Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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obwort, n.

obwort, n.
was obschrift. Harsdörfer gesprächsp. 1, 50. Erberg 552ᵇ.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 6 (1885), Bd. VII (1889), Sp. 1128, Z. 20.

verworten, vb.

verworten, vb.
in unterschiedlichen bedeutungen nur vereinzelt im nhd. begegnend, häufiger jedoch im mnd. bezeugt, s. Schiller-Lübben 5, 509; vgl. auch Lexer 3, 313. den wortsinn durch miszbrauch entwerten:
wirn haben an ir (der minne) niwan das wort:
uns ist niwan der name beliben
und han ouch den also zetriben,
also verwortet und vernamet,
daz sich diu müede ir namen schamet
Gottfried v. Straszburg Tristan 12 285 R.
reflexiv; sich in unterhandlungen einlassen: und ensal mich an sie (die gegner) nicht forworten, friden ader sunen qu. v. j. 1365 bei Vilmar Kurhessen 459. sich durch worte binden, verabreden: men wuste wol dat sik Strobart mit her Corde van dem Steine und mit heren Apel wes vorwordet hadde ... dat he se meinde vor de stad to Magdeborch to bringen (15. jh.) städtechron. 7, 390. 'sich in worten ausdrücken':
aus einem kurtzen ach entstund ein langes lachen,
die zungen konten nicht viel gleiche sylben machen,
weil heisse liebe sich nicht wol verworten kann
Hoffmannswaldau dt. übers. u. ged. (1717) hochzeitged. 15.
in worte umsetzen, verwandeln: (ich) war einst kosmisches wesen, durch das der hahnenschrei und kuckucksruf ging; ohne sinn ist nichts mehr bei mir. ich habe diese welt verwortet Lersch br. u. ged. 255 Jenssen. mundartlich: verwörden sich mit worten verteidigen Mensing schlesw.-holst. 5, 447; sich verworteⁿ beteuern, ein gelübde tun Fischer schwäb. 2, 1419; verworten darlegen, schweiz. id. 1, 907. — dazu vgl. die ableitungen: verwörteln 'durch blosze und leere worte ersetzen' (zu wort I E 6 b, teil 14, 2, sp. 1523): so sollte die wahrheit verwörtelt, ... und die öffentliche meinung verwirrt werden F. L. Jahn w. (1884) 2, 262; s. auch verwörtelung 'weggegebenes oder falsch gegebenes wort' bei Fischer schwäb. 2, 1419. —
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 14 (1954), Bd. XII,I (1956), Sp. 2356, Z. 34.

verwörtern

verwörtern,
'mit (leeren) worten beschönigen, wegreden':
was sollen wir uns denn den todt verwörtren lassen,
wann tochter oder sohn durch ihn wird hingefällt?
Hoffmannswaldau dt. übers. u. ged. (1717) begräbnisged. 48.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 14 (1954), Bd. XII,I (1956), Sp. 2356, Z. 68.

wohrd, wöhrde, f.f.

wohrd, wöhrde, f.,f.
(nd.), s. wurt, f.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 8 (1950), Bd. XIV,II (1960), Sp. 1236, Z. 45.

wort, f.

wort, f.,
area, s. wurt.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1951), Bd. XIV,II (1960), Sp. 1467, Z. 1.

wort, n.

wort, n.,
verbum.
herkunft und form. ahd. wort, mhd. wort, wart, mnd. wort, mnl. wort, woord (nebenformen, fraglich ob auf grund alter ablautsverhältnisse, wa(e)rt, awfries. wird, werd, s. Franck van Wijk 202ᵇ), nl. woord, as. word, afries. word, ags. word, engl. word, anord. orđ, schwed., dän. und norw. ord, got. waurd, sämtlich gleicher bedeutung. dem gemeingermanischen wort (germ. *wurđa) treten als auszergermanische verwandte zur seite von derselben ablautsstufe (idg. u̯r̥dho-) apreusz. wīrds 'wort' sowie die ablautenden lat. verbum und lit. var̃das 'name', lett. vàrds 'wort, name' (vgl. Specht zs. f. vgl. sprachforschung 59, 65 f., anm. 3). idg. basis u̯er-dh- in gr. ἔρθει· φθέγγεται Hes. (s. Specht a. a. o. 65) als erweiterung der wurzel *u̯er-, u̯rē- 'sagen, sprechen', die in gr. εἴρω, ῥήτωρ, ῥῆμα zutagetritt, s. Walde-Pokorny 1, 283f.; Falk-Torp 1, 799; Hellquist² 734; Kluge-Goetze¹¹ 698ᵃ. mnd. und mnl. vereinzelt auch als fem., s. Verwijs-Verdam 9, 2819; Franck mnl. gr. § 180, anm. 1:
de mensche en leeft niet allene
bi den brode, mer bi der woord,
de vten mond gods comet voort
(15. jh.) bei Schiller-Lübben 5, 773.
senkung des (offenen) stammvokals zu a auf bair.-österr. boden seit dem spätahd.:
mit dem gotes warte (: êwarte)
d. hochzeit v. 366 Waag; vgl. 80; 507.
weitere beispiele bis ins frühnhd. s. mhd. wb. 3, 806ᵇ; Weinhold bair. gr. § 6; Haupt zu Neidhart 38, 6; dazu noch österr. weist. 6, 18, 5; 264, 19; 10, 97, 19; 101, 18. für das alemannische fehlen trotz Weinhold alem. gr. § 11 sichere zeugnisse. fürs md. steht ein wart (15. jh.) Diefenbach gl. 627ᶜ vereinzelt. zu nd. kiuinge wedder de warde contentio (1417) derselbe, n. gl. 111ᵃ vgl. Lasch mnd. gr. § 12; 86 und mnl. wart Verwijs-Verdam 9, 1819. in jüngerer mundart ist das a bair. in fester, nd. in eng beschränkter geltung (s. u.). — die schon für das mnd. geltende dehnung des -o- vor rd-(rt-) verbindung (s. Lübben mnd. gr. § 14, Lasch mnd. gr. § 149) tritt im nd. sprachraum gelegentlich in der schreibung wohrt literarisch zutage: J. Rist d. friedewünschende Teutschland (1648) (a) 4ᵃ; (a) 8ᵇ. doppelschreibung des stammauslautenden konsonanten vom 14. bis ins 17. jh. nicht selten: der wortten (1398) bei Haltaus gloss. 2131; der wortten (1434) Lübecker urkdb. 7, 552; zu wortten (1529) bei Lori baier. bergrecht xlvii; von wortt tzu wortt Luther 8, 507 W.; die wortt derselbe 11, 438; vgl. 10, 1, 54; 10, 2, 115; gute wortt Ulsheimer rayszbuoch (1622) 110; von wortte zu wortte (1634) bei Gaedeke Wallensteins verhandl. mit d. Schweden 235. daneben auch die schreibung-th: worther Luther 1, 252 W.; von worth zu worth Fabritius büchl. gleichstimmend. wörter (1532) 8 J. Meier.mnd. auslautend gewöhnlich -t, inlautend in den flektierten formen-d-: desse worde (1369) Lübecker urkdb. 3, 753; schemel wôrde Tunnicius sprichw. nr. 9 u. ö. von hier aus wohl: zu worden Gabr. Voigtländer oden u. lieder (1642) 102. vereinzelt auch auslautend als -d: word Schütz histor. rer. prussic. (1592) buch 3, v 5ᵃ. — ein angehängtes-e im n., acc. sgl., das ein schwaches neutrum vortäuschen könnte, erscheint mitunter im obd. des 15. und frühen 16. jh., vgl. analoge fälle aus Arigo decamer. in: PBB 31, 286; verbum incarnatum fleischlich worte (anf. 15. jh. obd.) Diefenbach gl. 612ᵇ; alles das worte das du hoͤrest erste dtsche bibel 5, 191 Kurr.; eulogium ein gut worte, rede oder lobe gemma gemmar. (1508) i 3ᵃ. singulär steht jüngeres ein ander worte discourse der mahlern (Zürich 1721) 1, M 3. zur wichtigen frage der doppelten pluralbildung vgl. Molz nhd. substantivflexion in: PBB 31, 277 ff.; Gürtler z. gesch. d. dtsch. -er-plurale in: PBB 37, 492 ff.; 38, 67 ff., für wort bes. 222f. die echte alte flexionslosigkeit im n., acc. pl. wort erleidet durch analogisierenden anschlusz an die e-endung des plurals der maskulinen a-stämme während der mhd. periode bei wort nur ganz geringe einbusze:
daz weder mos noch mvͦre
siniv worte en mach getruben (hs. 13. jh.)
priester Wernher Maria D 219 Wesle;
diz sint dú worte dú wir redent mit gotte (hs. v. 1387) St. Georgener pred. 337, 31 R. im frühen nhd. wirkte einer weiteren ausdehnung des e-plurals zudem die obd. und westmd. allgemein durchgeführte apokopierung entgegen, nur gelegentliches die worte Albr. v. Eyb dt. schr. 1, 57 H.; im omd. bereich: worte unnd slege Joh. Rothe lob d. keuschheit 2803 Neumann; ganz vereinzelt bei Luther 26, 285 W., der sonst fast immer die alte flexionslose form hat. nur im mnd. dringt, wie bei allen neutr. der a-klasse (s. Lübben mnd. gr. § 70, Lasch mnd. gr. § 372, Sarauw nd. forsch. 2, 34 f.), so auch bei wort der -e-plural kräftiger vor: desse worde (var. word) (1369) Lübecker urkdb. 3, 753; de warde (nd. 1417) Diefenbach n. gl. 111ᵃ; schemel wôrde (erste hälfte 16. jh.) Tunnicius sprichw. nr. 9, wozu das bild der jüngeren nd. maa. stimmt (s. u.). erst seit der mitte des 17. jh. mehren sich schriftsprachlich die e-formen: worte machen Sim. Dach 750 lit. ver.; worte finden Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustwald (1657) 204; gute worte Reyher thesaur. (1668) p 5ᵇ; n., acc. pl. worte bei Schottel haubtspr. (1663) 297; vgl. 99; 151; 168; 284; 350 u. ö., vgl. auch Stieler (1691) 2576, doch hat endungsloser plural nach ausweis zahlreicher belege noch für die zweite hälfte des 17. jh. als die normale form zu gelten, und noch im frühen 18. jh. ist er nicht ganz ausgestorben: wort (n. pl.) Pistorius thes. (1715) 709; Dentzler clavis (1716) 356ᵇ. vereinzeltes nicht um gute wort und auch nicht um lohn noch bei O. Ludwig ges. schr. 2, 172 Schmidt-Stern ist wohl kaum schriftsprachlich aufzufassen. im gen. pl. läszt der apokopierungszwang in seinem geltungsbereich während des älteren nhd. nur wenige ausnahmen zu, und flexionsloser gen. pl. begegnet noch im 17. und frühen 18. jh.: an der güte der wort Opitz t. poem. 9 ndr.; nicht viel guter wort M. Kramer 2 (1702) 1395ᵃ. isoliert steht eine umgelautete form wegen der wört österr. weist. 1, 314. übergriff der endungslosigkeit auf den dat. pl. ist im 15. und 16. jh. nicht selten: mit des marggraffen potschafft wort Arigo decamer. 103 Keller; mit langen ... wort (1475) bei Steinhausen privatbr. d. mittelalt. 1, 381; mit ... der gleychen schwulstigen wort Luther 15, 396 W.;
der selb mit wort sich zwingen ladt,
die nur ein schlecht köpsz frouwly dadt
Murner geuchmat 79 Fuchs.
schwache pluralformen fast ausschlieszlich im gen.; obd. vom 14.—16. jh. recht häufig: die vollekomenhait der worten St. Georgener pred. 337 R. (der worte ebda); so vil öder worten (15. jh.) Mone schausp. d. mittelalt. 2, 292; der worten Nicl. v. Wyle translat. 32 Keller; der inhalt der worten Pauli Gretter erkler. d. ep. Pauli an d. Römer (1566) 437; und öfter, so namentlich in der bairischen formel der worten dasz (s. u. I B 2 c ende); jünger noch bei Dentzler: was bedarff es vieler worten clavis (1716) 356ᵇ und verdrehung der worten discourse d. mahlern (Zürich 1721) 1, M 2ᵇ. ganz vereinzelt bleibt ein übergreifen schwacher flexion auf den acc. pl.: um all dero worten und silben zu wiederholen frantzös. Simplicissimus (1682) 5, vgl. PBB 31, 389, wo analoge fälle aufgeführt sind. ein: und nach (d. i. noch) vil wortten redt Emeris volksb. 219 Bachmann-Singer könnte als gen. aufzufassen sein. das für den jüngeren sprachgebrauch wichtige, weil bedeutungsmäszig unterscheidende nebeneinander der plurale worte und wörter wurzelt in alten sprachvorgängenl der übertritt der starken neutra der a-klasse in den er-plura. der ahd. neutralen ir-stämme ist für wort zufrühest im späten 12. jh. belegbar:
vil süeze wâren ir worter (: korter)
Servatius 1071, oberd. um 1170, in: zs. f. dt. altert. 5 (1845) 109;
im nachklassischen mhd. folgen zögernd weitere fälle, meist obd. herkunft: wörter Hugo von Trimberg renner 2734 Ehrismann; vgl. 3633; 14911; 22265; 22303; Konrad von Megenberg b. d. nat. 271, 34 Pf.; Tilo von Kulm 7 ingesigel 2716 K.; vgl. 3155; vom beginn des 15. bis zum ende des 16. jh. steigt die zahl der belege stetig, vgl. z. b. wörter Wittenweiler ring 296 W.; Hugo von Montfort 28, 236 lit. ver.; (1477) bei Steinhausen privatbr. d. mittelalt. 1, 180; (1492) Geyer altdt. tischzuchten 22; (1496) bei Wackernell altdt. passionssp. aus Tirol 78; Albr. v. Eyb sp. d. sitten (1511) 23ᵃ; theatr. diabolor. (1569) 32ᵇ; schausp. engl. comöd. 28 Cr.; Nigrinus v. zäuberern (1592) 89 usw.umlautlosigkeit (vgl. ob. Servatius 1071) ist im 15. und 16. jh. keine seltenheit: worter meister Altswert 235, 25 lit. ver.; J. Wolff beichtbüchl. 6 B.; volksbücher 219 Bachm.-Singer; Luther 1, 252 W. (als bei ihm selten belegbarer fall dieser pluralbildung, wozu noch wörter 54, 74 W.); Emser streitschr. 145 ndr.; Carolina 1, 18 Kohler-Scheel; vgl. 1, 52; Murner schelmenzunft 21 ndr.; Thom. Kantzow chron. v. Pommern 2, 292 Gaebel; (nd. 1568) in: PBB 31, 344. die für die pluralische r-flexion vielfach typische, besonders md. ausbildung eines pleonastischen -e- (s. Weinhold mhd. gr. § 437; 454; alem. gr. § 396; PBB 31, 352f.; 38, 74—76) hat auf wort augenscheinlich nur sehr begrenzte anwendung gefunden: für den n., acc. pl. vgl. ein singuläres sprichwörtere (obersächsisch, zweite hälfte d. 15. jh.) in: PBB 38, 75. bei Schottel begegnet der dativ pl. wörteren als regelfall (neben worten zum nom. worte), vgl. haubtspr. (1663) 55; 60; 67; 75; 79; 86 u. ö. im gen. pl. findet sich pleonastisches -e- unter gleichzeitigem übertritt in die schwache flexion bei Frisius: die eigenschafft der wörteren dict. (1556) 136ᵇ und Calepinus: der tuncklen wörteren sept. ling. (1579) 642ᵃ. daneben steht schw. gen. pl. in der form der wörtern Wurstisen historien (1572) 1, 266; discourse d. mahlern (Zürich 1721) 1, M 1ᵃ. von einer theoretischen begriffsscheidung der beiden pluralbildungen worte und wörter, wie sie in jüngerer sprache aufgestellt wird (s. u.), kann vor der zweiten hälfte des 17. jh. nicht gesprochen werden, doch drängt die lebendige sprachpraxis früh, das 16. jh. verstärkt in diese richtung. schon die mhd. bezeugung scheint dahin zu deuten (z. b. kriechisch wörter Hugo von Trimberg renner 3633; vgl. 14911; 22303 u. ö. gegen etwa 14 907; 22 175 ff.; in den hebraischen wörtern Konrad von Megenberg b. d. nat. 271, 34 Pf., daneben freilich: auz hebraischen worten 271, 20; däutscheu wort 2, 3), während das 15. jh. diese entwicklung nicht weiter zu fördern scheint, vgl. die zusammenstellung in PBB 38, 222 f. im 16. und frühen 17. jh. tritt die tendenz zu inhaltlicher unterscheidung so deutlich hervor, dasz sie den sprachtheoretikern seit Schottel (s. u.) anlasz bot, sie als ein postulat aufzustellen, das sich bei den lexikographen bereits vielfach verwirklicht fand, vgl. etwa: die eigenschafft der wörteren suchen Frisius (1556) 136ᵇ; 68ᵃ, dagegen pl. wort 10ᵃ; 92ᵃ; 651ᵇ u. ö.; verenderung der syllaben an den wörtern Calepinus (1579) 642ᵃ; 729ᵃ, dagegen: böse wort 1316ᵃ; mit worten 682ᵇ; aller hand wörter nomenclator (1634) 290. auch literarisch ist die begriffliche scheidung oft vollzogen, vgl. die zusammenstellung in PBB 31, 343f., dazu etwa: die zunge, damit die wörter werden gemacht Albr. v. Eyb dt. schr. 43, 33 H.; dagegen: als die worte ... gelautet haben ebda 57, 3; kriechische ... wörter Aventinus bayer. chron. 1, 615 Lexer; dagegen: mit gar kurzen worten ebda 620. neben häufige verwendung des plur. wörter im sinne der vereinzelung tritt freilich oft noch ein promiscue-gebrauch ohne inhaltliche differenzierung, auch in engster textlicher nachbarschaft, vgl. an älteren beispielen Hugo von Montfort 28, 236 und 238 lit. ver.; meister Altswert 235, 8 und 25 lit. ver.; volksbücher 219 Bachmann-Singer; Wackernell altdt. passionssp. a. Tirol 78; im 16. jh.: Murner schelmenzunft 19 ndr., dagegen 21; 68; kl. schr. 1, 34 Pfeiffer-Belli gegen: v. d. fier ketzeren 443 Fuchs; Casp. Scheit Grobianus 1688 ndr. gegen 482; 2617; des weiteren die in PBB 31, 344 aufgeführten beispiele. Schottel fordert als erster die begriffliche scheidung in der anwendung der beiden plurale, und zwar mit berufung auf bereits bestehenden praktischen sprachgebrauch: wort hat wörter und worte ..., wörter pflegt man zu gebrauchen, wenn die meinung auf etzliche entzele wörter gerichtet ist: worte aber, wann man eine gantze meinung, so in den worten bestehet, andeutet haubtspr. (1663) 297, scheint aber im eigenen gebrauch nur den zweiten teil der regel streng durchzuführen, während für einzelwörter noch oft worte erscheint: in denen teutschen worten ich, du 59; in denen ... worten mühlstein, landstadt 76; vgl. noch 5; 6; 99; 151; 397 f. u. ö.; gleiches gilt für Stieler: in den ausländischen worten stammb. (1691) 9; in den lateinischen wörtern ebda. die lexikographen des 17. und frühen 18. jh., M. Kramer, Spanutius, Frisch, Gottsched, Stosch, Eberhard, Adelung, treffen die Schottel sche unterscheidung ausdrücklich oder doch tatsächlich, doch bleiben die verhältnisse in der sprache selbst noch lange unsicher. bis zur vollen konsequenz strenger unterscheidung gelangte die sprache nur insoweit, als der plur. wörter nicht auf das ganze einer zusammenhängenden aussage oder rede angewandt werden darf, was seit der wende vom 18. zum 19. jh. unbedingt gilt, im 17. und 18. jh. aber noch oft vernachlässigt wird: der hitzigen unbescheydenen wörter Lehman florileg. polit. (1662) 2, 644; vgl. 1, 372;
wo die auszgebrachten wörter
meiner brunst verschwiegen sein
Schwieger geharnschte Venus 33 ndr.;
er (gott) antwortet nicht allein auff ihre wörter, sondern auch auff ihre gedancken Chr. v. Ryssel v. d. seelenfrieden (1685) 350; betheurungen zur bekräfftigung unserer wörter d. vernünft. tadlerinnen (1725) 2, 149 Gottsched;
und stiesz voll grimm und feur noch diese wörter aus
Neukirch ged. (1744) 161;
mit was für schönen wörtern sie mich immer abspeiset samml. v. schausp. (Wien 1764) 1, 9; dasz sie bey ihr die liebekranke seele durch schön klingende wörter hätt erleichtern können A. G. Meissner skizzen (1782) 1, 127; und im mischgebrauch:
wo aber sol ich worte finden
Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustwald (1657) 1, 204;
wo aber sol ich wörter nehmen,
so da recht würdig mögen stehn?
ebda 240;
in lauter reinen teutschen wörtern d. vernünft. tadlerinnen (1725) 1, 38 Gottsched; in weitläufftige, oder doch fremde worte ebda 1, 10; eine opera (gefällt), wo der plan des stückes gut ausgearbeitet, die wörter aber nur blosz für die musik geschrieben sind ... (nicht) worte setzen oder ganze strophen, die des componisten seine ganze idee verderben Mozart in: O. Jahn Mozart 3 (1858) 86. in der ausschlieszung der pluralform worte für einzelwörter ist die sprache bis heute nicht zu voller konsequenz gelangt. zwar wird von den sprachtheoretikern seit Schottel und das ganze 18. jh. hindurch der plural wörter für wort in der relativ engen anwendung als einzelwort, als element und mittel der sprache (s. u. II A) als regelform aufgestellt (wenn auch nicht ohne gelegentlichen widerspruch, vgl. z. b. Wippel bei Stosch gleichbed. wörter [1777] 1, 37 ff., Heynatz br., d. dtsche sprache betr. [1771] 5, 107, s. auch Weigand synon. 3, 1138), doch zeigt das späte 17. und frühe 18. jh. noch durchaus unsicheren mischgebrauch: in der rechtschreibung sind etliche anmerckungen von gantzen wörtern Gueintz d. dtsche rechtschr. (1666) 10 gegen: solche wort sind gleichwol nun durch den gebrauch einverleibet ebda 15; daher braucht man oft die wort als ziffern Leibniz dt. schr. (1838) 1, 451; durch erklärung der kunst-worte ebda 462 gegen: bey denen logischen und metaphysischen kunstwörtern ebda 453; indem wir leere worte, mit denen kein begriff verknüpffet ist, für erkäntnis halten, und wörter für sachen ausgeben Chr. Wolff vernünft. ged. v. gott (1720) 156; vgl. auch das ständige nebeneinander beider formen in der gleichen bedeutung 'einzelwort' ebda 459ff. indessen begegnet der plural worte an stelle von regelgetreuem wörter auch in jüngerer sprache und bis in den modernsten gebrauch hinein noch so häufig, gerade auch bei schriftstellern ersten ranges wie Klopstock, Herder, Lessing, Wieland, Göthe u. a., dasz von da aus der rang des plurals wörter als einer unbedingt verbindlichen regel immer wieder in frage gestellt wird. das gilt sogar, wenn auch in geringerem masze, für den gebrauch II A 1, der das wort als formalen einzelbestandteil besonders stark isoliert und aus dem zusammenhang der rede löst: die elemente der worte, auf die alles ankommt, die selbstlauter Herder 5, 13 S.; ellenlange worte Lessing 10, 30 L.-M.; zur würde gehört ein gewisser umfang der worte A. W. Schlegel in: Athenäum (1798) 1, 55 (dagegen ebda 30: mit seinen meistens geräuschigen aber dumpfen wörtern). häufiger innerhalb der anwendung II A 2, in der das einzelne wort als teil des wortschatzes gesehen wird: worte, die der gemeine gebrauch unvermerkt abgewürdigt hat, wieder zu ehren ziehen Wieland s. w. (1853) 24, 262; vgl. 15, ix; 33, 357;
der alle worte lands verweist,
die nicht auf deutschem boden wachsen
Lessing 7, 5 L.-M.;
allenfalls könnte man sich bei den unanständigen worten mit den anfangsbuchstaben begnügen Schiller br. 7, 209 Jonas; wie er sich (in übersetzungen) fremde worte mundrecht macht Göthe I 7, 236 W.; vgl. I 27, 72 W.; vgl. ders. I 41, 1, 164 W.; der geist einer sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren worten M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 1, 22;
die armen worte, die im alltag darben,
die unscheinbaren worte, lieb ich so
Rilke d. frühen ged. (1909) 6.
am häufigsten im bereich II A 3, der ein bestimmtes einzelwort als träger einer bedeutung und nach dem von ihm ausstrahlenden sinn faszt: worte, die sachen oder werkzeuge bezeichnen Lenz ges. schr. 2, 321 Tieck; vielen miszbrauch ... hat man oft mit diesen worten (natur und natürlich) getrieben Tieck schr. (1828) 4, 126; es fehlt nicht an worten, um... verwandtschaftsverhältnisse auszudrücken Ratzel völkerkde. (1885) 2, 66; (die wissenschaft) schlieszt von den verwandten worten auf die sachen, welche sie bezeichnen Scherer lit.-gesch. (³1885) 5; besonders dann, wenn die aufgeführten wörter in einer gewissen verwandtschaft oder inneren verbindung stehen: was man in einigen allgemeinen worten z. e. zusammenhang, ausdehnung, affinität, schwere dabei bezeichnet Herder 13, 47 S.; zwei worte bös und gut, die ihr zu begriffen stempeln möchtet; denn wenn ihr die worte einmal habt, so glaubt ihr auch schon den leeren schall zum gedanken geprägt zu haben Klinger Fausts leben (1794) 81;
sprach nicht der weise: such der seele schönheit
vor der des leibs? ... 'leib, seele sind nur worte
wechselnder wirklichkeit'
Stefan George d. neue reich 110;
weitere für ihre (der romantik) subjektiv-idealistische weltanschauung und ihr dionysisches lebensgefühl kennzeichnende worte sind wunder, zauber, rausch Fr. Kainz in: dtsche wortgesch. 2, 255; 168; vgl. auch Adelung vers. 5 (1786) 293. anderseits wird doch auch der sinnbegrenzende unterschied der plurale wörter und worte gelegentlich ausdrücklich betont: die sprache erscheint hier (im chinesischen) in ihrer priorität vor den worten, die worte sind in ihr eigentlich keine wörter. unter wörtern versteht man selbständig gebildete und für sich bestehende redetheile Schelling s. w. (1856) 2, 2, 545; in der lebendigkeit seines ausgesprochenseins ist es immer ein satz — ein 'wort', dessen plural im deutschen 'worte' heiszt; während das wort mit dem plural 'wörter' nichts ist als ein totes, um sein leben gekommenes, aber doch auch wieder zum leben zu erweckendes glied des zerstückelten satzes Ferd. Ebner d. wort u. d. geistig. realitäten (1921) 17; vgl. dazu noch wörter unter I E 6 b ende und den Rückert -beleg unter I D 1 f. in den mundarten zeigt wort mannigfach variierten lautstand. anlautend b für w im cimbrischen: bort, boart Schmeller cimbr. 175ᵃ; Bacher Lusern 234. länge des o (bzw. a) im obd. und md. sporadisch: südelsäss. wôrt Martin-Lienhart 2, 859ᵇ; wōrt (Mergentheim) Fischer schwäb. 6, 959; wârt (Schwarzach, Böhmerwald) Schmeller d. maa. Bayerns 71; wōrd Gerbet Vogtland 245; nd. im hauptteil des ganzen sprachgebiets, bis ins mnd. zurückreichend, vgl. Lübben mnd. gr. § 14, Lasch mnd. gr. § 62; 149; wôrd Doornkaat-Koolman ostfr. 3, 570ᵃ; woort Böning Oldenburg 134; wôrd Schambach Göttingen 304ᵃ; wōrt Bauer-Collitz Waldeck 114ᵇ; woord Mensing schlesw.-holst. 5, 686; Dähnert Pommern und Rügen 556ᵇ; Danneil altmärk. 250ᵃ; Frischbier pr. 2, 480; unter schwund des folgenden r-lautes: wǭt Bredtmann Velbert 129ᵇ; vōt Maurmann Mülheim 37; wo̭t Elberfelder ma. 177ᵇ; wo̧o̧t Hönig Köln 203ᵃ. färbung des o in kurzes oder langes u über das ganze sprachgebiet verstreut: wurt oberpfälz. Schmeller-Fr. bair. 2, 1012; wuərt (Neuenburg) Fischer schwäb. 6, 959; wūərt Gebhardt Nürnberg 147. vornehmlich md.: wûrd Gangler Luxemb. 486; wûrt luxemb. ma. 494ᵃ; wúert (Diedenhofen) Follmann lothring. 549ᵃ; wûert Spiess henneberg. 285; wuurt (Sebnitz) Müller-Fraureuth obersächs. 2, 679; wūrt (Seifhennersdorf i. d. sächs. Oberlausitz) in: PBB 15, 30. nd. wurd Mi Mecklenburg 109ᵇ; wuurd Mensing 5, 686; dazu fries. wǔrd Schmidt-Petersen 166ᵇ; PBB 49, 213 (nordfriesisch) neben uerd ebda 48, 4; plur. uehrde 45, 12. senkung des o zu a ist, den früheren sprachverhältnissen entsprechend (s. o.), in jüngerer mundart vorwiegend bairisch: wart Schmeller-Fr. 2, 1012; wârt (Schwarzach, Böhmerwald) derselbe, d. maa. Bayerns 71; dazu im alemann. grenzgebiet (Vorarlberg) wârt Weinhold alem. gr. § 11. im nd. nur westfälisch: en wart maut en wart sin Woeste volksüberliefer. i. d. grafschaft Mark (1848) 79. neigung zur diphthongierung (oder triphthongierung) des stammvokals, teilweise unter auflösung des folgenden -r, besteht vielfach, vgl. etwa bair. wourt Schmeller-Fr. 2, 1012; derselbe, d. maa. Bayerns 72; wouərt (Gerabronn) Fischer schwäb. 6, 959; boart Schmeller cimbr. 175; wont Meisinger Rappenau 233; Lenz Handschuhsheim 78ᵇ; woat Leithäuser Barmen 172ᵇ; wôat Fischer samländ. 99; wūet, wūǒt Frederking Hahlen 35; waurt (schl. niederland) in: zs. f. dt. phil. 3, 347; wauert (westfäl., Medebach) bei Firmenich 1, 333; wēoərt Böger Schwalenberg 167. mannigfaltiger noch ist das bild der mundartlichen pluralformen, vgl. dazu auch zs. f. dt. phil. 33, 75f.; 77f.; ein nebeneinander des alten plurals, flexionslos oder mit angehängtem -e, und des mit -er gebildeten innerhalb einer mundart ist obd., md. und nd. häufig, ohne dasz der schriftsprachlich wichtige bedeutungsunterschied eine rolle zu spielen scheint, soviel die wbb. erkennen lassen. ansätze in dieser richtung (vgl. etwa Meisinger Rappenau 233) dürften kaum allgemeinere geltung beanspruchen können. innerhalb der hochdeutschen maa. gebührt der -er-bildung der vorrang. als einzige pluralform verzeichnet sie für das schwäbische Fischer 6, 959, als fast allein gültige für das elsässische Martin-Lienhart 2, 859. neben ihr behauptet sich namentlich im obd. der flexionslose plural: plur. wort und wörter Hunziker Aargau 302; Meisinger Rappenau 233; Lenz Handschuhsheim 78ᵇ; Bacher Lusern 234, bei Schmeller fehlen fürs bair. nähere angaben. seltener im md.: Müller-Fraureuth obersächs. 2, 679; Christa Trier 219ᵇ. worte neben wörter: wordə, werdər Hofmann niederhess. 266ᵃ. am stärksten sind die drei pluralformen im nd. mundartenbereich gemischt. flexionsloser plur. nd. umgelautet, mit vokalisierung oder schwund des -r: wǫ̈̄t Bredtmann Velbert 129; vø̄:t Maurmann Mülheim 62; wö̯t Elberfelder ma. 177; wöät Leithäuser Barmen 172ᵇ; wö͏̂ad' Fischer Samland 99. -e-plural nd. mit und ohne umlaut: wö͏̂rde Doornkaat-Koolman 3, 570ᵃ; Böning Oldenburg 134; Dähnert plattdt. wb. 556ᵇ; woorde ebda; (alt-ostfriesisch) in: PBB 13, 544; mit schwund des folgenden -r: wo̧o̧te Hönig Köln 203ᵇ; häufiger mit ausfall des dentals: wôre Schambach Göttingen 304ᵃ; Bauer-Collitz Waldeck 114ᵇ; wore, wöre Flemes Kalenberg 380; wöre Block Eilsdorf 102; wōərə Böger Schwalenberg 167. — der -er- plural bewirkt in der mundart vielfach umfärbung des umgelauteten stammvokals, obd. und md. vornehmlich senkung zu e: wèrtər Martin-Lienhart 2, 859ᵇ; we̦ɐtɐ Meisinger Rappenau 233; Lenz Handschuhsheim 78ᵇ; wèrter (ostlech.) Schmeller d. maa. Bayerns 73; wertər, wêrtər, werdrə Follmann lothring. 549ᵃ; siebenbürg. vệrt ər Primus Lessiak konsonantismus 15; werdər Hofmann niederhess. 266; wertər Müller-Fraureuth obersächs. 2, 679ᵇ. senkung des -ö- zu -i- im lothring. und luxemburg.: wíərdər Follmann lothring. 549ᵃ; wîrder, siebenbürg. wîrter luxemburg. 494ᵃ. nd. mit -u- umlaut: würder Mi Mecklenburg 109ᵇ. wohl als verkürzter -er-plural: wür ebda; Mensing 5, 686 neben wö̧r ebda; wö͏̂r Danneil altmärk. 250ᵃ; wöör Böning Oldenburg 134. umlautfrei nordfries. uurder in: PBB 49, 217. schwach flektierter plur. ostfriesisch wôrden Doornkaat-Koolman 3, 570 (vgl. mnl. woorden Verwijs-Verdam 9, 2819), dazu friesisch wǔrdən Schmidt-Petersen 166ᵇ. der dental -d- erscheint auszerhalb des nd., wo er nahezu überall gilt, soweit er nicht ausfällt, auch in den pluralformen des westlichen md.: wiərdər, werdrə Follmann lothring. 549; wîrder luxemburg. 494ᵃ; wörder Christa Trier 219ᵇ; wordə, werdər Hofmann niederhess. 266ᵃ; vereinzelt auch im westl. obd.: we̜rdr̥ (Ottenheim bei Straszburg) in: PBB 13, 225.
bedeutung und gebrauch. wie in den anderen germanischen sprachen gilt seit je auch im deutschen für wort eine schon in lat. verbum zutage tretende doppelheit der bedeutung. wort bezeichnet einerseits eine zusammenhängende rede (I), anderseits ein lautgebilde bestimmter bedeutung als kleinste sinneinheit der rede (II). innerhalb der umfassenden, vielfältig gegliederten anwendung I liegen die grundlinien von anfang an oder doch schon früh fest, so namentlich der wichtige religiös-christliche gebrauch (C), die wendung von der rede als etwas gesprochenem zur rede als dem akt und vorgang des sprechens (D), die spezielle bedeutung 'versicherung, versprechen' (F). besondere bedeutung kommt dem in diesem bereich weithin unterschiedlichen gebrauch des singulars und plurals zu. die anwendung II 'einzelwort' bewegt sich in engeren grenzen. jenseits der unterscheidung von I und II bleibt wort in einer dritten anwendung (III), die in der vorstellung des sprachvollzuges wurzelt und von dorther ein eigenes sprachliches leben entwickelt.
I.
sg. wort, pl. worte als zusammenfassender begriff für eine mündliche (oder schriftliche, doch vgl. I D 5) äuszerung, die aus einer gruppe von einzelwörtern (s. II) besteht und einen geistigen sinnzusammenhang darstellt: die aussage, der ausspruch, die rede und das reden, lat. verbum, dictum, dictio, oratio.
A.
singularisch das, ein wort im hinblick auf eine bestimmte kurze oder doch relativ kurze aussage: das gesagte, etwas gesprochenes oder zu sprechendes.
1)
für eine wörtliche aussage, insbesondere eine geprägte äuszerung.
a)
allgemein jeder bestimmte, wörtliche ausspruch:
nim nu wort minaz   in herza, magad, thinaz ...
thiz kind ist untar manne   zi manegero falle
Otfrid I 15, 27;
Jhesus spricht zu jm, gehe hin, dein son lebet. der mensch gleubete dem wort, das Jhesus zu jm saget, vnd gieng hin Joh. 4, 50; vgl. Matth. 19, 22;
der grafe koͤmmt! o was vor lust
erregt diesz wort in tausend herzen
Stoppe Parnass (1735) 1;
ich musz eure freude durch ein wort unterbrechen: Norberg kommt! in vierzehn tagen kommt er! Göthe I 21, 6 W. wohl von hier aus gelegentlich die im plur. gebräuchlichere bedeutung 'wortlaut' (s. u. B 1 f): den 5. tag martii ist dieser artikl also geändert worden, das ain wachter abziechn soll von der wacht so oft der lichte tag kompt o. geschen wirdt, u. das aufziechen bleibt in sein wort (d. i. in unverändertem wortlaut) (16. u. 17. jh.) österr. weist. 6, 213, 5;
(Wallenstein:)
was verdient der officier,
der eidvergessen seine ordre bricht? .....
(Max:)
nach des gesetzes wort — den tod!
Schiller 12, 122 G.
manchmal nimmt wort hier in prägnantem gebrauch den sinn von 'antwort' an, vgl. in früher formel:
thô habde eft is uuord garu
Heliand 273 B.; vgl. 2023, 2324 u. ö.;
wer? ich (soll der dargestellte sein)? was geht dis bild mich an?
ich bin ja nicht von ertz, wo siehst du, dasz ichs führe?
ertz ist der helden tracht, war mahler Affens wort
Lichtwer Äsop. fabeln (1748) 107;
dat schall keen word hemm 'darauf will ich nicht antworten' Mensing schlesw.-holst. 5, 687; s. auch den redensartlichen gebrauch ein wort gibt das andere u. ä. unter 4 b α. mit kennzeichnendem attribut in verschiedenen richtungen:
uuorte slehtemu (sermone blando) angil
fora chuuidit chuuenom
Murbacher hymnen 19, 6, 1 Sievers;
sie eilet, sie bittet mit schmeichelndem wort
Göthe I 3, 5 W.;
das (Gal. 1, 8) ist yhe eyn hart wort von solchem apostell Luther 8, 148 W.;
als die frau diesz harte wort vernommen,
stand die treue starr und voller schmerzen
Göthe I 2, 49 W.;
wills gott ist ein gutes wort von alters her Schellhorn sprichw. (1797) 82. mundartlich diese verbindung in der speziellen bedeutung 'gebet': laat uns 'n good word spreken sagte der hausvater früher vor dem tischgebet Mensing schlesw.-holst. 5, 687;
des propheten tiefstes wort
oft ists nur charade
Göthe I 3, 268 W.;
denn er war unser! mag das stolze wort
den lauten schmerz gewaltig übertönen!
ders. I 16, 166 W.;
da hast du, frau, ein wahres wort geredt!
Bürger s. w. 153 Bohtz.
b)
ein bedeutsamer ausspruch, eine historisch gewordene prägung, eine sentenz, ein zitat u. ä.: nu nement wir herfür sant Bernhartes wort: 'ach wo nimmet dis leit ein ende'? Tauler pred. 316, 7 V. vornehmlich in jüngerem gebrauch: kein mensch musz müssen, sagt der jude Nathan zum derwisch und dieses wort ist in einem weiteren umfange wahr, als man demselben vielleicht einräumen möchte Schiller 10, 214 G.;
dann steht das wort mir auf: mensch werde wesentlich!
