Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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kör, köre, kor, kore, f. und m.

kör, köre, kor, kore, f. und m.,
wahl, bestimmung u. ä., subst. zu kiesen. es ist die md. (und nd.) form für hd. kür, die aber auch hd. vorkommt schon vor 1500 (s. unter 1 aus Augsburg). mehr unter kür.
1)
wahl, unter umständen auch gleich wahlrecht. so von der königswahl: also als unsere gn. h. die kurfursten ... hie zu Frankfurt gewest sin umb zu kiesen einen romischen kunig, und als dann hie zwo kore gescheen sin .. (so wird den bürgern geboten) das sie der kore keinen (l. keine) me mit worten understeen zu ergern oder zu bessern dan die andern. Janssen Frankf. reichscorr. 1, 183, v. j. 1410, d. i. sich nicht unterfangen die eine wahl für schlechter oder besser zu erklären als die andere. aber auch sonst im leben: also soll man ein hauptman (der fechtschule) erwellen. der alt (abtretende) haubtman soll die erste köre haben ... und welcher dann die maist waal hat, der soll 2 jar haubtman sein. Augsburger fechtschulordnung v. 1491, Adrians mitth. 285, gleich stimme, stimmrecht. Luther schreibt köhr: mein lieber David, hastu solche walh und köhr in deinem lande gehabt und erhalten, so magstu doch ja warlich wol nicht allein ein rechter köhrfürst, sondern auch ein köhrkönig heiszen. 6, 162ᵃ; der Türk hat auch solche wahl und köhr in seinem reich. 163ᵃ; ohne consens und willen des hohmeisters in Preuszen, welcher sonst allezeit die höchste köer und wal gehabt hatte. Schütz Preuszen 134, man sieht an dem zusatz wahl, dasz es zu veralten begonnen hatte. vgl. körherr, körjahr, körtag.
2)
auswahl, z. b. des bestehaupts, dann auch das ausgewählte selbst: ob nicht diejenige, so meierdingsgüter inne haben .. dem herrn und stift zu St. Michael in Hildesheim den köhr oder bawlebunge (s. 1, 1187) zu gebende schuldig sein? .. was sie zu köhr geben müsten? Haltaus 1118. weisth. 3, 253; 'wenn der todesfall kommt, was der köhr sei?' von einem meiergute ein pferd u. s. w. 4, 673, wechselnd mit fem. das., wie s. 683. hessisch hat die kör (kür) gleich auswahl noch lange gegolten, s. Vilmar 219.
3)
bestimmung, beschlusz, verfügung und das recht dazu: des sullen die obgen. von Wirzburg gute kore und macht haben. Haltaus 1118, recht zu bestimmen, verfügen;
wollen wir sie fangen oder slahen tot,
das ligt in unserm furstlichen kore.
Liliencron 2, 327ᵃ, v. 1492, braunschw.
besonders von schöffen und gericht, behörden überhaupt, oft gleich competenz: mit der schöpfen kehr (so) und bann. Haltaus 1118.
4)
satzung, die sich eine gemeinde selbst gibt, s. Haltaus 1119. genauer wilkoer sive buerkoer Lacomblet nrh. urk. 2, 191, vom jahre 1233.
5)
strafbestimmung, strafe, zu erlegende busze: die buesz des geldes (geldstrafe), die da gemeiniglich köhr genannt ist. Halt. 1120; einlagen, zunftgerechtigkeiten, ansprachen, buszenstrafen und koren sind und sollen allenthalben in gemeinen kasten (gemeindekasse) geschlagen .. werden. Luther 2, 262ᵇ. schon im 13. jh. nrh.: poenae quae korin appellantur. Lacomblet urk. 2, 738; solidos colonienses nomine koere persolvant 2, 281.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1794, Z. 36.

kore

kore,
wahl, s. kör.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1808, Z. 23.

