gäudechant, s. Schm.² 1, 855 (vgl. gäukirche), göukouf landhandel, göumarket Lexer 1, 1061; in Augsburg im 13. jh. ein geumülner stadtb. 170, der die gäumühle hat; gäusnîder, göuschuoster s. Lexer 1, 1062, im 17. jh. bair.: es ist nicht weit von uns ein geyschneider. Abele unordn. 2, vorr. 6ᵇ; geusmit, ergibt sich aus dem namen Geusmid, Gewsmid Nürnb. chr. 1, 506ᵃ. s. auch gäumann, gäuleute, gäuvolk, gäuknecht und das adj. gäuisch.
δ)
übrigens auch im gegensatz zum gebirge, also 'flaches land', welche verbindung ja, wie plattes land, eben auch der stadt entgegengesetzt wird. in Baiern geht der wäldler ins gäu auszi (hinaus, aushin), gäubauern nennt er die bauern der ebene Schm. 2, 2, der aus Krenners landtagshandl. beibringt enhalb und herdishalb Donau im wald und im geu 7, 12, innerhalb der gäu (plur.) vor dem gebirge 9, 229; in einer würzb. verordnung von 1793 werden den holzgegenden der Rhön u. ä. die gaugegenden entgegengesetzt. auch in Oberösterreich sagen die gebirgsleute zu denen der ebenen bei uns auf den bergen ist es nicht so, wie bei euch auf dem gäu Höfer 1, 277. appenz. e guets gäu, gegend mit gutem ackerland Tobler 215ᵇ. vergl. schon mhd. ähnlich:
vil palde ich ab dem berge gie
in daʒ geu.
Lichtenstein 337, 27.
anderseits auch im gebirge ein thalgrund, wie ja das Vintschgäu u. ähnl. sind; Frisch 1, 324ᵃ bringt dazu bei, dasz ps. 23, 4 die Froschauersche bibel übersetzt ob ich mich vergienge in das göw des tödlichen schattens, wo Luther hat ob ich schon wandert im finstern tal.
ε)
ob auch gleich landgut, wie lat. rus? in dem deutschen Terenz Straszburg 1499 62ᵃ ist rus Sunii ecquod habeam etc. Eunuch. 3, 3, 13 übersetzt ob ich das gew Sunii und was ich hab und wie verr von dem meere, wie nachher rus eo 'ich gang ins gew'; es kann schulmäszige, knechtische übersetzung sein, wie sie in dieser zeit wiederkehrte, der ersten ahd. und der späteren vossischen art ähnlich, doch s. unter α die zweite stelle aus dem Meraner stadtrechte.
e)
dazu gegew, gegäu: uf einem gegew im Yntal gelegen war ein reicher bergbawr. Katziporus H 5ᵃ; schon ahd. in Badanachgicowi Förstem. 2, 170, der es in der 2. ausg. ohne not verwirft.
3)
das nhd. gau.
a)
das auffallendste daran ist das masc., das zwar an sich wol denkbar ist neben dem altbezeugten n. und f. (s. u. 1, d), da häufig genug alte wörter in allen drei geschlechtern ausgeprägt erscheinen (s. z. b. V, 1027. 1986); aber es tritt hier sehr spät auf, in einer zeit wo man das wort schon als ein altes in gelehrten kreisen wieder aufwärmte, im 17. jh.: die, denen der ganz gaw bekant. Lehmann chronica der freyen reichsstatt Speyer Frankf. 1662 299ᵃ; das bisthumb Speyr ... hat sich von alters viel weiter erstreckt dann der Speyrgaw. 298ᵃ, er braucht schon ausschlieszlich die umlautlose form;
der gau (Rheingau) ward ganz zerrüttet,
weil sich gab Kreuzenach.
Opel u. Cohn dreiszigj. krieg 79.