E. Stadler der aufbruch (1914) 12.
attributiv bestimmt: die wahrheit jenes alten worts, zuwachs an kenntnisz ist zuwachs an unruhe, hatte mich mit ganzer gewalt getroffen Göthe I 27, 177 W.; vor allen dingen wollen wir das grosze wort, das homo sum, nihil humani a me alienum puto, mit aller liebe und allem ernste aufnehmen Hölderlin s. w. 3, 371 Hell. namentlich geflügeltes wort, eine von Georg Büchmann geschaffene umdeutung der auf Homer zurückgehenden geflügelten worte in anderem sinne (s. u. III C 2): Georg Büchmann geflügelte worte. der citatenschatz des deutschen volkes (1864) titel; 'geflügelte worte nenne ich worte, die von nachweisbaren verfassern ausgegangen, allgemein bekannt geworden sind und wie sprichwörter angewandt werden' ebda einleitung: seine vorliebe für drastische sprüchwörter und heimische 'geflügelte worte' von der derberen observanz Fontane ges. rom. u. nov.² 1, 4.
c)
speziell der biblische einzelspruch, die bibelstelle, gelegentlich auch in der form wort gottes, wort des herrn, aber in deutlichem unterschied zu dem collectiven gebrauch der gleichen verbindungen (s. u.C): þanuh wairþiþ waurd þata gamelido (folgt ein alttestamentliches zitat) got. bibel 1. Kor. 15, 54;
an in wart ein wort volbrâht,
daz sprichet Cristes selbe alsô
in dem ewangêliô
'ein guoter boum gît guote fruht'
(14. jh.) Alexius 105, v. 54 Maszmann;
ein wort gottes ist gröszer denn drey welt Petri d. Teutschen weish. (1605) 1, C 1ᵇ; desz herrn wort: sine me nihil potestis facere Lehman floril. polit. (1662) 1, 18. prägnant kann wort geradezu für 'bibelstelle' stehen: wie sy von uns ein häll wort erfordrend, darinn stande, man sol kindertoufen Zwingli v. d. touf (1525) n 1ᵇ. in der umschreibung das alte wort:
hie velschet sich daz alte wort, ...
daz ein man und sîn wîp
solden haben einen lîp
Reinbot v. Durne d. hl. Georg 4611 Kraus;
den seinen gibts der herr im schlafe, spricht
ein altes wort, doch mögens wenge deuten
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1879) 2, 197.
d)
von c aus ist wort oder gottes wort im besonderen die auf den biblischen einsetzungsworten beruhende christliche sakramentsformel, die mit dem element oder zeichen zusammen das sakrament begründet (s. auch B 1 e und unten wortzeichen 1 b):
swâ daz gotes wort unt diu gewîhte hant
wurchent ob dem gotes tische ensant,
dâ wirt gotes lîchname in der misse
Heinrich von Melk priesterl. 397 Heinzel-K.;
das sacrament ist brod und wein, aber nicht schlecht brod noch wein, so man sonst zu tisch tregt, sondern brod und weyn ynn gottes wort gefasset und daran gebunden Luther 30, 1, 223 W.; vgl. 214; Luther hat stets gelehrt, dasz das eigentlich wirksame im sakrament das wort sei Karl Müller symbolik (1896) 361.
2)
von der vorstellung des wörtlich geprägten aus nimmt wort schon früh, und vorwiegend in älterer sprache, in speziellen, meist prägnanten anwendungen eine bestimmte begriffliche, inhaltliche färbung an.
a)
'sprichwort':
dô wart diz wort bewæret:
er belîbet dicke sigelôs,
swer die sîne verkôs
Ulrich von Zatzikhoven Lanzelet 130 Hahn;
Boner edelstein einl. 49 Pf.; vgl. ebda 31; 71, 59; ausz kindern werden auch leut ... in disem wort ist eygentlich abgemalet, wie gott regieret auff erden Joh. Agricola sprichw. (1534) nr. 594;
nein, betragt euch klüger,
sonst (um das arme wort nicht todt zu hetzen)
trägt eure narrheit noch euch schaden ein
Shakespeare (1797) 3, 169.
mit kennzeichnendem beiwort (weitere mhd. nachweise in: zs. f. dt. alt. 8, 378):
er irvolte daz altsprochene wort ...
iz en ist nicht allez golt daz dâ glîzzit
Rolandslied 1956 Maurer;
es ist ein altgesprochen wort:
verschwigen blib doch nie kein mort
Murner v. d. fier ketzeren 587 Fuchs;
es kann der Britte gegen den Schotten nicht
gerecht seyn, ist ein uralt wort
Schiller 12, 433 G.
b)
in vergleichbarer gelegenheitsanwendung auch 'sinnspruch, leitspruch, devise': iro uuort ist: manducemus et bibamus cras enim moriemur. min uuort ist daragagene: immo ieiunemus et oremus cras enim moriemur Notker 2, 277, 17 P. (ps. 70, 7); das wort der familie war: bete und arbeite Campe 5 (1811) 776ᵃ. mundartlich geläufiger: 'sein wort' = angewöhntes wort, leibspruch Crecelius oberhess. wb. (1897) 924; Müller-Fraureuth obers. 2, 680ᵃ; Rother d. schles. sprichw. 186ᵇ; hool di an tuun, wer sien word 'seine ständige redensart' Mensing schlesw.-holst. 5, 687. speziell im gebrauch der sprachgesellschaften des 17. jh.: das jedem zugetheilte gemälde und wort ('leitspruch, devise'), dem fruchtbringenden pflanzenreiche entlehnt, erinnerten gleichfalls frucht zu schaffen Krause erzschrein 2; dasz ... generalen und obriste ... diesen hochberühmten orden (die sprachgesellschaft) dergestalt beliebet, dasz sie in demselben auff und angenommen zu werden inständig begehret, gestalt ihnen denn auch ihre gebührliche stelle, wohrt, namen und gemählde gegeben und zugeeignet worden J. Rist d. friedew. Teutschl. (1648) (a) 4ᵃ.
c)
'befehl, gebot, geheisz', lat. dictum.
α)
allgemein, vgl. ags. word in gleicher bedeutung bei Bosworth-Toller 1265ᵃ, engl. word Murray 10, 2 s. v. word I 7:
untthat thi uuord cume
hêrron thînes, that thu ...
Heliand 707 B.; vgl. 767; 2857 u. ö.
du solt über mein haus sein, und deinem wort sol alle mein volck gehorsam sein 1. Mose 41, 40;
Talthybius (vollzog) des oberfeldherrn wort
Bürger s. w. 152 Bohtz;
vgl. 150. gern in alliterierender verbindung:
der wink und wort gehorcht, und auch befehle giebt
J. Chr. Bröstedt Esther (1746) vorauftrit;
greifen wir nicht wie ein mühlwerk flink
in einander, auf wort und wink?
Schiller 12, 47 G.
β)
im sprachgebrauch der bibel verschieden gewendet. die zehn worte 'die zehn gebote, der dekalog': decalogum zehan uuort (R) decem uerba legis zehan uuort euue (K) ahd. gl. 1, 103, 34f. St.-S.; zehin uuort eo zeuuerinne daz chit decem precepta legis obseruare Notker 2, 388, 11 P. (gloss.); vnd er (Mose) schreib auff die tafeln solchen bund, die zehen wort 2. Mose 34, 28; Stieler stammb. (1691) 2577. als wort gottes, wort des herrn, aber (wie unter 1 c) im unterschied zu dem collectivgebrauch C von einer einzelnen göttlichen weisung, einem bestimmten göttlichen wortauftrag, den ein mensch für sich empfängt oder an andere weiterzugeben hat, namentlich im gebrauch des alten testaments: dis ist das wort, welchs geschach zu Jeremia, vom herrn, vnd sprach Jeremia 7, 1; vgl. 11, 1; 18, 1; 21, 1 u. ö.; vnd Ehud sprach (zum Moabiterkönig), ich hab gottes wort an dich, da stund er auff von seinem stuel richter 3, 20; von hier aus:
wer weisz, wie unerwartet bald
des höchsten wort an mich erschallt
R. Z. Becker Mildheim. liederb. (1799) 70.
von dem gebietenden schöpferwort gottes, das die welt erschuf und erhält (mit anderem biblischen ansatzpunkt s. u. C 4 a ende): verbo domini celi firmati sunt. uuio aber die himela? die sint kefestinot mit sinemo uuorte Notker 2, 107, 24 P. (ps. 32, 6); durch den glauben mercken wir, das die welt durch gottes wort fertig ist, das alles das man sihet, aus nichte worden ist Ebr. 11, 3; 2. Petr. 3, 5; Jesus Sirach 43, 25; 28; halleluja Jehova! ehr und preis sey dem herrn, er hat alles wohl geschaffen, alles herrlich vollendet durch sein wort! maler Müller w. (1811) 1, 79. von biblischer vorstellung aus: Zeus, mit ernstem gesicht, sprach das wort der schöpfung. da quoll leben in den staub Lessing 1, 197 L.-M.
d)
eine mhd. bedeutung 'ausdrückliche zustimmung, einwilligung' scheint über das 15. jh. hinaus nicht lebensfähig geblieben zu sein:
dar umbe hât here gesendet
Karl der rômische voget,
unt ist der fürsten aller wort
Rolandslied 2011 Maurer;
ez sol auch chein meister chein meisterlon nemen, er sei danne bestetig vor mit der burger wort (13.—14. jh.) Nürnb. polizeiordn. 286 Baader; vgl. 125; odir der sust beseitz awz rite von dem hawffen on der hauptlewͤt wort (Nürnberg ca. 1400) städtechron. 1, 176. in alliterierenden formeln:
ez truogen in ein ander lant,
dâ im niemen was bekant,
unt fürbaz in ein grôzen port.
daz was sîn wille unde wort
Alexius 70, v. 150 Maszmann;
und heten daz auch pederseit gesprochen fur alle ir frewnt ... daz daz pederseit ir will und wort wer (ca. 1400 Nürnberg) städtechron. 1, 75; wir haben vorher all sach mit unsers gnedigen herrn von Bamberg wissen und wort gehandelt (15. jh.) A. Chroust chron. d. stadt Bamberg 1, 31; vgl. Wachter gloss. (1737) 1927; Haltaus gloss. (1758) 2130.
e)
als 'votum, stimme in der wahl' nur in vereinzelter lexikalischer verzeichnung zu belegen: wort ... suffragium, votum Stieler (1691) 2576; Dentzler clavis ling. lat. (1716) 357ᵃ.
f)
als 'vorwand, ausrede, ausflucht' in der verbindung etwas zu wort haben oder nehmen, seit dem 13. jh. und auf obd., namentlich schweizerischem boden bis zur wende vom 16. zum 17. jh. belegbar (s. auch wehrwort teil 14, 1, 307):
waz sol ich ze worte hân,
sô man mich umb dich vrâget?
Mai u. Beaflor 38, 36 Pf.;
dgl. 88, 7; dt. pred. d. 13. jh. 2, 77 Grieshaber; sie namen die raͤuhe der winterkaͤlte zu wort, und hetten jren winterlaͤger in das gordianische koͤnigreich gerichtet Xylander Plutarchus (1580) 263ᵃ; so etwan ein land widerspennige landsaͤssen oder flaͤcken hat, so namen die Roͤmer soͤlche auffruͤrige leut zu burger an, suchten dardurch glimpff vnd vrsach wider das selbig land, etwan ausz kleinen ansprachen zubekriegen, hatten jre burger zu wort Stumpf Schweizerchron. (1606) 300ᵃ. später vereinzelt lexikalisch: er nimmt das zum wort hoc praetextu utitur; hoc habet argumenti; hoc se nomine tuetur Aler dict. (1727) 2, 2214ᵃ. in schweizerischer mundart lebt der gebrauch nach: a 'n mart (markt) ge chaufe is er (ihr) 's wort, aber mit dem liebste z' sämmechō ist er 's ort (zweck) g'sē (gewesen) (Appenzell) schweizer. id. 1, 482; mich zum wort und d' sach an en ort 'er tut, als sorgte er für mich, denkt aber an sich, weisz die sache für sich beiseite zu bringen' ebda 1, 484; Stalder schweizer. id. 2, 457.
3)
andere anwendungen bestimmter bedeutung können auch von wort II 'einzelwort' her empfunden werden, ohne jedoch im sprachgebrauch durchweg an die vorstellung eines einzelnen wortes gebunden zu sein.
a)
die lösungsformel eines rätsels oder die zauberformel, eigentlich und übertragen (vgl. den prägnanten gebrauch des plurals in verwandter bedeutung unter B 2 a):
ists möglich? dasz ein mann
dir so verborgen blieb, von dem es heiszt,
er habe Salomons und Davids gräber
erforscht, und wisse deren siegel durch
ein mächtiges geheimes wort zu lösen?
Lessing 3, 54, 318 L.-M.;
hab ich doch das wort vergessen!
ach das wort, worauf am ende
er (der besen) das wird, was er gewesen
Göthe I 1, 216 W. ('der zauberlehrling');
unsre absicht ist vielmehr, nur auf den weg zu deuten, auf welchem zuletzt die alles umfassende formel, das eigentliche wort des räthsels gefunden werden kann Göthe II 1, 199 W.; IV 18, 51 W.;
dort, dort
findest du des räthsels wort
Gaudy s. w. (1844) 13, 24;
nur auf einen zauber musz noch hingewiesen werden ... auf den zauber des lebendigen worts. ... im fluche wirkt die kraft des wortes am stärksten U. v. Wilamowitz-Moellendorff glaube d. Hellenen (1931) 1, 31; s. u.wortzauber 2.
b)
'losungswort, parole', in der militärischen fachsprache (s. auch wortzeichen 5 a), vgl. schon: alsô ouh in proelio symbolum heizet daz zeichen, daz an scilten alde an geinôtên uuorten ist, tannân iegelîche iro socios irchennent Müllenhoff-Scherer denkm. 250 (Notkers catechism. A 29); 2. Makkab. 13, 15; Francisco und wache heraus, geben das wort auf der anderen seite schausp. engl. comöd. 152 Creizenach; Duez nomencl. (1652) 231; M. Kramer 2 (1702) 1396ᵇ; Varus änderte das früh gegebene wort und gab anietzt: die glückseligkeit Lohenstein Arminius (1689) 1, 37ᵇ;
Melchthal: wer ist da? gebt das wort!
Stauffacher: freunde des landes
Schiller 14, 317 G.
c)
in der schiffersprache: das wort sprechen ... 'durch einen ausruf das zeichen geben, dasz alle zugleich an einem taue ziehen, wofür man auch aufsingen sagt, und welches das amt des bootsmanns ist' Campe 5 (1811) 775; Bobrik naut. wb. (1850) 743ᵇ.
4)
wort ist allgemein jede enger begrenzte aussage, eine kurze ausführung, mitteilung, bemerkung, meinungsäuszerung, glied, teil eines gesprächs u. ä. dieser wichtige gebrauch setzt im älteren nhd. ein, gewinnt aber erst seit der mitte des 18. jh. seine volle breite. soweit dieser gebrauch als ein wort in der verbindung mit dem zahlwort ein an die vorstellung des einzelnen zählbaren wortes anknüpft, s. u. II C 2.
a)
ohne formelhafte bindung: nähere beschreibung im folgenden stück. noch ein wort von meiner seefahrt, sie endete glücklich und die herrlichkeit des wasserspiegels ... freute mich recht im herzen Göthe III 1, 186 W.; was dann weiter folgte, die urversammlungen, die eidesleistung, ..., darauf werden wir unten noch mit einem worte zurückkommen L. Häusser dt. gesch. (1854) 1, 505; jedes wort gegen die republik ward bestraft Ranke s. w. (1867) 17, 14; nach langer, langer pause wagte der jüngling zuerst ein wort Stifter s. w. 1 (1904) 30. einschränkend: nu, du wirst dir das alles besser ausdenken, wies ein alt fräle dir kann sagen. und wenn dirs nicht recht ist, so ists eben auch ein wort gewest. man redt gar viel den tag, was man nicht in den kalender schreibt O. Ludwig ges. schr. (1891) 2, 129; he seggt wull mal 'n woord un meent dat nich so Mensing schlesw.-holst. 5, 687. speziell 'briefliche mitteilung, briefliches gruszwort', bei Göthe in geläufigem gebrauch: wie wird michs freuen auch wieder ein wort von ihnen zu sehen IV 8, 33 W.; heute nur ein wort! das dir nicht wunderlich vorkommen möge! IV 40, 300 W. u. ö.; (Dahlmann an Wilhelm Grimm:) sie sollen, liebster Wilhelm, so sehr auch die briefstellerei meine schwache seite ist, ein wort von mir doch hören briefw. (1885) 1, 63. mundartlich: wort kleiner brief: er het em es wort mitg'gë 'er hat ihm einen brief mitgegeben' Hunziker Aargau 302.
b)
in mehr oder minder festen verbalverbindungen:
α)
ein wort bringt, reizt das andere, in jüngerer sprache ein wort gibt das andere, bedeutungsmäszig schattiert: des er (der junge mönch) sich palde zuͦ ire nächnet, mit dem guͦten meidlein zuͦ rede kam, ein wort daz ander pracht, vnd nach langem reden mit einander eins wurden Arigo decamerone 36 Keller; Gangler Luxemb. 486; vox elicit vocem frag erforderet antwort, ein wort reitzt das ander Frisius dict. (1556) 1409ᵃ; ein wort gab das andre, das das dritte ... und als die zeit des hausthürverschlieszens kam, da waren sie einig, was mit ihnen werden sollte O. Ludwig ges. schr. 2, 336 Schm.-St.; een woord gav dat ander die unterredung währte lange Dähnert plattdt. wb. (1781) 556ᵇ. von streitworten (s. dazu D 2 b): ein wort gab das andere ... 'ein streitwort gab oder veranlaszte das andere' Campe 5 (1811) 775. so namentlich in der mundart: eiⁿ wort geit 's anderᵉ, hat 's anderᵉ gᵉgᵉbeⁿ, 'dadurch entstand streit' Fischer schwäb. 6, 959; Martin-Lienhart elsäss. 2, 859ᵇ; Brendicke Berlin 194ᵃ.
β)
über, von etwas ein wort sagen 'über etwas eine kurze ausführung machen oder seine meinung, sein urteil äuszern', in naher berührung mit D 1 e δ: versäumen sie nicht ..., mir auch von unsern geschäftsmännern ein wort zu sagen Göthe I 24, 107 W.; sei es verstattet ... über sein verhältnisz zur poesie ein wort zu sagen Justi Winckelmann (1866) 1, 236; ähnlich: der hoffmeister gab sein wort auch dazu Chr. Weise drei erzn. 13 ndr.; als die schülerinnen abgetreten waren, die prüfenden zusammen rath hielten und uns lehrern wenigstens einiges wort dabei gönnten Göthe I 20, 60 W.
γ)
(mit, zu) jmd. ein wort sprechen, reden 'jmd. etwas sagen, mit jmd. ein kurzes gespräch führen': die frem bden 2 studiosi gehen hinein und sagen: mons. wir haben ihm ein wort zu sprechen Schoch com. v. stud. leben (1657) G 3ᵃ;
laszt mich ein wort mit meinem vater sprechen!
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 2, 249;
so höret denn endlich einmal auf, mitlaute, ... dass man ein wort in ruhe mit euch reden kan Klopstock gramm. gespr. (1794) 12.
δ)
mit jmd. ein wort wechseln 'mit jmd. ein (kurzes) gespräch haben, reden', den allgemeineren gebrauch der pluralischen formel s. u. D 2 a η: dieser mensch, mit welchem ich gleichwol zeit meines lebens auch das geringste wohrt nicht gewechselt Rist d. friedew. Teutschland (1647) vorber. (a) 8ᵇ; wort mit einem wechseln essere, stare, venir' a parole, trattenere uno, abboccarsi con uno Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᶜ; ein herr wie der ratsschreiber, mein herr, könne in allen ehren mit eurem töchterlein ein wort wechseln W. Hauff s. w. (1890) 1, 67; (Gervinus an Jacob Grimm:) wir haben lange kein briefliches wort gewechselt briefw. (1885) 2, 132. übertragen: ei, diese gemsen! ... ja, wäre mit diesen gazellen der Alpen ein verständiges wort zu wechseln Barth a. d. nördl. Kalkalpen (1874) 416.
ε)
ein wort fallen lassen 'eine beiläufige bemerkung machen': endlich liesz zwar der churfürst von Sachsen ein wort von einer genugthuung fallen, die in geld bestehen ... sollte Schiller 8, 367 G.; auch liesz er gegen meinen onkel ein wort fallen Bauernfeld ges. schr. (1871) 1, 125.
c)
mit kennzeichnendem adjektivattribut, mehr von der gesinnung des sprechenden oder dem gefühlsgehalt des gesprochenen als vom inhalt her bestimmt.
α)
du pist mir lieber hie wann dort.
nu lisp mir zue ain freuntlich wort
Oswald v. Wolkenstein 40, 39 Schatz;
vgl. 96, 53; es ist mir beinahe unmöglich, ein freundliches höfliches wort mit ihr zu reden Göthe I 22, 194 W.; das sind schlechte erbärmliche menschen, die sich entsezen, wenn mir ein warmes herzliches wort entwischt Schiller 3, 389 G.;
kein weiches wort sie ihnen bot, (die stiefmutter den stiefkindern)
und liebeswort freuet das herz!
Münchhausen balladen u. ritterl. lieder (1922) 121.
β)
namentlich ein gutes wort (anders s. o. 1 a) ein begütigendes, in guter absicht gesprochenes. so in sprichwörtern (den noch reicher entwickelten gebrauch des plurals s. u. B 4 b β): denn ein gut wort find eine gute stet Luther 30, 2, 69 W.; ein gutes wort findet eine gute statt, aber ein vernünftiges keine Göthe IV 29, 19 W.; was schadet ein guͦt wort, darff mans doch nit kauffen schöne weise klugreden (1548) 96ᵇ; ein gutes wort ist halbes futter Binder sprichw. 216; und sonst:
das fleisch (ist) von maden weisz, die butter seifen-grau,
kein gutes wort darzu, und lauter saure minen
(wenn man eine schlechte frau hat)
Triller poet. betr. 2 (1746) 282;
wenn du ... mit Hanna zusammentriffst, so sage ihr ein gutes wort Stifter s. w. 3 (1911) 274. jmd. ein (kein) gutes wort geben 'freundlich mit jmd. sprechen':
aber der pfaff fuhr jmmer fort,
und gab dem armen kein gut wort (einem zum tode verurteilten)
L. Sandrub hist. u. poet. kurzweil 92, 28 ndr.;
nie kundt ich zu wegen bringen,
Fillis so viel gnad von dir,
dasz du ein gut wort mir geben
G. Voigtländer oden u. lieder (1642) 80.
das freundliche sprechen in bestimmter absicht: ich gebe keinem menschen ein gutes wort non cuiquam homini supplico Serz teutsche idiotismen 178ᵇ; wenn ihr mir ein gutes wort gebt, gehe ich auch mit Göthe I 23, 237 W. 'ein dankeswort sagen, danken':
ich gebe euch (Petrus) nicht ein gutes wort,
das jhr mich einliest an den ort, ...
dem (Christus) weis ichs danck, das er mich hat
eingelassen (ins paradies)
Hayneccius Hans Pfriem 68 ndr.;
danks ihm im grunde der teufel, du brauchst ihm gar kein gut wort dafür zu geben Göthe IV 9, 32 W. für jmd. ein gutes wort sprechen, einlegen 'sich fürsprechend für jmd. verwenden', vgl. schon im frühmhd. pluralisches gute worte 'fürsprache':
ich nerâde dir nicht ovele.
nû koufe dir selve gôte wort (fürsprache der heiligen)
könig Rother 5150 v. Bahder;
dat he en gut word vor eme spreke (15. jh.) Schiller-Lübben 5, 772ᵇ; könnt ich nur einen guten freund finden, der ein gutes wort vor mich redete schausp. engl. comöd. 171 Creizenach; so weisz ich doch nicht, ob er lust haben wird, unter den gegenwärtigen umständen für meine person ein gutes wort einzulegen Fontane ges. w. (1920) II 4, 411. älter daneben: ein gut wort gegen einem verleyhen jn zefürderen, oder jm zehelffen Frisius dict. (1556) 930ᵇ; Henisch (1616) 325.
d)
durch ein substantivisches attribut bestimmt: in der stunde, da die meinigen sich zur abreise bereiten, will ich ihnen ... noch ein wort des andenkens und des dankes ... einsiegeln Göthe IV 23, 72 W.; vgl. IV 3, 82 W.; er theilte mir die sache mit, ohne ein wort der billigung oder miszbilligung ... hinzuzufügen Storm s. w. (1899) 1, 75; sag mir ... bist du mir wirklich treu? kein wort des vorwurfs, wenn du's nicht bist Schnitzler Anatol (1901) 20. ein wort der ehre in älterer sprache ein unverbindliches kompliment, eine höfliche redensart, vgl. teil 3, 67 s. v. ehrenwort 2:
er sagt: ich thet (nur) ein wort der eren,
nit das du soltst myn gutt begeren
Murner narrenbeschwör. 372 Spanier.
im wort der wahrheit 'wahrhaftig', als ältere umschreibung für eine eidesstattliche versicherung, wie bei wahren worten unter B 4 c α ende: wir ... versprechen bey fürstlichen ehren und wuͤrden, jn rechten guͦten trewen unnd im wort der warheyt, auch bey traw und glauben abschiedt d. reichsztags zu Augspurg (1555) 11ᵃ; die solliche decla. ration nicht schlechtlich, sondern im wort der warhait ... an aidstatt underschriben und besiglet (1608) bei Fischer schwäb. 6, 960.
e)
das singularische wort gewinnt in betontem gebrauch den sinn einer gewichtigen, ernsten, gültigen aussage, prägnant oder mit ausdrücklicher beifügung.
α)
doch ein wort zu den verwegnen!
ja, ein wort soll euch begegnen,
kräftig wie ein donnerschlag
Göthe I 2, 28 W.;
er (der geistliche) hatte (in seiner weihnachtspredigt) ein wort für die trauernden, und für die, welchen freude gegeben war Raabe hungerpastor (1864) 3, 197; reden sie, werthester herr doctor, doch mit maurermeister Timmler ein vertrauliches vernünftiges wort Göthe IV 31, 36 W.; er (der vater) ging sehr verstimmt nach hause, um zunächst der ehehälfte seinen verdrusz mitzutheilen, am nächsten morgen aber mit dem burschen selbst ein ernsthaftes wort zu reden M. Meyr erz. a. d. Ries (1868) 1, 22. redensartlich: mit jmd. ein ernstes oder ein offenes wort reden (müssen): dann werde ich kommen und deinem vater das rechte wort sagen, dasz er es über sich vermöge, dich mit mir zu lassen Stifter s. w. 2 (1908) 36.
β)
ein wort zu reden, mitzureden haben bei etwas u. ä. 'entscheidend oder einwilligend bei einer sache mitzuwirken haben', vgl. Kramer 2 (1702) 1394ᵃ; Adelung versuch 5 (1786) 293: nim deines gleichen, so kanstu frölich und zufrieden seyn, und hast macht ein wort zu reden Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, Q q 5ᵃ; wir hatten eine ältliche magd, die ... eine art vorrecht genosz, bei familienangelegenheiten ... ein wort mitzureden Stifter s. w. 5, 1 (1908) 181; (Gervinus an Dahlmann:) das wetter hat dabei auch ein wort mitzusprechen briefw. (1885) 2, 358. ein wort reden können von etwas 'bescheid wissen': es gibt krankheiten, die nicht in der luft stecken, sondern in den vollen schüsseln und gläsern, und in den weichen sesseln und seidenen bettern, wie jener hautreiche Amsterdamer ein wort davon reden kann Hebel s. w. 3 (1832) 120.
γ)
es ist ein wort, soll ein wort sein 'es ist vernünftig geredet, läszt sich hören' (in anderer bedeutung s. u. F 1 b ι):
auf dem weg (der reise), da ists ein wort,
niemand wirds verdammen:
wollen wir an einen ort,
nun, wir gehn zusammen
Göthe I 6, 100 W.;
das ist ein vernünftiges wort eine vernünftige rede, wofür man auch nur sagt, das ist ein wort. das ist doch noch ein wort Campe 5 (1811) 775; 'und wenn ich in Petersburg bin oder in Paris und ich höre, dasz meine alte frau Nimptsch gestorben ist, dann schick ich einen kranz, und wenn ich in Berlin bin oder in der nähe, dann bring ich ihn selber'. der alten gesicht verklärte sich ordentlich vor freude. 'na, das is ein wort, herr baron' Fontane ges. w. I 5, 184; Bauer-Collitz 192ᵃ; Brendicke Berlin 194ᵃ.
δ)
das letzte wort in einer sache 'die endgültige erklärung, unwiderrufliche entscheidung', jungen gebrauchs, doch vgl. schon in anderer bedeutungsschattierung: magna supremum voce ciere das letst wort mit gott reden Frisius dict. (1556) 221ᵃ;
geht heim zum schah, sagt, dasz ihr mich nicht mitgebracht!
doch Guders sprach: ist das, Rostem, dein letztes wort?
und also sendest du mich und die fürsten fort?
Rückert Rostem (1838) 59ᵃ;
und ihr ... maszt euch an, nach menschlichen übereinkünften über die zulassung zum paradies zu entscheiden, als hätte sich hier nicht ein anderer das letzte wort vorbehalten! quelle a. d. j. 1938; ek häff et letzte woat noch nit gesproken Leithäuser Barmen 172ᵇ; Rother d. schl. sprichw. 186ᵇ; eben in seinem blut ... bewährt sich Jesus als das erste und letzte wort der treue gottes zum menschengeschlecht K. Barth Römerbrief ⁵80.
5)
in collectivem gebrauch bezeichnet wort auch etwas von vielen gesagtes, eine von einer mehrzahl von sprechenden gemachte aussage, s. rede in gleicher bedeutung teil 8, 457 f. verwandter gebrauch von ags. word bei Bosworth-Toller 1265ᵃ, engl. word bei Murray.
a)
das, was von jmd. gesagt wird, 'die nachrede, der ruf, das gerede'. mhd. prägnant oder durch guot, grôz, übel u. ä. bestimmt, in einer anzahl geläufiger verbalverbindungen wie wort hân, (in, zu) wort bringen, wort machen, geben, zu worte werden u. ä., vgl. mhd. wb. 3, 808ᵃ, Lexer 3, 978. mhd. vereinzelt auch in pluralischer anwendung:
daz sî verdienet kiuschiu wort
Hartmann v. Aue in minnesangs frühl. 297 Kraus;
vgl. Ulrich v. Lichtenstein frauendienst 90, 24 L.; Konrad v. Würzburg Engelhard 3857. im ahd. einsetzend, hält sich dieser gebrauch literarisch nur bis ins 16. jh. hinein, hinterläszt aber in der mundart deutliche spuren. meist mit kennzeichnendem attribut in gutem oder bösem sinne:
than lêbot ûs thoh duom after,
guod uuord (gute nachrede) for gumon
Heliand 4002 B.;
ain fürst in seinem hof und lant
sol haben räte, die da hant
götlich gwissen, edel und weis,
ain gmain guet wort der eren preis
Oswald v. Wolkenstein 118, 306 Schatz;
opinio bona gut wort vel lymung (ende 15. jh.) Diefenbach gl. 397ᶜ; eulogium eyn goet wort off sermoen off fame (nrh. Köln 1507) ebda 212ᶜ; wan er hat syne gut geruche (ruf) verlorn und eyn bose wort gewonnen Joh. Wolff beichtbüchl. 37 Battenberg; he hett 'n bös word 'steht in schlechtem ruf' (18. jh.); gott help, de e̹rst vört böse word is Mensing schlesw.-holst. 5, 688. groszes wort in positivem und negativem sinn: uf disem tage zu Eger wurde eine ehe gestiftet, dasz herzog Albrecht von Sachsen name Girsiges tochter zur ehe. das dem Girsik ein groszes wort machete, und darumbe dem römischen reiche sehr nahe war Eschenloer gesch. d. stadt Breslau (1827) 1, 174; wann es würde gar offenlich geredt, solhes im, auch uns, grosz wort und nachrede brächt, das eu nit lieb und sere laid wäre (1447) bei Steinhausen privatbr. d. mittelalters 1, 47. gelegentlich: hüt zergat ann dir daz erlich wort, daz du mengen tag hast gehann, daz du ein kuener held syest volksbücher 293 Bachmann-Singer; vgl. 294. neutral:
ni habet therer ander wort, ni si guat einfolt
(sagt der schächer am kreuz über Jesus)
Otfrid IV 31, 13;
ir haben allwegen das wort, ir helffen betrübten ... zerecht Eberlin v. Günzburg 1, 149 ndr.; dat word geit vör 'n mann her (ümmer den mann vörut) Mensing schlesw.-holst. 5, 688; Doornkaat-Koolman 3, 570ᵃ. prägnant sowohl in auszeichnendem wie in abschätzigem sinne:
er hâtz mit swerten und mit spern
doch alsô sêre gurbort
daz er billîch hât daz wort (berühmt ist)
Reinbot v. Durne Georg 250 Kr.;
de 't word hett, kann gȩrn bet middag slapen 'wer in gutem ruf steht, kann sich viel erlauben' Mensing schlesw.-holst. 5, 688;
veil herzeleive here min ...
wilt ir dan bliven sunder wort,
so laist ur lude riden vort
(Köln 2. hälfte d. 14. jh.) städtechron. 12, 181;
denn ich bin von deinetwegen in ein wort kommen, on alle schuldt buch d. liebe (1587) 88ᵈ; vgl. 330ᵇ. vereinzelter gebrauch in jüngerer schriftsprache steht, wenn er nicht spontan aufzufassen ist, wohl unter mundartlichem einflusz: sie haben oben im gebirge ebenso gut das wort hinter ihren gästen her, wie drunten im thal Raabe unruhige gäste (⁴1900) 167.
b)
das, was über eine sache, eine person, ein ereignis erzählt wird, das gerücht. auf ältere sprache beschränkt; anfänglich auch im plural: thero uuas Andreas ... ein fon then zuein thie thar gihortun thiu uuort fon Johanne (qui audierant ab Johanne) Tatian 16, 3 (Joh. 1, 40); Otfrid II 15, 3; da aber der könig das wort von dem man gottes höret, der wider den altar zu Bethel rieff, recket er seine hand aus bey dem altar, vnd sprach, greifft jn 1. kön. 13, 4; so ist och das ain gemain wort und offner lúnd, das die ... gúter ... syen gelegen (1483) bei Fischer schwäb. 6, 961; hatte er sich in Ungarn den winter über aufgehalten und einen statthalter in Hermannstadt gelassen; ja ihm auch das wort machen lassen, er wäre gestorben qu. z. gesch. d. stadt Kronstadt 4, 23. noch mundartlich nd.: A.: wenneer stigt he mit sin luftball up? B.: um sös, is dat woord! Schütze holst. 4, 374; vgl. auch Murray 10, 2 s. v. word 6 b.
6)
eine erweiterung zu collectivem gebrauch, wohl im anschlusz an 4 e, steht auch hinter singularischem wort, sofern es in jüngerer sprache eine (relativ kurze) ausführung, die knappe darlegung eines gröszeren zusammenhanges, die äuszerung zu einem bestimmten thema, eine programmatische erklärung u. dgl. bedeutet; dabei bleibt oft die vorstellung eines öffentlich geführten gesprächs fühlbar (s. in ähnlichem sinne zwei, drei worte unter II C 3): ein wort von der deutschen literatur in kirchlicher und nationaler beziehung (überschrift eines kapitels) Ranke s. w. (1867) 31/32, 82; ein wort über den verfasser des Pilatus (überschrift) Göthe I 42, 2, 5 W. vornehmlich in titeln von broschüren, flugschriften u. ä.: ein wort über und wider Matthias Claudius von dem verfasser der bemerkungen (1796) titel; Fr. Hebbel mein wort über das drama. eine erwiderung an prof. Heiberg in Copenhagen (1843) titel.
7)
auf biblischen oder unmittelbar von dorther beeinfluszten sprachgebrauch beschränkt bleibt eine bedeutung, in der, entsprechend hebr. רבָדָ, gr. λόγος und ῥῆμα, wort das bezeichnet, wovon gesprochen wird, was zur rede steht, also den sinn von 'sache, gegenstand, ereignis' annimmt: farames zi Bethleem inti gisehemes thaz uuort thaz thar gitân ist, thaz truhtin uns araugta (videamus hoc verbum quod factum est, quod dominus ostendit nobis) (gr. τὸ ῥῆμα τοῦτο; Luther: die geschichte) Tatian 6, 4 (Luk. 2, 15); vgl. 3, 8; 4, 13; 46, 5; Otfrid I 13, 13; vnd das wort das Dauid het getan das missuiel vor dem herren (Luther: die tat) erste dt. bibel 5, 170 Kurr.; vgl. 153; 4, 348 u. ö.; alszo tregt gott alle ding durch seyn wort, wilcher gott warhafftig auch Christus unnd dasselb wort ist (Hebr. 1, 3) ... gefellt das nit (näml. Luthers vorhergehende deutung, in 'wort' sei hier gott und Christus zusammen verstanden!), mag ich alszo dencken, das durchs wort werd vorstanden alsz viel alsz eyn thatt oder geschicht, wie ym nehsten euangelio Lucas von den hirtten sagt: last uns gehen gen Bethlehem unnd sehen das wortt, das da geschehen ist, das ist die geschicht unnd thatt, die da geschehen ist Luther 10, 1, 1, 159 W.
B.
pluralisches (die) worte wie singularisches wort unter A auf eine bestimmte aussage bezogen: etwas gesprochenes. bei aller nähe der berührung führt diese anwendung dem gebrauch A gegenüber durchaus ein sprachliches eigenleben.
1)
für eine kurze wörtliche aussage mündlicher oder schriftlicher art.
a)
allgemein: 'in den uuorten sô tuen ich iu ablâz fone gote unde fone sancte Marîun ... allero iuero sundeno' (absolutionsformel des priesters nach voraufgegangenem wörtlich vorgeschriebenem sündenbekenntnis des beichtkindes) (11. jh.) Müllenhoff-Scherer denkm. 289; und mir entbotten, als du weist, namlich (damit ich dine wort wideraͤffri) dasz eintweders du den tod wellist liden oder mir das leben und das rich nemmen Tschudi chron. Helvet. (1734) 1, 25; ich lieb ihn! mit welchem entzücken sprech ich ... diese worte aus! Göthe I 21, 6 W. oft in einem satz, der eine direkte rede oder eine wörtliche zitierung einleitet:
hugi hiar nu harto   thero minero worto,
in herzen kleibi siu nu sar,   wanta ih sagen thir in alawar
Otfrid V 15, 37;
in diese wort fiel: ey du vngetreuwer, wie mochtest du so gar lang ohn Emiliam seyn? buch d. liebe (1587) 112ᶜ;
es (das vaterland) brach, fast auszer sich, in diese woͤrter aus
Lohenstein Arminius (1689) 1, f 1ᵃ;
wo sein bruder ... ihn mit den worten empfing: 'alles hin!' M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 38.
b)
in geläufigen verbindungen:
α)
die letzten worte eines sterbenden: dis sind die letzten wort Davids ... der geist des herrn hat durch mich geredt 2. Samuel. 23, 1; das waren seine letzten worte gli ultimi suoi accenti, le ultime sue espressioni erano questi Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; die alte kam, und überreichte ihm einen brief. hier sind Marianens letzte worte, sagte sie. sie ist todt! rief er aus Göthe I 23, 86 W.
β)
eigene worte von der genauen aussage eines bestimmten sprechers, besonders sofern dieser auf sie festgelegt werden kann: vnd tratten auff wider die zween eltesten, weil sie Daniel aus jren eigen worten vberweiset hatte, das sie falsche zeugen weren Susanna u. Daniel 61 Bindseil; welches ewrer königl. majestet eigne wort seind, die sie bey des h. reichscantzlers erhöhung in den graffenstand geführet Chemnitz schwed. krieg 2 (1653) 5 vorr.; einen mit seinen eigenen worten widerlegen Campe 5 (1811) 775; he sleit sik mit sine egen wör 'widerspricht sich' Mensing schlesw.-holst. 5, 687.
γ)
mit anderen worten 'um es anders auszudrücken', besonders wenn aus einer voraufgegangenen formulierung im sinne einer pointierung das fazit gezogen wird; eine offenbar jüngere prägung: die heiligen und die bösewichter und die bloszen thiermenschen, oder mit andern worten, die welche das sittliche gefühl in hohen ehren halten, und die, die es mit füszen treten Sintenis Oswald, der greis (²1815) 22; und hat eigentlich nichts gelernt, als depeschen schreiben. soviel will ich ihm lassen, das versteht er, oder mit anderen worten: er ist ein federfuchser Fontane ges. w. I 5 (1905) 161; dasz diese elementaren bausteine des weltgebäudes nicht in einzelnen gruppen ohne zusammenhang nebeneinander liegen, sondern dasz sie sämtlich nach einem einzigen plan aneinandergefügt sind, oder mit anderen worten, dasz in allen vorgängen der natur eine universale, uns bis zu einem gewissen grad erkennbare gesetzlichkeit herrscht Max Planck religion u. naturw. (1947) 20. formal anklingend in der mhd. und mnd. bezeugten verbindung unter anderen worten, offenbar soviel wie 'unter anderem':
von mir (als dem sprechenden) wart ain red vernomen,
die sy wol moht machen fro.
ich sprach under andran worten so:
ain liechter stern sol uf gan ...
(14. jh.) schausp. d. mittelalt. 1, 144 Mone;
dat vnss heren des koninges gnade nu vp sunte Peters vnde Pawels dach vp Elvitzborch quam vnd heuet onder anderen worden dat slot vrij vnd ombekummert ingenomen ... vnd heuet darto allen schaden ... vp sick genomen (1455) Lübecker urkb. 9, 255.