koren, kören

koren, kören,
eine ableitung von kiesen (s. d.).
1)
in der urspr. sinnlichen bedeutung kosten, schmecken (ahd. chorôn und chorên gustare, ligurire Graff 4, 519, Haupt 3, 374ᵇ, mhd. korn wb. 1, 830ᵃ) ist es zwar der nhd. schriftsprache völlig verloren, hat sich aber überraschender weise in mundarten erhalten.
a)
hauptsächlich im westen. wie nl. koren (neben keuren) kosten noch bei Kilian, nrh. im Teuth. coeren sapere, gustare, libare 57ᵃ (cairen 46ᵇ), in einem rhein. voc. des 15. jh. koren saporare Diefenb. 511ᶜ, so noch jetzt niederrh. koren, kosten, schmecken (dazu selbst kor m. und kos, geschmack, geschmacksprobe) Aachener mundart 122, auf der Eifel Schmitz 227ᵇ, dann auch in der Zips Schröer 72ᵇ, und schweiz. aus dem Wallis bei Stalder 2, 122 koren, korren kosten, z. b. wein. so ist in der ableitung die älteste bed. des stammworts bewahrt bis jetzt.
b)
überaus merkwürdig aber in den deutschen gemeinden der venet. Alpen kosen kosten, geben zo kosen (vieh) füttern, dazu kos m. geschmack Schmeller cimbr. wb. 138ᵃ. das s ist der laut, aus dem das r entstand, und ist ebenso in dem nrh. kos unter a bewahrt, wie in gekosen für gekoren (s. sp. 696 unten, weisth. 2, 566 von der Eifel).
2)
prüfen überhaupt, eine erweiterung von 'kosten'.
a)
das ist nhd. sonst nur in bekoren erhalten, im 16. jahrh., s. 1, 1428, wo aber die beispiele vielmehr bekören, bekörung bieten (auch bei Waldis bekören 4, 21, 61); so heiszt es nd. noch kören 'beurtheilen, probieren' und als ergebnis der prüfung gôd kören gut heiszen (brem. wb. 2, 849), nl. goedkeuren, wie auch das stammwort kiesen 2, e; es musz ein altes korian neben korôn bestanden haben (vgl. 3, c). diesz nd. kören ist wol folg.: auf dem rittergut Batgendorf bei Kölleda decken jeden tag a) der geköhrte arabische schimmelhengst M. b) der geköhrte Ardennenhengst D. anz. im weimar. tagebl. dec. 1866; in Meklenburg sollen praemiierte thiere so heiszen.
b)
aber auch koren prüfen lebt noch in einem schweiz. koren, ankoren, einen baum anhauen, um zu sehen ob er gesund ist Stalder 2, 122 (was sonst kosten heiszt). mrh. koren untersuchen, probieren noch im 15. jh., s. Liliencron volksl. 1, 315ᵇ, 471. auch kuren musz bestanden haben nach kurer weinkieser, hess. 16. jh. weisth. 3, 387 fg.
3)
mit der bed. wählen, die dem heutigen sprachgefühl der gebildeten allein gegenwärtig ist, hat es eine eigne bewandtnis.
a)
wie man es nur aus büchern kennt, so ist es auch nur ein bücherwort, in gang gebracht durch grammatiker und lexicographen, die mit den zu kiesen gehörigen formen gekoren gewählt, kor wählte nichts anzufangen wuszten. zuerst hat es vielleicht Schottel 1349 angesetzt (Schönsleder weisz noch nichts davon, selbst Denzler und Kirsch nicht), dann Stieler 945 neben küren, auch M. Kramer 1719 2, 129ᶜ, während Rädlein, Ludwig nichts davon haben, auch Steinbach 1, 915 sich wieder davon fern hält (praes. kieren statt kiesen) und Frisch 1, 169ᵇ koren, kören deutlich nur der theorie halber ansetzt, um das praet. pl. koren unterzubringen (vgl. kiesen am ende). von schriftstellern brauchte es dann Klopstock, mit dem gefühl eines altwichtigen hohen ausdrucks:
an deren spröszling zweimal die weiherin
mit stolze stand und 'köhre kein ander land'
uns sang.
od. 2, 14, 'der denkstein';
s. weiter küren, das wegen kur den vorzug erhielt.
b)
ein mhd. koren, ahd. chorôn wählen ist nicht da, es hiesz kiesen; so verwirft denn auch 3, 879 J. Grimm erkoren, erkören. und doch finden sich spuren des ersteren: 40 guld. ungerisch haben wir geben J. L., da man in ze hauptman erkort het. Augsb. chron. 1, 87 anm. 7, aus dem ende des 14. jh.; ist das nur neubildung?
c)
als nd. wird übrigens kören angesetzt von Richey 135, im brem. wb. 2, 849, auch bei Danneil 98ᵃ, ostfries. Stürenb. 117ᵇ, doch auch da unsicher, theils als angeblich alt, theils zur erklärung von wörtern wie kör wahl, körisch, körtag, körherr, körkind, körrecht; Klopstock mag es daher haben, auch Schottels angabe wird eig. nd. gemeint sein. ist es mnd. zu belegen? entsprechend ist allerdings nl. keuren wählen, das schon Kilian hat, und das nd. kören, hd. bekören unter 2, a, vgl. norw. schwed. kora, utkora, dän. kaare, udkaare, die aber auch kein altn. wort hinter sich haben. s. weiter küren.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1808, Z. 25.

kören

kören,
in oberd. mundart für g'hören, gehören (schweiz. auch für hören); schon im 15. 16. jh. oft, z. b.
ich kör an tanz, da man tuͦt frölich springen.
Uhland volksl. 642;
ain alts teller kört auch darzuͦ.
723.
Übrigens findet sich kören auch für kehren, ein nd. kören aber bedeutet plaudern, s. unter köddern. merkwürdig ist ein niederrh. kören, streicheln, liebkosen. Aach. mundart 123. ebenso ein nd. kören speien, mnd. koren Dief. nov. gl. vomere, nrh. coeren Teuth. 57ᵃ, vgl. schweiz. körbeln in gleicher bedeutung.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1868), Bd. V (1873), Sp. 1809, Z. 21.

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Zitationshilfe
„koren“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/k%C3%B6ren>.

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