Henisch, Stieler, Wachter, Steinbach, die es schon als altes wort behandeln, geben kein geschlecht an, Schottel 462ᵃ gau, gou als f., das er aus nd. quelle kennen muszte, Rädlein 322ᵃ noch als n. gau, göw, dorfschaft, creyszgebiet, canton, ebenso Frisch dem es aus seiner südd. heimat wol noch bekannt war, ja noch Adelung läszt die wahl zwischen der oder das gau. woher also das heutige m.?
b)
der pl. ist jetzt schwankend, gaue oder gauen, wie schon Adelung angibt; das zweite, obwol an sich unrichtig, klingt uns doch mehr dichterisch:
den himmel, den blauen,
die grünenden gauen.
Göthe 2, 33;
Flora, welche Jenas gauen
reich mit blum- und früchten schmückt.
4, 149;
doch wie, Hafis, kommt dein Schiras
auf des nordens trübe gauen?
5, 16.
doch schon Schottel: in solche gauen haben die alten frankischen könige ihre länder abgeteihlet. haubtspr. 462ᵃ (nachher doch die gau oder gauen), während noch Lehmann a. a. o. den starken pl. läszt, nur verkürzt: die fränkische könig haben ihr königreich und land in gaw abgetheilt. 87ᵇ. der schwache ist aber im nd. berechtigt und galt da noch im vorigen jahrh., aber zum sg. fem. gôe, gohe gehörig (s. unter 1, d): das gebiet der stadt Bremen .. ist in 4 goen, d. i. distrikten, deren eine jede einer besondern gerichtsbarkeit unterworfen ist, eingetheilet. Brem. wb. 2, 527; gogräve, ein richter in einer der 4 gohen. das., nachher: vor zeiten wählten die gutsherren den gogräven ihrer gau (sg.). von nd. schriftstellern wird daher das heutige gauen herrühren.
c)
die umlautlosigkeit des aufgefrischten wortes wird auf md. quelle zurückgehn, vielleicht aufs Rheinland, wo es auszer Oberdeutschland am längsten dauerte. der umlaut schwankt dort, wie es scheint von jeher, in Bingen z. b. ist im 13. jh. die rede von einer gaweporten und geweporten, dem stadtthor nach dem gau zu, s. Rossel urk. der abtei Eberbach 1, no. 189. 203. ebenso im 16. jh.: des Sophienkrauts haben wir im Wormser gaw zwei geschlecht. Tabernaem. 25, neben Wormser gäu 60, und so öfter beides. bis zum Oberrhein greift diesz schwanken, Dasypodius gibt neben gäw 212ᵃ im deutschen theile vielmehr gaw 336ᵃ, wie die gemma Straszb. 1518 gaw rus y 1ᵃ. das erste schlieszt sich ans oberd. an, das zweite ans nrh., nl., denn dort heiszt es Henegouwe (Hennegau), Haspengouwe Kil. 708ᵇ, Ringouw, Ryngouw 714ᵃ, Henegauw, Haspengauw, Oostergauw, Westergauw 155ᵇ. Auch auf oberd. gebiete zeigt sich doch schwanken, neben dem gew bei H. Sachs z. b. (2, d, β) erscheint als gauname in der nähe Nordgau (vgl. aber Norggê unter 1, c): Weiszenburg am Norckaw reichsabsch. 1500 F ijᵃ, am Norgaw reichsabschied 1566 49ᵇ. selbst Aventin brauchte neben den bair. gey, gä (1, e. 2, d, β) für die politische bedeutung die umlautlose form (aber als n.), in seiner chronik 10ᵃ, wo die schilderung des Baierlandes beginnt: ganzes Beyern ist dreierlei: Nordgaw, Sundergaw u. s. w., dann beschreibung des Nordga, darin: der gemein mann nennt es kurz das Norka, im adj. Norkaner aw, gewiss auch aus dem volksmunde (zu dem -n s. 1, a am ende); vergl. Henischs Nortgaw neben Brisgäw 2, b, α. in Baiern hatte sich die umlautlose form aus ahd. zeit her auch mhd. einzeln erhalten, s. z. b. aus dem 13. jh. in daʒ gawe unter 2, d, α, aus dem 14. jh. Syffenhofen in dem gaw mon. bo. 17, 141.