δ)
bei, mit, über diesen worten, älter in den oder diesen worten, um die gleichzeitigkeit einer aussage und einer handlung auszudrücken, vgl. Verwijs-Verdam 9, 2828: der gute muͦnich sprach zu ime selben: 'herre got van himelriche, wer sint dise schonen minnenclichen vrowen ...?' in disen worten so quam ein engel die heilige regel 56, 21 Priebsch; vnd in den worten zog er jn auff ein seiten Amadis 1, 50 lit. ver.; mit solchen kurtzen worten verschwandt er volksb. v. dr. Faust 67 ndr.; mit diesen worten ging er in das haus Stifter s. w. 5, 1 (1908) 25; bei diesen letzten worten bückte sich frau Hinkel bereits unter der niedrigen thür Brentano ges. schr. (1852) 5, 21; man habe deutlich gesehen, wie der Holk grün und gelb über diesen worten geworden sei Ricarda Huch d. grosze krieg (1920) 3, 23. nach diesen worten um die unmittelbare aufeinanderfolge von aussage und handlung zu kennzeichnen:
er after thesen worton   giang in einan garton
Otfrid IV 16, 1;
vgl. III 17, 1; nach diesen unzweideutigen worten kehrte mein gebieter ... zurück Immermann w. 2, 103 B.
c)
eine historisch geprägte aussage, ein sentenzartiger oder zitierfähiger ausspruch; weniger gebräuchlich als die gleiche anwendung des singulars, s. o. A 1 b: da werden des herrn de la Porte worte wahr: die anbringung eines bösen und falschen menschen ist ein rechtes gifft, vor diejenigen, so dieser anbringung glauben geben Butschky Pathmos (1677) 689; man darf hier wohl an Wielands worte denken:
so etwas fordert man nur an der spitze
von dreymal hundert tausend mann
Göthe IV 32, 64 W.
d)
ebenfalls seltener als unter A 1 c von einem bibelwort: panem nostrum cotidianum da nobis hodie ... in desem uuortum sint allo unsro licmiscun durufti pifankan (9. jh.) ahd. sprachd. 44 Steinm.; die wort seyd fruchtbar vnd mehret euch Lehman floril. pol. (1662) 1, 77; die worte des evangeliums: Jerusalem, die du ... Nicolai Seb. Nothanker (1773) 1, 4. älter auch in der verbindung worte gottes:
er (gott) laszt jm an kein kerbholtz rechen
vnd nit ein haller abher brechen:
es musz betzalt seyn bey eim har,
ia, seind die gottes woͤrter war!
Murner schelmenzunft 68, 171 ndr.
e)
prägnant von den biblisch begründeten sakramentalen formeln, entsprechend dem singularischen gebrauch A 1 d. bei den mittelalterlichen belegen ist ein einflusz der prägnanten magischen anwendung (s. u. 2 a) noch fühlbar:
wer sol den gelouben vesten
wan diu tugent diu von den worten chumt
Heinrich v. Melk priesterl. 391 Heinzel-K.;
Hugo v. Trimberg renner 17783 Ehrism.; so last uns nu lernen, das in eynem yglichen gelubd gottis seyn zwey ding, der man musz warnehmen, das seyn wort und zeychen, als yn der tauff seynn die wort des teuffers und das tauchen yns wasser, in der mesz seyn die wort und das brott und weyn Luther 6, 363 W.; 30, 1, 224; die kirche setzt das erlösungswerk durch die sakramente und sakramentalien fort, indem worte und zeichen die gnadenhafte wirklichkeit schaffen I. Zangerle in: der Brenner 16 (1946) 163.
f)
'der wortlaut' als das ganze oder als teil eines textes:
ni scrib iz so then worton,
scrib thaz er iz quati   joh sulih selbo marti (Joh. 19, 21)
Otfrid IV 27, 27;
wa meher (mehr) dann ein cleger oder ein antwurter jm rechten stunden, das allsdann dieselben worter, wie sich von mer personen zu reden gezimbt, gepraucht werden sollen
Carolina 1, 52 Kohler-Scheel; vgl. 101;
auf der zwei und zwanzigsten und vier und zwanzigsten seite (der ausgabe von 1771) ein willkürlicher absatz nach den worten: 'beginne deinen gesang' und 'beräuchert die fürstlichen nasen'
Wieland s. w. (1853) 15, x;
im § 34 nr. 6 werden die worte: 'vormund, nebenvormund, kurator, gerichtlicher beistand oder mitglied eines familienrats' ersetzt durch die worte: 'vormund, gegenvormund, pfleger, beistand der mutter, mitglied eines familienrats oder kurator'
BGB einführungsgesetz art. 34, i
u. oft. in alter formel mit gelehrten worten schwören nach einer vorgesprochenen eidesformel; schon mhd., s. Lexer 1, 1885: die ... rechtsprecher sollen mit aufgehebten fingern und gelerten worten ainen leiplichen ait zu gott ... schwörn (tirolisch) österr. weist. 5, 636; vgl. 643.
2)
besondere anwendungen, die in der vorstellung des wörtlich geprägten und festgelegten wurzeln, treten hinter den möglichkeiten des singularischen gebrauchs zurück.
a)
im bereich des magischen. prägnant namentlich von zaubersprüchen, magischen formeln als trägern übernatürlicher kräfte und wirkungen:
krût, steine unde wort
diu hânt an kreften grôzen hort
Freidank bescheidenh. 111, 6 Bezz.;
vgl. 67, 1ff.; Konrad v. Würzburg trojan. krieg 10 703 u. ö.; wer brieff, tzeichen, kreuther, worther, segen und des gleichen gebraucht (1518) (übertretung des 1. gebots) Luther 1, 252 W.; dann die form der ruten hat kein krafft, sonder die wort vnd spruͤch der zauberer Ph. Bech Agricolas bergwerckb. (1621) 30; altertümelnd:
lindern mögen wurz und worte
wundenweh und herzbeschwerde
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 23.
hierher wohl: under anderm saget er (ein incubus) denen, so umb in waren, der christen glaub bestünd allain in worten, der jüdisch glaub im edlen gestain, aber der haidnisch in kreutern Zimmer. chron.² 3, 6 Bar. in älterem christlich-kirchlichen gebrauch vom wortlaut eines segens u. ä.:
in des namen den ih gnant hân
und in des gnâde ih hiute gân,
diu wort (des segens) sîn mir gewære
Müllenhoff-Scherer denkm.³ 183;
den tiuvel twinget manic man
mit gotes worten, swer diu kan,
daz er muoz sprechen unde seit
sîn schande und sîn herzeleit
(im blick auf Christi dämonenheilung u. den kirchl. exorzismus)
Freidank bescheidenh. 66, 22 Bezz.;
(s. auch ob. 1 e und s. v. wortsegen).
b)
'befehle, gebote', gelegentlich neben gebräuchlicherem singular (s. o. A 2 c): wer deinem mund vngehorsam ist, vnd nicht gehorcht deinen worten in allem das du vns gebeutest Josua 1, 18; vgl. 5. Mose 12, 28;
sondern ich gehorchte nur
den worten, die du mir geboten hast
Bürger s. w. 168 Bohtz.
c)
den worten dasz, der worten dasz 'unter der bedingung, in der absicht, zu dem zwecke, dasz' als erstarrtes substantiv-adverb aus mhd. in, an, mit, zu den worten, diu wort, den worten dasz, s. Michels mhd. elementarb. § 222; 322; Paul-Gierach mhd. gr. § 249; mhd. wb. 3, 807ᵃ; Lexer 3, 978 f., vgl. bei rede gleichbedeutendes, aber wohl anders, von rede = ratio 'grund, ursache, absicht' hergeleitetes mhd. ûf die rede Wirnt v. Grafenberg Wigalois 2563; 9225 und s. v. rede 13, teil 8, 460. dem gebrauch bei wort liegt ursprünglich wohl die vorstellung einer wörtlichen vereinbarung, einer ausdrücklich ausbedungenen voraussetzung zugrunde, s. auch s. v. fürwort 2, teil 4, 1, 947. schon spätahd.: mih (die Fortuna) lustet taz nidera uf unde daz obera nider zegecherenne. ascende si placet sizze daruf ube dih is luste, sed ea lege aber in dien uuorten ne uti putes i. ut non putes iniuriam descendere, cum poscit ratio ludicri mei taz tir nieht neuuege zeirbeizenne so sih min spil so gezihe Notker 1, 60, 29 P.; vgl. 2, 623, 23; uuandez mich riut, sô pittich ablâzis ... dich gotes poten an den uuorten daz ich ez furder firmîden mueze (11. jh.) Müllenhoff-Scherer denkm. 289. zu den mhd. bzw. frühnhd. nachweisen ergänzend: mit deme anderen deile (des geldes) sal man in (ihnen) daz semeliche duͦn an deme jaresdage zu den worten daz sie dan hern Anselmes mines wirtes ... gehuͤknisse begen corp. d. altdt. originalurk. 1, 306, 13 Fr. Wilhelm;
wiltu mich, herre, lan genesen,
den worten wil ich gerne wesen,
swie du wilt, in dime gebot
Ulrich v. Türheim Rennewart 1514 H.;
vgl. 883; 27144; ich wil uch zwen die besten wind geben die uwer augen ye gesahen, und nement sie in den worten das uch gluck und ere musz geschehen Lanzelot 1, 39, 13 Kluge; 'das wil ich gar gern thun', sprach Claudas, 'den worten das ir mir gelobent das ir mich vor allen mannen beschirment' ebda 79, 25. das ältere nhd. hält den gebrauch bis ins 16. jh. hinein fest, besonders im bair.-österr.: die von Regensburg haben keinem armen in der gemein nichts von ihnen (den auszuweisenden Juden) lassen kaufen, in den worten (mit der absicht), dasz sie sich gedrungen gesehen haben, dasz sie muszten um einen pfennig hingeben, was zehen werth gewesen ist (1519) Gemeiner regensburg. chron. 4, 356. vornehmlich in der (stets schwach flektierten) genetivform der worten, die auch zusammengeschrieben und zu doworten, deworten entstellt erscheint: daz habin wir mit wolbedachten mute rate vnd rechter wiszen, doworten daz vnser vnd des heil. riches forst desterbas versehen werde, dem egen. graffe Philips diese besondir gnade gethan (1397) bei Haltaus gloss. (1758) 2130; hierumbe so begeren wir von ewch aigenlichen ze wissen, wie es umb die sache gestalt sye, derworten (damit) das wir uns nach sollichen läuffen dester bazze gerichten mugen (Augsburg 1418) städtechron. 5, 354; vgl. 358; do stunden sie auff und knyetten für den chönig und paten in, das er seines zorns vergesz durch gottes willen, do worten (varr.: enworten, derworten, deworten), das gott auch nicht ein rach über in verhenget, wann des plutvergiessens wer genug (bair. 1. hälfte 15. jh.) Schiltberger reiseb. 7, 4 lit. ver.; vgl. 11, 10; item wer sein freunt oder ander sein guet günner auf das aigen und purkrecht vordert und ladet der warten, das er seinen widertail widerstehen wolt ..., der ist verfallen ... (16. jh.) österr. weist. 6, 264, 19; weitere nachweise bei Schmeller-Fr. bair. 2, 1012. selten ohne abhängigen dasz-satz:
wolt ir der worten (unter der bedingung, dasz ihr von eurem weib befreit werdet) gleich den alten
opffer und sibend (seelenmesse) lassen halten
Hans Sachs 5, 269 lit. ver.;
vgl. schon mhd. Seuse 25, 26 B.
3)
allgemein 'das, was jemand sagt oder gesagt hat', von einer bestimmten, auch einer relativ längeren aussage, aber weniger im blick auf den genauen wortlaut. meist in verbindung mit einem possessiv- oder demonstrativpronomen: giloubi worton minen (sagtin epischer füllformelder dichter) Otfrid V 13, 4;
owê, sælden rîchez kint!
wie reht und wie gewære sint
dîniu wort! ez ist alsô
Rudolf v. Ems Alexander 15517 lit. ver.;
hiemit die göttin schwig ir wort
Wickram w. 7, 30 lit. ver.;
diesen worten gab die gesellschaft einen unmäszigen beifall Göthe I 22, 17 W.; aus seinen worten ergab sich, dasz der verstorbene ein armer, braver handwerker war, den irgend ein anderer niedergestochen hatte Ricarda Huch triumphgasse (1902) 10. nach seinen worten sehen u. ä. 'achten auf das, was man sagt':
häy lieber, b'sich bass dine wort
und setz din zorn hie uf ain ort
(1535) schweiz. id. 1, 485;
Elmar, sieh nach deinen worten
Fr. W. Weber Dreizehnl. (1907) 125.
sofern die glaubwürdigkeit einer aussage zur frage steht, liegt die beziehung zu F 3 nahe: er bleibt bei seinen worten wie ein hase bei seinen jungen Seb. Franck sprichw. (1541) 2, 66ᵃ; nirgend ist seinen worten zu trauen, unzählige male brach er seine verheiszungen Raumer gesch. d. Hohenst. (1823) 4, 33. in den frühen bibelverdeutschungen steht die worte auch für eine längere rede im eigentlichen sinne; zusammenfassend von reden und predigten Jesu: mittiu gientota ther heilant thisu uuort (vulg.: cum consummasset Jhesus sermones istos; Luther: reden) Tatian 100, 1; vgl. 153, 1. jüngere sprache kennt eine anwendung auf eine gedächtnisrede, eine feierliche ansprache u. ä.: worte bei dem erneuerungsfeste der Thomasschule in Leipzig, am 20. nov. 1829 ... gesungen und gesprochen (1830) titel; Hermann Schultz worte gesprochen an dem sarge des prof. H. Reuter (1889) titel.
4)
zu pluralischem worte als einer bestimmten aussage tritt eine fülle kennzeichnender adjektivischer epitheta, von den verschiedensten gesichtspunkten aus, oft in stehender, aber auch in gelegentlicher beifügung. schon ahd. vielfach belegt.
a)
objektiv vom inhalt, vom geistigen rang oder vom wertgehalt des gesprochenen her:
her frâgên gistuont
fôhêm uuortum, hwer sîn fater wâri
kleinere ahd. sprachdenkmäler 2 Steinmeyer (Hildebrandsl. 9);
weise leute, weise wort Fr. Wilhelm sprichw.-reg. (1577) G 1ᵇ; kluge worte und alberne redensarten in allen mundarten des vaterlandes W. Raabe unruhige gäste (⁴1900) 100. in dieser verbindung auch mit negativem akzent: denn weil sie sonst widder wunder noch ettwas guts thun, werden sie geuckler, den leuten soͤlche nasen zu machen mit klugen worten, das sie essen und trincken fur eins halten sollen und also auch ein mal wunderzeichen sehen Luther 26, 604 W.; vnd wo jr ein mann weret, wolt ich euch diese törichte wort machen widerruffen Amadis 1, 37 lit. ver.; du mögest demjenigen, was du den französischen schaum nennst ..., einige gewichtige worte gönnen Göthe IV 42, 150 W.;
doch fülle der goldenen worte sandtest du auch
glükseelige! mit den strömen und sie quillen unerschöpflich
in die gegenden all
Hölderlin s. w. 4, 183 Hellingr.
gute worte 'wertvolle, gehaltreiche', anders als unter b β und c β:
huat gi im than tegegnes sculin gôdoro wordo,
spâhlîcoro gesprecan
Heliand 1900 B.;
hie (im ablaszhandel) brennen herr vil guͦtter wort,
hie wirt deyn goͤtlich leer ermordt
Hutten 3, 456 B.;
mir ist diese sendung freylich zum vortheil gerathen, da du so gute und löbliche worte hinzuzufügen wusztest Göthe IV 38, 121 W. im hinblick auf klarheit und deutlichkeit der aussage: exerte klerlich mit auszgetruckten worten Alberus (1540) b 1ᵇ; deutliche, klare worte parole intelligibili, chiare, perspicue Kramer t.-ital. 2 (1702) 1396ᵃ; sich mit satten worten resolviren (1651) bei Schmoller Straszb. tucherzunft (1879) 291. namentlich dürre worte 'klare, deutliche, ungeschminkte', vgl. dazu teil 2, 1740f. s. v. dürr 2 d: wo man nu solche wort hat, die gewisse deutung haben bey yderman bekand, und kein ander deutung beweiset wird, das heissen klare, dürre, helle wort und text Luther 26, 404 W.; vgl. 11, 438; 26, 608. besonders etwas mit dürren worten sagen 'geradeheraus, eindeutig, ohne umschweife oder beschönigung':
doch sags ihm nicht so sanft, wie ich, hörst du?
nicht mit so dürren worten
H. v. Kleist w. 1, 15 E. Schmidt.
gelegentlich tritt dabei die alte sinnliche bedeutung von dürr wieder hervor: der alte ... fing nun an, nach den süszen geheimnissen der liebe mit dürren worten und in hergebrachten trockenen formeln sich zu erkundigen Göthe I 21, 73 W. im gegensinn: mündlich rede ich (gott) mit jm (Mose) und er sihet den herrn in seiner gestalt, nicht durch tunckel wort oder gleichnis 4. Mose 12, 8; dunckele, unverständige worte parole oscure, mal' intelligibili Kramer t.-it. 2 (1702) 1396ᵃ; M.: wie lautet der ausspruch des orakels? prinz: seine worte sind zweideutig Göthe I 17, 64 W.
b)
zur kennzeichnung der gesinnung oder haltung des sprechenden gegenüber dem angesprochenen, nur in zweiter linie vom inhalt her.
α)
im sinne freundlichen ansprechens:
mit lindin, senften worten ...
seit er in ir missetat
Rudolf v. Ems weltchron. 21 983;
vnd der herr antwortet dem engel, der mit mir redet, freundliche wort vnd tröstliche wort Sacharja 1, 13; höfliche, liebliche, freundliche, tröstliche etc. worte Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᵃ; mit süssen und hübschen diemütigen worten sy anhub czetrösten Arigo decam. 255 Keller.
β)
so besonders in der verbindung gute worte, 'begütigende, freundliche, zum guten redende', anders als unter a und c β; den parallelen gebrauch des singular s. o. A 4 c β:
jedoch stillt ers (der feldherr das heer) mit guten worten
Hans Sachs 8, 450 lit. ver.;
allem ansehen nach werden wir heute von dem herrn baron nicht viel gute worte zu erhalten haben Stranitzky ollapatr. 145 ndr.; gute worte kühlen mehr, als kaltes wasser Binder sprichw. 217. jmd. gute worte geben in mehrfacher schattierung geläufig. 'freundlich zureden': wirstu (der neue könig) heute diesem volck einen dienst thun, vnd jnen zu willen sein vnd sie erhören, vnd jnen gute wort geben, so werden sie dir vnderthenig sein dein leben lang 1. kön. 12, 7; aber man darff sie nit fast schelten, sondern muosz inen nur gute wortt geben Ulsheimer rayszbuch (1622) 110. 'als freundlicher bittsteller reden', in der absicht, etwas bestimmtes zu erreichen: dasz ist gleich so vil als wenn man Petro nicht gute woͤrter geb, so wurd die huld vor gott verloren sein Paracelsus opera (1616) 1, 115 Huser. gute worte geben müssen 'einlenkend, beschwichtigend reden müssen', nach voraufgegangenem streit, wortwechsel u. ä.: dasz er (der kaiser) sich retiriren und dem bischoff Macedonio gute worte geben muste Arnold unpart. kirch. u. ketz.-hist. (1699) 218ᵃ; wir gaben einem alten bedienten ... gute worte, dasz er uns junge birken und fichten schaffen möchte Göthe I 21, 35 W.; der gutsherr muszte dem alten manne schlieszlich noch gute worte geben, um ihn nur zu beschwichtigen v. Polenz Grabenhäger (1898) 1, 208. 'freundlich danken': soll ich ihm (dem vater) etwa darum gute worte geben, dasz er mich liebt? das ist eine eitelkeit von ihm, die schoossünde aller künstler, die sich in ihrem werk kokettieren, wär es auch noch so heszlich Schiller 2, 27 G. geld und gute worte 'bezahlung und freundliches bitten', in geläufiger verbindung, vgl. schon: guete wort und alt gelt, das verricht bei der höchern oberkait ... alles Zimmer. chron. ²3, 526 B.; mit gelde und guten worten Micraelius altes Pommerl. (1639) 2, 291; herr wirth, können wir nicht vor geld und gute worte etwas zu essen und zu trincken bekommen? J. Chr. Edelmann Moses m. aufg. angesichte (1740) 2, 46; meine mutter ging zu einem alten kreisdirektionssekretär, der solche eingaben für geld und gute worte anfertigte quelle a. d. j. 1926.
γ)
zur kennzeichnung feindselig ablehnender rede:
bigondun sie antwurten   worton filu herten
Otfrid III 18, 11;
kumet úch ieman an mit herten sweren ruschenden worten Tauler pred. 269, 35 V.; (er) fuhr den truchsessen, seiner unzucht wegen, mit harten worten an Grimm dt. sagen (1891) 2, 90; starcke wort halten den kerl von der thür Petri d. Teutschen weissh. (1605) 2, Tt 1ᵇ (starke worte anders s. u. f);
mit worten so hefftig unnd scharff
Hans Sachs 2, 5 lit. ver.;
den gemahl mit bitteren worten erinnernd, seines lebens sorglich zu schonen Mommsen röm. gesch. (1865) 2, 37; mit schmehe oder andern hitzigen worten und reden d. keyserl. maiestat cammerger.-ordn. (1555) 13ᵇ; mit vill anndernn spitzigenn wortenn bürgerm. u. rat zu Coburg an Luther (1539) in: Luther br. 8, 500 W.; das er nu viel spöttisscher und hönischer wort da her lestert Luther 18, 165 W.; diese hämischen worte Göthe I 26, 107 W. böse worte im gegensinn zu gute worte (s. o. β): (er) plaudert mit bösen worten wider vns, vnd lesset jm an dem nicht benögen 3. Joh. 10; wenn ich mich wider sie setze, so geben sie mir böse wort Hiob 19, 18; auf böse worte gehören taube ohren Hoffmann polit. Jesus Syrach (1740) 66; Rother d. schl. sprichw. 186ᵇ.
c)
in moralischer beurteilung des gesprochenen.
α)
meist mit negativem akzent: er (Jesaja) war bi den lúten die unrain lefzen hattent und unrainn wort sprachent St. Georgener pred. 78, 38 R.; auch schandbare wort vnd narrenteiding Eph. 5, 4;
allen mannen vnd ouch wyben,
die lychtfertig wörter tryben
Murner narrenbeschw. 204 ndr.;
drumb soͤnd ir uch bewaren,
si (die Züricher) gend vil falscher wort
Tschudi chron. Helv. (1734) 2, 463.
halbe worte 'zweideutige, unaufrichtige' (in anderm sinne s. u. III C 2): das du dir selbs gar wol gefelst mit diner hochmütigen antwurt, die mit langen, halben, zwyhfalten wort (1475) bei Steinhausen privatbr. d. mittelalt. 1, 381; von hier aus als vereinzelter gegenbegriff auch ganze worte: ich habe dich verraten ... und auch das weisz ich, dasz ich es gewesen bin, der dir mit halben worten einen weg vorzeichnete ... 'du sollst mich jetzt mit ganzen worten fragen', antwortete Vittoria hart Bergengruen d. groszyrann u. d. gericht (1935) 279. in positiver wertung namentich wahre worte:
fuarun sar thes sinthes thie hirta heimortes,
thero warono worto   blidtun sie sih harto
Otfrid I 13, 22;
ich rase nicht, sondern ich rede ware und vernünfftige wort apostelgesch. 26, 25. speziell bei wahren worten, in älterer sprache im sinne einer eidesstattlichen versicherung der bedeutung 'versprechen' nahe, s. auch s. v. wahr teil 13, 708 und die ebenfalls ältere wendung im wort der wahrheit unter A 4 d ende sowie ähnliche wendungen bei Haltaus gloss. (1758) 571: sie brachten einen neuen zuber und beide ihre eyserne mas, darnach sie die zuber pflegten zu machen, uffs rathaus und sprachen auch beide bey waren worten, das sie das mas von ihren eltern hetten (ca. 1475 Halle) denkw. d. rathsmeister Spittendorf 25 Opel. besonders von der eidesstattlichen aussage adeliger standespersonen: alles bey fürstlichen ehren, waren worten, und vermeydung der peen in dem uffgerichten landtfrieden begriffen absch. d. reichsztags zu Augspurg (1555) 7ᵃ; welches ew. königlichen majestät in gott ruhender groszherr-vater ... bey königlichen wahren worten versprochen (1701) teutsche reichscantzley 5, 369; versprechen bey fürstlichen, gräflichen oder adelichen ehren, treu und glauben, oder bey treuen wahren worten, promissio sub fide, ... hat ... die krafft eines eydes Zedler universallex. (1732) 47, 1949.
β)
zur kennzeichnung heuchlerisch freundlicher rede, hinter der sich üble absicht oder unzuverlässigkeit verbirgt: scalpentes iuchante mit linden uuortun odo slichante (9. jh.) ahd. gl. 2, 103, 64 St.-S.;
vil süesser wort mein mund in gab,
wie wol mein herz des nicht verjach
Oswald v. Wolkenstein 114, 81 Schatz;
der teuffel brüllet nicht allzeit, wie ein lewe, sondern schleicht auch wol wie ein kätzlein, das er einen durch süsse wort vmb die fichte führe, vnd an Christo brüchig mache Petri d. Teutschen weish. (1605) 1, B 2ᵃ;
der nicht aus falschem sinn geschmierte worte gibt
Rachel satyr. ged. 85 ndr.;
der glatten worten er so vil kan
schausp. d. mittelalt. 2, 288 Mone;
glatte worte wechseln
ist meines amts nicht
Z. Werner Martin Luther (1807) 32
(s. auch u. D 2 a ζ αα); wie wird mancher man durch lugener betrogen mit schonen worten, die er so hertzlich wol verstehet, was sie heissen Luther 26, 407 W.; man habe ihm schöne worte ins gesicht gesagt, aber er wisse wohl, wie es hinter seinem rücken lauten werde Ricarda Huch d. grosze krieg (1920) 3, 251. gute worte mit dem gleichen nebensinn, im unterschied zu a und b β: er betrog sie mit guͦten worten Seb. Franck Germ. chron. (1538) 134; liebster vater, man wird ihnen bald mit guten worten kommen, — es sind schlangen, vipern! alle niederträchtigen seelen sind so O. Jahn Mozart (1856) 3, 23; so auch gute worte geben:
dô gap er mir vil guotiu wort,
aber mich dûht daz sîn meinunge wære dort (beim gegner)
Lohengrin 1404 Rückert;
so konte ichs auch nicht mercken, weil mir mancher die beste wort unter augen gabe Grimmelshausen Simpl. 236 Scholte; eim gueti wort gë Hunziker Aargau 302; Seiler Basler ma. 318.
γ)
leere, blosze, schöne worte u. ä., von solcher rede, hinter der nichts ernsthaftes steckt, der das entsprechende handeln fehlt, die unzuverlässig, unnütz, kraftlos oder auch inhaltlos ist, s. auch den prägnanten gebrauch unter E 2 und 6 b:
ne uuitun gôdes geskêd,
ac sind im lâri uuord leoboron mikilu,
umbitharbi thing thanna theotgodes (uuerc)
Heliand 1727 B.
er geht mit leeren worten vmb Eyering prov. cop. (1601) 2, 247; die glaubensrichter ... erhalten auf ihre klagen am hofe nur leere worte zum bescheid Schiller 7, 174 G., der moralische ton ist in dieser verbindung manchmal, kaum noch fühlbar, von inhaltsloser rede, vgl. s. v. leer 7, teil 6, 510: es war nichts darin von todten stoffmassen, leeren worten Justi Winckelmann (1866) 1, 449; peculium re, non verbis augetur schöne wort füllen den sack nicht Bas. Faber thes. (1587) 599ᵇ; Binder 217; blosse worte füllen den sack nicht Kern sprichw. (1718) 7; wann es also mit blossen worten auszgericht were: aber am beweisen daran der handel gelegen, ist ein grosser abgang Sattler phras. (1631) 402. anderes mehr gelegentlich: das du aber hoch rhuͤmest mit blinden worten, man sehe nicht, das sich die papisten so ruͤsten, wie die Lutherisschen thun Luther 30, 3, 458 W.; hie sind werck und gottis werck ... dorth aber ist nitt mehr denn fliegende wortt unnd eyn ammechter adem ausz dem mund (1522) derselbe 10, 1, 1, 40 3 W.; lasset euch niemand verfüren mit vergeblichen worten Eph. 5, 6; Lehman flor. pol. (1662) 1, 76.
d)
in der beurteilung einer aussage nach ihrer sprachlichen höhe, ihrer stilebene, meist zur charakterisierung einer künstlich geschraubten redeweise, mit deutlich moralischem akzent: sú (die schriftgelehrten) schoͤppfent durch die sinne und ziehent es also in irre vernunft das sú grosse ding verstont, und hant do inne ir glorien und sprechent hohe wort Tauler pred. 41, 16 V.; sey nicht wie die, so sich mit hohen worten erbieten, vnd thun doch gar nichts dazu Jesus Syrach 4, 34;
verzeih, ich kann nicht hohe worte machen,
und wenn mich auch der ganze kreis verhöhnt,
mein pathos brächte dich gewisz zum lachen
Göthe I 14, 20 W.;
he sprikid ôk uuord mikil,
quiđit that he Crist sî,   kuning obar thit rîki
(sagen die Juden zu Pilatus über den angeklagten Christus)
Heliand 5190 B.
dine groten wort helpen di nicht eine bonen Schiller-Lübben 5, 772ᵇ; grosse wort vnd nichts darhinder Lehman floril. pol. (1662) 3, 131; alle Gutzkowschen helden sind er selbst, d. h. moderne, von krankhaftem ehrgeiz verzehrte, grosze worte machende menschen Fontane ges. w. (1920) II 4, 349. in dieser verbindung auch ohne nebenton: die mittele oder gleiche art zue reden ist, welche zwar mit jhrer ziehr vber die niedrige steiget, vnd dennoch zue der hohen an pracht vnd groszen worten noch nicht gelanget Opitz v. d. dt. poet. 35 ndr.; darumb kere sich niemand an solche schwölstige wort und wasserblasen Luther 18, 263 W.; er (der satan) richtete ihren sinckenden muth mit schwülstigen worten ... allmählig wieder auf Bodmer slg. crit. poet. schr. (1741) 1, 32. anderes mehr gelegentlich: ir yetlich die werffen vber sich die winpronn vnd legen auff die weg schwere wort erste dt. bibel 3, 17 Kurr.; breite wort vnd schmale dienst M. S. Eckard pastor conscientiosus (1668) 262. in den beifügungen gegensinniger art spürt man den positiven moralischen akzent:
daz ich hab mange bîschaft
gemacht, ân grôze meisterschaft ...
ze tiutsch mit slechten worten,
einvalt an allen orten
Boner edelstein einl. 45 Pfeiffer;
sie sagten ihm in den einfachsten worten, wie sie ihr schweres werk ausgerichtet hatten W. Raabe unruhige gäste (⁴1900) 90.
e)
von der gemütslage des sprechenden her gefärbt. vielfach schon bei Otfrid:
Martha sih tho kumta (beklagte), so si zi Kriste giilta,
serlichero worto
III 24, 12;
bigondun sume iz zellen   mit ubilemo willen
then furisten ewarton   zornlichen worton
ebda III 24, 108;
bigondun sie tho renton   forahtelen worton
ebda III 20, 87;
tho sprah er (Petrus zu Christus) worton heizen, thia kuanheit wolt er weizen
ebda IV 13, 40;
propter hoc delectatum est cor meum et exultauit lingua mea pe diu habet min herza lustsami unde freuuet sih min zunga. miniu uuort sint frolih Notker 2, 42, 19 P. (ps. 15, 9); dasz der könig Perion wol sahe, doch mit lachenden worten sagt: ... Amadis 1, 15 lit. ver.;
der zanck kam ohngefehr
aus bloszem miszverstand und schnellen worten her
Gryphius trauersp. 203 Palm;
denselben (den sünder) redete der ertzfeind, der wegen seines aufstandes in dem himmel Satan genannt ward, mit kühnen worten an Bodmer slg. crit. poet. schr. (1741) 1, 7;
bring deine sache vor, und lasz es frei
hinströmen, bange worte lieb ich nicht!
H. v. Kleist w. 1, 190 E. Schmidt;
was für ein zorn, ja was für eine raserei Luther manchmal ergreifen muszte, wenn ihn trotz seiner klaren und glühenden worte niemand verstehen wollte Ricarda Huch Luthers glaube (1946) 6; vgl. redensartlich warme worte haben, finden.
f)
in ästhetischer beurteilung:
Racio sprach mit sitten,
ir wort warn schon besnitten
Heinrich v. Neustadt gottes zukunft 674 Singer;
vgl. 843; Apoll. 4185; ir messig wolgesatzten worte Niclas v. Wyle translat. 23 Keller; er ... bestrebte sich gegen ältere leute, besonders gegen frauen, in wohlgesetzten, altklugen worten auszudrücken Keller ges. w. (1889) 1, 143; phalerata dicta zierliche vnd blümbte wort, schöne reden Frisius dict. (1556) 1001ᵇ; und ich darf ihnen darauf versetzen, dasz, wenn wir von wirkungen unsers geistes reden, keine worte zart und subtil genug sind Göthe I 47, 259 W. mit moralisch abschätzigem unterton: es ist strefflich, da einer sich zwingt und tringt seine red hübsch zesetzen mit gestrelten zierlichen auszgestrichnen feinen worten Keisersberg sünden d. munds (1518) 55ᵇ; ob ich och ettwann groͤbere wortt schrybe, wann dyner genaden rainikait zuͦ gehoͤret zereden oder zehoͤren Steinhöwel de clar. mul. 17 lit. ver.; durch die groben plumpen worte, die das unzüchtige gerade zu ausdrücken Lessing 15, 61 L.-M.; und mein gott, die dinge sind ernst und übersteigert genug, dasz es wirklich starker worte bedarf, um sie (die verständnislosen offiziere) anzusprechen Th. Plivier Stalingrad (1948) 378 (starke worte anders s. o. b γ).
5)
seltener erfolgt eine inhaltliche bestimmung der aussage durch ein substantiv im genetiv: trohtin, zi uuemo farames? uuort euuines libes habes (verba vitae aeternae) Tatian 82, 12; Joh. 6, 68; die worte des glaubens; die worte des wahns (gedichtüberschriften) Schiller 19, 258; 320 G.; dass er alle worte des grusses vergass Klinger w. (1809) 3, 172; statt aller worte des dankes Ritter erdk. (1822) 1, 10.
C.
zu collectivem sondergebrauch ausgeweitet begegnet singularisches wort in einer biblisch verwurzelten, christlichkirchlichen anwendung als wort gottes, gottes wort, wort des herrn u. ä. (nur selten pluralisch worte gottes, s. u. 1 e), sehr häufig prägnant als das wort (s. u. 3), zusammenfassend für alles, was gott dem menschen gesagt hat und zu sagen hat. gemeint ist hier die ganzheit der göttlichen offenbarung und ihre urkundliche fixierung, die der christlichen religion zugrundeliegende botschaft, heilsverkündigung und lehre, nicht aber ein biblischer einzelspruch (s. o. A 1 c, d; B 1 d, e) oder ein göttliches einzelgebot (s. o. A 2 c β). in engstem anschlusz an verbum und sermo schon der vulgata, denen hebr. רבָדָ, gr. λόγος (und in zweiter linie ῥῆμα) der originalen bibeltexte entsprechen, tritt wort in dieser vorwiegend neutestamentlichen bedeutung mit Ulfilas, den frühen bibelverdeutschungen und der christlich-kirchlichen literatur der frühzeit schon in den ältesten quellen vielfach zutage. im schrifttum der reformation erfährt dieser gebrauch neuen, in die breite wirkenden auftrieb, der in jüngerer zeit wohl auch den säkularen gebrauch des wortes auf hoher sprachebene, besonders in der prägnanten verwendung, mitbestimmt (s. u. D 1 f). zur begrifflich-theologischen abstufung der originalen biblischen wort-vokabeln, namentlich des neutestamentlichen λόγος-begriffs, ihrer abhängigkeit und selbständigkeit gegenüber dem gebrauch der griechischen klassik und des hellenismus vgl. Kittel theol. wb. z. neuen test. 4, 73 ff.
1)
allgemein.
a)
das wort gottes, gottes wort, wort des herrn, auch in pronominaler oder adjektivischer umschreibung sein wort, das göttliche wort u. ä.: aþþan þata ist so gajuko þata fraiw ist waurd gudis (ὁ λόγος τοῦ θεοῦ) got. bibel Lukas 8, 11;
endi loƀode im uuord godes
hêrron sînes
Heliand 955 B.,
vgl. ags. word godes Gen. B 429; Sat. 358 u. ö.; quia rectum est uerbum Domini ... uuanda sin uuort crehtez ist ... fone sinemo uuorte uuerdent menniscen grihtet Notker 2, 107, 10 f. P. (ps. 32, 4); daz geistlich prôt, daz ist gotes wort Konrad v. Megenberg buch d. natur 146, 9 Pfeiffer; vnd nemet den helm des heils, vnd das schwert des geistes, welches ist das wort gottes (ὅ ἐστιν ρῆμα θεοῦ) Eph. 6, 17; denn das wort gottes ist lebendig vnd krefftig, vnd scherffer, denn kein zweischneidig schwert (ζῶν γὰρ ὁ λόγος τοῦ θεοῦ καὶ ἐνεργής) Hebr. 4, 12;
hat er sich ... in tugend nicht geübet,
und gottes wort von hertzen hoch beliebet,
ach weh! ... wie wird es ihm ... gehn
im auferstehn
Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustw. (1657) 1, 41;
und wenn ich auch weisz, dasz man nicht immer nach dem worte gottes lebt, so kennst dus doch und darfst nicht so sprechen, als ob dus nicht kenntest Fontane ges. w. I 6 (1905) 9. in spiritualistischer auffassung, die sich im gegensatz zum reformatorischen schriftprinzip (s. u. 2 b) entwickelt: gottes wort ist wie gott onendlich, onsichtbar, onaussprechlich, ein geist, das kein lebendig mensch reden, sehen oder hören kann und leben Seb. Franck lob d. ... götl. worts (o. o. u. j.) 166ᵇ; sie (die quäker) verachten daneben das wort gottes, sagende, dasselbe sey nur ein wegweiser zu dem licht Christo, welches in ihnen wohne Colberg plat.-hermet. christentum (1690) 1, 297. in festen verbindungen:
sô uuirđid them, the that godes uuord scal
mannum mârean
Heliand 1373 B.;
wo sie gots wort verkünden theten
Hans Sachs 1, 225 lit. ver.;
daz si (die priester) mit dem gotes worte daz si bredigent
die sundær bindent unt erledigent
Heinrich v. Melk v. d. todes gehügede 101 Heinzel-K.;
wo gotts wort am reichlichsten gepredigt wird, da ist die verachtung am grössesten Petri d. Teutschen weish. (1605) 1, H 2ᵃ; er sas aber daselbs ein jar vnd sechs monden, vnd leret sie das wort gottes apostelgesch. 18, 11;
reisz mich von der heuchler bahn, ...
die dein wort,
treuer hort,
mit dem munde lehren
Neukirch ged. (1744) 62;
welcher nach wolust lebt auff erd,
glaubt got nit und seim worte rein
Hans Sachs 1, 436 lit. ver.
mit stehendem attribut: das heylig gottes wort drei flugschr. 3 ndr.;
ein weib, das auf der welt nichts mehr ergetzen kan,
als gott, sein heiligs wort, die tugend und ihr mann
Rachel satyr. ged. 40 ndr.;
herr, so segne selbst dein hausz;
lasz es zu deiner ehre schonen,
und unter uns dein theures wort ...
so rein, als reichlich wohnen
Henrici ernst-, scherzh. u. sat. ged. (1727) 1, 10;
gottes wahres wort Rompler v. Löwenhalt 1. gebüsch 109. in zweigliedrig alliterierenden formeln, die bei wort auch sonst begegnen (s. u. D 1 u. 2): sie ... der jugend und gemeinem man also mit lust gottes wort und werck eingebildet haben Dedekind d. christl. ritter (1590) A 7ᵃ; die art göttlichs worts und wercks Luther 15, 27 W.; o herr ... in deine zusage ersincke ich gantz und gar: mir geschehe nach deinem wort und willen Jac. Böhme der weg zu Christo (1682) 51.
b)
in der anwendung auf Christi predigt und botschaft, das evangelium: uuanta min uuort ni bifahit (haftet) in iu (quia sermo meus non capit in vobis) Tatian 131, 15 (Joh. 8, 37); o herr Jesu ... versammele deine weite zertrennte schaaf durch dein stim, in der schrifft dein göttlich wort genant Dürer tageb. 82 L.; so müsse sich der rath in geistlichen dingen dem worte Christi unterordnen Ranke s. w. (1867) 8, 127.
c)
sonst in biblischem rahmen von der verkündigung der propheten: quem adnuntiabat sermo propheticus dhen dhes forasagin uuort bifora chundida Isidor 27, 4 Hench; vgl. Heliand 1429; 3399; wir haben ein festes prophetisch wort, vnd jr thut wol, das jr drauff achtet, als auff ein liecht, das da scheinet in einem tunckeln ort 2. Petr. 1, 19.
d)
biblischem sprachgebrauch zugehörig sind auch die zahlreichen verbindungen mit genetivischem oder präpositionalem attribut, die den inhalt und die wirksamkeit des wortes bestimmen: in waurda sunjos (ἐν λόγω ἀληθείας) got. bibel 2. Kor. 6, 7; durch welchen auch jr gehöret habt das wort der warheit, nemlich, das euangelium von ewer seligkeit Eph. 1, 13; vgl. Kol. 1, 5; das durch meinen mund, die heiden das wort des euangelij höreten vnd gleubten ap.-gesch. 15, 7; denn das wort vom creutz ist eine torheit, denen, die verloren werden 1. Kor. 1, 18; da mit, das jr haltet ob dem wort des lebens, mir zu einem rhum an dem tage Christi Phil. 2, 16; wirkt es (das ewige göttliche wort) in den wissenden als wort des lebens und bringt auch früchte des lebens hervor Fr. Schlegel s. w. (1846) 1, 175; das wort der gnade, des glaubens la parola della gratia, della fede Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵃ.
e)
gelegentlich auch als collectiver plural gottes worte, aber wohl kaum noch in junger sprache: then got santa, ther sprihhit gotes uuort (quem enim misit deus, verba dei loquitur) Tatian 21, 7; vgl. 131, 20; und die jr soltet lengest meister sein, bedürffet jr widerumb das man euch die erste buchstaben der göttlichen wort lere (τὰ στοιχεῖα τῆς ἀρχῆς τῶν λογίων τοῦ θεοῦ) Hebr. 5, 12;
wiltu den glauben haben recht,
so bleib bey gottes worten schlecht
Petri d. Teutschen weish. (1605) 1, G 8ᵃ; vgl. F 6ᵃ;
der prediger, der die worte gottes verkündiget Göthe I 51, 50 W. zusammenfassend von der botschaft Jesu:
so minu wort iu iz suezent,
mines selbes lera
Otfrid II 21, 23; vgl. III 20, 162;
wer alleine die wort Christi einnimet ... dem ist mehr dann genug gesagt M. Hayneccius Hans Pfriem 9 ndr.;
der dich mit wahrem glauben füllt
vnd all dein creutz durchsüsset
mit seinen heilgen worten
2)
in speziellerer bedeutung.
a)
für die liturgische darbietung oder die predigt im christlichen gottesdienst, schon mhd.:
eines tages dô si quâmen
unt daz gotes wort vernâmen
in templo dominî
priester Wernher Maria 406 Wesle;
Rudolf v. Ems d. gute Gerhard 2533; also morgens nach angehörtem wort gottes, wapnet sich Galaor Amadis 1, 124 lit. ver.; vgl. 298;
sind treg zu gottes wort vnd tisch
Hollonius somnium vit. hum. 41 ndr.;
ich habe freilich diese sonntage her nicht (in die kirche des heimatortes) kommen können ... und ich war genöthigt, mein göttliches wort bald in dieser kirche zu suchen, bald in jener Stifter s. w. 2 (1908) 258.
b)
gottes wort 'die heilige schrift, die bibel' seit der reformation in festem gebrauch: denn ihr ... forschet in der schrift und gottes wort, und lernet noch täglich euren katechismus so wohl, wie die kinder in eurer schulen Luther br. 8, 237 W.;
(gott ... ist ... her kummen ...)
