Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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gammel, m.

gammel, m.
lust, übermut, kitzel.
1)
gammel ist hauptsächlich alem.
a)
oft im 16. jh., sinnlicher übermut: also tödtet man das kalbfleisch freiheit und den gammel oder geile. Keisersberg eschengr. a 5ᵃ; wan dir der gammel geleit (gelegt) ist, so gond solich wuͤste wort nit aus dir. sünden d. m. 63; und ist in der gammel gelegen (hat sich gelegt). brös. 2, 67ᵃ; solt vil vasten, vil abbrechen die spysen die dich geil machen, dem arbeiter vergat der gammel wol am karst, im pfluͦg, im feld. Zwingli freih. der speisen c iijᵇ;
so wil ich si thuͦn reformieren,
mit geislen dapfer in si schmieren,
so lang bisz in der gammel glyt.
Val. Bolz Pauli bekehrung B 6;
Harrich, wie bistu noch so wildt,
ist dir der gammel nit gestildt?
new. Bileams esel c ij.
noch bei Stalder 1, 418, doch nur in der redensart der gammel ist ihm vergangen, er ist niedergeschlagen.
b)
vorzugsweise ist dabei an geschlechtskitzel gedacht (vgl. kitzel 2, b): salacitas, geilheit, neigung zur unkeuschheit, der gammel. Calepinus (Bas. 1616) 1289; einem wagenross dem geligt der gammel, aber die müsziggenger hengst die smecken ein merhen (stute) über ein halbe meil wegs. Keisersb. brös. (1517) 2, 11ᵃ; das heilig müsziggon, das da stat in contemplieren und in beten, das gelegt einem den gammel. das.; die auslegung als penis (Schilter 342ᵇ, Scherz 468, Frisch 1, 315ᶜ, Brem. wb. 2, 479) bedürfte festerer belege, obwol sie nicht unmöglich ist (nur nicht bei Keisersberg dem prediger), vgl. kitzlein u. kitzel 1, e, gämlich 2, b.
c)
schweiz. bei Stalder auch lärmende freude, ergetzlichkeit wobei es lustig zugeht, dazu gammlig ausgelassen munter (s. gämlich), auch gammeln sich laut lustig machen, mutwillig einander herumbalgen mit gammler m., gammlerin f., s. gämeln, mhd. auch gameln. auf dem schwäb. Schwarzwalde z. b. gammeltag, tag ohne arbeit und kirchliche feier Schmid 218, vgl.gamelstat theater unter gämlich 3, b. eine rhein. spur, als älterer rest, in Nassau gammel m. lärm Kehrein 150. s. auch gampel.
2)
auch gämel, bair., mutwille, spasz, ergetzung, der gämel ist ihm vergangen, s. Schmeller; in Schmids schwäb. wb. 218 gämmel m. lust, kitzel, freilich als schweiz., unsicher; s. über den umlaut wie das ganze wort gämlich 3, a. b. schweiz. gammerig, gamerig, lüstern Stalder 1, 418 wird vielmehr zu mhd. jâmer gehören, vgl. siebenb. gômern krankhaftes verlangen Haltrich plan 113.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1874), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1211, Z. 45.

gammel, f.

gammel, f.
von weibern in tadelndem sinne, weit zerstreut in mundarten und damit als alt verbürgt.
1)
bair. gammel f., eine starke weibsperson, in scherz oder verachtung Schm. 2, 46, schwäb. aber eine faule, geile Schmid 218, Birl. Augsb. wb. 179ᵃ, bei letzterm aus Augsburg und dem Riesz auch eine grosze mit kindischem gebaren; fränk., in Aschaffenburg eine 'grosze, dumme, bockige' Schm.² 1, 911, in Nassau eine alberne Kehrein 150.
2)
auch nd. nicht fehlend, doch als neutr.: gammel, liederliches frauenzimmer, vettel. Schamb. 59ᵃ. nahe liegt auch, doch männlich, schles. gâmel ungeschickter alberner kerl (gâmlich ungeschickt) Weinh. 25ᵇ, vgl. ebenda 31ᵇ gummel f., alberne weibsperson, wie auch bair. und schwäb. gummel für gammel u. 1, wetterauisch, in Gieszen gommel. zum schles. gâmel stimmt osterl. gämelich m., schlaffer unanstelliger mensch, mit gämeln sich so bewegen, erzgeb. gämlich auch als adj., zugleich zu gämlich 2, d, γ.
3)
zur entstehung.
a)
der ablaut allein weist auf hohes alter, es gälte ältere formen und den begriffskern zu gewinnen, der bei alternden wörtern verdeckt oder verloren wird durch das ewige bedürfnis sich neuen anhalt zu suchen. mit dem begriffe albern kann es in mhd. gum, narr wie es scheint (wb. 1, 586ᵃ), einen anhalt finden; mit 'geil' lehnt es sich an das vorige gammel an, mit 'faul' an gämlich träg, morosus (2, d, γ).
b)
eine schwäb. nebenform ist gampel Schmid 218, nassauisch gumpel, gompel, gompelweib Kehrein 150, mit demselben ablaute; bei Kehrein auch gumpeln, gammeln, gambeln faul umherschlendern. das stimmt zu gampen, gumpen, sich gaukelnd bewegen, übertragen auf faules, schlenderndes gehn, wie von klanken baumeln u. ähnl. entnommen ist klank fauler schlingel (5, 952), ebenso schlankel, schlingel von schlanken u. ä.; so gehört bair. gaunkel f. grosze ungeschickte weibsperson Schm. 2, 55, kärnt. gangge dummer mensch Lexer 108 zu gankeln baumeln. vgl. norw. gimpa f. grosze, starke frau?
c)
merkwürdig was Frisch 1, 315ᶜ vom Harze gibt, mein gammel als anrede der braut an den bräutigam, zu dem gam in bräutigam gestellt, mhd. gome, d. i. mann (noch osterl. dienstgumme junger knecht). bei Schm.² 1, 911 ist auch für das f. gammel ein anschlusz an diesz gome (auch gomman) gesucht.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1874), Bd. IV,I,I (1878), Sp. 1212, Z. 8.

gommel, f.

gommel, f.,
von weibern in tadelndem sinne, s. gammel, f., teil 4, 1, 1, sp. 1212: sonderlich an der aschermitwochen halten die alten gommeln viel von hochspringen, dass jnen der flachs lang wachsen sol theatrum diabolorum (1569) 256ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1952), Bd. IV,I,V (1958), Sp. 882, Z. 48.

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Zitationshilfe
„gommel“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/gommel>.

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