d)
weitere zeugnisse für älter nhd. gau, aber durchaus als neutrum:
dasz pfraumen und die pon
vor euch beleiben in dem gau.
mein vetter Englmair ist so neu ..
fastn. sp. 421, 1,
wo es doch dem reime nach nur der hs. angehört; auf dem gau, wo bauersleute testament machten und mehr zeugen nicht zu bekommen wären. notar. ordn. 1512, von testam. § 2 (doch nach neuerem abdruck), in der bed. 2, d; im Wormser gaw. Bock kräut. 488; vom Rheingau:
ist ankommen zu Weisenaw
und hinuber gefahren ufs gaw,
die dorf daselbs auch abgebrant.
hess. chron., Adrians mitth. 262.
auch der oberdeutsche Henisch gibt 1375 nur Meyngaw, Sungaw, Türgaw, Wasgaw u. ähnl., und eigner weise 'Rheingaw, nunc Rheintal', also gleichfalls als veraltet.
e)
das wort wurde aber vor etwa hundert jahren wieder aufgeweckt, zunächst von dichtern, im anschlusz an die historiker, aus der wiedererwachenden freude an dem alten eigenartigen leben (wie halle, hort u. a., vgl. nun Wieland an Bürger in dessen briefw. 1, 303); theils im politischen sinne theils für angebaute landschaft, aber als m.:
zum hochscholligen gau tapferer Angeln trägt
dich das stäubende rad.
Voss ged. 1802 1, 17, v. j. 1772 (an Esmarch),
mit der erklärung s. 288: gau, bezirk, landschaft; von oberhäuptern beherrscht, die aus den vornehmern ihrer gauen gewählt wurden. Bürger 404ᵃ;
in Tyrus nächsten gauen.
Schiller 40ᵇ;
wir stehen hier und schauen
in ein gelobtes land,
ringsum die deutschen gauen
gebaut von deutscher hand.
Schenkendorf (1815) 93, erinn. auf dem alten schlosse zu Baden;
drei schlösser sind in meinem gaue.
Uhland ged. (1820) 308;
den himmel, den blauen,
die grünenden gauen.
Göthe 2, 33, vom j. 1813 (idyllen);
wolltest du zu unsern gauen
dich ans grüne meer verfügen.
41, 122 (Faust 2. theil, 2. act),
die Sirenen singen es, also revier, wo wir hausen; auf der höhe über Biberich erschaute man das weite prächtige fluszthal mit allen ansiedelungen innerhalb der fruchtbarsten gauen. 43, 247, besonders so im plur.;
ach gott, ich sah zerschlagen die frucht in einem gau.
ja so, scheint es, erwählte zum lieblingskinde der himmel
diesen gesegneten gau unter den nachbarn umher.
271;
mir steht kein halmenfeld im gau.
399.
selbst geistergau, vom himmel:
damit wir aus dem geistergau
einst selig können niederschauen.
E. M. Arndt ged. 393.
Campe empfahl es schon vor 1800 auch fürs leben statt district, später für canton, auch z. b. gauwörterbuch für idiotikon (Heynatz antibarb. 2, 6), wozu man denn auch gaulich bildete (s. gaulichkeit), später z. b. Fr. L. Jahn deutsches volksthum 37, ausführlicher in den merken zum deutschen volksthum 166 ff. (Berlin liegt im Pankegau s. 168), und wirklich beginnt es in unserer zeit ein neues dasein im vereinsleben; wie die dichter längst wieder von Deutschlands gauen reden, so theilen sich turner, sänger ihr gebiet wieder in gaue ein, halten gaufeste, gauturnfeste ab, gründen gauverbände u. ä.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1518, Z. 11.