... sein kind zu examinirn,
wie sie in gottes wort studirn
Hans Sachs 1, 53 lit. ver.;
die biebel, gottes wort, ist mein belieb im leben;
sie kan mir trost in angst, und rath in nöthen geben
Logau sinnged. 126 Eitner;
ich bin schon heut früh munter gewesen
und habe in gottes wort gelesen
Tieck schr. (1828) 2, 330.
beim wort der wahrheit, wohl als eidesstattliche versicherung unter berufung auf die bibel, s. teil 13, 894 s. v. wahrheit, doch auch im wort der wahrheit unter F 3 d: darauf ich dann alsofort vor mich und meine erben an eides stadt und bei dem wort der wahrheit gelobt und zugesagt, das ich ... (1570) Brandenb. schöppenstuhlakten 1, 531 Stölzel. ähnlich: wir loben vnd schweren bey gott vnd seinem heiligen wort Reutter v. Speir kriegsordn. (1595) 52. in der terminologie protestantischer theologie: demgegenüber kennzeichnet den protestantismus die identifikation von wort gottes und heiliger schrift. sie erfolgte in antithese einerseits zur katholischen koordination von schrift und tradition ..., anderseits zum schwärmerischen geistprinzip relig. i. gesch. u. gegenw. ²5, 2019. reformatorisch ist auch die verbindung von wort (= bibel) und sakrament als den fundamenten der kirche:
dasz wir dein wort und sacrament
rein behalten bisz an das end
Wackernagel kirchenl. 4, 287;
dasz ... ich, sonderlich am feiertag, zu der gemeinde gottes fleiszig komme, das wort gottes zu lernen, die heiligen sakramente zu gebrauchen Heidelb. katechism. frage 103.
c)
in scherzhafter personifizierung gottes wort, wort gottes vom lande 'landpfarrer':
doch zum glück noch naht in schwerer chaise,
frisch gepudert, gottes wort vom land
Kind ged. (1817) 1, 242;
in unserm neuen schwager muszt du dir einen blonden ... menschen denken ..., ewig die qualmende pfeife im munde, gottes wort vom lande! Gutzkow ges. w. (1872) 3, 95. ähnlich: berittenes wort gottes für den feldgeistlichen in der soldatensprache in: dt. wortgesch. 2, 398.
d)
in schrifttum und polemik der reformation und gegenreformation ist, vom reformatorischen hauptanliegen her, gottes wort die erneuerte und gereinigte biblische botschaft, insofern oft geradezu die reformatorische bewegung selbst: bei unserm vettern, herzog Jorgen zu Sachsen, als dem die ufrichtung und pflanzung gottlichs worts zu Freibergk ... zum hochsten widerwärtigk und entkegen gewest Luther br. 8, 126 W.; dieweil hochgedachter (erzbischof) von Mainz denen, so dem worte gottes anhängig, nicht allein zu gütern, sondern auch zu leib und leben trachten täte ebda 8, 20; vgl. 71;
wir sollen danken gott darin,
sein wort ist wiederkommen
Erlach volksl. d. Deutschen (1834) 1, 19;
damit ... in betrachtung sie (die exulanten) umb des standthafften bekenttniss, des einmahl erkantten undt allein seeligmachenden wortt gottes willen, das ihrige verlassen (1651) Franz Pohl d. exulanten a. d. herrsch. Friedl. i. Sudetenl. 34; von da aus scherzhaft: das reine wort gottes 'schnaps' Betcke Königsb. ma. 66.
3)
prägnantes wort für das wort gottes u. ä. ist schon dem originalen sprachgebrauch des neuen testaments sehr geläufig und gehört seit Luthers bibelübersetzung und dem reformatorischen schrifttum fest zum christlich-kirchlichen wortbestand.
a)
'das evangelium, die christliche botschaft und lehre', sofern sie in der geschichtlichen person Christi wirklichkeit geworden sind: so uns saltun thie thar fon anaginne selbon gisahun inti ambahta uuarun uuortes (et ministri fuerunt sermonis) Tatian prol. 2; vgl. Luk. 1, 2; der aber vnterrichtet wird mit dem wort, der teile mit allerley gutes, dem, der jn vnterrichtet Gal. 6, 6 u. ö. besonders im sprachgebrauch der reformation und der gesamten evangelischen theologie wie des erbaulichen schrifttums: got hab lob, der vns das wort geben hat vnd dazu seinen eigen son für vns hatt lassen sterben Luther tischr. 1, 49 W.; vgl. 457; trübsal lehrt auffs wort mercken Petri d. Teutschen weish. (1605) 1, F 2ᵇ; eine fromme seele sollte nach nichts dürsten als nach dem tau des himmels, nach nichts hungern als nach dem manna des wortes W. Hauff s. w. (1890) 2, 262; allein das evangelium, das wort gründet, regiert, erhält (nach Luther) die kirche. denn in der predigt des wortes ist Christus selbst gegenwärtig; des wortes bedient sich gott dem menschen gegenüber. so ist die kirche die gemeinschaft derer, die durch das wort überwunden werden religion i. gesch. u. gegenw. ²3, 799; Emil Brunner die mystik und das wort. der gegensatz zwischen moderner religionsauffassung und christlichem glauben dargestellt an der theologie Schleiermachers (1924) titel. in verbalen verbindungen: vnd redten das wort zu niemand, denn allein zu den Jüden ap.-gesch. 11, 19; vgl. 14, 25; die nu zurstrewet waren, giengen vmb, vnd predigeten das wort ebda 8, 4; vgl. 15, 35; 2. Tim. 4, 2.
b)
häufig ist das wort hier soviel wie die verkündigung der botschaft, die predigt, in einer art verbaler funktion, wie sie dem groszen anwendungsbereich D 1 zugrundeliegt: sie aber giengen aus, vnd predigten an allen orten, vnd der herr wirckte mit jnen, vnd bekrefftiget das wort, durch mitfolgende zeichen Mark. 16, 20; vgl. 1. Tim. 5, 17; und damit ich auf euer artikel komm, so weisz ich keinen mangel an dem ersten, von dem mundlichen wort; denn wir auch nicht anders lehren. denn der heilig geist musz wirken inwendig in herzen der zuhörer, und das äuszerliche wort allein nichts ausrichtet. sonst, wo es das äuszerliche wort allein sollt tun, würden alle gläubig, die es hören (1537) Luther br. 8, 151 W.; vgl. 212. so in festen prägungen wie amt, dienst, diener des wortes: wir aber wollen anhalten am gebet, vnd am ampt des worts ap.-gesch. 6, 4; Luther 30, 2, 45 W.; alle die, so ym pfarampt odder dienst des worts funden werden Luther 26, 504 W.; diener am wort (gottes) ministro della parola (di dio) Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵃ; eine den 'diener am wort' beglückende und sein leben verklärende gottseligkeit Gutzkow ges. w. (1872) 5, VI.
c)
'die bibel, die heilige schrift', wie oben 2 b; vgl. vereinzelten plural die worte wohl im sinne von 'evangelium' im ahd.:
joh salida (den völkern) in gilungun thiu wort in iro zungun
Otfrid I 2, 36;
und stecket der rechte verstand dieser hohen geheimnisz alles im worte unter der decke, und ist fast nie erkannt worden Jac. Böhme s. w. 3, 271 Schiebler. hierher vielleicht im blick auf die sinnliche fülle und den bildreichtum griechischer religion mit abschätzigem ton:
uns blieb nur das entseelte wort
Schiller 11, 7 G.
besonders im pathos reformatorischer aussage; in theologisch-kirchlichem gebrauch bis heute:
das wort sie sollen lassen stan
Luther 35, 457 W.;
herr Georgius Butze bürger zu Magdeburg, welcher ein besonder liebhaber des worts und ein erfahrner und eins erbarn aufrichtigen gemühts was (mitte d. 16. jh. Magdeburg) städtechron. 27, 136. in negativem urteil:
es haszt die kirche, die mich auferzog,
der sinne reiz, kein abbild duldet sie,
allein das körperlose wort verehrend
(der katholik gewordene Mortimer zu Maria)
Schiller 12, 418 G.
in fester verbindung: das wort und die sakramente Heidelb. katechism. frage 67; der glaube soll (bei Luther) gestärkt, auf wort und sakrament gegründet werden, er soll nicht geben, sondern nehmen Karl Müller symbolik (1896) 345. in der begriffssprache der spiritualisten als äuszeres wort im gegensatz zum inneren, dem licht innermenschlicher offenbarung: der heil. geist bedarf nach anschauung der von den reformatoren als 'schwärmer' bezeichneten nicht des äuszeren wortes (= schrift); er redet unmittelbar zum menschen ...; Schwenckfeld ... nennt diese offenbarung das innere wort religion i. gesch. u. gegenw. ²5, 2020.
d)
das wort als 'die evangelische lehre' wie oben 2 d: und ob sie nit all gleich eilends sich gänzlichen und ohn unterschied zum wort bekennen (1538) Luther br. 8, 255 W.; vgl. 71; er sei von des wortes wegen verdriben worden (nach 1590) österr. weist. 10, 55, 28;
und sagen, dasz wir noch gut evangelisch sein
und wollens bleiben auch. des Sachsen schwert und raute
nahm sich des wortes an, das gott ihm anvertraute
durch Luthers werten dienst
Fleming dt. ged. 1, 110 Lappenberg;
oh, lieben herrn! lasset uns nur bei dem reinen wort bleiben (1538) Luther tischr. 4, 167 W.
4)
als bezeichnung Christi, vornehmlich aus dem prolog des Johannesevangeliums, entsprechend dem ὁ λόγος in Joh. 1, 1 ff., mit welchem begriff der aus göttlicher präexistenzin die menschwerdung und in die geschichte eintretende Christus gekennzeichnet wird.
a)
prägnant und appositionslos: in anaginne uuas uuort inti thaz uuort uuas mit gote inti got selbo uuas thaz uuort Tatian 1, 1; im anfang war das wort, vnd das wort war bey gott, vnd gott war das wort. das selbige war im anfang bey gott Joh. 1, 1f.; vnd das wort ward fleisch, vnd wonet vnter vns, vnd wir sahen seine herrligkeit, eine herrligkeit, als des eingeboren sons vom vater, voller gnade vnd warheit ebda 1, 14;
dâ mite uns erlôste
daz wort, dîns kindes menscheit ...
daz wort von dînem stuol sich lie
Rudolf v. Ems d. gute Gerhard 423 Haupt;
die ganze goͤttliche kraft des vaters spricht aus allen qualitaͤten das wort aus, das ist, den sohn gottes Jac. Böhme s. w. 2, 56 Schiebler; vgl. 176;
welche würde hat ein kind!
sprach das wort doch selbst die worte:
die nicht wie die kinder sind,
gehn nicht ein zur himmelspforte
Cl. Brentano ges. schr. (1852) 1, 165.
mit auflösung des christologischen gehaltes:
geschrieben steht: 'im anfang war das wort!'
hier stock ich schon! wer hilft mir weiter fort?
ich kann das wort so hoch unmöglich schätzen
Göthe I 14, 62 W.
in säkularisierender umdeutung und verallgemeinerung: im grunde musz man sich vor seinen besten worten zuschlieszen und in die einsamkeit gehen. denn das wort musz mensch werden. das ist das geheimnis der welt! (1904) R. M. Rilke br. (1929) 203. entsprechend Joh. 1, 3 in der einssetzung des göttlichen schöpfungswortes mit der person Christi, s. o. A 2 c β: so sihst du die úberswenken, úbernaturlichen entgiessunge dez wortes uss dem vater, von des geberene und sprechen ellú ding werdent her fúr gesprochen und gegeben Seuse dt. schr. 179, 27 Bihlm.;
er sprach; da kam die welt hervor!
wonnevoll stieg sie empor.
noch spricht er; und sie eilet fort
auf ihrer bahn, durch ihn, das wort
Klopstock geistl. lieder (1773) 1, 69.
b)
mit kennzeichnenden beifügungen, besonders in theologisch-dogmatischem sprachgebrauch:
thaz wir ouh mit then gowon (in unserer heimat?) thaz gotes wort scowon,
thaz druhtin duan wolta int iz hera in worolt santa
Otfrid I 13, 4;
vnd war angethan mit einem kleide, das mit blut besprenget war, vnd sein name heiszt gottes wort apok. 19, 13;
tu verbum patris aeterni   du uuort fateres euuiges
Murbacher hymnen 7, 3, 1 Sievers;
vgl. 3, 8, 4; 6, 2, 2; die andre person der gottheit ist gott der sohn, welcher im göttlichen wesen genannt wird das wort des ewigen vaters Schweinichen denkw. (1878) 1; das da von anfang war: das wir gehöret haben, das wir gesehen haben mit vnsern augen, das wir beschawet haben, vnd vnser hende betastet haben, vom wort des lebens, vnd das leben ist erschienen 1. Joh. 1, 1f.; verbum incarnatum menschlich wort (15. jh. md.), fleischlich worte (anf. 15. jh. obd.), flaischiger mensch vel unerschaffen unnatuirlich wort (s. l. e. a.) Diefenbach gl. 612ᵇ; das unerschaffene wort des vatters Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵃ. namentlich das ewige wort: als bald sie iren willen uff gab, alczehand werd sie eine wǎre muter des ewigen worttes und empfieng got zuͦhand (vor 1328) meister Eckhart red. d. untersch. 18 Diederichs; dasz gott der allmechtige schoͤpffer ... das goldt, silber vnd alle metallen, durch sein ewiges wort den sone gottes ... erschaffen hat Ercker beschr. aller mineral. ertzt (1580) 135ᵇ; dasz das, was ich suchte, in der menschwerdung des ewigen worts, durch das alles und auch wir erschaffen sind, zu suchen sei Göthe I 22, 315 W.
D.
in der loslösung von einer bestimmten, begrenzten einzelaussage gewinnt wort einen deutlich verbalen gehalt und bezeichnet das reden, das sprechen als akt oder vorgang, nicht eigentlich das gesprochene selbst, sondern die tatsache, dasz gesprochen wird. dieser schon früh bezeugte gebrauch erweist sich in spezialisierender und verallgemeinernder anwendung gleichermaszen entwicklungsfähig.
1)
in singularischer verwendung, vorwiegend verbal gebunden, wobei gleiche verbindungen in unterschiedener bedeutung begegnen. innerhalb der anwendungen a und b finden sich vereinzelt ansätze zu pluralischem gebrauch (s. u. a α, b β), der im mnl. fast gleichberechtigt neben dem singularischen steht, s. Verwijs-Verdam 9, 2829—31.
a)
in der rechtssprache oder unmittelbar von da her erweitert: 'fürsprache, vertretung, verteidigung vor gericht', später für entschuldigendes oder empfehlendes reden überhaupt. im 13. jh. aufkommend und rasch gefestigt, im eigentlichen rechtsgebrauch aber nur bis ins ältere nhd.
α)
jmd. das wort sprechen: ob ich van iemanne vientschaf oder vehede haben suͦle daz ich sin wort spreche durch rechtes willen (1261) corp. d. altdt. originalurk. 1, 84, 27 (nr. 51) Fr. Wilhelm; Schiller-Lübben 5, 773ᵃ; do bat er umb einen man, der ein wort spreche (15. jh.) H. Cammermeister chron. 34 Reiche. vereinzelt pluralisch: swer dez wort sprichet, der unrecht hat ... sol den richter bitten, daz er in erlazze sinú wort ze sprechenne (ca. 1275) Schwabensp. landr. kap. 87 Laszberg. in erweiterter anwendung:
wen fleh ich doch nun an (im jüngsten gericht),
wer ist, der helffen kan?
wer wird das wort mir sprechen?
Simon Dach 92 Österley;
vortrefflich! sie sprechen jener abenteuerin das wort Bauernfeld ges. schr. (1871) 3, 184. vereinzelt in anders gewendeter bedeutung, aber wohl von hier aus:
itzt wär ...
Roms schutz-stab Scipio verfaulet und zubrochen,
wenn nicht ein Livius für sie das wort gesprochen
(d. h. seine taten berichtet hätte)
Lohenstein Arminius (1689) 1, d 4ᵃ.
in sachlicher beziehung: als herr Bayle ... der lehre von den zwei principiis das wort gesprochen Leibniz dt. schr. (1838) 2, 346; ich will der itzigen ontologie ... nicht das wort sprechen Lessing 8, 23, 23 L.-M. mit abstractem subject: doch fürchte ich, dasz die erfahrung der gesellschaft das wort spricht Gerstenberg schlesw. lit.-br. 268 lit.-denkm.
β)
jmd. das wort tun, in älterem gebrauch bevorzugt, später ausgestorben: wes wort er (der ammanmeister) tut (d. i. wessen sache er führt) das das gerihte anegat uf der pfalzen, das sol er vergeben one gut tun (1303 Straszb.) städtechron. 9, 953; darumb er ir solt das wort thuͦn an gericht, als er auch andern luten by der wile pflag zu thuͦn (15. jh.) in: zs. f. dt. altert. 29, 335; gab der landsknecht antwort, er sey vnerfahren in solchen gerichtshändeln, begere, dasz sein procurator jm das wort thun möge, die richter lieszens jm zu Nigrinus v. zäuberern, hexen (1592) 6; vgl. 293. lexikalisch verzeichnet noch bei M. Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; Dentzler clav. ling. lat. (1716) 356ᵇ; allgemeiner:
ich han dirs wort gar trüwlich than
(sagt der knecht, der den reichen mann um eine gabe für Lazarus gebeten hat)
schweiz. schausp. d. 16. jh. 1, 22, 166 Bächtold.
γ)
jmd. das wort reden, im älteren, eigentlich rechtssprachlichen gebrauch zurücktretend, in der allgemeineren anwendung 'für jmd. eintreten, zu jmds. gunsten reden' bis heute aber sehr lebenskräftig:
ich hör, das manger vorsprech nimpt
zu paider seit; das übel zimpt.
von ainem nimpt er offenlich,
der ander sticht in haimelich.
der ainen part rett er das wort,
der ander tail behabt den hort
Oswald v. Wolkenstein 118, 131 Schatz;
procurator ein anwald, gevollmächtigter, der das wort redet, und im nahmen der streitenden parthey vors gericht tritt curiös. bauernlex. (1728) 151. archaisierend: wann du vor gericht kommst, ... sprich, du seiest übel beredt, man wolle dir vergönnen einen fürsprecher zu haben, der dir das wort rede Grimm dt. sagen (1891) 1, 149. in erweiterter anwendung: wollen etliche ... dem könig S. das wort reden und ihn entschuldigen Widmann Fausts leben 604 lit. ver.; ich habe allezeit bey der gnädigen frau sein wort geredt Gottsched dt. schaubühne (1741) 2, 294; sie hält was auf mich, ich will dir bey ihr das wort reden Schiller 14, 133 G.; er hat ihr das wort geredet gegen fremde verachtung und spott O. Ludwig ges. schr. (1891) 1, 233. mit gegenständlichem snbjekt: ad 2. könnten uns vor ew. h. g. c. ... auch die gantz klare verfassung der in ecclesia evangelica pro norma angenommenen symb. buͤcher das wort reden Zinzendorf bedencken u. bes. sendschr. (1734) 50. mundartlich anders gewendet 'nach dem munde reden': a redt m s wurt (wie ers gern hört) Karl Rother d. schl. sprichw. 186ᵇ. hierher wohl auch jmd. zum wort reden: wer ist nicht bei ihm in gnaden, der ihm zu worte spricht! Alexis hosen d. herrn v. Bredow (1846) 2, 3, 91. häufig nicht auf eine person, sondern auf ein gegenständliches oder abstraktes objekt bezogen, 'etwas entschuldigen, beschönigen', des weiteren auch 'etwas empfehlen, anraten, befürworten' u. ä.: die menschen können jhnen fein selbst heucheln, unnd jhren sünden das wort reden G. Strigenitz Jonas (1595) 182ᵃ; wie kömmt es denn, dasz sie der liebe itzt das wort reden? Gellert s. schr. (1839) 4, 222;
nicht ihrer schuld red ich das wort
Schiller 12, 456 G.;
passivisch: wo der künstlerischen geduld, dem reifenlassen der früchte in scheinbar anstehender, unleistender zeit, das wort geredet ist (1923) R. M. Rilke br. (1935) 178. mit abstraktem, unpersönlichem subjekt: weszhalb denn die achtung für seine (des prof. Beireis) verdienste auch seinen seltsamkeiten das wort zu reden schien Göthe I 35, 220 W.
δ)
auf jmd. das wort halten nur mnd. (doch s. u. worthalter 1): holt he (der fürsprecher) enes klegheres wort vp enen man, de nenes vorspraken neten mot bei Schiller-Lübben 5, 772ᵇ.
ε)
einige jüngere verbalverbindungen, die sonst im zusammenhang verwandter anwendungen begegnen (s. u.b, c), sind nachträglich auch in diesen bereich hinübergetreten: für jmd. das wort führen oder nehmen:
komm, führe du (Christus) mein wort
und lasz mich, o mein hort,
den spruch der gnaden hören!
ich wil auch iederzeit, ...
dich, meinen fürsprach, ehren
Simon Dach 92 Österley;
Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ;
o so führe du sein wort, und entschuldge sein verbrechen
Gottsched dt. schaub. (1741) 2, 156;
die gestalten, welche (im Wilhelm Meister) zuerst hervortreten, sind weder grosz noch wunderbar: eine kluge alte, die überall den vortheil bedenkt und für den reicheren liebhaber das wort führt Athenäum (1798) 1, 2, 147 (vgl. wortfürer 'brautwerber' unt. wortführer 2); als die Sorbonne ... sich gegen Luther erklärte, glaubte sich Melanchthon ... verpflichtet, für seinen abwesenden freund das wort zu nehmen, ihn zu vertheidigen Ranke s. w. (1867) 2, 9. gelegentlich das wort erheben, wohl in anlehnung an die stimme erheben, vgl. s. v. stimme D 3 a, teil 10, 2, 3080: Fénélon, der für die privilegien der stände das wort erhob Justi Winckelmann (1866) 1, 218; ich streite für den genius der jugend in der kunst, indem ich für Haydns ältere sonaten das wort erhebe W. H. Riehl musikal. charakterköpfe (1899) 2, 83.
ζ)
in der beziehung auf den redenden selbst, das 'sprechen in eigener angelegenheit', von da aus konkretisiert zur bedeutung 'antrag, anliegen, eigene sache'; in den obigen oder verwandten verbalverbindungen:
ich hân geredet unser aller wort
('ich habe für uns alle geredet, das, was uns alle angeht')
Wolfram v. Eschenbach Parzival 293, 17;
mit dem andern, [dessen] sie (zwei vom kurfürsten beim rat verklagte prediger) beziehen werden, haben wir sie oft dem keiserlich edict nicht zuwidder zu predigen ermant: wo sie das getan haben, wie wole sie meinen, wollen soliches usz der heiligen schrift bewisen, nemen sie ir wort (= verteidigen sie sich selbst) (1526) Königstern tageb. 203 Stertz; als der konigk geritten kam, wolte der bischof vortreten und sein wordtt machen, aber ehr wardtt vorhindertt Grunau pr. chron. 3, 137 Perlbach;
führ mit kanonenschall dein wort,
bisz dasz du hast gewonnen
Rückert ges. poet. w. (1867) 1, 174.
jünger besonders: sein wort vorbringen proporre la sua parola, farla sua propositione Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; sein wort anbringen sein gesuch Adelung vers. 5 (1786) 293; endlich ist sie fort! — nun kann ich mein wort anbringen! Schiller 14, 204 G. mundartlich vom antrag eines freiers: he hett dat woort um êr daan um sie angehalten Böning Oldenburg (1941) 134.
b)
in mehr politischem gebrauch, vom reden in offiziellem rahmen, in verhandlungen, vertretungen, abordnungen u. dgl.
α)
meist in den auch sonst geläufigen verbalverbindungen das wort tun, reden, führen 'den sprecher abgeben, im auftrag anderer reden, eine gruppe oder abordnung redend vertreten':
retd an, her vogt von der stat!
als iuch der kuͤnc reden bat ...
nain, vil lieber herre, tuͦt
ir min wort durch iwer tugent
Johann v. Würzburg Wilh. v. Österreich 9413 R.;
da hatten die falschen, untrew rethe den fuchs zum redener gemacht, der das wort thun solt fur des reichs stenden Luther 26, 547 W.; sein die burger mit erem vogete und der, dem sie er wort zu reden befolen hatten ken den rot, auff die gasse gegangen vor das rothaus Chr. Falk elbingisch-pr. chron. 107 Toeppen; vnd (sie) nenneten Barnabam, Jupiter, vnd Paulum, Mercurius, dieweil er das wort füret apostelgesch. 14, 12; kommt mit, ich will das wort führen Chr. Weise d. grün. jug. überfl. ged. 233 ndr.; zwölf auserlesene theologen führten das wort für die protestantische (kirche) Schiller 9, 277 G. bei verhandlungen 'die leitung, den vorsitz haben': am 10. juni eröffnete man die verhandlungen: Chursachsen führte das wort Ranke s. w. (1867) 2, 248.
β)
seit alters, besonders im nd. und daran angrenzenden raum, auch in anderen wendungen; namentlich innerhalb der städtisch-bürgerlichen selbstverwaltung, auch in der besonderen bedeutung 'den vorsitz führen', s. auch worthalter 3, worthabend, worthaltend 1: do sede de borgermester, de dat wort heilt, van der stad wegen to dem bischope (Magdeburg 1405) städtechron. 7, 319; Schiller-Lübben 5, 772ᵇ; die, welche in den quartieren (der stadt) das wort halten, ..., vnd ein jeder der worthaltenden bürger, (soll) folgends in seinem quartier was proponiret, kürtzlich vnd ordentlich wiederholen (Rostock 1670) bei Haltaus gl. (1758) 2130; dar he do tor tijd der schomaker houetman was vnde der ampte word vulvorde (1451) Lübeckerurkdb. 9, 25; de her bürgermeister im worde synde bei Schiller-Lübben 5, 773ᵃ; er hat das wort im Osnabrückschen den vorsitz haben, weil der vorsitzer das wort führt Campe 5 (1811) 775; do mein herr nach uns 8 schickte, die ins wort gingen, das wir uff die burg kommen solten (Halle um 1475) denkw. d. rathsm. Spittendorff 61 Opel. ungewöhnlicher in pluralischen formeln: wen die burgere vnd meistere kiesen, das er das iar jre wordt halte (Magdeb. 15. jh.) bei Haltaus 2131; vgl. mnl. enes wort of worde houden Verwijs-Verdam 9, 2830. auch ohne verbale bindung, verselbständigt: wortführender bürgermeister oder bürgermeister am wort, gefolgter am wort (urwüchsige alte ausdrücke bei institutionen deutschen ursprungs) Sallmann lex. beitr. z. dt. ma. i. Estl. 36; den vier zum wort verordneten männern (Rostock 1670) bei Haltaus gl. 2130. pluralisch: in Fritzlar, übrigens auch in andern städten des nördlichen Hessenlandes, wurden die worthalter (prolocutores, anderwärts rats-vierer u. dgl., jetzt ausschusz, auszerhalb Hessens 'stadtverordnete', die vertreter der stadt dem stadtrat gegenüber) abgekürzt die worte, die gemeinen worte genannt. sie wurden 'zum wort verordnet', 'von der gemeinde an ihr wort gewählt' Vilmar kurhess. id. 459; 'worte: darunter versteht man in gewissen fällen feierliche, eingelernte reden. in den worten sein heiszt bei hochzeiten das amt des redners haben. jede partei (des männl. u. weibl. hochzeitgeleites) hat einen angesehenen mann an der spitze, der in den worten ist' J. Schröer wb. d. dt. maa. d. ungr. bergl. 214ᵇ; Fr. Kramer Bistritz 141; vgl. mnl. in den worden staen Verwijs-Verdam 9, 2829; (die) worde houden ebda 2830. anders gewendet auch 'auftrag, vollmacht': die innungen wolden nicht berichten, wir wolden auch nicht, denn sie sageten, sie hetten kein wort von den ihren, und was doch nicht also. wir wusten, das die kremer wort hatten und woldens doch nicht von sich sagen und sprachen, sie musten die ihren zusammen haben, das sie ein wort kregen (Halle um 1475) denkw. d. rathsm. Spittendorf 282 Opel.
c)
in geläufiger verbindung mit zahlreichen verben bezeichnet wort das sprechen, den vorgang des redens im zusammenhang des gesprächs, der unterhaltung, der gegenseitigen mitteilung, der öffentlichen aussprache oder versammlung u. ä. den älteren gebrauchsweisen wachsen seit dem späten 18. und dem 19. jh. immer neue möglichkeiten zu.
α)
nur im älteren gebrauch und mehr gelegentlich: so solten und wolten sie alle zusamme uffs rathaus kommen und da eintrechtiglich sprechen und wort geben (Halle um 1475) denkw. d. rathsm. Spittendorf 375 Opel; als die andern fürsten (nach der totenrede, die Arminius gehalten) hierzu gleichfalls ihr wort gaben und mitleiden bezeugten, ward die leiche ... besprengt Lohenstein Arminius (1689) 1, 17ᵃ;
wer weisz allhier
ein wort für dir,
das tauglich sey, zu machen?
Simon Dach 153 lit. ver.;
Joachim der 1. ... ist ein ... hochgelerter fürst gewesen, der im Augszburgischen reichstage, anno 1530 von wegen aller geistlichen das wort lateinisch gehalten (1579) Entzelt altmärk. chron. 219 Bohm; Hansz Thurnmeyr ... that dasz wort, vnd hub an von der vntrew vnd vnbestaͤndigkeit der weiber zureden Moscherosch ges. (1650) 2, 293; das wort thun fare l'oratione, ragionare, parlare Hulsius (1618) 279ᵃ; Kramer 2 (1702) 1394ᵇ. vielleicht hierher vereinzeltes zu wort haben: vnnd als die fürsten im friden handleten, hat der sohn nit mehr zu wort, dann das er begaͤrte, dasz sein vatter dem papst ... wolte gehorsam seyn Stumpf Schweizerchron. (1606) 82ᵃ.
β)
das wort führen. in der einfachen bedeutung 'sprechen, reden': ich will noch ein exempel geben, wie man bey verloͤbnissen das wort fuͤhren koͤnne Chr. Weise pol. redner (1679) 741; über den deutschen volkstanz des 18. jahrhunderts mag ein zeitgenosse und gelehrter kenner, dr. Gräter, das wort führen Böhme gesch. d. tanzes (1886) 145. ausdrücklich oder auch prägnant mit dem nebensinne des aufdringlichen, anmaszenden, tonangebenden redens: er will das wort allezeit alleine führen d. discourse d. mahlern (1721) 1, n 3ᵇ; ey, meine herren, gehorsamer diener, sie dürfen nicht immer allein das wort führen Gleim briefw. 1, 201 Körte; die erbittertsten gegner des Gracchus führten in der sitzung das wort Mommsen röm. gesch. (1865) 2, 91. übertragen:
zu einer vertrauten versammlung,
wo bey schäumendem bier der schwerere Bacchus das wort führt
Zachariae poet. schr. (1763) 4, 127.
γ)
das wort haben. älter meist mit dem gleichen nebensinn wie unter β:
wa ein narr ist in der gemein,
das wort wil er nun hon allein
Murner narrenbeschw. 452, 64 Spanier;
wenn sie (die frau) denn wol reden kan,
so hat sie nur das wort (und nicht der mann),
das hun krehet vor den han
Voigtländer oden u. lieder (1642) 22.
mundartlich: he hett dat word 'er hat zu sagen, ist herr' Mensing schlesw.-holst. 5, 687; schweiz. id. 1, 481. neutral 'als redner zugelassen sein, redeerlaubnis haben': da ich einmal das wort habe, erlaube ich mir eine kurze bemerkung quelle a. d. 2. hälfte des 19. jh. übertragen: der alte herr winkte begütigend (als Hans Unwirrsch zu eifrig losredete): 'na, na; ... jetzt hat der wind erst mal wieder das wort' Raabe hungerpastor (1864) 1, 237.
δ)
das wort behalten: da niemand in dieser art ihm erwidern konnte, so behielt er das wort ziemlich allein Göthe I 23, 223 W.;
doch immer behalten die quellen das wort,
es singen die wasser im schlafe noch fort
vom tage,
vom heute gewesenen tage
Mörike w. 1, 101 Maync.
ε)
der schon alten verbindung das letzte wort behalten oder haben (wollen, müssen) kann auch der gebrauch A 4 zugrundeliegen; in der üblen bedeutung rechthaberischer rede oder neutral 'das entscheidende wort sprechen, den ausschlag geben': warumb nympstu nit deynes gleychen mussige und unbeladene gesellenn fur dich, oder ein boͤse weyb, die auch gerne das letzte wort behelt? Luther 7, 682 W.;
aber ein stummes weib ist immer mit dem mann d'accord,
nur bey einer solchen hat der mann 's letzte wort
Meisl theatr. quodlibet (1820) 1, 73;
dann sagen wir (kesselschmiede): 'fertig, meister!' jetzt hat der staat und seine behörde, der verein zur überwachung der dampfkessel, das letzte wort quelle a. d. j. 1935. übertragen:
nur blosz die völlerey behielt zuletzt das wort
Schwabe volleingesch. tintenfäszl (1745) 27.
ähnlich: was krank ist, und was gesund, mein junge, darüber soll man dem pfahlbürger lieber das letzte wort nicht lassen Th. Mann Faustus (1947) 374. gelegentlich in umgekehrter wendung: die jugend hat heutzutage das erste wort! quelle a. d. j. 1938.
ζ)
das grosze wort haben oder führen meist deutlich mit dem auch unter β, γ begegnenden üblen nebensinn, vgl. schon mhd.:
des grôzen wortes, hôrte ich sagen,
Keie dicke dâ gewuoc
Heinrich v. Freiberg Tristan 2204 Bernt;
drumb sasz er (der wirt) auch unter seinen gaͤsten, und hatte das grosze wort allein Chr. Weise d. drey klügsten leute (1675) 168; wo eine betschwester oder ein müssiggänger das grosse wort führen Rabener s. schr. (1777) 5, 26; Ghiberti, der den ruhm auf seiner seite hatte und gewohnt war, in sachen der kunst das grosze wort zu führen Herm. Grimm Michelangelo (1890) 1, 33. übertragen: hebt ein neuer, gewaltiger kalkstock an, in welchem, trotz relativ geringerer höhe, die Dreithorspitze das grosze wort führt Barth a. d. nördl. Kalkalpen (1874) 387. gelegentlich: herr v. A. ... sprach wenig. desto mehr führte seine schwester das hohe wort Eichendorff s. w. (1864) 2, 78.
η)
das wort nehmen oder ergreifen 'zu sprechen anfangen', auch einfach 'reden, sprechen', vgl. schon mnl. wort nemen Verwijs-Verdam 9, 2829, engl. to take the word (15. jh.) Murray 10, 2 s. v. word 28ᵃ. im deutschen seit dem 18. jh.:
Nathan:   sieh! wie sinnreich
jetzt, Daja, nimm das wort
Lessing 3, 13, 244 L.-M.;
wir muszten lange bitten, bevor er sich wieder herbeiliesz das wort zu nehmen M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 167; North aber ergriff mit seinem gewöhnlichen flegma das wort Archenholz England u. Italien (1785) 1, 1, 44; im abgeordnetenhause ergriff ministerpräsident graf Tisza das wort amtl. kriegsdepeschen (26. 4. 1915). ähnlich, mit dem nebensinn des gewaltsamen: die frau conrectorin ..., die ... vor ärger und entrüstung wortlos gesessen hatte, gewann es — das wort nämlich — in verdoppelter energie zurück Raabe Horacker (1876) 131; bei den morgenbrotgesprächen risz er manchmal das wort an sich quelle a. d. j. 1935. mit abstraktem subjekt: fals eigensucht und rechthaberei das wort nahm, lenkte man ab Voss antisymb. (1824) 2, 2. auch von schriftlicher rede: in jenen stücken, in welchen der poet das wort nimmt, herrschet die poetische erzehlung und beschreibung Breitinger crit. dichtk. (1740) 1, 89; dieser fürst hat über die ereignisse, in denen er die entscheidende rolle spielte, auch selbst das wort genommen: die schlachten, die er geschlagen, hat er auch beschrieben Ranke s. w. (1867) 25, vi.
θ)
mit dem blick auf den angeredeten das wort an jmd. richten: man schreibt mir eben aus Hannover, dasz ein sehr naiver junge in groszer gesellschaft folgendermaszen das wort an sie gerichtet hat ... Caroline br. 1, 94 Waitz; es ist nicht möglich, dasz ich an sie (anrede) das wort richte, als ob ich einen der altbeliebten vorträge halten wollte quelle a. d. j. 1933.
ι)
in verbindungen, die das recht zum reden, seine gewährung oder seinen entzug umschreiben:
vergönne nun das wort, Libussa, mir!
Cl. Brentano ges. schr. (1852) 6, 107;
die immer so laut waren, und keiner dem andern das wort gönnten Alexis Roland v. Berlin (1840) 2, 8; der vorsitzende gab mir hierauf das wort, mit welchem ich, halb schüchtern, halb empört, einige prahlereien zu stande brachte Keller ges. w. (1889) 2, 99. in der bedeutung mit b α gekreuzt: die herren von Stinnes und von Krupp übertrugen ihm (dem rheinischen industriellen Castricius) gern das wort A. Seghers d. toten bleiben jung (1950) 177. die im parlamentarischen gebrauch geläufigen verbindungen sich zum wort melden, das wort erteilen, das wort entziehen sind jungen ursprungs.
κ)
zum wort(e) kommen, daneben von anfang an und seit der wende vom 18. zum 19. jh. vorwiegend, modern wohl ausschlieszlich zu wort(e) kommen 'gelegenheit zum reden haben', aber auch einfach 'sprechen, reden' (die gleiche verbindung anders s. u. d), vgl. schon mnl. te worde comen Verwijs-Verdam 9, 2829. sprachläufig wohl erst seit der mitte des 18. jh., in vereinzelt früher bezeugung bei Luther, hier eng neben der pluralischen phrase zu worten kommen (s. u. 2 c α), die im 16. und 17. jh. gelegentlich begegnet, bevor sie von der singularischen abgelöst wird: denn würde er zu wort komen, möcht man yhm nichts anhaben Luther 18, 237 W.; in den folgenden (gerichtsverhandlungen) ... kamen die jüngeren männer zu wort und lieszen äuszerungen von unerwartetem inhalt verlauten Ranke s. w. (1867) 8, 136. von schriftlicher äuszerung: bücher, die sich auf die brüder Grimm beziehen, oder in denen vollends die brüder Grimm selbst zu worte kommen Scherer kl. schr. (1893) 1, 53. gelegentlich etwas anders gefärbt: ihre freude ... raubt ihnen die sprache. mein antheil ist darum nicht weniger herzlich, weil er mich noch zum worte kommen läszt (mir noch die fähigkeit zu sprechen gelassen hat) Göthe I 23, 182 W.; vgl. 24, 7. in erweiterter bedeutung 'einflusz gewinnen': dann werden sie zu worte kommen, die idealisten M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 43. mit abstraktem subjekt, das zugleich den inhalt der aussage modifiziert; wohl noch von hier aus empfunden, aber schon im übergang zu d α: ich dachte, hier ... werde endlich einmal sein inneres zu worte kommen Bettine Cl. Brentanos frühlingskranz (1844) 55; schweige, herz, damit der verstand zu worte komme M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 1, 46. am geläufigsten in negativen oder negativ empfundenen formeln: jmd. nicht zum, zu wort(e) kommen lassen 'jmd. am sprechen hindern': will mich denn der herr gar nicht zum wort kommen lassen? Stranitzky ollapatrida (1810) 219, 23 ndr.;
man liesz ihn (Wallenstein) nicht einmal zum worte kommen.
als er zu reden anfing, fielen sie
mit kriegerischem spiel betäubend ein
Schiller 12, 320 G.