gauf

gauf,
dama vel damula, secundum Papiam est animal et capra silvestris. voc. inc. teut. (geschrieben gauff); altn. heiszt der luchs gaupa f. Fritzner 194ᵇ, noch norw. gaupa Aasen² 211ᵇ, schwed. göpa, gaup u. ä. Rietz 189ᵃ; vgl. Dief. s. v. dama, wo diesz auch als gemse, dachs, hamster u. a. aufgefaszt erscheint, wie umgekehrt auch lynx zugleich als dachs 332ᵇ, nov. gl. 236ᵇ. danach mag das hd. gauf (eigentlich gaufe f.?) ein versprengter bruder jenes nordischen wortes sein.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1542, Z. 4.

gauf, m.

gauf, m.
'grober scherz' Frisch 1, 325ᵇ, auf grund der folg. zwei stellen:
ich hab mit euch nur gauf getrieben.
grob. 182ᵃ;
nach diesem lächerlichen gauf (dasz einer den andern in den koth geworfen)
werden sie wieder stehen auf.
das.;
was die ursach sei, dasz sie vor 3 jaren im graben geheulet? sagt Agnes, es sei in keinem bösen geschehen .. andere leut trieben doch auch gauf, ob mans dann ihr eben (gerade) so hoch ufmessen solt? hexenprocessacten v. j. 1596 in Büdingen (geschr. gkauf, der schreiber war unsicher); und nachdem (da einmal) er damals als ein ledig gsell sie gern gesehen und nach ihr gegriffen, hab sie wieder nach ihm gegriffen, und vermeint es were lauter gauf. ebenda vom j. 1614, also blosz scherz überhaupt, allerdings handgreiflicher; wollt ihr uns hier gauff vormachen, meister Paul, bis unser herr heimkehrt, so soll uns das angenehm sein. Veit Weber sagen der vorzeit 2, 44 (40), mit der erkl. anm. 'grober scherz', es ist nachher von leberreimen die rede. Die ältere form ist jauf (s. d.), z. b. im 15. jh. Germ. 3, 311, genauer jûf, s. Zarncke zu Brant s. 408ᵃ, Lexer 1, 1487; s. weiter gaufkind, gaufen. romanische worte, die anklang bieten, den schon Frisch hervorhob, wie franz. goffe plump, tölpelhaft, s. bei Diez 177 (1, 219), das g- müszte dann doch auch alt sein, falls der anklang nicht zufällig ist.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1542, Z. 12.

gauf, m.

gauf, m.
die hohle in der hand und dem fusze: der gauff, mitthöle der hand oder des fuͦsz, vola. Maaler 158ᵇ, Frisius 1403ᵇ, aus andern oberd. vocc. des 16. jh. bei Dief. 628ᵃ, n. gl. 385ᵃ vola; er zeigt den gauff des fuszes, volam pedis ostendit, i. e. in bello fugit. Henisch 1374 (also der krieger noch barfüszig gedacht). auch bei Stieler 637 gauf m., bei Schönsleder S 4ᵈ gauff vola, media pars manus, ohne angabe des geschlechtes, es ist gewöhnlich fem., s. folg., wofür aber noch schweiz. bei Stalder 1, 429 gauf m. handvoll, nebst gaufel m.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1542, Z. 37.

gaugen

gaugen,
s. gauken.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 7 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1548, Z. 11.

gaus

gaus,
latratus. Henisch 1375, als schweiz.; s. u. gauzen 5, b, vgl. kaus.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1587, Z. 43.

gause, f.

gause, f.
imbisz, für jause (s. d.), z. b.:
geh, richt uns zuͦ, wie du wol waist,
ein gausn khuͤl, darzuͦ den wein.
Schmelzl verl. sohn 19ᵃ.
schon im 15. jh. auch gawsen merenda Dief. nov. gl. 251ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1587, Z. 65.

gause, f.

gause, f.
ein bier, gleich gose, s. d.; z. b.: momum (cerevisia) Brunswigensis, gausze Goslariensis. t. gener. ebr. 145, 2 Z.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1587, Z. 70.

gause, geuse, f.