übertragen: ich liesz sie (die kopfschmerzen) aber nicht recht zu worte kommen Leisewitz tageb. (1916) 1, 24. von dieser formel aus gelegentlich leicht variiert:
denn Graziano läszt mich nie zum wort
Shakespeare 4 (1799) 12;
ich werde mich hüten, sie wieder ans wort kommen zu lassen Gerstenberg schlesw. lit.-br. 89 lit.-denkm. nicht zum, zu worte kommen (können) 'am sprechen gehindert werden': der groͤszte schwaͤzzer ..., bei dem man nicht zum worte kommen konte Bahrdt gesch. s. leb. (1790) 2, 26.
λ)
jmd. ins wort fallen 'jmd. im reden unterbrechen', zunächst in pluralischer form bezeugt, vgl. ebenso mnl. in enes worde vallen Verwijs-Verdam 9, 2829; gleichbedeutendes, aber kaum älteres jmd. in die rede fallen s. teil 8, 455:
sprich pfey schem dich der groben sitten,
dasz du mir felst in meine wort
Scheit Grobianus 4627 ndr.
doch scheint die sonst ausschlieszlich bezeugte singularische form noch im 16. jh. fest geworden zu sein: interpellare einem ins wort fallen, vnd jhn verhindern Faber thes. (1587) 69ᵃ; vgl. nomenclator lat.-germ. (1634) 295; Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᵇ; mein bruder, verzeihe mir, dasz ich dir ins wort falle schausp. engl. comöd. 281 Creizenach;
darf ich bitten,
so falle mir noch nicht ins wort
Triller poet. betr. 1 (1750) 542;
'herr dechant', fiel der inspector ihm ins wort M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 154. in gelegentlicher abwandlung, verstärkend: wann? stürzte ich ihm heftig ins wort Schiller 4, 200 G. jmd. das wort abschneiden (die gleiche, aber noch stärker sinnlich-bildhaft gefühlte formel sowie das wort (zer)brechen s. u. III A 1 f): aber Schweitzer schnitt ihr das wort ab M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 3, 117.
μ)
sein eigenes wort nicht hören (können) u. ä. vor lärm, unruhe u. dgl.:
ir (der kinder) schreien hat mich dick betort,
das ich oft selber nicht gehort
mein aigen wort
Oswald v. Wolkenstein 102, 6 Schatz;
mit gschrey jm all sein red zerstoͤr,
dasz er sein eigen wort nicht hoͤr
Scheit Grobianus 3725 ndr.;
und vor allen dingen, man konnte hier sein eigenes wort verstehen Gutzkow ritter v. geiste (1850) 4, 239;
ich höre kaum selber mein leibliches wort
Heine s. w. 1, 22 Elster.
ν)
eine reihe seltenerer verbalverbindungen mit wort meint als voraussetzung eines gegenseitigen gesprächs die bereitschaft zum reden oder die tatsache, dasz jmd. zum reden gebracht oder gezwungen wird (den gleichen gebrauch des plurals s. u. 2 a η): wo er (Hutten) mich (Erasmus) aber besucht het, wolt ich jhm mein wort nicht vergunt (miszgönnt) haben (non repulissem hominem a colloquio) Hutten op. omnia 2, 180 Böcking. so und ähnlich besonders in nd. mundart: ik will em dat woort darum gunnen 'ihn darum bitten' Böning Oldenburg 134; sik mit em in't woort gêwen ein gespräch anknüpfen; ik wull em geern to woort kregen mit ihm sprechen ebda 134; Doornkaat-Koolman 3, 570ᵃ; Stürenburg ostfries. 335ᵃ. übertragen: dat land to word bringen 'es düngen, so dasz es etwas sagt', 'es aus seiner trägheit aufrütteln' Mensing schlesw.-holst. 5, 687 u. ä. ebenda; mnd. to worde wesen 'streit, wortwechsel haben', entsprechend der sonst im plural begegnenden prägnanten anwendung worte 'streitworte' (s. u. 2 b): die rad van Bremen hefft myt en (den Hamburgern) een deel to worde wesen (wortwechsel gehabt wegen des vorranges) bei Schiller-Lübben 5, 772ᵇ; vgl. mnl. te worde comen 'streit bekommen' Verwijs-Verdam 9, 2828. vereinzelt begegnet hier anlehnung an verben, die in der verbindung mit rede in dessen bedeutung 'rechenschaft, rechtfertigung' geläufig sind, s. rede 3 c, teil 8, 451: in dem do kam der schalck Andrean geloffen, den satzt ich zu wort vmb das mort (1509) Fortunatus 28 ndr.;
doch jetzt, dein hin- und widergehn
ist nur um mir nicht wort zu stehn
Göthe I 15, 1, 68 W.;
he wull mi ni word stahn 'rede stehen' Mensing schlesw.-holst. 5, 687.
d)
wort als form und art, in der etwas laut wird, als ausdrucksmittel des redens, neben der gleichen oder ähnlichen verwendung des plurals (s. u. 2 a β) zurücktretend.
α)
allgemein:
wan daz er die liute entsaz,
daz ez wurde ze worte (ruchbar würde)
Konrad Fleck Flore u. Blancheflur 1535.
geläufig erst in jungen verbindungen höheren sprachgebrauchs, etwas kommt zu wort (s. auch ob. c κ), tritt ins wort, wird, findet wort u. ä.: ich lasse alles, was zu worte kommen möchte, bis zu unserem nahen wiedersehen R. M. Rilke briefe (1930) 207. besonders negativ: es giebt so viele offenbare geheimnisse, weil das gefühl derselben bey wenigen ins bewusztseyn tritt und diese denn, weil sie sich und andere zu beschädigen fürchten, eine innere aufklärung nicht zum worte kommen lassen Göthe IV 35, 192 W.; 'das ist ein hundewetter', hatte der viehhändler gesagt, und der schulz brummte etwas, dasz man das in Querbelitz auch schon wisse. zu worte liesz ers aber nicht kommen Alexis Isegrim (1854) 2, 51; dasz bei der geringsten veranlassung das offenbare geheimnisz ins wort getreten wäre Göthe I 25, 1, 241 W.; er muszte die bilder, die ihn bedrängten, wort werden lassen quelle a. d. j. 1938; ich schrieb mein buch ... getrieben und beglückt, weil etwas wort fand, das bis dahin schweigend in mir geruht hatte quelle a. d. j. 1933;
was hat dich, groszer sprecher, stumm gemacht!
wars dies, dasz dich, verborgenes zu schauen,
ins wort zu wandeln tiefgefühltes grauen,
der anruf gottes stellte auf die wacht?
Th. Kochs d. reine stimme (1947) sonett Jeremias II.
β)
speziell, seit alters durchweg auf den singular beschränkt: etwas nicht (älter kein) wort haben wollen, anfangs mit genetiv, dann mit accus. der sache, 'nicht wollen, dasz etwas gesagt wird, etwas laut wird', von da aus 'etwas nicht eingestehen, sich zu etwas nicht bekennen wollen'. oft, und gerade im frühen gebrauch, auf tatsachen und sachliche vorgänge bezogen, daher kaum von wort als etwas (vorher) gesagtem oder von wort F 'versprechen, zusage' aus (zum austausch von wort und wahr vgl. auch unt. wortzeichen): sie worent ouch alle ketzer und wolten sin kein wort han (um 1440) Windecke denkw. (1893) 133; wente se dat dreven hemelken myt deme bisschoppe van Colne, dat dit volk quam vor Sost; mer se wolden des neen wort hebben (um 1450) Detmar Lüb. chron. 2, 108 Grautoff; die welt wil jhrer boͤszheit kein wort haben Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, R 7ᵃ; Thuanus ... giebt die zahl der anwesenden nur auf sechzig an, und will ihre einstimmigkeit nicht wort haben Ranke s. w. (1867) 38, 126 anm.; meine mutter will es nicht wort haben, doch ist es so M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 273. auch mit abhängigem dasz-satz: Mariane ... wollte nicht wort haben, dasz sie ihn so lange nicht bemerkt hätte Göthe I 21, 94 W. leicht variiert, wenn nicht als spontaner oder mundartlich beeinfluszter gebrauch zu ob. A 5 a: Abimelech wollte das wort nicht haben, dasz ihn ein weib umgebracht hätte (1784) bei Heynatz antibarbarus (1796) 2, 651; er het's nid welle z' wort ha er hat nicht wollen, dasz man sage Hunziker Aargau 302. über die analoge jüngere formel etwas nicht wahr haben wollen vgl. teil 13, 741; zur formalen bildung vgl. auch des (das) will ich wahl haben s. v. wahl I a α, teil 13, 509; Müller-Fraureuth obersächs. 2, 680ᵃ.
e)
in umfassenderem sinne und auszerhalb verbaler bindung meint wort das sprechen und reden in einer weitgespannten anwendung, vor allem das reden und sprechen schlechthin als eine dem menschen typisch und wesentlich zugehörige form des sich mitteilens.
α)
von einem bestimmten wortauftrag, einer botschaft u. ä. schon in älterem gebrauch:
bin nu mines wortes gikerit heimortes
(der dichter am ende seines werkes)
Otfrid V 25, 3;
vgl. I 2, 27; IV 1, 5; 15, 28; vnd mein wort vnd meine predigt war nicht in vernünfftigen reden menschlicher weisheit, sondern in beweisung des geists vnd der krafft 1. Kor. 2, 4;
ach! aber dunkler umschattete, mitten im wort dich
furchtbarentscheidend ein tödtlich verhängniss (vom tode Christi)
Hölderlin s. w. 4, 163 Hellingr.;
dein wort, nun lodert es, ein züngelnd schwert,
das jeglichem geschlecht zu herzen fährt,
wenn es sich miszt am masz der ewigkeiten
Th. Kochs d. reine stimme (1947) sonett Jesajas.
β)
die einem bestimmten menschen zugehörige, ihn charakterisierende art zu reden, in jüngerer sprache:
sein wort war kein befehl, kein drohendes geheisz,
drum war ihm stadt und land gewogen
Gottsched ged. (1751) 1, 31;
sein schwert war entscheidend, und kurz sein wort
Klopstock oden 1, 198, 18 M.-P.;
und hier und dort vergönn an deinen blicken,
an deinem wort uns ewig zu entzücken!
Göthe I 2, 153 W.;
sein (des tyrannen) wort
schmucklos und rauh, trägt nicht des unsern form,
läszt keine antwort zu ... doch trifft wie blitz
Stefan George d. neue reich (o. j.) 85.
anders, auf den sprechklang einer stimme bezogen:
und ihr wort war wie gesang
Hegner ges. schr. (1828) 5, 144.
γ)
vermenschlichend auf unpersönliche mächte übertragen, doch vgl. schon:
lêđiad thi hêr manage tô
ordos endi eggia, orlegas uuord (= kriegsgeschrei)
Heliand 3697 B.;
nie gab dein stilles wort, natur,
nie red und lied ihm (dem schlechten menschen) schwung
J. H. Voss antisymb. (1824) 1, vorspruch;
drum ist ein jauchzen sein wort (des Rheins)
Hölderlin s. w. 4, 174 Hellingr.
δ)
über β hinaus zu der speziellen bedeutung 'meinung, urteil' entwickelt, wobei nicht eigentlich das für einen einzelfall abgegebene urteil (dies s. o. A 4 b β), sondern die für jeden fall gültige, die erprobte und verfügbare urteilsfähigkeit eines bestimmten menschen gemeint ist: dasz man sich überzeugt hält, mein wort habe bei ew. hochwohlgeboren einiges gewicht Göthe IV 31, 10 W.; ein altmeister, dessen wort in der stadt etwas gilt Alexis Roland v. Berlin (1840) 2, 42;
bin jung gewesen,
kann auch mitreden,
und alt' geworden,
drum gilt mein wort
Mörike w. 1, 20 Maync.
ε)
zusammenfassend für die menschliche rede schlechthin. wieweit hier, ähnlich wie bei f, auch die bedeutung wort II 'einzelwort' einwirkt, indem das einzelne wort als kleinste sinneinheit stellvertretend für das phänomen menschlicher rede überhaupt genommen wird, ist im einzelfall schwer zu entscheiden.
αα)
allgemein. in sehr früher bezeugung nur biblisch, in einfacher umsetzung griechisch-lateinischen vorbildes, wo Luther noch deutliche zurückhaltung zeigt: ak frisahts sijais þaim galaubjandam in waurda (ἐν λόγω), in usmeta, in friaþwai, in galaubeinai, in swikniþai got. bibel 1. Tim. 4, 12 (Luther: im wort); vgl. Kol. 4, 6 u. Lk. 4, 32 (Luther: rede); thaz sie (die Pharisäer) in befiengin in uuorte (in dem, was er etwa sagte) (ut caperent eum in sermone) (Luther: in seiner rede) Tatian 126, 1 (Matth. 22, 15). sonst jungen gebrauchs:
schnell fertig ist die jugend mit dem wort,
das schwer sich handhabt, wie des messers schneide
Schiller 12, 242 G.;
glaube weit, eng der gedanke,
wie das wort so wichtig dort war,
weil es ein gesprochen wort war
Göthe I 6, 5 W.
mit adjektivischer bestimmung:
wie ihr das erbe angewandt,
das einst in sorgen, kämpfen, plagen
ich (Luther) euch errang mit starker hand,
das erb und recht des tapfern wortes
E. M. Arndt s. w. 5, 148 Rösch-Meisner.
namentlich freies wort:
was ich denke, das darf ich sagen.
das wort ist frey, sagt der general
Schiller 12, 28 G.;
er gab sich alle mögliche mühe, um dem freien worte ... raum zu verschaffen Dahlmann gesch. d. frz. rev. (1845) 26.
ββ)
speziell im blick auf die fähigkeit der wortbeherrschung, der redegewandtheit, vgl. wort dichterisch für 'fähigkeit und kunst, das wort zu führen, gut zu sprechen' Campe 5 (1811) 775: doch galt sie nicht einmal für klug, weil ihr das wort nicht sehr geläufig war quelle a. d. j. 1918. besonders mundartlich: good to woorde wesen wohl zu reden wissen brem.-nds. wb. 5, 287; he kann goot to woorde, kann sien woort goot maken ist redegewandt Böning Oldenburg 134; Elberf. ma. 177ᵇ; Leithäuser Barmen 172ᵇ. vgl. umgangssprachlich: der kann sein wort machen, der hat ein wort am leibe u. ä.
γγ)
mehr objektiviert das deutsche wort 'die deutsche sprache':
es ruft die heilge sprache unsrer ahnen:
'ihr sänger, vor! und schützt das deutsche wort!'
Th. Körner w. 1, 107 Hempel.
f)
auf hoher gedanklicher und stilistischer ebene entwickelt sich seit dem 19. jh. nach verschiedenen richtungen ein gebrauch, der namentlich in modernster sprache weiter um sich greift. hier gewinnt wort im anschlusz an e ε den rang eines fast symbolhaften begriffs oder einer zeichenhaften benennung. mit einflusz der bedeutung wort II, sofern das einzelwort als symbol des redens überhaupt empfunden wird (s. auch e ε), ist hier ebenso zu rechnen wie mit einwirkung des erweiterten oder säkularisierten religiösen gebrauchs C. das wort als existentielle, innermenschliche beziehung, als tiefe und bedeutsame lebensfunktion: in diesen ... ausdrücken des herzens, die wie die wünsche: 'guten morgen, guten abend ...' bei den meisten menschen durch die gewohnheit ganz bedeutungslos werden, lag für sie eine tiefe bedeutung, und ich glaube dieses mit recht für den zug eines kindlichen und tiefen gemüthes halten zu dürfen, welches fromm an das wort glaubt, und dem der sinn nie verloren geht Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 296; jeder miszstand, jedes übel ... wird nur durch das gesänftigte, edle, ruhige, aber allseitig beleuchtende wort gut ... und das wort, diesen 'sanften ölzweig', so heisz ersehnt, endlich errungen, gebrauchen wir jezt so selten recht, oft wird es eine zündfakel Stifter s. w. 17 (1929) 284, 3; (dasz die menschliche existenz) identisch ist mit der tatsache, dasz der mensch das 'wort hat'; daher man vom tier sagen kann, es habe kein ich, weil es das wort nicht hat Ferd. Ebner das wort u. d. geistigen realitäten (1921) 21. in religiöser sicht: doch ist auch das wort in der göttlichkeit seines ursprungs 'historisch' geworden — im leben und worte Jesu Ferd. Ebner a. a. o. 23; gott lebt sprechend; und zwar so, dasz bei ihm das wort die person nicht voraussetzt, sondern begründet. gott ist person mit bezug auf das wort Guardini welt u. person (1939) 160; man musz sich klarmachen, dasz das wort die unentbehrlichste gabe ist, die dem menschen gegeben wurde, und dasz das wort von seinem ursprung her das zugesprochene wort ist Fritz Dehn in: sonntagsblatt (1948) 11, 4 Lilje. daneben steht das wort auch für die manifestation des geistigen, für geistige erkenntnis, wissenschaftliches streben u. ä.:
wenn du dich lebenslang beschäftigest mit wörtern,
verachten dich mit recht, die lieber ding erörtern.
wenn du dich wenigstens beschäftigtest mit worten,
aus welchen aufgebaut sind der begriffe pforten.
doch wenn du wirklich dich beschäftigst mit dem wort,
es ist nichts höheres zu finden hier noch dort
Rückert d. weish. d. brahmanen (1836) 4, 222
(s. dazu auch E 6 b ende und herkunft u. form, sp. 1471 f.); der tolle weg aber (der frauen zu philistern macht) ist eine falsche tendenz aus der genialität des fleisches in die des wortes, und wir finden sie häufig in gelehrten frauen, wenn sie nicht zugleich gute mütter sind Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 445; das wort. organ des illuminatenordens. monatsschrift für allseitige erkenntnis (titel einer zeitschrift; vgl.: logos. internationale zeitschrift für philosophische kultur. titel einer zeitschrift). in einer dem biblisch-religiösen gebrauch C 3 b entnommenen prägung: so will ich denn hier versuchen, in einsamkeit des wortes diener zu sein (in Greifswald), denn besser soll es mir nicht werden U. v. Wilamowitz-Möllendorff briefw. m. Usener (1934) 15. als wort der dichter, dichterisches wort, auch einfach als wort für den dichterischen auftrag oder den vorgang dichterischer weltdeutung, wobei gehalt und gestalt zusammengefaszt sind gegenüber dem gebrauch E 6 a β, der wort als die sprachliche formgebung vom inhalt der dichterischen aussage scheidet: doch konnte sie (die schule) mir mitgeben, was sie vielleicht nur für eine geistige mitgift ansah, aber was sich dem hungrigen gemüt in eine unerschöpfliche speise verwandelte: das wort der dichter E. Wiechert v. d. treuen begleitern (1937) 5; welche gewaltigen räume vermag das wort des dichters (Hölderlin) zu beschwören Otto Heuschele Friedrich Hölderlin (1946) 63; das geheimnis der immerwährenden menschwerdung selbst denen aufzuschlieszen, die nur mehr für die offenbarung des dichterischen wortes empfänglich sind Zangerle in: der Brenner 16 (1946) 167; lyrik bleibt persönliches welterlebnis. ihr mysterium ist das geheimnis der form, ihre magie ist der klang der ins wort verwandelten welt Gunter Groll in: de profundis (1946) 19. auch hier in der an den religiösen gebrauch C 3 b angelehnten verbindung: in zeitläuften, da schon das lesen einer satire den kopf kosten kann, müssen die diener am wort und an der wahrheit, wie Karl Kraus einer war, verstummen Zangerle in: d. Brenner 16 (1946) 144.
2)
im plural bezeichnen worte, vornehmlich in der festen verbindung mit verben, das mittel, das dem sprechenden zur verfügung steht und dessen er sich sprechend bedient, auszerhalb verbaler bindung auch unmittelbar das reden und sprechen selbst. der ganzen anwendung liegt die vorstellung zusammenhängender rede zugrunde, wenngleich überall dort, wo in der bindung an verben worte als mittel der rede gemeint sind, dem sprachbewusztsein auch eine anknüpfung an wort II 'einzelwort' mehr oder minder naheliegen mag. eine solche anknüpfung wird in der sprachlichen formung dort offen vollzogen, wo worte, oft unbeschadet der bedeutung 'zusammenhängendes reden' in verbindungen wie zwei, drei, wenige, viele, kurze, lange worte u. ä. als zähl- oder meszbare gröszen, als einzelne gebilde behandelt werden (s. u. II C).
a)
worte als ausdrucksmittel des sprechens. unter den verbalen verknüpfungen haben die präpositionalen den vorrang.
α)
vorwiegend älteren gebrauchs sind wendungen wie worte treiben, führen, machen u. ä., mit denen sich aber gern ein übler nebensinn verbindet, vgl. dazu noch wenig oder viel worte treiben, machen unter II C 5 b γ: also wurden vil freundtlicher wort von Leufriden ... und den andren junckfrauen getriben Wickram w. 2, 314 Bolte;
Frantzosen tragen schuld, dasz so sie, wie sie schreiben,
nicht reden auch; dazu so, wie worte treiben,
gar selten sind gesinnt
Logau sinngedichte 71 Eitner.
moralisch abwertend oder geringschätzig, vgl. dazu noch prägnantes worte treiben 'schimpfen, zanken' unter b: vnd sie (Potiphars weib) treibe solche wort gegen Joseph täglich 1. Mose 39, 10;
du wilt allweg der gschicktist sin
und tribst da wort, ich schisz dir drin
H. R. Manuel weinspiel v. 1900 Odinga;
des mus man gewonen ... das er (Mose) feindlich viel wort füret, damit er imer ein ding treibt, vnd zu weilen vber die mas reich ist Luther 4 (1574) 53ᵃ; die zeugen führen nicht einerley worte the witnesses are not all of a tale Chr. Ludwig t.-engl. (1716) 2534; mann sahe gnugsam an den minen der Calvinisten, dasz sie ein lust hatten, ihnen das fell zu gerben, wann sie nur ein wenig mehr wort gemacht hätten Grimmelshausen 2, 359 Keller. 'aufhebens machen, ungebührlich viel von etwas reden':
macht worte wie ihr immer koͤnnt,
und ruͤhmet eure grosze goͤnner, ...
wir setzen euch fürst Friedrich vor
Neumark fortgepfl. mus.-poet. lustw. (1657) 1, 207.
in jüngerem gebrauch wohl nur mit negativem unterton:
o eile, geh! mach keine worte mehr!
Schiller 12, 358 G.;
der über kunst und kunstwerke auch wohl manchmal worte macht, sie aber doch nur für nothwendiges übel hält Göthe IV 40, 249 W. von dem gegensatz wort und tat her (s. u. E 1 a β): verlogen, weil sie worte machten, statt schlechthin das notwendige zu tun Ricarda Huch kampf um Rom (1925) 100. in älterer gelegenheitsanwendung noch:
bysz sy zuͦ nacht jn über redt
allein mit worten, die sy thet
Murner geuchmat 79, 1530 Fuchs;
vgl. ebda 79, 1538f.; wo man vor züchtigen personen soͤmliche unnütze wort uͤbet Wickram w. 3, 4 Bolte;
was hilfft es, das wir woͤrter geben
tieff erschoͤpffet in dem leben,
wen der todt her zuͦher kumpt
Murner schelmenzunft 68, 196 ndr.
β)
eine fülle verbaler verbindungen, vornehmlich präpositionaler art, umschreibt die tatsache, dasz über etwas gesprochen wird, bezeichnet form, art und einkleidung, in der etwas laut wird (die gelegentliche anwendung des singulars s. o. 1 d α):
das es icht ze worten chäm,
du seyest gewesen hynn by mir
Hätzlerin liederbuch 186, nr. 27 Haltaus;
verzeihen sie mir, Philokles, wenn ich unterweilen meine empfindungen zu worten kommen lasse Möser verm. schr. (1797) 1, 10; könnt ich seinen schmerz nur zu worten bringen! (dahin bringen, dasz er sich ausspricht) Göthe I 17, 64 W.; solchs ist alles mit kurtzen, aber reychen, vollen wortten verfassett ynn diszer gottlichen vorsprechunge Luther 10, 1, 1, 524 W.; das bestreben, den ... inhalt in worte zu fassen Justi Winckelmann (1866) 2, 1, 46; hie ist zweyer schalckhafftiger menschen trugligkeit mit worten begriffen Boltz Terenz deutsch (1539) 89ᵇ; wenn ich ... mit worten aussprechen wollte wieviel mir dergleichen mittheilungen werth sind, so würde ich zu übertreiben scheinen Göthe IV 42, 6 W.; denn mögen auch in gewisser hinsicht ... die nicht existierenden dinge leichter und verantwortungsloser durch worte darzustellen sein als die seinenden Herm. Hesse glasperlenspiel (1943) 1, 12. jünger einer sache worte leihen, geben: es treibt sie derselben (der erinnerung) worte zu leihen O. Jahn Mozart (1856) 4, 423; er ... gab seinen überströmenden gefühlen nach möglichkeit worte Raabe hungerpastor (1864) 1, 164. von der vorstellung aus, dasz die ausdrucksmittel der rede gesucht oder gefunden werden:
er wolte worte finden
(meint auch, er hette sie),
die jhr hertz solten binden
zur lohnung seiner müh
Königsb. dichterkreis 57 ndr.;
erst werd ich sinn, sodann auch worte finden
Göthe I 6, 40 W.;
Nespoli fand nicht die worte in sich, die seine erschütterung ausgedrückt hätten Bergengruen d. grosztyrann u. d. gericht (1935) 280; indem der dichter worte sucht für das neue, das in ihm selbst erklang Max Kommerell ged. üb. gedichte (1943) 13; vgl. redensartliches nach worten ringen; die alte schien um worte verlegen Storm s. w. (1898) 1, 14.
γ)
die gleichen oder ähnliche verbindungen vor allem negierend oder mit negativem unterton, sofern worte als unzulängliches, nicht zureichendes ausdrucksmittel bezeichnet werden sollen: ie me sin der mensche befindet, ie minre er es zuͦ keinen worten bringen mag gottesfreundliteratur 1, 31, 9 Strauch;
(die liebende) ist so voll von ihm
und ihrem glück und kann doch nichts
zu worten bringen, horchet nur und schweigt
Wieland s. w. (1853) 11, 144;
non possum verbis consequi ich kans mit worten nit erlangen, ich kans nit aussagen Alberus nov. dict. gen. (1540) G 3ᵇ; ich kann nicht in worte fassen, wie mich sein tod bewegt kriegsbr. gef. studenten (1928) 199; eine gewisse eigentümlichkeit ..., die ich mit worten nicht ausdrücken kann E. T. A. Hoffmann s. w. 14, 156 Gr.; es ist nicht mit worten zu beschreiben, wie schön die Rhone bei Genf sei! Fr. Schlegel s. w. (1846) 6, 221; es ist muglicher, das der Reyn vorsiege, denn das dirsz (Murner) an wortten gepreche Luther 7, 682 W.; es fehlen mir die worte le parole (i vocaboli) mi mancano Kramer teutsch-it. 2 (1702) 1396ᵃ; nachdem er betheuert und auf das stärkste betont hat, dasz ihm die worte fehlen, um das paradies zu schildern Scherer lit.-gesch. (³1885) 49; es sind keine worte für die grösze und schöne dieses anblicks (eines landschaftlichen fernblicks) Göthe I 19, 238 W.;
ob euch auch ein schmerz befange,
dem die worte sich versagen
R. A. Schröder ged. (1935) 207;
ich fühlte und fühle die liebe, ohne worte für sie zu haben Klinger w. (1809) 1, 33; hast du worte, find't der mensch worte? (ausruf des entrüsteten erstaunens) Bruns volksw. d. prov. Sachsen 75ᵇ. aus der verbalen bindung gelöst: und der mensch kan da von nit gesprechen, mer er bevindet es wol ettwas in im, wan es ist úber wort, darumb so schwiget er (1392) in: Paul u. Braune beitr. 54, 170; ich ... liebe dich über alle worte Göthe IV 7, 115 W.
δ)
mehr in der vorstellung von der überflüssigkeit und zwecklosigkeit des redens wurzelnd:
das lyt am tag vnd darff nit wort
H. R. Manuel d. weinspiel 2318 ndr.:
was bedarff es wort? buch d. liebe (1587) 112; die worte verliehren surdas aures pulsare Steinbach (1734) 2, 1041; indessen es war und ist nicht zu ändern, und so sollte man keine worte mehr darüber verlieren Fontane ges. w. (1920) II 4, 190. abgeschwächt zur bedeutung einer beiläufigen bemerkung: wir werden ... gelegenheit finden, über dies alles hie und da einige worte zu verlieren Raabe d. hungerpastor (1864) 1, 25.
ε)
ein negativer unterton schwingt auch in bildlichen wendungen mit, die ein verantwortungsloses oder unpräzises reden umschreiben: mit worten spielen to use gingling words; to gingle in words Chr. Ludwig t.-engl. (1716) 2534; ich vermag nicht, mit worten spielend, auf ihr gefühl zu wirken quelle a. d. j. 1866.
in der dichtkunst hat er mit worten herzlos geklingelt
Schiller 11, 113 G.;
sie ging
um diesen wunsch herum, mit worten wedelnd.
mir fiel das sprichwort ein vom heiszen brei
H. v. Kleist w. 1, 174 E. Schmidt.
ζ)
der gebrauch bildlicher wendungen erscheint im übrigen nur in wenigen verbindungen gefestigt.
αα)
zur umschreibung trügerischen, unehrlichen, unzuverlässigen redens, vornehmlich in älterer sprache: fürcht, er (der grosze herr) möchte zornen, da schnitze ich die wort dünne, machs glimpffig Luther 19, 326 W.; dann Philippen ist ein rechte helle katz gewesen, der wort hat können schleiffen H. Gholtz lebendige bilder (1557) G 2ᵇ; die den wind oder athem verkauffen, glatte wort schleiffen, irem bauch das wort thuͦnd, vnnd mit allen winden seglen Seb. Franck sprichw. (1541) 1, 6ᵇ; er kann fast gute wort spinnen, wirt aber nit gut tuch darausz (für leere versprechungen) Luther br. 1, 120 W.; seine worte auf schrauben setzen ambigue, affectate, arroganter dicere, versutiloquum esse Stieler (1691) 2577; Chr. Ludwig t.-engl. (1716) 2535; oder er ist gezwungen ... seine worte auf schrauben zu stellen, die worte der bibel doppelzüngig zu gebrauchen Florencourt pol., kirchl. u. literar. zustände in Dtschld. (1840) 371; fragen wir den pöbel, dessen witz noch nicht so boszhaft ist, worte umzumünzen Lenz ges. schr. 2, 209 Tieck. mit geringerem moralischen gewicht von sophistischem reden, begrifflicher haarspalterei: ihnen (den abstrahierenden philosophen) glaubt keiner; denn sie glauben sich selbst nicht: aber desto mehr zanken sie mit einander und spiessen worte Herder 15, 152 S.
ββ)
sofern eine aussage genau überprüft und abgewogen wird: die vnnützen wesscher plaudern, das nichts zur sachen dienet, die weisen aber bewegen jre wort mit der goldwage Jesus Sirach 21, 27; Faber thes. (1587) 603ᵇ; hiermit nahm Polemon ... Arsinoens schreiben mit sich, legte auch in seinem zimmer alle worte auf die wage Lohenstein Arminius (1689) 1, 282ᵇ; 't muss ê net all wîrder op d'goldwô léen luxemb. ma. 494ᵃ.
γγ)
um fülle oder kraft der aussage zu kennzeichnen: das er feindlich vil wort füret ... vnd zu weilen vber die mas reich ist, vnd daher schwemmet mit worten Luther 4 (1574) 53ᵃ; ein schwall von worten löste sich von den lippen Alexis vaterl. romane 10, 262 Lorenz-Bartels; durch alle (liedformen) ergieszt sich der strom der worte leicht und wohllautend Uhland schr. (1865) 5, 260.
η)
in anderen verbindungen begegnen worte als mittel des gesprächs, des redeaustauschs (den entsprechenden gebrauch des singulars s. o. 1 c). im älteren nhd. besonders worte haben, zu worten kommen mit jmd., vgl. auch Verwijs-Verdam 9, 2829:
der künec und diu künegîn
hâten geselleclîchiu wort
mit zühten bî ein ander dort
Rudolf v. Ems Alexander 17875 lit. ver.;
mit dir wort haben mag ich nit, so wil ichs ouch nit Niclas v. Wyle translat. 36 Keller;
was ist die sach? habs nicht gehort,
ich hett mit diesem herren wort
(ich unterhielt mich mit ihm)
(1590) Rollenhagen spiel v. reichen manne 82 ndr.;
mit den se sin to worden gekomen, one dusse dinge vorgegeven unde se gebeden bei Schiller-Lübben 5, 772ᵇ; Vlenspiegel sprach, er ... wer darumb geen Rom kummen, das er mit dem bapst zuͦ worten wolt kummen (1515) Eulenspiegel 51 ndr.; vgl. 21; Wickram w. 2, 130 Bolte. sehr früh schon und, ohne nachweisbare verbindung, wieder seit dem 17. jh. in der verbindung worte wechseln, neben singul. ein wort wechseln (s. o. A 4 b δ) und der spezielleren anwendung unten b. as. wordun wehslan (ags. wordum wrixlan bei Bosworth-Toller 1276ᵃ), vgl. mhd. wehselwort Lexer 3, 735 u. s. unten wortwechsel, wortwechseln, wortwechselung:
thô im nâhor geng
the man far theru menigi uuiđ sô mahtigna
uuordun uuehslan
Heliand 2104 B.; vgl. 3131; 4029.
im folgenden beleg vielleicht in dem sinne von 'ein wort durch ein anderes austauschen': da man nur worte wechselt, und worte mit worten erkläret; da das gemüth nie erfähret, was des wortes kraft und verstand ist Jac. Böhme s. w. 7, 18 Schiebler; inzwischen wir viel worte hierüber wechselten A. U. v. Braunschweig Octavia (1677) 3, 181;
ich vergesse keinen,
mit dem ich einmal worte hab gewechselt
Schiller 12, 297 G.;
jeder bekannte ... trat ein, um einige worte mit ihr zu wechseln M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 252. weitere nachweise s. unter wechseln 1 b δ, teil 13, sp. 2734;
tauschten die entbotnen männer
mit dem grafen muntre worte
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 77.
θ)
häufig mit, in worten, durch worte etwas tun.
αα)
in rein pleonastischen formeln früher sprache neben verben des sagens, gebietens u. ä., neben präpositionaler abhängigkeit auch im instrumentalen dativ, besonders im Heliand, aber auch bei Otfrid, vgl. dazu zs. f. dt. alt. 46, 269; 278f.:
hêt ina uuârlîco uuordun seggean
Heliand 868 B.; vgl. 2540; 3038 u. ö.;
gizeli worton thinen then bruadoron minen,
thaz habes thu irfuntan, theih bin von tode irstantan
Otfrid V 7, 59; vgl. 9, 40 u. ö.
später selten:
wenn man den wolff mit worten nent,
so kömpt er schon doher gerent
Eyering prov. cop. (1601) 3, 405.
ββ)
im übrigen, um eine menschliche äuszerung als eine solche des redens oder sprechens zu kennzeichnen, neben verben oder auch substantiven verbalen gehalts, deren sinngehalt nicht unbedingt an die vorstellung des redens gebunden ist, vorwiegend in älterer sprache; gern in solchen verbindungen, die durch den prägnanten gebrauch von worte = 'schimpf-, streitworte' gefärbt sind (s. u. b):
ni he thô mid uuordun strîd
ni afhôf uuiđ that folc furđur, ac fôr imu thô, thar he uuelde
an ên gebirgi uppan
Heliand 2893 B.;
rixari zancken mit worten; kefeln myt den worten (md. 15. jh.) Diefenbach gl. 499ᵇ; vgl. 26ᶜ; straf mich nun mit worten, wie du willst Bettine Günderode (1840) 1, 32. in bildlichen wendungen, vgl. s. v. stechen 6 b, teil 10, 2, 1252: umb des willen das er in und die andern geytigen münch mit also züchtigen worten gestochen und gepissen het Arigo decamerone 43, 37 Keller; vgl. 49, 20; 44, 2;
laͤstu so laͤsterlich mit worten auf dich stechen?
Hoffmannswaldau ged. (1697) 2, 41;
eyn yeden er (der grobian) mit worten stoszt
vnd hynder redet alle frist
manchen, der nit zuͦ gegen ist
Seb. Brant narrenschiff 110ᵇ Z.
vor dem hintergrund eines unausgesprochenen gegensatzes zum tun und handeln (s. u. E 2):
sîn rede was nâch wîne,
dô er iuch hie mit worten rach.
wie er sluoc und wie er stach!
Hartmann v. Aue Iwein 2461;
widderumb die tollen narren, die mit gedancken zu erst kriegen ... die welt fressen mit worten und sind die ersten mit messer zucken, aber sie sind auch die ersten, die da fliehen und das messer einstecken Luther 19, 646 W. darüber hinaus in vielfacher anwendung: heb dich, mach dich yetz dannen Eschine, du hast vns lang gnuͦg mit worten betrogen Boltz Terenz deutsch (1539) 100ᵇ;
hast du doch ...
mehr mit worten bestrickt, als die gefällige
Hesperillis
Ramler lyr. ged. (1772) 104;
incantator ein zoubrer mit worten (fascinator ein zoubrer mit werken) (14. jh.) Wackernagel vocab. opt. 38ᵇ; am abend aber brachten sie viel besessene zu jm, vnd er treib die geister aus mit worten, vnd machte allerley krancken gesund Mt. 8, 16; ich verteidige mich nicht mit worten! quelle a. d. j. 1935. in worten, durch worte mehr in jüngerem gebrauch: es ist meine pflicht, das ich ... den willen in worten zahle Birken d. verm. Donaustrand (1684) vorr. 2; weil aber jedes mitreden ... will, so vernichten sie sich einander, wenigstens in worten Göthe IV 27, 222 W.; dasz man Beethoven beim komponieren in worten beobachtet habe Th. Mann Faustus (1947) 259. in gegenteiligem sinn, bewuszt paradox: da mischt sich noch ein drittes, nahes und bestimmtes geräusch in das gespräch ohne worte Barth Kalkalpen (1874) 273. gelegentlich löst sich ein mit worten, in worten aus der engen verbalbindung und heiszt dann soviel wie 'redend, im gespräch':
swâ man mit worten hie gesaz,
diu rede was von in zwein (Iwein u. Gawein)
Hartmann v. Aue Iwein 3080;
da hat es sich in worten geben, das er gesagt hab, wie er ... (16. jh.) Seb. Fischer Ulm. chron. 68 Veesenm.; wie leicht es ist, mit worten über etwas hinweg zu kommen Raabe unruhige gäste (⁴1900) 97.
b)
in prägnantem gebrauch namentlich älterer oder mundartlicher sprache sind worte 'streit-, zank-, schimpfworte', s. die gleiche bedeutung von engl. words bei Murray 10, 2 s. v. word I 5 und in der singul. formel ein wort gibt das andere o. A 4 b α ende. auch hier meist in festen verbalverbindungen, die z. t. sonst in neutraler bedeutung geläufig sind (s. o. a α und bes. η), vgl. dazu auch mit worten streiten, zanken u. ä. unter a θ ββ: nit schlag umb schlage geben, wort umb wortt (1519) Egranus ungedr. pred. 21 Buchw.; vgl. Rädlein (1711) 1053ᵇ; hat wort triben in der rechenstuben (Heilbronn 1525) bei Fischer schwäb. 6, 961; ein königischer hauptmann in disem krieg, hat hievor zu Schaffhausen vnd andern orten, etwas wort getriben, die den eydgnossen zu hertzen giengen, darum zugen sie jhm diszmal für die statt vnd schlosz Stülingen Stumpf Schweizerchron. (1606) 748ᵃ; und 's kerlchen ward dreist, und dacht er hätt Lotten, und Werther griesgramte, dasz Lottchen solch 'nen lumpen litt, so hatten sie worte Fr. Nicolai freuden d. jungen Werthers (1775) 44; sê hebben wôrden (scheltworte, streit) mit 'n ander had (kregen) Doornkaat-Koolman 3, 570ᵃ; vgl. mnl. worde hebben, maken 'streit bekommen' Verwijs-Verdam 9, 2828; engl. to have words Murray 10, 2 s. v. word I 5; in de wôre kômen in wortwechsel geraten Schambach Göttg. 304ᵃ; Böning Oldenburg 134; Gangler Luxemb. 486. worte wechseln, s. unten wortwechsel 4, wortwechseln 2:
sie giebet flucht, musz fluchen,
sie wechselt wort um wort
Rachel sat. ged. 20 ndr.;
geschlagen bin ich wenn ein weib mich anfällt,
ich kann mit dem geschlecht nicht worte wechseln
Schiller 12, 227 anm. G.;
Campe 5 (1811) 775; eine heissen an d' wort tënke einem ansagen, dasz man ihn wegen eines scheltwortes zu gerichtlichem zeugnisz auffordern werde Hunziker Aargau 302; Doornkaat-Koolman 3, 570ᵃ; Stürenburg ostfries. 334ᵇ. in selbständigerer, vom verbum losgelöster anwendung: es ist nichts, allein er kan die wort nit lassen Seb. Franck bei Fischer schwäb. 6, 961; Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) h 2ᵇ. in der für wort charakteristischen gegenüberstellung mit anderen, gegensätzlichen begriffen (s. u. E 1 c): und quomen zu wortten und dornoch zu messzern Cammermeister chron. 156 Reiche;
so kompts von worten zu den streichen
Scheit Grobianus 2307 ndr.;
sie sind von den worten zu den schlägen gekommen jurgantium ira pervenit ad manus Steinbach (1734) 2, 1041; nicht lange nach obgedachtem vorfall veruneinigte sich O-Purea mit ihrem gemahl und von worten kam es zu thätlichkeiten J. G. Forster s. schr. (1843) 2, 70.
c)
viel seltener als der singular (s. o. 1, bes. 1 c und e) steht der plural worte für den vorgang des redens selbst, in engerem und weiterem sinne.
α)
zu worten kommen 'gelegenheit zum sprechen haben' oder 'nehmen', im 16. und 17. jh. nicht ganz selten neben der noch ungeläufigen singularischen formel (s. o. 1 c κ): das man yhn ynn der nacht heymlich muͤste fangen, und als bald verbrennen, ehe das land ynnen wuͤrde, und er zu worten keme ... vnd hielten radt, wie sie yhn fiengen und nicht zu worten komen liessen Luther 18, 237 W.; so dasz niemant vor im zuͦ red oder worten kommen mocht Wickram w. 3, 10 Bolte. auf die sprechfähigkeit zielend: er kan nicht zu worten kommen obtunditur, vox ei intercluditur Stieler stammb. (1691) 2577. daneben vereinzelt:
doch, als dein hoher geist sich in die worte fand,
vergieng Chach Abas gantz ...
Gryphius trauersp. 184, 59 Palm.
β)
jmd. zu worten bekommen, kriegen 'ihn zu sprechen bekommen', in gelegentlicher analogie zu dem ähnlichen gebrauch des singulars unter 1 c ν: ich bin jhr lange nachgegangen, vnd habs auff vielerley wege versucht, wie ich sie zu worten vnd allein bekomen möchte, es hat aber bis dahero noch nicht sein wollen H. J. v. Braunschweig schausp. 43 Holland;
dasz er sie (die dame) krieg zu worden
braucht er viel list vnd kunst
Voigtländer oden u. lieder (1642) 102;
ik kan em nig to woorden krigen 'ich kann ihn nicht zu sprechen bekommen' Dähnert plattdt. wb. (1781) 556ᵇ.
γ)
aus, an, bei den worten jmd. erkennen, fassen u. ä., für die art des sprechens, durch die sich ein mensch charakteristisch zu erkennen gibt, meist in abfälligem sinne und sprichwörtlich: ût den wôrden kent men den gek Tunnicius sprichw. 1260 Hoffmann; man hoͤrt ann worten wol was für ein kauffmann schöne weise klugr. (1548) 38ᵃ; einen schalck kent man bey den worten, wie ein kraut bey dem geruch Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, T 5ᵃ. mit der sonst auf den singular festgelegten bedeutung F 'versprechen, zusage' (s. u. F 2 b ende) gekreuzt: einen ochsen ergreifft man bey den hoͤrnern, vnd den mann bey den worten Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, T 5ᵃ; Kramer t.-ital. 2 (1702) 1094ᶜ.
δ)
auf ein die art des redens charakterisierendes adjektiv bezogen:
(kind) uuordun spâhi
Heliand 125 B.; vgl. Gen. 117;
ûf stuont ein alter grîse,
der was der worte wîse
Meier Helmbrecht 1508 Panzer.
nhd. in präpositionaler bestimmung: vnstetter an worten (anfg. 15. jh. obd.) Diefenbach nov. gl. 262ᵇ;
die pewrin sindt mit worten ress
Hans Sachs 9, 16 lit. ver.;
wie spitzig vnd stachlicht von worten sie sein (die jungfern)
Voigtländer oden u. lieder (1642) 82, 6;
he ist slecht vun würn 'versteht nicht zu reden' Mensing schlesw.-holst. 5, 687;
frech in worten und geberden
Schmolck s. trost- u. geistr. schr. (1740) 1, 4.
ε)
allgemein, das reden überhaupt, s. o. 1 e ε. im ersten beleg von der fähigkeit zu reden, dem sprechvermögen:
unz thaz (bis dahin) tharbe harto   thero thinero worto
(auf die stummheit des Zacharias bezogen)
Otfrid I 4, 70;
nu sont wir merken wie daz wir volkomenhait gewinnent an den worten. vollekomenhait der worte lit an fünf dingen St. Georgener pred. 337, 23 R.; (Coriolan) hett den gebrechen ... das er vnbehüter wort vnd eynes stoltzen gemüts was Carbach Livius (1551) 33ᵃ; die worte sind gut, sie sind aber nicht das beste. das beste wird nicht deutlich durch worte Göthe I 23, 125 W.
E.
wort, worte in ausdrücklicher oder auch unausgesprochener beziehung oder abgrenzung zu anderen menschlichen äuszerungen, geistigen ausdrucksformen oder irgendwelchen gegebenheiten. dieser alte, vielfach zu formelhaften verbindungen neigende gebrauch erstreckt sich sowohl auf die konkrete bedeutung A, B 'aussage, ausspruch' wie namentlich auf das mehr verbal zu fassende D 'das sprechen, das reden' in allgemeinerem, umfassenderem sinne. singular und plural stehen dabei in fast allen anwendungen nebeneinander, älterem vorrang des plurals gegenüber gewinnt in junger zeit der singular mehr und mehr an boden, besonders soweit anlehnung an die bedeutung D 1 e und f hervortritt.
1)
im groszen vorstellungsbereich des sprechens und des tuns, des redens und des handelns. wort in der verbindung oder gegenüberstellung mit werk, tat, weise u. ä.
a)
formelhafte, meist zweigliedrige verbindungen bezeichnen 'aussage und handlung, das, was einer sagt und was er tut, das reden und das handeln' entweder konkret im rahmen eines bestimmten einzelverhaltens oder namentlich allgemein als umschreibung für diese beiden grundformen, die ganzheit menschlicher lebensäuszerung.
α)
wort und werk als zufrühest gefestigte, durch die alliteration gestützte, aber mehr und mehr abgenutzte verbindung, die seit dem 18. jh. zurücktritt und den vorrang an die entsprechende verbindung mit tat (s.β) abgibt; vgl. ags. word and weorc bei Bosworth-Toller 1265ᵇ.
αα)
meist pluralisch:
an ređiu (rechenschaft) standen
uuordo endi uuerko allaro the he an thesaro uueroldi giduod
Heliand 2612 B.; vgl. 3945; 4713 u. ö.;
unte scalt allero dînero uuorto unte allero dînero uuercho intentionem anne mih kêran ..., so lîchent mir elliu dîne uuort unte elliu dîne uuerch Williram 44, 7 Seemüller; noch sind sie so toricht, das sie yhre wort und werck als eyn gewisse, unbetriegliche regel des glawbens setzen und annemen Luther 8, 484 W.; (ich erzählte ihm alles,) auch was ich in demselben (gänsestall) von den zweyen ... vor wort und werck vernommen Grimmelshausen Simpl. 98 Scholte. in jüngerem gebrauch wohl bewuszt altertümelnd:
seine (des hexenmeisters) wort und werke
merkt ich, und den brauch
Göthe I 1, 215 W.; vgl. IV 12, 85;
(Hus) haszte dabei aber die Deutschen und sparte nicht worte noch werke, den damaligen könig Wenzel ... gegen sie aufzubringen Leppa herzenssachen (1923) 40. der eigentliche bedeutungsgehalt der formel verallgemeinert sich leicht zum grad- oder totalitätsbegriff im sinne von 'vollständig, in jeder beziehung, alles', negiert 'nichts'; im ersten beleg in adverbieller funktion: ich Heydenrich von Elkerhuͦsen ..., vorzihen genzeliche, wort unde werke, uffe alle ansprache (1333) hess. urkb. 2, 422 Wyss-Reimer;
das mir kein wort noch werck entfliess,
was mich (den dichter) dein tochter (Calliope) schreiben hies
Scheit d. frölich heimfart (1553) A 4ᵃ;
dann er sahe das der selb wort vnd werck kundt, vnnd bey dem kriegsvolck inn grossem ansehen war Xylander Polybius (1574) 284. seltener in umgekehrter wortfolge: allum dioboles wercum and wordum (sächs. taufgelöbnis) bei Steinmeyer ahd. sprachdenkm. 20, 5;
Juno, du bist sehr geflissen,
all meine werck vnd wort zuwissen
Joh. Spreng Ilias (1610) 11ᵇ.
ββ)
am geläufigsten mit oder in worten und werken:
'fater', quad, 'thir thankon mit worton joh mit werkon'
Otfrid III 24, 91;
kanst du och im uswendig gehelfen, es sie mit rate oder mit gaben, es sie mit worten oder mit werken Tauler pred. 148, 8 Vetter; vgl. 163, 33 u. ö.; Vlenspiegel bleib bei dem bischoff, vnd thet solliche geberd mit worten vnd wercken wie er die fraw darzuͦ bringen wolt dz sie dz also thuͦn solt Eulenspiegel (1515) 134 ndr.; welche ... wider ihre pflicht sich mit worten und wercken, an unserer allergnädigsten erb-princessin, ..., vergriffen haben Ziegler as. Banise (1689) 788. bewuszt archaisierend: du sollst ihre barbarey nicht beschönigen mit worten und werken (9. gebot aus einem katechismus d. vernunft f. edle frauen) Athenäum (1798) 1, 2, 110. über den eigentlichen sinngehalt der formel hinaus erweitert zur bedeutung 'gänzlich, in jeder hinsicht', negiert 'in keiner beziehung':
ac uuas im sô bihalden forđ
mid uuordun endi mid uuerkun
Heliand 541 B.;
das in mit warten noch mit werichen niemant darin (in die herrschaftlichen güter) tret oder infell tuen wolde (15. jh.) österr. weist. 6, 18, 5. die formel in worten und werken hat längere lebensdauer:
er (der teufel) spenit unsih alle zi mihilemo falle
in worton joh in werkon
Otfrid II 4, 88;
züchtig in worten und wercken Arigo decamerone 60 Keller; als ... aus ... dem gesetzten anstand in worten und werken der herannahende mann sich zeigte Meissner Alcibiades (1781) 1, 270; mehr wirkte ihr frommer liebevoller sinn und die wahrheit in ihren worten und werken Hoffmann v. Fallersleben ges. w. (1890) 7, 4. in umgekehrter wortfolge:
der sîne bîhte wol tuot
mit werchen joch mit worten
die hochzeit 687 Waag;
gar genaue freundligkeit in den werken und den worten
J. Grob epigramme 127 lit. ver.
γγ)
gelegentlich aus der klammer der festen formel in ein freieres, meist correspondierendes verhältnis gelöst:
mit worton mir al zelita so waz sih (= so ih) mit werkon sitota
(sagt die Samariterin zu den leuten)
Otfrid II 14, 88;
wôrde sint gût, wan dâr werke na volgen Tunnicius sprichw. 216 Hoffmann; wer könnte auch über zweydeutigkeiten in worten lachen, wenn zweydeutigkeiten in werken eine so ernsthafte bedeutung haben? Gerstenberg schlesw. lit.-br. 110 lit.-denkm.
δδ)
die singularische formel wort und werk steht anfangs hinter der pluralischen weit zurück, seit dem 18. jh., mit dem abklingen des gesamtgebrauchs, kehrt sich das verhältnis um. zufrühest in der anlehnung an biblisches vorbild: (Christus) mahtig in uuerke inti in uuorte (potens in opere et sermone) Tatian 225, 2 (Luk. 24, 19), (Luther: mächtig von taten und worten); die heiden zum gehorsam zu bringen, durch wort vnd werck (λόγω καὶ ἔργω) Röm. 15, 18;
Chlorinde traurt um ihren mann,
den sie in wort und werck, sie schwert es, nie betrogen
Warnecke poet. vers. (1704) 9;
wie sie ... sich einen fähnrich wählte, mit dem sie in wort und werk sechzehn monate marschierte Grillparzer s. w. 17, 221 S.;
wort und werk des gottessohnes,
als er ging in mannes hülle
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 14.
β)
wort und tat, ebenfalls schon früh gefestigt, aber erst seit dem 18. jh. an stelle von α als geläufigste verbindung.
αα)
pluralisch:
mahtig was er harto sines selbes worto,
joh sines selbes dato kreftig filu thrato
Otfrid V 9, 25;
vgl. Heliand 1207; 1990; 5289; zwayer dienerin, die jhrer wordt vnnd that ... gezeug seind Schaidenreisser Odyssea (1537) vorr. 3ᵇ;
der in worten und in thaten
sich recht tugendhaft erweist
Gottsched ged. (1751) 1, 181;
aus seinen worten und thaten E. M. Arndt s. w. 1, 38 R.-M.;
er, der unsträflich in worten und thaten,
was kann Medardus für sünden verrathen?
mod. dichtercharaktere (1885) 246 Arent-C.-H.
mit gelegentlicher vertauschung der glieder:
Moyses er ni deta thaz,
mit datin odo mit worton   mir wolti widarwerton
Otfrid III 16, 26; vgl. Heliand 1229;
welcher war ein prophet, mechtig von thaten vnd worten (ἐν ἔργω καὶ λόγω) Luk. 24, 19.
ββ)
singularisch fast ausschlieszlich in jüngerer sprache, dem für wort charakteristischen anwachsen des singularischen gebrauchs entsprechend:
(sie) handlen trewlich mit wort und that
Hans Sachs 19, 302 lit. ver.;
ein volck, ...
das zwischen mund und hertz, das zwischen wort und that
hat einen engen raum
Logau sinnged. 9 Eitner;
endlich müssen alle guten fest zu dem kaiser stehen, in wort und that ihn als den mittelpunkt des wirkens erklären Stifter briefw. 2 (1918) 29; auch diese idee ... wurde wort und tat bei diesen männern quelle a. d. j. 1936. selten in umgekehrter folge der glieder:
(sie) kämpften anderswo mit that und wort
Hoffmann v. Fallersleben ges. w. (1890) 4, 165.
γγ)
in freierer, korrespondierender beziehung:
thu recht vnnd hüt dich vor der that,
der wort wird etwan auch noch raht
Eyering prov. copia (1601) 1, 521;
das wort ist frey,
die that ist stumm, der gehorsam blind
Schiller 12, 28 G.
γ)
wort und weise frühen alliterierenden ursprungs (vgl. ags. word and wîse bei Bosworth-Toller 1240ᵇ), aber weniger geläufig und von kürzerer lebensdauer, s. auch s. v. weise, f. D 2, teil 14, 1, 1071; die gleiche verbindung in anderer bedeutung s. u. 4 a α:
thea im gitriuuiston
an iro môdseƀon manno uuârun
bi uuordun endi bi uuîsun
Heliand 4558 B.; vgl. 4974; 287;
das er (der geist) von ime selber nút enweis, er enweis do noch wort noch wise, noch smacken noch fuͤlen, bekennen noch minnen Tauler pred. 109, 21 Vetter; wann ich fuͤrsten vnd herren schreiben solte, wirde ich ... anderer wort vnd weise gebrauchen muͤssen Moscherosch insomnis cura parentum 14 ndr. älter nicht selten mit α zur dreigliedrigen formel verschmolzen: alles sin tuͦn und alle sine wege, wort und werg und wise Tauler pred. 92, 33 Vetter; vgl. 105, 6; 136, 11; dann jr wys und werk und wort zeigend gottlos lüt an Zwingli dt. schr. 1, 270 Schuler-Schulth.
δ)
in ähnlichen, mehr gelegentlichen verbindungen vorwiegend älterer sprache:
thaz ih giwar si harto thero sinero worto (Christi),
joh zeichan, thiu er deda tho
Otfrid I 2, 8; vgl. III 20, 185;
diu (göttliche weisheit) lêrt uns minne unt vorhte
mit pilede (vorbild) joch mit worten
vaterunser 4 Waag;
bis nút usbrúchig weder an worten noh an wandel Seuse dt. schr. 163 Bihlmeyer; wort vnd leben sollen sich mit einander vergleichen Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) ll 2ᵇ; Cromwell erklärte sie (die niederlage) für eine unmittelbare gnade gottes, für die man nicht dankbar genug sein könne mit worten und handlungen Ranke s. w. (1867) 17, 31. besonders: beide an seinen worten vnd geberden Er. Alberus fabeln 16 ndr. mit den obigen verbindungen α und γ zu mehrgliedriger, gern alliterierender reihung kombiniert:
so vind ich dich (schnöde welt) neur eitel swach
mit wort, werch und gepärde
Oswald v. Wolkenstein 96, 4 Schatz;
bisz er ... sein wesen, wortt, weysz vnd gepaͤrde, geaͤndert hat Schwarzenberg d. teutsch Cicero (1535) 4ᵃ; aber eben diese weite bekanntschaft war ein hundertaugiges lauren auf alle meine gänge, tritte, worte, geberden, werke Schubart leb. u. gesinnungen 2 (1793) 13; wer sich daran vergreiffen wirdt, mit worten, wercken, wehre oder waffen Reutter v. Speir kriegsordn. (1595) 32.
b)
die glieder der unter a erscheinenden geläufigsten verbindungen begegnen in anderem zusammenhang, und dann meist im verhältnis enger korrespondenz, sofern reden und handeln nicht als einheit gesehen, sondern ihre beziehung als problematisch oder gegensätzlich beurteilt wird.
α)
wort in der beziehung zu werk, vorwiegend pluralisch, kaum noch in jüngerer sprache:
swelch kristen kristentuomes giht
an worten, und an werken niht,
der ist wol halp ein heiden
Walther v. d. Vogelweide 7, 12; vgl. 14, 6; 24, 6; 33, 36;
aber die menschen folgten seinen wercken me nach dan seinen worten Pauli schimpf u. ernst 56 lit. ver.; nach eines seinen worten thun und nicht nach seinen wercken Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᵃ; grosse worte kleine wercke Kern sprichw. (1718) 30.
β)
wort in der beziehung zu tat. anfangs neben, später an stelle von α. im plural:
ich kenne manchen mann:
an worten ist er mönch, an thaten ist er hahn
Logau sinngedichte 527 Eitner;
der worte sind genug gewechselt,
laszt mich auch endlich thaten sehn
Göthe I 14, 15 W.
in der korrespondenz der glieder wird gern für wort der plural, für tat der singular gewählt: meine kindlin, lasst vns nicht lieben mit worten, noch mit der zungen, sondern mit der that vnd mit der warheit (μὴ ἀγαπῶμεν λόγω ... ἀλλὰ ἐν ἔργω ...) 1. Joh. 3, 18;
herr bruder, ich bin nicht
von denen, die mit worten tapfer sind,
und kommts zur that, das weite schimpflich suchen
Schiller 12, 251 G.;
die tat spricht deutlicher als worte quelle a. d. j. 1903. beide glieder im singular:
ein wort wol ein ansehen hat,
wenn drauff erfolgt die that
Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, Z 2ᵇ.
besonders in jungem und jüngstem gebrauch:
kühn war das wort, weil es die that nicht war
Schiller 12, 215 G.;
je mehr er aus meinen wiederholten besuchen sah, dasz es vom worte zur that kommen sollte Barth a. d. nördl. Kalkalpen (1874) 530.
c)
dem gleichen vorstellungsbereich des redens und des handelns gehört ein speziellerer gebrauch an, der wort mit begriffen eines gewaltsamen tuns wie schwert, waffe, eisen, schläge u. ä. meist gegensätzlich korrespondieren läszt:
spenis mih mit dinêm wortun, wili mih dînu speru werpan
Hildebrandslied 40 Steinmeyer;
gute wort sollen fuͤrgehen, die waffen folgen Lehman floril. polit. (1662) 1, 479;
das (miszverständnis) stellen worte, ja im nothfall stellen
es waffen leicht und glücklich wieder her
Göthe I 10, 174 W.;
sie wollen die obwaltenden beschwerden lieber mit dem schwert, als mit gründen und worten entscheiden Heilmann gesch. d. pelop. krieges (1760) 162;
mann, das habt ihr zu beweisen,
zu beweisen mir und andern,
nicht mit worten, nein, mit eisen!
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 102; vgl. 261.
mehr oder weniger von der prägnanten bedeutung 'schimpf-, zankworte' her gefärbt (s. o. D 2 b):
wollen si aber dess nicht lassen
unnd unzemelichis griffen nicht massen,
da gehoren worte unnd slege zu
(die jungfrauen in der abwehr lüsterner angriffe)
Joh. Rothe lob d. keuschh. 2803 Neumann;
schlege helffen nicht, wenn wort nicht helffen Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) dd 2ᵃ; wer sich nicht mit worten ziehen läszt, an dem helfen schläge auch nicht Schellhorn sprichw. (1797) 93; woͤrter sind auch schwerter Lehman floril. polit. (1662) 3, 478. besonders: ist doch ein wort kein pfeil nit schöne weise klugr. (1548) 81ᵃ; ein wort ist kein pfeil verbum non facit vulnus Serz teutsche idiot. (1797) 179ᵃ; Fischer schwäb. 6, 961. das gleiche sprichwort auch in anderer sinngebung: ein wort ist kein pfeil ... (sensus est, quod non omnia verba statim interpretari debeamus in malam partem) Pistorius thes. par. (1715) 711; Kramer t.-it. 2 (1702) 197ᵇ.
2)
aus dem unausgesprochenen gegensatz zu werk, tat, der unter 1 b ausdrücklich benannt ist, erklärt sich ein prägnanter pejorativgebrauch von wort als von solcher rede, die mit dem handeln in widerspruch steht oder sich nicht im tun verwirklicht. wort, worte steht hier für leere, blosze, schöne worte (s. o. B 4 c γ) oder auch für viele worte (s. u. II C 5 b β, γ), es bedeutet 'heuchlerische, nichtssagende redensarten' oder auch, in der nähe der prägnanten bedeutung wort F 'versprechen, zusage', soviel wie 'leere versprechungen': sie lehren auch, man solle gott lieben von ganzem herzen und den nähesten als sich selbs, so viel die wort antrifft. aber es sind und bleiben wort, mehr wird nicht draus ... und ist ihnen kein ernst Luther ²6, 18 Erl.; es sind lahme zoten, es sind schnacken, es sind wort Eyering prov. copia (1601) 2, 581; wort quandoque ponitur pro fuco et fallacia, verbisque inanibus, rerumque vacuis Stieler stammb. (1691) 2576;
nein, nein, ich glaube nicht,
nein, nicht den worten!
worte, ja worte habt ihr genug! ...
alles erlogen, alles ist trug
Göthe I 5, 1, 8 W.
wohl in antithetischer gegenüberstellung zu prägnantem singulargebrauch aus dem bereich wort F 2 'zuverlässigkeit':
spricht sie viel? — 'ja, fort und fort'. —
heisz sie gehn! es hält die ächte (freiheit)
nichts von worten, nur vom wort
Gaudy s. w. (1844) 1, 70.
besonders redensartlich und sprichwörtlich:
waz hülfe mich frumer liute wort?
ein slac ein biule, ein wort ein wint!
Hugo v. Trimberg renner 4525 Ehrism.;
ein wort ist ein wind,
wers fehet, ist ein kind
Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, Z 2ᵇ;
das, vermeinete er, were die real reputation, die vbrige bestünde in wind vnd worten Chemnitz schwed. krieg (1648) 1, 169; gott laͤszt sich nicht mit worten abspeisen, er will das hertze haben Reinicke fuchs (1650) 155; es gehen viel wort ynn einen sack Luther 19, 649 W.; worte und federn gehen viel auf ein pfund Binder sprichw. (1873) 217; fromm sein ist mit worten auszgericht schöne weise klugr. (1548) 170ᵇ; worte darf man nicht kaufen Schellhorn sprichw. (1797) 112; „klappermänner“. mann helt auch nicht auff sie, sonder sagt: es ist ein man von worten (er schwatzt den ganzen tag) schöne weise klugr. (1548) 102ᵇ (s. u. II C 5 b γ ende: viele worte).
3)
seltener bleibt, sowohl im sinn zusammenschlieszender wie gegensätzlich abgrenzender beziehung, die gegenüberstellung von wort mit inneren äuszerungen, mit seelischen oder geistigen kräften:
mit worton joh mit muate lobotun nan zi guate
Otfrid III 15, 42;
sîniu wort diu sint guot:
von den scheidet sich der muot
(Lunete über Iwein)
Hartmann v. Aue Iwein 3125; vgl. 5687.
namentlich: die ains redent mit den worten und ain anders hant in dem hertzen St. Georgener pred. 53, 21 R.;
wie er in worten war, so war er auch im herzen
Neukirch ged. (1744) d 5ᵇ.
mit der zu 1 a α gehörenden verbindung kombiniert, besonders in beichtformeln u. ä.: ih gihu unrehtero gisihto, unrehtera gihorida, unrehtero gidanco, unrehdero uuordo, unrehdero uuerco kleinere ahd. sprachdenkmäler 324 Steinmeyer (Lorscher beichte 22); wie wir uns halten sollen, kegen gott unserm herrn, mit worten im ersten, mit wercken ym andern, mit gedancken ym dritten zwei ält. katechism. 22 ndr.; Hans Sachs 1, 26 lit. ver.;
was ich sündlich hab verbrochen, ...
mit gedanken, werken, worten
Cl. Brentano ges. schr. (1852) 3, 272.
weniger vom psychologischen als vom dynamischen her, in wertender unterscheidung: daz were ware demuͤtikeit sunder alle glose und nút in den worten oder in dem schine, sunder in der worheit und in dem grunde Tauler pred. 75, 30 Vetter; vgl. 85, 25; nicht die wort der auffgeblasenen, sondern die krafft. denn das reich gottes stehet nicht in worten, sondern in krafft 1. Kor. 4, 19f.
4)
wort, worte als die ausdrucksform der mündlichen oder schriftlichen äuszerung neben anderen geistigen oder künstlerischen ausdrucksformen.
a)
in der beziehung zur musik.
α)
schon früh in der speziellen unterscheidung wort und weise 'text und melodie' oder in ähnlichen formeln, s. dazu auch s. v. weise, f. E 1, teil 14, 1, 1071f. zahlreiche belege (die gleiche verbindung in anderm sinne oben 1 a γ):
diu wîse ist niuwe und hôchgemuot,
diu wort sint süeze und dar zuo wâr
Ulrich v. Lichtenstein frauendienst 98, 25;
vgl. 321, 24; er begann daher von dem singen des knaben zu sprechen, wie er allerhand singspiel in worten und weisen richtig aufgefaszt ... habe G. Keller ges. w. (1889) 6, 35; poesie ist ursprünglich regelmässig auch gesang; wort und weise entstehen zugleich mit einander Bücher arbeit u. rhythm. (⁴1899) 356. auch in der allgemeineren bedeutung 'dichten und singen' (s.β), wobei wort 'fähigkeit zu dichterischer rede' meint:
vil wol gelobter got, wie selten ich dich prîse!
sît ich von dir beide wort hân unde wîse
vgl. Hadlaub in: schweiz. minnesänger 289 v. 87 Bartsch; zuom dritten hat got, sich zeloben, wort vnd weis geben durch könig Dauid, der darüber den psalter gemacht Berthold v. Chiemsee tewtsche theol. 88 Reithm. redensartlich weder wort noch weise wissen (zu etwas) 'von einer sache nichts verstehen': er weysz weder wort noch weise darzuͦ Agricola 750 teutsch. sprichw. (1534) k 5ᵃ; sy wissen weder wort noch weisz Joh. Nas d. antipap. eins u. hund. 2 (1570) 239ᵃ. ähnlich noch in der mundart: wōrt un wᵉīsᵉn fᵉrlaͤrᵉn hawᵉn aus dem text gekommen sein Bauer-Collitz Waldeck 114ᵇ. in gleichbedeutender gegenüberstellung: das aber vil liedlein hierein in etlichen noten vnd worten anderst, denn biszher getruckt Forster frische t. liedl. 6 ndr.; Felix Mendelssohn-Bartholdy lieder ohne worte titel einer folge von klavierkompositionen; glaubt man den in Sachsen, dasz das wort die musik mache? wenn ein nicht passendes wort die musik verderben kann, welches gewisz ist, so soll man froh sejn, wenn man findet, dasz musik und wort nur eins sind (1812) Beethoven s. br. 2, 56 Kalischer; dasz Mozart aus der situation heraus und nicht auf worte componirte O. Jahn Mozart (1856) 3, 126 anm. 67; modern vom wort her komponieren u. ä.
β)
in allgemeinerer abgrenzung jüngerer sprache, wobei singular. wort manchmal 'dichtung' bedeutet, aber mehr im sinne sachlicher bestimmung als mit dem hohen anspruch des modernen gebrauchs, s. o. D 1 f: wort und lied mögen den geist davon auf die nachwelt bringen Göthe IV 31, 113 W.; da sind dichter und musiker die innigst verwandten glieder einer kirche: denn das geheimnis des worts und des tons ist ein und dasselbe E. T. A. Hoffmann s. w. 6, 82 Griseb.;
und können die sänger mit wort und klang
nicht erschlieszen das aug der zeit
Strachwitz ged. (1850) 10;
dass ich immer glauben musz, die kirchenmusik habe uns verlassen, ... weil uns das wort hinreicht, und wir der reinen, ewigen, allsagenden musik nicht mehr bedürfen Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 336; den bund (der musik) mit dem worte, den er betrieb, trachtete er theoretisch zu verherrlichen. musik und sprache, insistierte er, gehörten zusammen, sie seien im grunde eins, die sprache musik, die musik eine sprache Th. Mann Faustus (1947) 258.
b)
wort, worte als ein gesprochenes oder gelesenes abstrakter art im unterschied zu bildhafter vorstellung oder darstellung: das alte passional büchlin (mit holzschnitten) zu dem bettbüchlin zu thun allermeist umb der kinder und einfeltigen willen, welche durch bildnis und gleichnis besser bewegt werden, die göttlichen geschicht zu behalten, denn durch blosse wort odder lere Luther 10, 2, 458 W.; er (Winckelmann) sieht mit den augen, er faszt mit dem sinn unaussprechliche werke, und doch fühlt er den unwiderstehlichen drang mit worten und buchstaben ihnen beizukommen Göthe I 46, 56 W.; vgl. 19; worte und bilder: wenn ich worte schreiben will, so stehen mir immer bilder vor augen, des fruchtbaren landes, des freien meeres, der duftigen inseln, des rauchenden berges ebda I 31, 55 W. in fester formel: anstalten ... witterung zu beobachten, wobey ich an meiner seite die wolkenformen und himmelsfarben mit wort und bild einzuweben suche ebda IV 29, 55 W.; man hat im ersten weltkrieg der ganzen welt in wort und bild verkündet, was die Deutschen für barbaren seien (aus der bespr. eines deutschfeindl. films) Berliner zeitung vom 22. 4. 1947. gelegentlich fällt in diesem zusammenhang auf wort der gleiche negative ton wie unten unter 6 b: das unmittelbare anschauen der dinge ist mir alles, worte sind mir weniger als je (auf das geschenk seltener fossiler reste bezogen) (1831) Göthe IV 48, 154 W.
5)
seinem sonstigen gebrauch entgegen kann wort auch ausdrücklich die mündliche aussage im unterschied zur schriftlichen meinen, das 'reden' im gegensatz zum 'schreiben'. schon früh, aber durchweg in bestimmten verbindungen oder beifügungen.
a)
wort und brief: nih þairh ahman nih þairh waurda nih þairh aipistaulein (μήτε διὰ πνεύματος μήτε διὰ λόγου μήτε δι' ἐπιστολῆς) got. bibel 2. Thess. 2, 2; dorauf die von Nürmberg antwort tetten mit worten und mit brieff und sigel (1449) städtechron. 2, 141; haltet an den satzungen, die jr geleret seid, es sey durch vnser wort oder epistel 2. Thess. 2, 15; dat wôrde nicht en kunt, dat vorvallen de breve (die schriftlichen verträge) Tunnicius sprichw. 1286 Hoffmann. von wort F 'versprechen' her: ein wort musz so gut sein, als brief und siegel (18. jh.) bei Graf u. Dietherr (1869) 228.
b)
wort und schrift, durchweg präpositional: in iro uuorton unte in iro gescriften Williram 84, 9 Seem.; also soltestu dich awch hueetten vor wortten vnd schrifften gifftiger lewt Berthold v. Chiemsee tewtsche theol. 4 Reithm.; viel mit der warheit gottes zu überzeugen, beydes in worten und schrifften D. Colberg plat.-hermet. christentum (1690) 1, 299. in fester singularischer formel bis heute gebräuchlich:
die (weisheit) blitzt aus jedem zug in deinem angesichte,
aus jedem wort und schrift mit wunderhellem lichte
bei Weichmann poesie d. Nieders. (1721) 5, 151;
habt ihr gelogen in wort und schrift,
andern ist es und euch ein gift
Göthe I 3, 262 W.;
von ihrem recht der freien meinungsäuszerung in wort und schrift quelle a. d. j. 1863. seltener in umgekehrter folge der glieder: wie ich sie beide in schrifften und worten versucht habe Luther bücher u. schr. 3 (1588) 286ᵃ;
aus gut und geld, aus schrift und wort
Hoffmann v. Fallersleben ges. schr. (1890) 4, 149.
c)
das lebendige wort, eine junge verbindung, in der wort deutlich den verbalen gehalt von D 1 e ε zeigt; in pluralischer wendung vereinzelt schon älter: die buchstaben sind todte woͤrter, die mundliche rede sind lebendige woͤrter Luther 54, 74 W.; ich habe ... gefühlt, wie schwer es ist, das lebendige wort ohne schwächung durch das schriftliche zu ersetzen Stöckhardt chemische feldpred. f. dt. landwirte (1851) 1, 9; ich liefere (in der niederschrift der erzählungen eines öffentl. erzählers in Venedig) nur farblose kontur, ich fühle es deutlich. aber was ist der kalte buchstab gegen das lebendige wort Gaudy s. w. (1844) 13, 12;
lebendgem worte bin ich gut:
das springt heran so wohlgemuth,
Nietzsche w. (1895) I 8, 340.
im gegensinne: Gervinus an Jacob Grimm: wie anders ist das bei ihnen, der sie aus dem todten worte das leben erläutern briefw. (1885) 2, 113.
6)
wort, worte als die sprachliche form einer aussage oder des redens überhaupt im unterschied zu ihrem sachlichen oder gedanklichen gehalt.
a)
in einer anzahl charakteristischer gegenüberstellungen mehr oder weniger fest.
α)
allgemein. namentlich wort und sache, wort und ding in ihrer beziehung und rangordnung, wobei wort oft als das geringerwertige oder minder gewichtige empfunden wird: die worte müssen sich auf die sachen schicken Kramer t.-ital. 2 (1702) 1396ᵃ; treiben sie nicht worte, als ob keine sachen dazu in der welt vorhanden wären? Herder 10, 315 S.;
obs just seine wort sind, weisz ich nicht;
aber die sach ist so wie er spricht
Schiller 12, 28 G.
in erweitertem sinne als gegenüberstellung theoretisch-formaler und praktisch-anschaulicher erkenntnisarbeit: zu allem glück war ich in den sogenannten humanioribus ziemlich fortgeschritten, ehe ich zu diesem gedanken kommen, sonst würde ich mich schwerlich haben überwinden können, wieder zurück von den sachen zu den worten zu gehen Leibniz dt. schr. (1838) 1, 379. ferner: so hab ich aber zu garstigen dingen keine saubere wort finden können Grimmelshausen 2, 367 Keller. modern auch in umgekehrter prävalenz, wohl von β her empfunden:
so lernt ich traurig den verzicht:
kein ding sei wo das wort gebricht
Stefan George d. neue reich (o. j.) 134.
ferner: jedoch wie schwer ist es, das zeichen nicht an die stelle der sache zu setzen, das wesen immer lebendig vor sich zu haben und es nicht durch das wort zu tödten Göthe II 1, 304 W.; die gleiche gedrängte kraft des gedankens und des wortes ist beiden gemein K. A. v. Müller dt. gesch. u. dt. char. (1926) 137;
die worte fliegen auf, der sinn hat keine schwingen,
wort ohne sinn kann nicht zum himmel dringen
Shakespeare (1810) 3, 268.
auf hoher stufe die beziehung von wort und geist:
sei das wort die braut genannt,
bräutigam der geist
Göthe I 6, 31 W.
auf die religiöse bedeutung I C anspielend:
wie der purpurne wein, wenn die blinkende schale zersprungen,
also zerflieszet der geist ohne des wortes gefäsz ...
über den wassern schwebte der geist, doch als er das wort ward,
stieg aus dem chaos der nacht herrlich die schöpfung empor
Geibel ges. w. (1883) 2, 215.
β)
in spezieller anwendung auf die dichtung, in der wort als die sprachlich-künstlerische formgebung dem inhalt oder vorwurf der dichterischen aussage gegenübergestellt wird, in engerem sinne als bei dem modernen gebrauch unter D 1 f, der unter (singularischem) wort beides zusammenfaszt. schon mhd.:
Hartmann der Ouwære
ahi, wie der diu mære
beid uzen unde innen
mit worten und mit sinnen
durchverwet und durchzieret
Tristan 4624 R.; vgl. 4707;
die poesie, wie auch die rednerkunst, in dinge vnd worte abgetheilet wird Opitz buch v. d. dt. poet. 19 ndr.;
mich (die poesie) hält kein band, mich fesselt keine schranke,
frei schwing ich mich durch alle räume fort,
mein unermeszlich reich ist der gedanke,
und mein geflügelt werkzeug ist das wort
Schiller 15, 1, 11 G.;
eine regel wäre also: in stücken mit groszer spannung immer das einfachste wort zu wählen O. Ludwig ges. schr. 5, 425 Schm.-St. in jungem gebrauch wird das zweite glied der unterscheidung oft nicht mehr benannt: auch habe er sie lange nicht erzählt und fürchte, die kleine geschichte, die auf das wort gestellt sei, zu verderben H. Seidel Leberecht Hühnchen (1899) 198; vergleicht man dagegen das sprachliche gewand beider dichtungen, so erscheint Schillers sprache (im 'spaziergang') bei aller monumentalität der formulierungen gegenüber dem 'Archipelagus' (Hölderlins) als verhältnismäszig duftlos ... dieser duft aber des sinnfälligen wortes ist Hölderlins eigenstes R. A. Schröder in: Hölderlin ged. (1943) xviii.
b)
aus dem meist unausgesprochenen gegensatz von wort und gehalt, sofern ihr miszverhältnis vorausgesetzt wird, entwickelt sich ähnlich wie unter o. 2, aber von anderem ansatzpunkt her ein prägnanter pejorativgebrauch. wort, worte bezeichnet hier im sinne von 'gerede, rederei, redensart, phrase, tote formel' u. ä. solches reden, dem nichts wirkliches, wesentliches oder wahres zugrundeliegt, das darum auch keine wirkungskraft besitzt. zunächst wird dieser sinn durch ein nur oder nichts als noch gern verdeutlicht; vgl. dazu auch leere, blosze, schöne worte unter B 4 c γ:
ich sagen û umb die werlt dort (die hölle),
daz sint allez niuwan wort
(quid Styga, quid tenebras et nomina vana timetis)
Albrecht v. Halberstadt 35, 130 Bartsch;
sölche wort Barnaba betrübten, zuͦ Ambrogiolo sprache, mit worten ze kriegen es möcht sich weiter preiten, du sagest vnd ich rede, das alles nicht anders dann wort sein (sie müssen den streitfall an der wirklichkeit erproben) Arigo decamerone 144 Keller; es wären wohl viel beliebte prediger, aber es wäre nichts dahinter, sondern nur worte. sie könten viel schwatzen und nichts recht lehren D. Martin Luther d. beste prediger (1722) 15. auch ohne jede beifügung: Ambrosii hymni und lobgesänge sind wort, wenig das zur sache dienet Luther tischr. 4, 314 W.;
wer ist, der geld für worte gibt?
ein weib, dem lob so sehr beliebt.
dasz manche man für schön schrey ausz,
so wagt sie dran ihr hof und haus
Logau sinnged. 170 Eitner;
dasz ich erkenne was die welt
im innersten zusammenhält,
schau alle wirkenskraft und samen,
und thu nicht mehr in worten kramen
Göthe I 14, 28 W.;
mit worten läszt sich trefflich streiten,
mit worten ein system bereiten,
an worte läszt sich trefflich glauben,
von einem wort läszt sich kein jota rauben
ebda I 14, 93 W.;
Polonius: was leset ihr, mein prinz?