gause, geuse, f.
gleich gaufe, die hohle hand, s. sp. 1544 (d).
1)
gause im 16. jahrh.: er gab iedem eim gausen vol (gedr. gaussen, d. i. gauszen), so vil er ongefehrlich in einer hand halten mocht, gelts. Frank weltb. 110ᵃ, zur sache s. u. gaufe II, 4, auch 5. im 15. jh. schwäbisch (das gausz aus dem voc. 1482 bei Lexer 1, 1058 ist unrichtig, es steht dort nur gauff e 7ᵃ. k 3ᵃ. ll 3ᵇ):
er faszt der speis ein gauszen vol.
ring 35ᵈ, 18.
ahd. vermutlich gousana, mrh. um 1100 gôsne, s. sp. 1544 m., obwol auch das dort bezweifelte guosena (s. auch bei Schm. 2, 74) richtig sein kann, da ou und uo tauschen (vgl. unter gaumen I, 5 sp. 1578) und das els. gusel vola aus Golius bei Dief. 628ᵃ das uo stützt. es heiszt noch jetzt in Franken und der Oberpfalz gausen Schm. 2, 74, in der endung aber am alterthümlichsten, mit erhöhung des alten -n zu -m, siebenb. gûsem, nordfries. gâsem, s. sp. 1544 m.
2)
mit umlaut geuse, mhd. 14. jahrh.: (nimm) mirren eine geuse vol. fundgr. 1, 374ᵃ aus einer md. hs.; dazu geusel (s. das folgende). dasselbe ist wol, mit alem.für mhd. öu, elsäss. goͤsen 16. jahrh.: sol des hofes meiger in dem hofe sitzen und warten (zugleich 'abwarten', darauf sehen), so ieglich huͦber sin fuͦtir bringet (den zinshaber), und sol der meiger in ieglichen sester grifen und ein goͤsen fol korns nemen und sinen huͤnern werfen. und sol ieglich huͦber ieglichen sester mit dem fuͦter so hohe messen, das nôch (nach) der goͤsen vol noch denne ein völlig sester habern sy. weisth. 4, 232, obwol auch goͮsen, gousen gemeint sein kann, da die abschrift auch ö fürsetzt (z. b. s. 234 m.).
3)
auch späteres gaise wird eigentlich geuse sein: gayse, vola. Dief. 628ᵃ; gayse, gauff, das hole in der hand. Henisch 1333, 47. noch z. b. im Zipser oberlande geis, e geis voll zwei hände voll (in Leutschau e geistvoll), s. Schröer nachtr. 28ᵃ. auch sonst kommt in nebenformen diesz ei vor, s. u. gäuschel, gäusel, gäuspe, gäuste, dann sp. 1544 geifelsche, 15. jahrh. geifersche, ein sicher echtes weisz ich nicht aufzufinden, obwol es denkbar ist z. b. nach gispe sp. 1544.
4)
das 'gôssen', das Lexer 1, 1058 angibt aus Osw. v. Wolkenstein nach dem ersten herausg., ist ganz unsicher, denn von der hohlen hand, der einzigen bed. des wortes, ist in den beiden stellen keine spur, zudem ist in der ersten dem reime nach gossen mit kurzem vocale gemeint. sonst wäre es wie kärnt. gôfe für goufe, gaufe sp. 1543; s. auch das mrh. gôsne unter 1, wozu nrh. gösel f. stimmt. vgl. übrigens unter 5, c.
5)
wegen der entstehung ist auf
a)
gaufe a. e. zu verweisen; wenn dort nach sache und form der geöffnete mund sich als vermutliche urbedeutung herausstellte, so kann gause ebenso seinen anhalt finden in gäuen, gauen hiare, ahd. vermutlich gawian, gowian, gowôn (s. dort II, 2, b), mit bildendem -s, vermutlich demselben das auch bei den andern zweigbildungen in gauchse, göpse u. ä. erscheint, s. unter gaufe I, 3, b, mit umstellung der bildungslaute (vergl. garz adj. a. e.) in gäuspe (gespe) und gausche.
b)
sie alle müszten aber danach zuerst mundvoll bedeutet haben, und in dieser bedeutung besteht schweiz. wirklich noch 'gaw m. maulvoll' Stalder 1, 433, der es selbst mit gauf m. zusammenstellt; es kann unmittelbar auf das ahd. gawian zurückgehn, da in alem. mundarten auslautendes -w auch nach abfall der endung noch bis jetzt gesprochen vorkommt (z. b. Auw für Au im Bregenzerwalde), vgl. älteres gäw, gew, göw sp. 1518 fg. und Weinhold al. gr. s. 129. wer begreifen will, wie die begriffe handvoll und mundvoll sich nahe liegen zum tauschen, stelle sich nur kinder vor die im walde beeren sammeln und essen.
c)
an gausche aber schlieszt sich nun auch trefflich an das bis jetzt allein stehende gosche f., eigentlich offner mund (nd. goske); und ebenso an gause Wolkensteins gosse unter 4, die liebenden wollen dort 53, 3, 19 kosen mit beslossen gossen, mit aneinander geschlossenen mündern. hinter gosche, gausche steht mhd. geschen oscitare, ahd. geskizan, wie hinter gauspe, gespe gaspen oscitare, s. sp. 1546 m.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1587, Z. 72.

gauwen

gauwen,
s. gäuen.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1592, Z. 75.

gaw

gaw,
s. gau, auch unter gause 5, b.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1876), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1594, Z. 6.

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Zitationshilfe
„gau“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gau>.

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