Hamlet: worte, worte, worte
Shakespeare 3 (1798) 205;
es brach eben damals eine hochflut über sie (die verlagsbuchhandlung) herein. und alles waren worte, worte, worte Fontane ges. w. (1920) II 2, 116. der gleiche negative gebrauch in der verbindung um worte zanken, streiten: vnd bezeuge fur dem herrn, das sie nicht vmb wort zancken, welches nichts nütze ist, denn zuuerkeren die da zuhören 2. Tim. 2, 14; wann die sache klar ist, was zancken wir um die worte? Kramer t.-ital. 2 (1702) 1396ᵃ; oder, wenn meine besagten freunde diesz für gleich bedeutende redensarten halten, so wollen wir nicht um worte streiten d. dt. Merkur (1773) 1, 21. gelegentlich nimmt der plural hier die für wort II A 'einzelwort' gültige form wörter an (s. herkunft und form sp. 1470 f.), um anzudeuten, dasz keine beziehung auf ein sinnganzes vorliegt: es ist keine angenehme sache, wörter, die wie im traume zusammen kommen, aus einander zu setzen und zu zeigen, dasz sie — worte im traum sind (von einem schriftsteller, der sachlich unbegründete behauptungen aufstellt) Herder 15, 74 S.; immer unaufhaltsamer werden diese worte zu wörtern, das grosze diluvium der enttäuschung ist nirgend mehr einzudämmen Kürnberger d. Amerikamüde (1855) 415; aus dem wort wurde eine inflation der worte, die worte zerfasert in wörter. die wörter suchten den verlorenen sinn und fanden sich wieder im geschwätz sonntagsblatt (1948) nr. 15, s. 4 Lilje; s. auch den Rückert -beleg oben D 1 f.
7)
von der voraussetzung aus, dasz aussage und reden doppelte bedeutung, mehrfachen sinn haben können, bezeichnet wort, worte den wörtlichen, buchstäblichen sinn im unterschied zu einem höheren, verborgenen, übertragenen u. ä. präpositional nach den worten 'dem buchstaben, dem wortlaut nach, in wörtlichem sinn': aber nah slehten uuortin (secundum litteram) mugen iro bein ferbrochen uuerden Notker 2, 115, 20 (ps. 33, 21) gloss. P.; actor debet sequi forum rei ... das ist in der deutsch geleich nach den worten also geredt: der klager schol nach voligen dem markt seins schuldiger (15. jh.) mitteil. d. ver. f. Steiermark 46 (1898) 29; welchs (1. Kor. 11, 29) wir dem wort nach, wie es lautet, verstehen Luther 26, 486 W.;
wieder ein gebot ist: du sollt nicht stehlen.
ja, das befolgt ihr nach dem wort,
denn ihr tragt alles offen fort
Schiller 12, 37 G.
und sonst: ad angustias uerborum aliquem revocare einen bey den worten fassen, begreyffen vnnd handhaben, der meinung vngeacht Frisius dict. (1556) 92ᵃ; wo etwan ein verborgner spruch der höhers vff im tregt dann die wort anzaigen, nit verstanden wirt Eberlin v. Günzburg s. schr. 1, 28 ndr.; ich versteh es (das orakel) nur zu wohl! nicht die worte; aber den sinn Göthe I 17, 66 W.
F.
fast völlig auf den singular beschränkt bleibt eine prägnante anwendung von wort, die sich wie lat. dictum zu der speziellen bedeutung 'versprechen, zusicherung, versicherung' verselbständigt. sie umgreift dabei sowohl im sinne von A ein im einzelnen fall gegebenes bestimmtes wort des versprechens wie das grundsätzlich verläszliche oder glaubwürdige sprechen eines menschen in jedem fall, entsprechend D. das englische zeigt die gleiche bedeutung, s. Bosworth-Toller 1265ᵃ; Murray 10, 2 s. v. word I 8, 9, 15, 18, 28ᵇ. im deutschen seit dem mhd.; wo durch den zusammenhang diese bedeutung schon früher gegeben ist, darf sie für prägnanten, verselbständigten gebrauch noch nicht in anspruch genommen werden, vgl. z. b.:
he (Herodes) ni mahte is quidi liagan,
is uuort uuendien (sein der tochter gegebenes versprechen)
Heliand 2779 (s. u. 1 b γ).
das spätmhd. und älternhd. läszt in geringem masze auch den gebrauch des plurals zu (s. bes. 1 b a), der in jüngerer sprache nahezu ausgeschlossen ist oder doch nur in anderen oder unprägnanten gebrauchsweisen begegnet, die der bedeutung 'versprechen, versicherung' nahekommen (s. o. B 4 c α ende; D 2 c γ ende; E 2). vereinzelt freier gebrauch des plurals bei Göthe:
den völkern wollen wir versprechen,
sie reizen zu der kühnsten that;
wenn worte fallen, worte brechen,
nennt man uns weise, klug im rath
I 16, 347 W.
1)
ein bestimmtes einzelnes versprechen, eine ausdrücklich oder feierlich gegebene zusicherung.
a)
auszerhalb fester verbindungen:
stüende der gewalt an mir, ...
du müesest sunder dînen danc (gegen deinen willen)
nâch gelobtem worte leben (einem feierlich gegebenen versprechen
gemäsz)
Hartmann v. Aue klage 919 Bech;
man verbindet sich unter einander durch wort und handschlag, keinem kommando zu gehorchen Schiller 8, 317 G.;
schnell wird ein friedensbote weggesendet,
und Regulus mit ihm! den helden bindet
ein schwerer eid — ihn bände schon sein wort
Collin Regulus (1802) 14;
weil er das grosze unrecht kannte, das mir geschah, liesz er mich auf mein wort frei umhergehen Göthe I 43, 312 W. in betontem gebrauch schlieszt wort als 'versprechen' die bürgschaft ein, dasz es gehalten wird: er gelobt wenig und giebt schwer die treue, aber was er gelobt ist ein wort, und die treue hält er weil sie sein glück ist E. M. Arndt schr. f. u. an s. lb. Deutschen (1845) 1, 452; Graf u. Dietherr (1864) 227, nr. 15.
b)
vorwiegend in einer reihe fester verbalverbindungen, deren mehrzahl jüngerer sprache zugehört.
α)
namentlich (jmd.) sein wort halten 'sein versprechen einlösen', früh gefestigt und anfangs auch mit pluralischem wort verbunden:
zwar ich halt stät die wort,
wurd mir der kranz von rosental (als liebeslohn)
Oswald v. Wolkenstein 16, 14 Schatz;
das gott der herr kein lugner wer; ...
dann er syn woͤrter halten kan
Murner narrenbeschw. 344, 62 Spanier;
ich will sehen, ob ihr auch euere wort halten werdet, den die haus-meisterin seynd ordinariè verlogne thier, so ihr herrschafft ziemlich beluͤgen Stranitzky ollapatr. 118 ndr.; das er (der herr) das wort halte, das der herr geschworen hat deinen vetern 5. Mose 9, 5; aber der schlimme vogel hielte der guten tröpffin dannoch sein wort nicht Grimmelshausen 2, 398, 1 Keller. jünger auch einfach wort halten: er muszte versprechen, bisweilen wiederzukommen, und er hielt wort dt. erz. d. 18. jh. 43 Fürst; das ist der mensch, der zu mir gesagt hat, dasz ich ihm das liebste wäre auf der welt! so hält er wort! M. Meyr erz. a. d. Ries (1868) 1, 48. mit einschränkender bestimmung: sie haben mir versprochen, mir hier bekanntschaft zu machen; gleichwohl halten sie ihr wort so schlecht Joh. El. Schlegel w. (1761) 5, 432; sie haben, wie Makbeth seine hexen beschuldigt, unserm ohr wort gehalten Schiller 3, 528 G. auf unpersönliches subjekt übertragen: nun ist der einsame winter vor mir, den ich aber liebgewinnen werde, wenn er wort hält (1785) Caroline br. 1, 29 Waitz.
β)
sein wort lösen, einlösen in gleicher bedeutung; älter vereinzelt pluralisch:
wir haben deinen stand zu steigern uns verbunden;
jetzt lösen wir die wort. es hat sich zeit gefunden
Gryphius trauersp. 167 Palm;
mein wort, in das schlosz zu dringen, habe ich gelöst quelle a. d. jahre 1892; dasz der herrscher eines staates nie dem verdacht ausgesetzt werden darf, sein gegebenes wort nicht einzulösen! quelle a. d. jahre 1936.
γ)
anderes mehr gelegentlich: der harte krieger (Jephta) blieb auf seinem wort (bei seinem gelübde) Herder 26, 347 S.; ich bleibe dir bis morgen im wort (halte dir das versprechen bis morgen) Karlweis in: vom fels zum meer 12 (1893) 228ᵃ; ich musz mein wort erfüllen Herder 3, 195 S.
δ)
im gegensinne; namentlich sein wort brechen:
ach und er brach sein wort ...
Herder 26, 52 S.;
sag mir an, womit hab ichs verschuldet, ...
dasz du dein gegeben wort gebrochen?
Göthe I 2, 98 W.;
hast einst mir den tanz versprochen,
und hast gebrochen dein wort
Heine s. w. 1, 106 Elster.
ferner: wenn jemand ... ein gelübde thut, oder einen eid schweret, ... der sol sein wort nicht schwechen, sondern alles thun, wie es zu seinem munde ist ausgegangen 4. Mose 30, 3; da man also einmal sein wort gegeben: so konnte man solches nicht fuͤglich wieder zuruͤck nehmen Schwabe belust. (1741) 3, 160; nur mit meinem vater sprach ich nicht; denn ich zitterte, wenn er mich noch einmal sähe, er möchte sein wort wiederrufen Lessing 2, 357 L.-M.
ε)
(jmd.) sein wort geben oder verpfänden '(jmd.) etwas versprechen, zusichern', vgl. M. Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ: habe ich ihnen denn nicht mein wort gegeben? Gottsched dt. schaub. (1741) 1, 119; aber hier will ich mir mein heilig wort drauf geben, in meinem leben will ich nicht wieder handgemein werden O. Ludwig ges. schr. 2, 124 Schm.-St. der inhalt des versprechens in abhängigem dasz- oder infinitivsatz: ich habe ihm noch auf seinem todbette mein wort geben müssen, dasz ich seinen sohn ... auch zu dem meinigen machen wolle Lessing 2, 167 L.-M.;
sein wort musz er geben,
für den sieger das schwerdt gegen die freunde zu ziehn
Schiller 11, 73 G.
sein wort verpfänden, entsprechend β: denn ich hatte doch in gegenwart von so vielen mein wort verpfändet Göthe I 45, 91 W.; er habe dem papst nun einmal sein wort verpfändet Ranke s. w. (1867) 3, 156.
ζ)
jemandes wort haben, in jüngerem gebrauch: ich habe ihr wort, dasz sie meine freimüthigkeit mir verzeihen wollen J. J. Engel schr. (1801) 12, 307;
die konstitution, die freiheitsgesetze,
sie sind uns versprochen, wir haben das wort
Heine s. w. 1, 304 Elster;
versprichst du's ernsthaft? hab ich dein wort? Fontane ges. w. (1905) I 6, 13.
η)
jmd. bei seinem wort oder beim wort nehmen, halten, fassen 'jmd. an die einhaltung eines versprechens gemahnen', in weiterem sinne auch 'jmd. auf eine äuszerung festlegen, die den charakter einer zusage oder eines zugeständnisses trägt', vgl. einen bey seinem wort nehmen, fassen, haften, halten prendere, pigliare, cattivare uno alla sua parola Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᶜ: dasz er (der prinz von Condé) sich erbot, mit seinem ganzen anhange das königreich zu verlassen, wenn nur seine gegner das nehmliche thäten. sie nahm ihn sogleich beym worte, und war im begriff, über seine unbesonnenheit zu triumphiren Schiller 9, 289 G.; wenn ich selbstsüchtig genug gewesen wäre, sie beim wort zu nehmen? M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 96; versprechen wollte er nichts, ich könnte ihn sonst morgen schon beim worte halten Hoffmann v. Fallersleben ges. w. (1890) 8, 138; Jones stellte sich anfangs, als wollt er den kerl beym worte fassen, und mit ihm gehen J. J. Chr. Bode gesch. d. Thomas Jones (1786) 4, 501. mundartlich paim worət phakə Meisinger Rappenau 233.
θ)
in weiteren verbindungen ähnlicher art: sich auf eines wort verlassen Kramer t.-it. 2 (1702) 1394ᵇ; wiederholen sie, ... dasz ich mich auf sein wort verlasse Göthe I 23, 70 W.; verbanne deine furcht, und baue sicherlich auf sein wort slg. v. schausp. (1764) 1, 16.
ι)
das ist ein wort, soll ein wort sein 'das ist gültig, verbindlich geredet' (anders s. o. A 4 e γ):
das ist ein wort, sprach Latz,
ich bin dabei (bei der wette)
Wieland s. w. (1853) 11, 135;
(frau Exner:) (ich) komm auch wohl selbst und sehe mir mal wieder die konfirmandenstube an. (Siebenhaar:) das soll ein wort sein, liebe frau Exner Fontane ges. w. (1905) I 6, 54; mundartlich weit verbreitet, vgl. Mensing schlesw.-holst. 5, 687; Frischbier pr. 2, 480; Bauer-Collitz Waldeck 114ᵇ; Rother d. schles. sprichw. 230ᵃ; Askenasy Frankfurt 51; Fischer schwäb. 6, 960.
c)
speziell 'das eheversprechen, das jawort' des freiers, des mädchens oder der eltern, vgl. Chr. Ludwig (1716) 2535:
dasz sie die hand vnd wort
daruff jhm (dem voreiligen freier) müsse geben,
da sie doch seiner lacht
Gabr. Voigtländer oden u. lieder (1642) 103;
dieser junge ritter ... hatte einer tochter vom hause Amidei sein wort gegeben J. v. Müller s. w. (1810) 2, 322; (Pierre:) wie nur sie einen nebenbuhler fürchten können! (Julius:) den nebenbuhler fürcht ich nicht, aber das wort des alten Deinhardstein ges. dr. w. (1848) 1, 7. 'im Riesengebirge heiszt es vom heiratslustigen burschen, der zu den eltern des umworbenen mädchens kommt: a gieht ems wort, denn das gegebene jawort ist bindend' dt. wortgesch. 3, 100.
2)
wo wort nicht das konkrete versprechen im einzelnen falle meint, sondern das zusichernde, versprechende, beteuernde reden eines bestimmten menschen in jedem falle und überhaupt, nähert es sich der bedeutung einer menschlichen, namentlich einer männlichen eigenschaftsbezeichnung.
a)
ohne verbale bindung:
unde gelobet im des stæte,
ze leistenne swes er bæte.
ouch endorfter mêre sicherheit:
wan sîn wort daz was ein eit
Hartmann v. Aue Iwein 4584;
Rudolf v. Ems d. gute Gerhard 2729 Haupt; eines ehrlichen mannes wort ist mir so vil als ein eid Butschky Pathmos (1676) 877;
kennt ihr das land vom truge frei,
wo noch das wort des mannes gilt?
volksth. lieder d. Deutschen i. 18. u. 19. jh. 4 Böhme;
beim worte eines wahren römischen papstes gelobe er, Leo X., diese zusage zu erfüllen Ranke s. w. (1867) 1, 246. von der vorstellung eines bestimmten sprechers losgelöst: damals stand noch das wort ... das wort war tun und handeln, war gelöbnis und vermächtnis, bekenntnis und eid, satzung und gesetz sonntagsblatt 15 (1948) 4 Lilje. fast in die bedeutung 'treue, verläszlichkeit' übergehend: denn ehrlich währt am längsten und wort und verlasz musz sein Fontane ges. w. (1905) I 5, 274; et is kein wôrd mer in der weld es wird nicht mehr wort gehalten Schambach Göttingen 304ᵇ.
b)
in verbaler bindung, namentlich (sein) wort halten entsprechend ob. 1 b α, hier aber als bezeichnung einer charakterlichen eigenschaft: vor allem ... sei er redlich vnd ... halt sein wort Sebiz feldbau (1579) 39; ein schelm, der sein wordt nicht helt (1707) Elis. Charl. v. Orleans briefe 2, 12 Holland; man blosz, dasz man ehrlich is un anständig und wort hält Fontane ges. w. (1905) I 5, 133. ähnlich: der (deutsche) mann stand zu seinem wort Keyser bevölkerungsgesch. Deutschl. (1938) 60; de mann wull sien word stahn Mensing schlesw.-holst. 5, 687; der hat keiⁿ wort ist unzuverlässig, wankelmütig Fischer schwäb. 6, 960. sprichwörtlich (s. ob. 1 b η und die gleiche verbindung pluralisch ob. D 2 c γ ende): man faszt das pferd beym zaum; den mann beym wort Schellhorn sprichw. (1797) 106; Graf u. Dietherr 288; Fischer schwäb. 4, 1442.
c)
sprichwörtlich: ein mann, ein wort, seit dem 18. jh. belegbar. dazu im 17. jh. als ältere, aber auch später noch bezeugte vorstufen ein mann ein mann, ein wort ein wort: der teutsche bund-spruch: ein mann ein mann, ein wort ein wort Rompler v. Löwenhalt erstes gebüsch (1647) vorr. 00 4ᵃ; Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; und — sehn sie, ein mann ein mann, ein wort ein wort! Cramer Neseggab (1791) 1, 13. ein wort ein wort, ein mann ein mann:
ein wort ein wort: ein mann ein mann
Lehman floril. polit. (1662) 3, 85;
Rabener s. schr. (1777) 3, 355; Serz teutsche idiotismen (1797) 178ᵇ; ein wort, ein mann:
es hies ein wort ein mann; iezt gielt es nicht
Knittel poet. sinnenfrüchte (1677) 28 (anhang);
man spricht: ein wort, ein mann!
so heiszt der Deutschen spruch
Gottsched ged. (1751) 1, 406;
sie wissen, ein theater-intendant hat das privilegium, dasz das sprichwort: ein wort ein mann! nicht für ihn gilt Hebbel br. 4, 203 Werner. als heute wohl allein gültige form:
je l'ai promis, ein mann ein wort
Henrici ernst-scherzh. u. sat. ged. (1727) 4, 105;
ein mann, ein wort
Schiller 11, 19 G.;
Binder sprichw.-schatz (1873) 128.
d)
redensartlich: ein mann von wort 'ein mann, der sein versprechen zu halten pflegt', älter in ähnlicher form: ich bin ein mann von meinem worte, und was ich mir einmal vorgesetzet habe, das halte ich unfehlbar Scheibe d. crit. musicus (1745) 298;
Friedrich Karl, du mann vom worte,
wenig sprichst du, doch am orte
machst das wenige du wahr!
volksth. lieder d. Deutschen i. 18. u. 19. jh. 83 Böhme;
ich komme nun mein versprechen zu halten; nicht eben um mich als einen mann von worte zu zeigen, sondern einzig und allein, weil ich lust dazu habe Fr. Schlegel in: Athenäum (1799) 2, 3; brav, Gottfried! du bist ein mann von wort! M. Meyr erz. a. d. Ries (1868) 3, 274. als gelegenheitsbildung gegenteiligen sinns: ich habe expresz für sie exemplare auf holl. papiere bestellt, aber mein herr verleger ist ein mann ohne wort und nichts mit ihm anzufangen Zelter in: briefw. zw. Göthe u. Zelter (1833) 2, 13.
3)
der gebrauch von wort als einer ein versprechen, eine zusicherung bekundenden rede, für die der sprechende die verantwortung übernimmt, färbt sich in anderen anwendungen zu der vorstellung um, dasz eine aussage zuverlässig, wahr und glaubwürdig ist. wort trägt hier im gefüge fester formeln die bedeutung einer versicherung.
a)
jmd. auf sein wort, jünger aufs wort glauben:
wer eim juͤden auff sein wort glaubt,
der muͦsse seyn der sinn beraubt
Mangold marckschiff (1596) D 4;
ihr könnt so ehrlich thun, man glaubt euch gern aufs wort
Göthe I 9, 51 W.;
ich glaube ihnen aufs wort, was sie sehen (1912) Rilke br. 1907 —1914 (1933) 179. mundartlich Fischer schwäb. 4, 1442. von hier aus in verkürzender aussage: wir muszten fast unbesehen, und aufs wort handeln (im glauben aufs wort des verkäufers) Holston u. Augusta merkwürd. begebenheiten (1780) 130. mit ausdrücklich oder unausgesprochen einschränkendem sinn vor dem hintergrund des gegensatzes von wort und tat, herz u. ä. (s. o. E 1—3):
wer einer jungfrawen leichtlich glaubt,
vnd nur auff das blosse wort vertraut,
der ist seiner sinn beraubt
Lehman floril. polit. (1662) 1, 124;
o schwöre, liebchen, immerfort,
ich glaube dir aufs blosze wort!
Heine s. w. 1, 70 Elster;
so musz man auch aufs wort glauben, dasz Anna ein auszerordentliches wesen ist A. W. Schlegel in: Athenäum (1798) 1, 1, 164.
b)
auf mein wort u. ä. als formelhafte versicherung, beteuerung, soviel wie 'sicherlich, in der tat, wirklich', vgl. engl. on or upon one's word Murray 10, 2 s. v. word III 15. im ersten beleg noch mehr im sinn eines eigentlichen versprechens: aber ich will ihm nichts sagen, auf mein wort Rabener s. schr. (1777) 3, 251;
(ich sah) ganze schaaren
von riesen: auf mein wort, sie waren
fünf fuss hoch
Pfeffel poet. vers. (1812) 1, 66;
der mann ist sicher wie gold. auf mein wort Schiller 4, 192 G. ähnlich: mein wort drauf, ihr könnt euch, wenn ihrs versteht, eure fleischsuppe daran (am feuer) kochen Alexis Roland v. Berlin (1840) 1, 18; mein wort zum pfande, wo das alte blut nicht aufgefrischt wird, da kann sich die ganze sippe begraben lassen Fontane ges. w. (1905) I 5, 67.
c)
dein wort in ehren 'eine formel der höflichkeit, im gemeinen leben, wenn man sich genöthigt siehet, dem andern zu widersprechen' Adelung vers. 5 (1786) 293. ähnlich: ewer wort war (euer wort in ehren) (1642) bei Crecelius oberhess. 889; alle achtung vor dem worte der gelehrten herren, allein ich halte es für etwas unmögliches, was sie versichern D. Fr. Strauss ges. schr. (1877) 3, xxii.
II.
wort als einzelnes, selbständiges, isolierbares lautgebilde bestimmter bedeutung, das als kleinste sinneinheit der rede in seiner häufung und verknüpfung wort I als zusammenhängende rede ergibt; lat. verbum, vocabulum. priorität kommt dieser bedeutung vor derjenigen von I nicht zu, wenngleich solche annahme jüngerem sprachbewusztsein wohl naheliegt. die bezeugung reicht wie bei I in die älteste deutsche bezeugungsschicht hinab (s. u. A 3 a).
A.
als materiales element und mittel der sprache, vgl. etwa: wir pflegen aber die arten und geschlechter der dinge ... mit besonderen nahmen zu nennen, die aus deutlichen thonen formiret werden und insgesamt wörter heiszen. es sind demnach die wörter nichts anderes als zeichen der gedanken Chr. Wolff vernünft. ged. v. gott, v. d. welt u. v. d. seele d. menschen (1720) 139; Weigand synonym. (1852) 1, 132 (zu der für diese anwendung in jüngerem gebrauch geltenden, wenn auch nicht unbestrittenen pluralform wörter s. o. herkunft und form sp. 1470 f.).
1)
im hinblick auf seine form, seine sprachliche funktion, seine grammatische kategorisierung, seine lautgestalt, seinen klang u. ä.
a)
interjectio ingeworffen wort (ende 15. jh.) Diefenbach gl. 304ᵇ; das zeitwort (verbum) ist ein wandelbar wort Gueintz sprachl. (1641) 59; simplices voces woͤrter die nit von zweyen oder meren zuͤsamen gesetzt sind, einfachte woͤrter Frisius dict. (1556) 1408ᵇ; man aber nit allein die silben oder buchstaben des worts Jesu verston soll, sonder selig werden in siner kraft Zwingli dt. schr. 1, 34 Schuler-Schulth.; sesquipedalia breyte woͤrter anderhalb schuͦch lang Seb. Franck sprüchw. (1545) 1, 11ᵃ.
b)
speziell als terminus in der älteren grammatik für späteres zeitwort, entsprechend lat. verbum: nomen: namo. pronomen: fure daz nomen. verbum: uuort St. Galler schularbeit 16 in: denkmäler dt. poesie u. prosa a. d. 8.—12. jh. Müllenhoff-Scherer; vgl. ags. word = verbum bei Bosworth-Toller 1264ᵇ; dt. wortgesch. 1, 229; nahm, fürnahm, wort, fürsetzung, bindung, bewegung (als grammat. termini in einer sprachkunst a. d. anfang d. 17. jh.) in: zs. f. dt. wortforschg. 13, 84.
2)
als 'vokabel', teil des wortschatzes einer sprache: dictionarium, vocabularium ... einn buch von woͤrtern Alberus nov. dict. gen. (1540) 30ᵇ; auch musz ich zugleich erinnern, dasz ich zwey oder drey lateinische, vielleicht auch so viel frantzoͤsische woͤrter mit eingeschoben Rachel satyr. ged. 12 ndr.; dasz dieses phoenikische wort das kreisförmig ausgegrabene bassin bezeichnet Mommsen röm. gesch. (⁶1874) 2, 30 anm. in älterem collectivgebrauch deutsche worte 'deutsche sprache':
thaz will ih hiar gizellen   gidriwen sinen allen,
so wir nu hiar biginnen,   worton frenkisgen
Otfrid I 3, 46; vgl. V 14, 3;
mein tummer sin sei, daz ich trag
die kunst von lateinischer sprâch in däutscheu wort behüllet
(von der übersetzg. seiner lat. vorlage)
Konrad v. Megenberg buch d. natur 2 Pf.;
dem nach gebe ich diesem büchlin mein zeugnis, das es ... recht und rein die lere des christlichen glaubens handelt und verficht mit guten feinen deutschen wortten Luther 23, 15 W. in übertragenem zusammenhang: wir studieren die eigenschaften der körper, die veränderungen, die sie in berührung mit andern erleiden. alle beobachtungen zusammengenommen bilden eine sprache; jede eigenschaft, jede veränderung, die wir an den körpern wahrnehmen, ist ein wort in dieser sprache Liebig chem. br. (1844) 11. mehr vom stilistischen her, im hinblick auf den wortschatz, der dem sprecher zur auswahl steht: vnd dorumb auch das die wort (wortwahl) vnd schrift (stil) den andern episteln vngleich sein erste dt. bibel 2, 2 Kurrelmeyer; die ebräische sprache ist die allerbeste und reichste in worten Luther tischr. 1, 524 W.; alterthümlichkeit der worte, und neuheit der wortstellungen, ... das sind die wesentlichen eigenschaften des historischen styls Athenäum (1798) 1, 2, 56; welcher vngebreuchliche, vnbekante wort in seiner rede brauchet, ist nichts desto beredter Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) k k 2ᵇ; gerade die gangbarsten und ältesten wörter sind oft die vieldeutigsten W. H. Riehl d. dt. arbeit (1861) 5. insbesondere fremdes wort, fremde wörter, fest wohl erst bei den sprachtheoretikern um die mitte des 17. jh. (zahlreiche nachweise in: zs. f. dt. wortforschg. 15, 43), heute durch fremdwort ersetzt. vereinzelt schon früher: wo man das teutsch vermischt mit frembden worten Aventin bayer. chron. 1, 6 Lexer; Schottel sprachkunst (1641) 307; derselbe, haubtspr. (1663) 140; 154; 221; 284; als mit dem kriegswesen die frembde wörter eingeschleifft worden, als marchieren vor auffbrechen oder fortziehen, bataille vor schlachtordnung Zinkgref-Weidner apophthegmata (1653) 1, 209; Stieler stammb. (1691) 38; Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᶜ; es drangen sich ihr (der deutschen sprache), zu so manchen neuen begriffen, auch unzählige fremde worte nöthiger und unnöthiger weise mit auf Göthe I 27, 72 W. seltener dafür auch ausländische wörter, im späten 17. und im 18. jh.: wobey sich menigklich mintlich vnd in teutscher sprach ohne einfuͤhrung ainig auszländisches worts beklagen vnd verantworten kunte Brandis d. tir. adlers immergrünendes ehrenkränzel (1678) 117; Stieler stammb. (1691) 9; dasz man heute zu tage eine menge ausländischer wörter und redensarten ins deutsche menget Gottsched dt. sprachkunst (⁵1762) 17. erst um 1820 kommt die heute allein übliche zusammensetzung fremdwort auf, die Jac. Grimm noch nicht geläufig zu sein scheint, da er sie teil 4, 1, 1, 131 ohne nachweis verzeichnet, vgl. auch: die neigung der sprache, das i in e zu verdünnen, erweist sich auch an fremden wörtern, aus missa wird messe (1819) Jac. Grimm an Lachmann in: briefw. 1, 24 Leitzmann: so dasz nach jahrhunderten die aus unsern forttreibenden wurzelwörtern aufgegangne waldung die nur als flugsame aufgekeimten fremd-wörter ersticken und verschatten musz Jean Paul Hesperus (³1819) vorr. 8 (neben fremdlinge ebda). schon im gleichen jahre auch in der zusammensetzung fremdwörterbuch, die bei Heyse seit der 4. auflage (1824) auch im titel seines bis dahin als 'verdeutschungswörterbuch' betitelten werkes erscheint, während Fr. Erdm. Petris seit 1804 erschienenes fast gleichtiteliges werk sich schon 1823 (4. auflage) in 'gedrängtes handbuch der fremdwörter' umbenennt: 'wozu aber' — möchte mancher fragen — 'wozu überhaupt noch ein solches fremdwörterbuch bei dem ... streben der besten deutschen schriftsteller unserer sprache immer mehr selbständigkeit und reinheit zu geben? (1819 im vorber. z. 3. ausgabe) J. Chr. Heyse fremdwörterb. (⁵1829) vii; so dasz sich die zahl der neu hinzugekommenen fremdwörter auf 5000 beläuft (1824) Heyse ebda xii; daneben fremdlinge ebda v f.
3)
in der anwendung auf ein bestimmtes, ausdrücklich genanntes einzelwort, vor allem im blick auf seine bedeutung, seine sinngrenze, seinen inneren gehalt u. ä.
a)
gramma litera dicitur chrehisc uuort pôhastap caqetan (Pa); crefisc uuort pohstap kiquetan edho so kinemnit (K) ahd. gl. 1, 160, 31 St.-S.; daz wort ('al magalan') ist gesamnet auz hebraischen worten Konrad v. Megenberg buch der natur 271 Pf.; denn 'remes' auff ebreisch heist alles, was da kreucht und schleicht, wilchs ich gewürm heysse, wie wol das wort zu enge ist Luther 19, 382 W.; hier haben wir auch den uhrsprung unsers wortes laster Ph. Zesen rosenmând (1651) A 4ᵇ; auf diesem gipfel sei es das letztemal, dasz ich das wort trennung vor dir ausspreche Göthe I 24, 10 W.; welcher miszbrauch und irrthum liegt hier im worte vertreten und in dem worte recht Stifter s. w. 16 (1927) 100, 20.
b)
in nachdrücklichem, besonders in gehobenem oder affektbetontem gebrauch: welche fülle von empfindungen umfaszt doch das einzige wort: erwachen! maler Müller w. (1811) 1, 15;
der erde paradies und hölle
liegt in dem worte weib
Seume ged. (1804) 125;
und dennoch sagt der viel, der 'abend' sagt,
ein wort, daraus tiefsinn und trauer rinnt
wie schwerer honig aus den hohlen waben
Hofmannsthal ged. u. kl. dramen (1911) 12.
besonders mit adjektivischem attribut:
friundîn dast ein süezez wort
Walther v. d. Vogelweide 63, 24; vgl. 14, 6; 73, 28;
da Charlottchen zuerst das süsze wort mutter lallte Nicolai Seb. Nothanker (1773) 1, 19; das grosze wort simplicität bezeichnet alles, was mich zum manne machen sollte Solger nachgel. schr. (1826) 1, 14; das rechte wort oder, in gleichem sinne, einfach das wort wie engl. the word bei Murray s. v. word II 12 e: ich erschrecke nicht. das ist nicht das rechte wort Fontane ges. w. (1905) I 5, 76; es ist nicht erkrankung, es ist nicht schmerz: ... schwere ist das wort, ihr kinder Gerstenberg Ugolino 237 Hamel; lebensgier! das ist das wort W. Raabe unruhige gäste (⁴1900) 192. betont einschränkend als das, ein bloszes wort vor dem unausgesprochenen gegensatz von wort und wirklichkeit, wie er unter I E 6 b ausgebildet ist: ich hatte ... noch keine berge gesehn, und das blosze wort gebirge, wenn ich davon hatte reden hören, war meinem kindischen ohr ein fürchterlicher ton gewesen Tieck schr. (1828) 4, 148;
seit dreiszig jahren hast du gepredigt vor scharen
wer steht nun hinter dir? 'kein einzelner — die welt'.
o lehrer dann hieltest du besser die türen geschlossen
du hast für nichts gewirkt als für ein bloszes wort
Stefan George d. neue reich (o. j.) 111.
c)
in neueren formeln: im rechten verstand, im eigentlichen, vollen, strengen sinn des wortes u. ä. von der voraussetzung aus, dasz die bedeutung eines wortes vielfältig, dehnbar oder wandlungsfähig sein kann: wer als entdecker oder erfinder eine gewisse höhe erreicht hat, ist ein edler. damit man diess wort ja im rechten verstande nehme Klopstock gelehrtenrepubl. (1774) 20; er zieht sich auf ein dorf im Elsasz zurück, wo er den acker baut. und er musz das bald im eigentlichsten sinne des wortes thun Dahlmann gesch. d. frz. rev. (1845) 59; es gibt kein schönes im vollen sinne des wortes auszer der kunst Solger vorl. üb. ästh. (1829) 1, 6; so war Brigitta im strengen sinne des wortes ganz allein mit ihrem kinde Stifter s. w. 3 (1911) 239; im üblen wie im guten sinne des wortes Holtei vierzig jahre (1843) 1, 7.
d)
wort im sinne von 'gültiger ausdruck, zureichende bezeichnung', vor allem in der wendung für etwas ein, kein wort haben: der Deutsche hat für den complex des daseins eines wirklichen wesens das wort gestalt Göthe II 6, 9 W.; auch die Abiponen besitzen kein eignes wort für das jungfräuliche weib Peschel völkerkde (1874) 229. von hier aus auf einen erweiterten zusammenhang übertragen, soviel wie 'ausdrucksmöglichkeit': viele meinten zwar, einen Faust könne man überhaupt nicht komponieren; denn für das friedlose ringen nach erkenntnis besitze die musik kein wort. allein wenn die musik auch kein wort hat für solches ringen, so besäsze doch die poesie des textes das wort dafür W. H. Riehl musik. charakterköpfe ⁸1, 355.
B.
die verbindungen von wort zu wort, wort für wort u. ä., älter in gleichem sinne bei einem wort finden ihre anwendung auf das ganze einer bestimmten zusammenhängenden rede, in der wort als kleinstes selbständiges glied erscheint; entsprechend lat. e verbo, de verbo, pro verbo, ad verbum, verbotenus 'wörtlich, wortgetreu'. von wort zu wort: nach spärlicher mhd. bezeugung (s. u. 1 a) im frühnhd. des 15. jh. schon formelhaft verbreitet und so noch bis tief ins 19. jh. hinein gebräuchlich. seit der mitte des 18. jh. neben wort vor (für) wort und in jüngster sprache von dieser formel verdrängt. in einer reihe meist älterer formvarianten mit flexionsendung: von worte ze worte (1401) bei Schmoller Straszb. tucherzunft 20; vgl. 50; 59; (1444) lehns- u. besitzurkd. Schlesiens 2, 259; (1634) bei Gaedeke Wallensteins verhandl. m. d. Schweden u. Sachsen 235; von wort zu worte (anf. 15. jh. obd.) Diefenbach gl. 612ᵇ; Hermann v. Sachsenheim 90 Martin; (ca. 1600) v. Brandis gesch. d. landeshauptleute v. Tirol 54; A. G. Kästner verm. schr. (1775) 1, 224; vom wort zu wort Döpler theatr. poenarum (1693) 379. pluralisch in beiden gliedern oder im ersten glied: von worten allez gar zu worten (14. jh.) bei Schönbach mitt. a. altdt. hss. 6, 157; van woͤrden to woͤrden (1405) Hans. urk.-b. 5, nr. 696; von worten zu worten (1525) chron. d. stadt Bamberg 2, 229 Chroust; J. v. Schwarzenberg d. teutsch Cicero (1535) 82; von wort zu wortten (1529) bei Lori baier. bergr. xlvii; d. fürstenthums Wirtemberg neue landsordn. (1536) e 2ᵇ; v. Brandis a. a. o. 24. ungewöhnlich: mit worten czu worten (15. jh. md.) Diefenbach gl. 612ᵇ; eyn wort czu wort (15. jh. md.) ebda; zuͦ wort zuͦ wort erste dt. bibel 2, 471 Kurr.; von und zu wort (Graz 1617) bei Frauenholz entw.-gesch. d. dt. heerwesens 3, 1, 142. in jüngerem gebrauch verkürzend: wort zu wort allg. dt. bibl. (1765) 1, 2, 11; M. Mendelssohn ges. schr. (1843) 4, 2, 153; Fr. Kind ged. (1817) 2, 295. wort vor wort und wort für wort seit der mitte des 18. jh.; früher gelegentlich, von ähnlicher ausgangsvorstellung her, wort auff wort Boltz Terenz (1539) A 2ᵇ; wort um wort Frisius dict. (1556) 1059ᵇ. wort vor wort (Dusch verm. schr. [1758] 72) scheint kaum älter als wort für wort ([1776] Herder 7, 7 S.), das sich im lauf des 19. jh. als alleingültig durchsetzt; Göthe bevorzugt noch die erste form, vgl. I 22, 169 W.; 25, 101; 29, 184; II 2, 138. bei einem wort, wohl in unmittelbarer anlehnung an lat. ad verbum, s. u. 4.
1)
im blick auf den genauen wortlaut einer aussage oder eines textes.
a)
allgemein 'in vollem wortlaut, wörtlich genau':
mit ainem brieff, als sie denn tuond,
daran von wort zuo worte stuond
die urtail, clag und widerwort,
als man von baid partien hort
Hermann v. Sachsenheim d. mœrin 1368 Martin;
Eszdras ... konte die fünff bücher Moysis auszwendig, und selbige von wort zu wort den schreibern in die feder dictiren Grimmelshausen Simpl. 115 Scholte; weil ich besonders gewisse diaria (aus akten) unmöglich sogleich von wort zu wort habe einnehmen können Göthe IV 11, 160 W. etwa 'von anfang bis zu ende': es sullent alle jor der meister und die fünfmanne ... dis buͦch von worte zuͦ worte überlesen, uf das sü sich wissent darnoch zuͦ rihten (1437) bei Schmoller Straszb. tucherzunft (1879) 50;
zu hören da von wort zu wort
ein comedi und lieblich gedicht
Hans Sachs 1, 53 lit. ver.;
so hatte der schulrat gelegenheit, den brief noch einmal wort für wort durchzulesen quelle a. d. j. 1937. in der genauen weitergabe eines empfangenen berichtes oder eines gespräches, in der genauen aufnahme des gesprochenen durch das ohr:
ich sait jr wie ez gegangen waz
was ich gehört het vnd gesechen
vnd wie der ritter het veriechen
vnd vnsern krieg (wortstreit) von wort ze wort
liedersaal 1, 219 Laszberg;
ich hab es ja wohl zwanzigmal schon erzählt, wort für wort, wie ichs von Trim weisz J. J. Chr. Bode Tristram Schandi (1774) 3, 133; er ... berichtete ihm wort für wort sein gespräch mit Semen M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 2, 51. besonders von der situation des heimlich lauschenden her:
derselbig het von wort zu wort
diesen anschlag haimlich gehort
Hans Sachs 22, 307 lit. ver.;
aber der ofen hatte oben ein loch, da lauerte ihr der könig zu und vernahm ihr schicksal von wort zu wort kinder- u. hausmärchen (1812) 2, 24. die verbindung wort für wort wird gelegentlich als accusativobject behandelt: umdrängt von zuhörern, die wort für wort von seinen lippen fingen, sprach er Herm. Grimm Michelangelo (1890) 1, 99.
b)
vor nachfolgender wörtlicher zitierung, in formelhaftem gebrauch namentlich älterer sprache: welke breff ludde van woͤrden to woͤrden alduͦs (Dorpat 1405) hans. urk.-buch 5, nr. 696; in crafft eins gemeinen mandats von uwern gnaden vssgangen von wort zuͦ wort also lutende Riederer spiegel d. waren rhetoric (1493) S 5ᵃ; (ein sicherer rezess,) welcher von wort zu wort also lautet (1684) urk. d. groszen kurfürsten bei R. Schück Brandenb.-Preuszens kolonialpol. 2, 232; als Esau ... wort vor wort, ablas, wie folget Cramer Neseggab (1791) 2, 26.
c)
zur kennzeichnung der wörtlichen übereinstimmung zweier texte: hie sihistu, das Paulus und Lucas schier von wortt tzu wortt ubereyn kommen Luther 8, 507 W.; der, in abschrift beigelegt, mit dem bei den räubern gefundenen wort für wort übereinstimmte Langbein s. schr. (1835) 31, 58; es (das testament) lautete wort für wort, wie das erste Stifter s. w. 5, 1 (1908) 136.
d)
in literarischem gebrauch, bei wortgetreuer zitierung: anzeigung vnd verwerffung der irthumb Martini Luther, ausz dem buͦch von dem miszbrauch der mesz, von Johan. Dietemberger von wort zu wort gezogen Dietenberger wid. d. unchr. buch Mart. Luthers (1526) A 3; ich hoffe, ihnen ... einen gefallen zu erzeigen, wenn ich hier das codicill von wort zu wort einruͤcke Rabener s. schr. (1777) 2, 276. zur kennzeichnung literarischen diebstahls: eines andern erfindung von wort zu wort nachklecken, ... ist kein thun eines ehrlichen mannes Birken d. verm. Donaustrand (1684) vorr. 7; diese erklärung ist von wort zu wort aus dem deutschen Pernety abgeschrieben Lessing 10, 255 L.-M.
e)
in verbindung mit vorsprechen, nachsprechen, auswendig lernen u. ä.: es sollen ... umb der kinder und ander einfeltigen unwissenden leute willen, von wort zu wort fürgesprochen werden die zehen gebot, vater unser und die artickel des glaubens Luther 26, 231 W.; der cantzley-schreiber ... lase mir folgende puncte vor, die ich von wort zu wort nachsprechen, und alles teutsch und articulat ausreden muste Stranitzky ollapatrida 111 ndr.; da er sie (die rolle) mir wort vor wort vorsagte Göthe I 22, 169 W.; dasz jr auch von wort zu wort auszwendig lernet dasz 15. capitel der 1. epistel zu den Corinth. Sarcerius hirtenbuch (1566) 150.
f)
'in jedem wort', wo eine aussage, ein text in allen einzelheiten und einzelteilen gemeint ist: doch die schickung des buͦchs seiner schrift douon vns zuͦ wort zuͦ wort nicht bedeút wirt: auff das geding, daz den vnwissenhaften die begerung ersuͦchen werd gegeben erste dt. bibel 2, 471 Kurr.; wollten wir, wie bisher meist geschehen, wort vor wort mit dem verfasser controvertiren; so würden wir uns ... nur wiederholen müssen Göthe II 2, 138 W.; meine frau berichtet wort für wort die reine wahrheit Holtei erz. schr. (1861) 3, 238. auf die annahme oder bestätigung eines in allen einzelheiten rechtsverbindlichen vertragstextes angewendet: ich swere, das ich den fridlichen anstand ... von worten zu worten annemen (will) (1525) chron. d. st. Bamberg 2, 229 Chroust; in Frankfurt sah sich der rath genöthigt, die ihm von der gemeine vorgelegten artikel von wort zu wort anzunehmen Ranke s. w. (1867) 2, 141.
2)
ins sachliche, inhaltliche erweitert, nicht eigentlich vom wortlaut, 'im ganzen umfang, in allen einzelheiten, vollständig, genau': zu dem gingen seine burger und legten im die sach fur von wort zu wort (15. jh.) chron. d. st. Bamberg 1, 31 Chroust;
von seim schuͦlmeister ich selb hort;
sagt mir die ding, von wort zuͦ wort
(das schändliche leben meines sohnes)
Wickram w. 6, 269 Bolte;
(Tasso:) o ja, erzähl, erzähl von wort zu wort!
und kannst du jede silbe, jede miene
vor diesen richter stellen, wag es nur!
Göthe I 10, 163 W.;
die gute frau erzählte nun allen, ... von wort zu wort, was ihr begegnet war Grimm dt. sagen (1891) 2, 153.
3)
als vorwiegend älterer terminus für die wortgetreue, wörtliche übersetzung aus einer sprache in die andere, vgl. lat. verbum e (de) verbo exprimere, verbum verbo reddere, verbum e verbo: das wolt ich also dolmedschen. nemet, esset diesen meinen leib, der fur euch gebrochen wird, das muste von wort zu wort recht verdolmetscht sein, on das ich ein kleins pünctlin uberhüpffet Luther 26, 473 W.; von wort zu wort verteutschen Guarinonius grewel d. verwüstung (1610) 1056; dasz zwar das deutsche angeführtermaszen aus dem lateinischen übersetzt ist, aber nicht von wort zu worte. vielmehr hat der deutsche übersetzer hier und da die fabeln zierlicher, mit einigen kleinen umständen ausgeputzt, zu erzählen gesucht Kästner verm. schr. (1755) 1, 224; in den stellen selbst, die er wort zu wort aus dem englischen übersetzt M. Mendelssohn ges. schr. (1843) 4, 2, 153.
4)
bei einem wort, lat. ad verbum nachgebildet, statt von wort zu wort in gelegentlichem gebrauch des 16. und 17. jh.: ad uerbum bey eim wort, von wort zu wort Alberus nov. dict. (1540) 30ᵇ;
ich wils wol (die kosten der zeche) schryben an ein ort,
da wirs als findend by eim wort
H. R. Manuel d. weinspiel 1306 ndr.;
dasz sie alles, was sie einmal gehöret oder gelesen, bey einem wort nach-reden mögen Grimmelshausen Simplicissimus 115 Scholte.
C.
zahlreiche andere feste oder redensartliche verbindungen mit wort im sgl. oder plur. gründen deutlich in der sprachlichen vorstellung von wort als dem einzelnen lautgebilde, das gezählt oder gemessen werden kann; sie reichen aber von dorther insofern in den bereich I hinüber, als ihre anwendung fest an den hintergrund zusammenhängender rede gebunden bleibt (vgl. die ähnliche verwischung der grenzen o. I D 2). der plural begegnet darum hier in der form worte, nicht als wörter.
1)
in den negativen verbindungen kein wort, nicht ein wort, ohne ein wort u. ä., in positivem gegensinne auch jedes wort.
a)
kein wort, nicht ein wort antworten, sprechen, reden usw. 'völlig schweigen', in frühestem gebrauch und bis heute durchstehend, vgl. schon: jah ni andhof imma wiþra ni ainhun waurde (οὐδὲ ἓν ῥῆμα) got. bibel Matth. 27, 14;
sus saz si nâch ir leide,   daz ist alwâr,
nâch ir mannes tôde   wol vierdehalbez jâr,
daz si ze Gunthêre   nie dehein wort gesprach
Nibelungenlied 1106, 3 B.;
ora tenere das maul zuͦhaben, schweygen, nit ein wort reden Frisius dict. (1556) 1299ᵇ; er sagt kein wort egli non dice parola Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; eine tochter, die mutter jugendlich darstellend, sprach kein wort (bei einer tischgesellschaft) Göthe I 33, 3 W.;
alles konnte Böck ertragen,
ohne nur ein wort zu sagen
W. Busch Max und Moritz (1865) 18;
aber sogleich war auch sein entschlusz gefaszt, ohne ein wort zu verlieren, die beiden soldaten ... von hinten zu fassen A. v. Arnim s. w. (1853) 15, 141. in elliptischer befehlsform 'schweig': kein wort mehr B. Mayr päckchen satiren (1769) 8; nichts mehr. kein wort mehr Schiller 3, 9 G.; Fischer schwäb. 6, 959. ohne (ein) wort 'schweigend', andersartigen verben zugeordnet:
und warf ihn aus dem fenster ohn ein wort
Gaudy s. w. (1844) 2, 15;
ein weiszhaariger hüter des hauses öffnete mir still ... und verschwand geräuschlos und ohne wort wie ein gespenst quelle a. d. j. 1935. mit verstärkendem attribut:
'ichn wil niht mer von dirre stunt
mit ir reden ein halbes wort'
Koloczaer cod. altdt. ged. 261, 592 Mailath-Köffinger;
ohne ein einiges wort zu verlieren Kramer t.-it. 2 (1702) 1395ᶜ; ohne ein stummes wort des beweises Herder 3, 473 S. auf die sprechfähigkeit bezogen 'nicht sprechen können', vgl. schon:
nûne mac si (die zunge des toten) nicht fur bringen
daz wort noch die stimme
Heinrich v. Melk von des todes gehugde 615 Heinzel-K.;
ir (der eltern des kindes) enwederz enkunde
einic wort gesprechen (vor trauer)
Hartmann v. Aue armer Heinrich 883 Wackernagel;
konte weder gehen noch stehen, noch ein wort machen, so hatte ihn das gericht gottes verstricket 3. Makkab. 2, 21 in: biblia teutsch Nürnberg 1662; Therese war über diese erscheinung so bestürzt, dasz sie kein wort zu sprechen vermochte Langbein s. schr. (1835) 31, 12.
b)
in den gleichen oder verwandten verbindungen wie unter a (von, über etwas) nicht ein, kein wort sagen usw., mit ausdrücklicher oder zu ergänzender inhaltlicher bestimmung, 'etwas verschweigen, sich über etwas ausschweigen': du ... mir nicht ein wort gesagt noch vrlaub gebeten hast engl. com. u. trag. (1624) A 8ᵃ; ohne jemand ein wort davon zu sagen Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᵇ; dasz ich recht bösz auf sie binn, dasz sie mir nie ein wort gesagt haben was für ein liebenswürdiges frauenzimmer sie ist Göthe IV 1, 147 W.; wolte aber doch keinem menschen, im geringsten wort etwas hiervon vertrawen M. Brandt Phoenicia (1595) B 4ᵃ; der auffallendste beweis war, dasz in der groszen menge Londner zeitungen ... seiner annalen mit keinem worte gedacht wurde Archenholz Engl. u. Ital. (1785) 1, 1, 198. in der vorstellung von der überflüssigkeit oder zwecklosigkeit des redens wurzelnd: über das liebe fräulein ... verliere ich weiter kein wort hierbei W. Raabe unruhige Gäste (⁴1900) 90. in dieser verbindung auch spezieller: ich werde kein wort mehr verlieren nihil oro, nihil precor Serz teutsche idiotismen 179ᵃ.
c)
mit anderem präpositionalobjekt: ich sage, Christus fleisch sey aus fleisch geboren, da las es bey bleiben und mucke kein wort da widder Luther 26, 350 W.; niemand hatte in Deutschland ein wort dagegen zu erinnern Zimmermann üb. d. einsamkeit (1784) 1, viii; sie selbst hatte nie ein wort mit ihr gesprochen Kahlenberg Eva Sehring (1901) 9.
d)
kein wort, jedes wort als kleinster teil eines sprachganzen oder einer zusammenhängenden rede genommen.
α)
eigentlich, oft in hyperbolischem sinne:
das undir in decheinir dort
virstuͦnt des andern sprache ein wort
(bei der babylon. sprachverwirrung)
Rudolf v. Ems weltchron. 1319;
zwar verstand ich kein wort griechisch E. M. Arndt s. w. 1, 51 R.-M.;
singen und lesen tag und nacht
hat mich und ander schier toub gemacht,
hand des nit ein wort verstanden
N. Manuel 7 Bächtold;
so erkennet jr ja, das kein wort des herrn ist auff die erden gefallen, das der herr geredt hat wider das haus Ahab 2. kön. 10, 10; vgl. 1. Sam. 3, 19; Josua 23, 14; Wilhelm war überzeugt, es sei kein wort seiner geschichte auf die erde gefallen Göthe I 21, 29 W. besonders: ein freund teuscht den andern, vnd reden kein war wort Jer. 9, 5; es ist kein wordt war, dasz mein sohn die armee nicht hatt ahnnehmen wollen (1676—1706) Elis. Charl. v. Orleans briefe 475 Holland;
was ich dagegen antzubringen habe,
herr richter? ei! mit euerer erlaubnisz,
dasz sie kein wahres wort gesprochen hat
Heinrich v. Kleist w. 1, 370 E. Schmidt;
der könig glaubte kein wort mehr von den glatten schmeichelreden quelle a. d. j. 1897; beide ... waren in der kirche ... und folgten jedem worte des geistlichen Fontane ges. w. (1905) I 6, 378.
β)
erweitert in der übertragung auf einen nicht sprachlichen, einen sachlichen zusammenhang, wobei kein wort soviel bedeutet wie 'nichts', besonders von etwas nicht ein wort, kein wort wissen oder verstehen: satzungen vnnd ordnungen ..., darvon Christus nit ein wort gewuszt Fischart binenkorb (1588) 1ᵇ;
ein wandersmann, der nicht ein wort
vom Apis der Ägypter wuszte
Pfeffel poet. vers. (1812) 1, 14;
er: ihr gabt stunden in der mathematik.
ich: ohne ein wort davon zu verstehen
Göthe I 45, 40 W.
freier wohl in gleichem sinne:
nun folgt er (der sohn) mir (dem vater)
nicht umb ein wort (nicht ein biszchen)
(1613) Spangenberg-Fröreisen griech. dramen 2, 171 lit. ver.;
er fühlt sich so sehr als der unfehlbare, grosze mann, dasz ich ihn kein wort wieder fragen werde, wo ich nicht absolut musz (1873) Müllenhoff briefw. 245 Leitzmann.
2)
ein wort in einer reihe von verbindungen, in denen ein mindestens ursprünglich als zahlwort gedacht ist und wort als zählbare grösze behandelt wird. wort kann hier sowohl im sinne eines tatsächlichen einzelwortes wie namentlich in der bedeutung einer kurzen ausführung oder mitteilung gemeint sein (s. o. I A 4), deren kürze dadurch ausdrücklich hervorgehoben wird.
a)
auf ein wort, noch ein wort, älter auch blosz ein wort, als aufforderung, eine kurze mitteilung entgegenzunehmen, auch mit dem nebensinn des vertraulichen: das ich hye an der porten sey unnd begere, das sye ein wort zuͦ mir kummen woͤlle Wickram w. 1, 180 Bolte;
hört mich ein wort, hört doch ein mal!
(1590) Rollenhagen spiel v. reichen manne 11 Bolte;
marquis! auf ein wort! Klinger w. (1809) 1, 182;
doch seht, sie kehrt sich um: frau schwester, noch ein wort,
ein wort!
Gellert s. schr. (1839) 1, 161;
schweizerisch uf as wôrt: chumm noch uf as wôrt us, e dan geist 'komm noch, bevor du weg gehst, einen augenblick hinaus, dasz wir abseits (unter vier augen) kurz was reden können' Bühler Davos 1, 210.
b)
anders auf ein wort, von da aus auch aufs wort soviel wie 'augenblicklich, sofort', s. auch ob. I F 3 a:
dasz einer seinem tod getrost entgegengehet,
folgt dem verhengnüs gern, ist fertig auf ein wort,
denn wer sich lange sperrt, musz eben wol doch fort
Rachel satyr. ged. 83 ndr.;
er giebt auf ein wort uno sermone quo velis possis perducere Serz teutsche id. 179ᵃ; sie hülft sich wie sie kann; verliert aufs wort, borgt bald dort, bald da Kretschmann s. w. (1784) 3, 5. in der sonst zu I F 3 a gehörenden verbindung: die letzte eigenschaft glaubte ich ihm gleich aufs wort Castelli s. w. (1844) 10, 17. in der redensart aufs wort gehorchen.
c)
nur ein wort (zu sagen brauchen) u. ä.: etwan wenn die vernunfft numen (nur) ein wort zu inn spricht, glych gesitzen sie all, und sint ir gehorsam Geiler bilgersch. (1512) C 2ᵈ; du darfst nur ein einziges wort sagen in hoc negotio nulla tua nisi loqvendi cura est Stieler (1691) 2576;
es kostete ein einzig leichtes wort,
um augenblicks des dranges los zu seyn,
und einen gnädgen kaiser zu gewinnen
Schiller 14, 309 G.;
Hügel Wien 191.
d)
in der kennzeichnung des zuviel gesagten auf den kleinsten teil eines gröszeren redezusammenhangs zielend: wie ich denn auch versichert bin, daz keinem redlichen manne durch das gantze werckgen mit einem worte zu nahe getreten Riemer polit. maulaffe (1679) vorr. ):( 10ᵃ; und wenn vorige nacht ein wort zu viel gesprochen wäre, so sollte das zurückgenommen sein W. Raabe unruhige gäste (⁴1900) 78; vgl.e wort zu viel reden = jem. beleidigen Müller-Fraureuth 2, 680ᵃ.
e)
mit einem wort 'aufs kürzeste': tribus uerbis er hetts mit eim wort ausgericht Tappius adag. cent. sept. (1545) P 8 α. auch 'ohne drumherumreden, rundheraus': kauffher waz sol der propheten beer eins gelten mit einem wort (1515) Eulenspiegel 54 ndr.; zuletzt verlangte er den preis des edelsteins mit einem worte zu wissen Göthe I 43, 198 W.
f)
die gleiche verbindung auf ein bestimmtes, ausdrücklich genanntes einzelwort oder eine wörtlich angeführte kurze äuszerung bezogen.
α)
etwas mit einem wort nennen: zum distilliren werden innsonderheyt zwey gefäsz erfordert, welche man mit eynem wort vnd inn gemeyn möchte den alembick nennen Sebiz feldbau (1579) 401; der unterricht ... wird mit einem worte poetik genannt Eschenburg entw. e. theor. u. lit. der schönen wissenschaften (1783) 51; sie war, was ich mit einem worte eine anempfinderin nennen möchte Göthe I 21, 169 W.
β)
geläufig in der elliptischen formel mit einem wort, die einen ausdruck oder eine kurze aussage als schluszglied voraufgegangener äuszerungen im sinne der zusammenfassenden verdeutlichung, pointierung oder verstärkung kennzeichnet: 'um es ganz kurz, um es ganz deutlich zu sagen', auch 'geradezu'. auf ein einzelwort bezogen oder eine folge weniger worte, in der ein einzelnes wort im mittelpunkt steht:
ich bin und bleib sein feind hinfort
bisz in den tod, mit einem wort
(1608) Spangenberg-Fröreisen griech. dramen 2, 109 lit. ver.;
mit einem wort frau mutter: ich bleibe ... nicht Chr. Reuter Schlampampe 102 ndr.; ich habe sie (anrede) gesehen (im traum), ich war bey ihnen, wie es war, das ist zu sonderbaar als dass ich es ihnen erzählen möchte. alles mit einem wort, sie waren verheurahtet. sollte das wahr seyn? (1769 an Käthchen Schönkopf) Göthe IV 1, 219 W.; schreckhaft, nervös, bodenscheu — nichtsnutz mit einem worte M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 63. auch vor relativ längerer aussage, die nicht mehr von einem einzelwort her ihr gewicht empfängt: dann ich wurde am leib mager, am verstand untüchtig und stumpff, von kräfften schwach, von farb bleich, von humeur melancholisch und mit einem wort allerdings so elend, wie die erst obengedachte unglückselig-verliebte zu seyn pflegen Grimmelshausen 2, 516 Keller; mit einem worte, man suchet eine bestimmte, charakteristische, in exempeln kenntliche und zum leben brauchbare vorstellung von dem, was darzu nöthig ist, dasz wir die wirkliche ausübung dessen, was wir thun sollen, in uns und andern veranlassen und fördern Crusius kurzer begriff d. moraltheologie (1772) 1, 21; warum ist er besser unterrichtet, mit einem wort, warum hast du mir nicht geschrieben? R. M. Rilke ges. w. (1927) 6, 110.
3)
mit anderen zahlwörtern verbunden meist zwei oder drei worte, um hyperbolisch eine ganz kurze aussage oder redeweise zu kennzeichnen: meulet ein wort odder zwey die helfft und heists denn ein antwort Luther 26, 350 W.; etwas mit zwey worten abfertigen Adelung vers. 5 (1786) 293; dasz es sich lohnt, mit zwei worten darauf einzugehen A. Hübner kl. schr. (1940) 43. mit zwei worten wie mit einem wort unter 2 f β: mit zwey worten: Young schilderte leidenschaften; Schakespear das mit leidenschaften verbundene sentiment Gerstenberg schlesw. lit.-br. 115 lit.-denkm.;
dasz er drey wort nicht reden kan
Scheit Grobianus 4630 ndr.;
eim drei wort sageⁿ ausschelten, derb die meinung sagen Martin-Lienhart elsäss. 2, 859ᵇ; vgl. Follmann lothring. 549ᵃ. anders zwei oder drei worte wie singular. wort unter I A 6 im sinn einer äuszerung zu einem bestimmten thema, einer programmatischen erklärung u. ä., in titeln von broschüren, flugschriften u. dgl.: E. M. Arndt zwey worte über die entstehung und bestimmung der teutschen legion (1813) titel; drei worte zur kurhessischen verfassungsurkunde (1831) titel. zahlwortverbindungen dienen dazu, den gegensatz kurzer und langer rede zu charakterisieren:
(der dichter redet den Grobianer an:)
... brauch ein weitläuffig manier,
vnd mach ausz einem wort wol vier
Scheit Grobianus 4598 ndr.; vgl. 482;
und das leid ich nicht, sagte der schneider, und der gesell musz fort. da ist ein wort wie hundert! ja, sagte die schwarze; ein wort von dir ist nix, und hundert sind auch nix O. Ludwig ges. schr. 2, 377 Schm.-St.; vgl. da is ee wort soviel wie tausend! zusatz zu einer abweisung Müller-Fraureuth obersächs. 2, 680ᵃ; Mensing schlesw.-holst. 5, 687; Fischer schwäb. 6, 960.
4)
mit anspielung auf die stellung des wortes im zusammenhang der rede: erstes, letztes, zweites, drittes wort u. ä.: und wenn wir gleich nur die ersten drei wort im glauben hätten: „ich gläube an gott vater“, so sind sie doch weit uber unser vernunft Luther tischr. 1, 51 W.;
(er) hält sich beim ersten worte kaum,
die rednerin zu unterbrechen
Wieland s. w. (1853) 11, 188;
er ... wartet aufs letzte wort sein lob aus maler Müller w. (1811) 1, 71. das erste wort, das ich höre bei einer überraschenden mitteilung, vgl. Serz teutsche idiotismen (1797) 179ᵃ: Franz: du weist vielleicht nicht, dasz Karl so gut als enterbt ist? Hermann: unbegreiflich, das erste wort, das ich höre Schiller 2, 62 G.; blitz, hagel, stral, teufel und hexen waren sein anderes wort Bräker s. schr. (1789) 2, 91; aber so was seht ihr nicht, und 'figur' und 'stattlich' ist immer euer drittes wort Fontane ges. w. I 5 (1905) 146.
5)
geläufig auch seit alters in verbindung mit attributen, die eine unbestimmte zahl oder menge ausdrücken.
a)
wenige, ein paar, einige worte von kurzer rede: im ... dise wenige züchtige wort zuͦ herczen gingen Arigo decamerone 49 Keller;
ey sagt mit wenig worten
wie euch gefellt die weisz (meine art)
Voigtländer oden u. lieder (1642) 26;
nur wenig worte denn die post geht Göthe IV 8, 5 W.; er wolte ihr auff ein paar wort auffwarten Chr. Reuter Schlampampe 21 ndr.; der anblick dieses mädchens nebst ein paar worten, die sie sprach Bauernfeld ges. schr. (1871) 1, 16; und jetzt nur einige worte Göthe IV 27, 15 W. in titeln von flugschriften, broschüren u. ä.: einige worte über das Bremische theater (1803) titel; ein paar worte zur ehrenrettung unserer deutschen Martiale (1797) titel. in bestimmten verbindungen zur umschreibung der wortkargheit als einer menschlichen charaktereigenschaft (im gegensinne s. b γ): brachyologus, breuiloquus der wenig wort macht Alberus nov. dict. (1540) g 4ᵇ; Steinbach dt. wb. (1734) 2, 1040; so wird er höchst anziehend, wenn er gleich wenig worte macht Göthe I 25, 1, 274 W.; der alte apotheker ... zeigte sich zuerst als ein mann von wenig worten Carossa doktor Bürger (1930) 48.
b)
viele worte.
α)
zur umschreibung ausführlicher, wortreicher rede, vgl. schon: multis sermonibus manakem uuostum (sic) (K.) ahd. gl. 1, 208, 18 St.-S.; Tatian 196, 5;
bey jhr bedarff es nit viel worte,
was jhr ist, ist nicht minder mein
Opitz teutsche poemata 131 ndr.;
(sie) beklagte mit vielen worten die schande, die dadurch auf die familie gekommen Göthe I 21, 67 W.
β)
gern sprichwörtlich und mit üblem nebensinn, in ausdrücklichem oder unausgesprochenem gegensatz zum bereich des menschlichen handelns wie in den prägnanten anwendungen unter I E 1 b und 2:
wo vil wort sind, ist nichts darhinder
Hans Sachs 19, 285 lit. ver.;
Spanutius (1720) 539; bey vielen worten sind wenig thaten Petri d. Teutschen weish. (1605) 2, L 1ᵇ; viel wort nicht gut fuͤrn hunger sind Eyering prov. copia (1601) 3, 227.
γ)
besonders in bestimmten verbalverbindungen: viel worte machen, älter auch treiben, entsprechend dem prägnanten gebrauch unter I D 2 a α, bedeutungsmäszig nuanciert und mit einer gewissen neigung zu üblem beisinn: vnd wenn jr betet, solt jr nicht viel plappern, wie die heiden, denn sie meinen, sie werden erhöret, wenn sie viel wort machen Matth. 6, 7; achte gar unnoͤthig viel worte von selbigem zu machen Lohenstein Ibrahim Sultan (o. j.) a 4ᵃ; wie es denn ihm freilich überhaupt widerstrebt, von seinem persönlichsten inneren gemütsleben viel worte zu machen Meinecke Boyen (1896) 1, 69;
und (er) trib vil wort im selben buͦch
mit schelten und mit argem bsuͦch
wider ein barfuͦssen
Murner v. d. fier ketzeren s. 14, v. 355 Fuchs;
gelegentlich: er kramte viel worte aus über zeichnung, ton, kolorit, ich hörte ihn nicht E. T. A. Hoffmann s. w. 2, 89 Gr. 'umstände machen':
mach nit vil wort,
vnd schneid ein guͦte portz daruon (beim essen)
Scheit Grobianus 718 ndr.
'aufhebens machen':
A.: auszlachens musz ich schaͤmen mich,
ja, spott und schmach musz dulden ich.
T.: ach herr, enthalte dich hinfort
und mach doch hievon nicht viel wort
Spangenberg-Fröreisen griech. dramen 2, 83 lit. ver.
die gleichen und ähnliche verbindungen kennzeichnen redseligkeit oder geschwätzigkeit als eine menschliche charaktereigenschaft oder, soweit sie negiert sind, das gegenteil, wie oben a: multiloquax mensch der vil wort kan vnd tribt; claffig (15. jh.) Diefenbach gl. 370ᶜ; vgl. 461ᵃ; breviloquus ... der nicht viel wort machet, kurtz redet Faber thes. (1587) 460ᵃ; eine jungfraw soll nicht viel wort machen Moscherosch insomnis cura par. 66 ndr.; er pflegte sonst nicht viel worte zu machen, jetzt aber funkelten seine augen, ich hatte ihn noch nie so heftig gesehn Eichendorff s. w. (1864) 3, 277; hä mackt nit völl wöät (umstände) Leithäuser Barmen 172ᵇ; ein guͦte hefamme die wol bewärt sey und die subtil hend hab, ... auch die nit vil wort habe, wan die sach will nit wort haben sunder die werck (vor 1500) Ortolff v. Bayerland d. frauenb. 5 Klein; der eine war von viel worten, kunte viel herplaudern, vnd mit seinem maule das volck auff seine seite bringen; der andere war nicht so beredt, doch aber ein besserer künstler als der erste Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719) 510;
'von vielen worten bin ich nicht,
doch, holdes mädchen, schau
mir ins gesicht!'
Wieland. s. w. (1853) 11, 76.
vereinzelt mit collectivem singular:
ich bin ein mann der that, kein mann von vielem wort
Rückert Rostem (1838) 98ᵇ.
6)
auch dort, wo worte nach masz und länge beurteilt werden, steht wohl die vorstellung des einzelworts im hintergrund.
a)
kurze worte, seit dem ahd. und bis in jungen gebrauch:
nu leru ih iuih harto   kurzero worto,
wio ir giduet follon   then druhtines willon
Otfrid II 23, 1; vgl. II 21, 17; 9, 74;
er sprach mit kurzen worten sân
sîne bîhte
Parzival 106, 22;
addere vel ponere aliquid ad compendium mit kurtzen worten sagen, kurtz anbinden, ein ding geschwind darthuͦn Frisius dict. (1556) 267ᵇ; weil sich mit kurzen worten erzählen läszt, was er mir für verbindlichkeiten schuldig war Göthe I 43, 290 W.; ich berichtete ihm nun mit kurzen worten meinen namen, metier, und den zweck meiner reise Eichendorff s. w. (1864) 3, 222; mit kurzen worten wie mit einem wort (s. o. 2 f β):
mit kurzen worten!
der tempelherr liebt Recha: gebt sie ihm
Lessing 3, 132 L.-M.
b)
lange worte, nur in älterem gebrauch:
durch daz niht iuwer herze trage
urdruz von langen worten,
sô wil ich zallen orten
bekürzen mîne rede alhie
Konrad v. Würzburg Silvester 2222;
aber wes entschuldigen ich mich in so langen worten vnnütze Niclas v. Wyle transl. 15, 10 Keller; solchen handel fuͤhret nun dieser Witzenbuͤrger mit langer und zierlicher rede ausz, unnoͤthig, als ich erachte, mit laͤngern worten auszzufuͤhren grillenvertreiber (1670) 20.
III.
in einer reihe eigentlicher und bildhafter verbindungen ist wort, singularisch oder pluralisch, als element des sprechvorgangs, des sprachvollzuges gesehen. die durchweg zum phraseologischen neigenden verbindungen dieser art sind seit alters sowohl von I wie von II her möglich.
A.
mit anspielung auf die menschlichen sprechwerkzeuge; teils im eigentlichen bereich des sprechtechnischen bleibend, teils von bildlicher grundlage aus zu übertragenen bedeutungen entwickelt.
1)
vornehmlich der mund begegnet als wortbildendes organ in stehenden wendungen und redensarten mit wort.
a)
worte gehen, kommen, gleiten aus dem munde: ainhun waurde ubilaize us munþa izwaramma ni usgaggai got. bibel Eph. 4, 29; (sie) wunderten sich der holdseligen wort, die aus seinem munde giengen Lukas 4, 22; vgl. Matth. 4, 4; wo ... jedermann begierig auf jedes wort lauerte, das aus ihrem munde kommen würde Knigge umg. m. menschen (1796) 1, 2; 'frauw', sprach er und schampt sich sere, 'also kam mir das wort zum munde, und huͦt mich nit an dem sprechen' Lanzelot 1, 94, 20 Kluge;
liebliche wort zu jeder stund,
flossen sittlich ausz seinem mund
Spreng Ilias (1610) 1, 6ᵃ;
rascher klopften alle herzen,
leichter glitt das wort vom munde
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 89;
von da aus auch ohne verbale bindung: die wort aus dem mund eines weisen, sind holdselig prediger Salomo 10, 12; ist denn ein rechter verlasz auf solch ein wort aus dem munde eines vornehmen? Holtei erz. schr. (1861) 1, 40.
b)
das wort im munde haben, in eigentlicher vorstellung: er hatte noch das wort im munde, als eben zwei ... um die ecke bogen Stifter s. w. 2 (1908) 20. ohne feste verbalbindung: dasz sie (die greise) fast das wort in munde vergessen Fleming d. vollk. teutsche soldat (1726) 4. worte im munde führen, abstrakter, auch mit negativem akzent: es waren nur spötter, die das wort allein im munde führeten, thätens aber selbs nicht Luther ²6, 17 Erl.; dasz derselbige nicht viele worte und wiederrede darüber in seinem munde führe Reinicke Fuchs (1650) 83.
c)
das wort stirbt, erfriert im munde, in bildlicher vorstellung: der (frau) das wort in keinen weg in irem munde, oder czwischen iren czennen starbe Arigo decamerone 82 Keller; so erstarben ihm, da er überdies nicht beredt war, die worte im munde Keller ges. w. (1889) 5, 12;
da gfriert mir schier im maul as wort
Stieler ged. 1, 55 Reclam.
d)
das wort im mund umkehren, umdrehen, bevor man es ausspricht: es sol einer ein wort im munde neun mal vmbkeren, ehe ers saget Friedrich Wilhelm sprichw.-reg. (1577) C 1ᵃ; jedes wort dreimal im maul rumdrehen Fischer schwäb. 6, 959. anders jmd. das wort im mund verkehren, umdrehen, 'jmds. aussage verdrehen und böswillig auslegen' (s. auch wortverdreher, wortverdrehung): der aber dichtet, leuget, vnnd den leuten ihre wort im maul verkeret, sie mitt trug und misztrauw betrügt Bech Agricolas bergwerckb. (1557) 16; der dreht eiⁿᵉm 's wort im maul rum Fischer schwäb. 6, 959; Bauer-Collitz Waldeck 254ᵃ.
e)
jmd. worte in den mund legen, älter auch geben. biblischen ursprungs, von einem göttlichen wortauftrag: ich wil jnen einen propheten ... erwecken ..., vnd meine wort in seinen mund geben 5. Mos. 18, 18; vgl. 4. Mose 23, 5; 2. Mose 4, 15. von hier aus: sonderlich weil er (Christus) dir auch die wort fuͤrgestellet vnd in den mund gelegt hat, wie vnd was du bitten sollest (vaterunser) Luther 5 (1561) 400ᵇ. auf den antrieb verweisend, der jmd. zum reden befähigt: hier aber redet ein beredter mann aus eigenem triebe. ein dankbares und gerührtes herz leget ihm alle worte in den mund Gottsched d. neueste a. d. anm. gelehrsamk. (1751) 3, 80; vgl. 639. von untergeschobener rede: Wilhelm versetzte (im geist) seine Mariane in diesem augenblicke vor den richterstuhl, legte ihr noch schönere worte in den mund Göthe I 21, 74 W.; Rochlitz legt dem kaiser die worte in den mund: 'lieber Mozart ...' O. Jahn Mozart (1856) 3, 187 anm. 41. meist mit üblem beisinn, von eingeflüsterter rede: die worte hast du ihm in den mund gelegt haec ejus oratio ex tuo ore missa est Steinbach (1734) 2, 1040; zum dank (ironisch) erzählte er (Vasari) nun dem herzog Alexander, dasz ich von seiner excellenz übel gesprochen habe; ich hätte mich vermessen, in verbindung mit den ausgewanderten, zuerst die mauer von Florenz zu ersteigen. nachher erfuhr ich wohl, dasz der treffliche herr Octaviano Medicis, der sich an mir ... rächen wollte, ... ihm die worte in den mund gelegt habe Göthe I 43, 253 W.
f)
jmd. das wort aus dem mund nehmen, ziehen u. ä., 'jmd. zum reden bringen': einem das wort aus dem maul nehmen trarre ad uno la parola di bocca Kramer t.-it. 2 (1702) 1395ᶜ. mit dem nebensinn des mühsamen: et muss ên em d wîrder aũs dem monn zeⁱen luxemb. ma. 494ᵃ; Mensing schlesw.-holst. 5, 687. anders 'das sagen, was eben der andere sagen wollte': sie (anrede) haben mir das wort aus dem munde genommen, und mich gerades wegs auf das anliegen gebracht, um dessen willen sie mich hier sehen Göthe I 11, 63 W.; du nömmsz mek et woat ut dem mongk Leithäuser Barmen 172ᵇ. noch anders 'jmd. im reden unterbrechen':
er nahm, noch eh er recht verstund,
wovon ich sprach, das wort mir aus dem mund
Wieland s. w. (1853) 11, 190.
in ähnlichen, noch stark bildhaft gefühlten verbindungen, entsprechend dem gleichbedeutenden abgezogeneren gebrauch o. I D 1 c λ: Benvenuto, ich schneide dir das wort im munde ab (io ti taglio la parola) Göthe I 44, 120 W.; dasz er ihr das wort wie mit einer sichel vor dem munde wegschnitt Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 21.
2)
zunge und lippen als träger des wortbildenden sprechvorgangs: denn sihe, es ist kein wort auff meiner zungen, das du herr nicht alles wissest psalm 139, 4; ich weisz nicht, wie mir das wort auf die zunge kam Schiller 4, 75 G.; wären die töne deiner kehle, die worte deiner lippen lieblich anzuhören Göthe I 21, 82 W. namentlich: ein scherzhaftes wort schien ihm eben auf die lippen zu treten, aber ehe es laut werden konnte, klingelte die hausthür Fontane ges. rom. u. nov. (1890) 7, 8; ein verhängnisvolles wort schwebte auf seinen lippen M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 14; das wort läuft mir auf der zunge herum 'der ausdruck schwebt mir vor, aber ich kann ihn nicht sagen, nicht darauf kommen' Spiess Henneberg 285; ek häff et woat op de tong Leithäuser Barmen 172ᵇ. anderes entsprechend den verbindungen unter 1. zu 1 a:
last kein unerbar wort entfahren von der zungen
Rachel satyr. ged. 42 ndr.
wie 1 c: die worte erstarben ihm auff den zitternden lippen Lohenstein Arminius (1689) 1, 47ᵇ.
3)
seltener in der beziehung auf kehle und hals. vornehmlich: worauf dem redner das wort in der kehle stecken blieb Cl. Brentano ges. schr. (1852) 5, 176. wie 1 f: einem die wort aus dem hals ziehen müssen Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᶜ. dichterisch frei:
vergebens harren wir schon jahre lang
auf ein vertraulich wort aus deiner brust
Göthe I 10, 5 W.
B.
ohne ausdrückliche anspielung auf die sprechwerkzeuge, doch so, dasz in bestimmten verbalverbindungen mit wort das anschaulich-bildhafte noch greifbar ist.
1)
namentlich dort, wo wort als ein bewegliches, aus dem menschen hervorkommendes gedacht ist, im anschlusz an A 1 a: worte werden hervorgelassen, entfahren, entfallen, entschlüpfen u. ä.; bedeutungsmäszig gern mit dem moralischen nebenton voreiligen, unbedachtsamen oder ungehörigen redens:
stôz den rigel für die tür,
lâ kein bœse wort dar für
dise böse welt ... alle wort, so eynem vndertweilen ... entpfallen, auffklaubet Agricola 750 sprichw. (1534) a a 1ᵇ (vorrede);
sind wir verpflichtet rechenschaft zu geben
von jedem wort, das unnütz uns entfallen
Göthe I 2, 15 W.;
es entferet offt einem ein wort, vnd meinets doch nicht also, denn wer ist, dem nicht zu weilen ein wort entferet Jesus Sirach 19, 16; gut, ich mäszige mich, ich bin bey mir, es soll mir kein hartes wort entfahren Lessing 10, 88 L.-M.; wie auch einem prediger ein wort entwischen kan Mathesius Sarepta (1578) 236ᵇ;
doch kaum entfloh das wort, als, schnell gerügt
sich seiner augen flammenblitze dämpfen
A. v. Droste-Hülshoff ges. schr. (1878) 2, 197;
wann das wort ausz ist, so ists eins anderen Tappius adag. cent. septem (1545) C c 2 α; es lassen sich die geredeten worte nit wieder einschlucken Kramer t.-ital. 2 (1702) 1394ᶜ.
2)
daneben gelegentlich im anschlusz an A 1 f: worte heraus locken elicere, excutere verba Stieler (1691) 2577; aus einem kein wort bringen nullum verbum alicui excutere Steinbach dt. wb. (1734) 2, 1040; der blinde muszte von ihr und ihrem wohnort wissen — aber ihm war kein wort zu entreiszen Adolf Stern histor. novellen (1866) 255.
C.
in der beziehung auf die äuszere art des sprechens, die tongebung, die artikulation, das zeitmasz.
1)
in verbalverbindungen: verhaste die worte nicht also ne ita praecipites verba Orsaeus nomencl. meth. (1623) 300; ... murmelte einige unverständliche worte M. v. Ebner-Eschenbach ges. schr. (1893) 4, 8. in bildlichen wendungen besonders der älteren sprache: der satan mummelt und kawet die wort ym maul und wuͤrfft das hundert yns tausent, das muͤhe kost, ehe man verneme was er meynet Luther 18, 102 W.; up de wörder kauen 'mit der sprache nicht fertig werden können' Dähnert plattdt. wb. (1781) 556ᵇ; die worte in sich fressen mangiare, masticare, inghiozzare le parole Kramer t.-ital. 2 (1702) 1396ᵃ;
mit solher riuwe er dô sprach
daz ime der sûft daz wort zerbrach
Hartmann v. Aue armer Heinrich 382 Haupt;
vgl. Erec 5347; hiermit fiel er den ... Ehrenfried um den halsz, und zerbrach durch die freuden-thraͤnen ... die worte Ettner v. Eiteritz mediz. maulaffe (1719) 5; ihre thränen flossen und erstickten ihre worte Göthe I 22, 79 W.
2)
mit kennzeichnendem adjektivattribut, vom laut und klang des gesprochenen:
er sprah tho worton luten   thara zi themo doten
Otfrid III 24, 97;
grobe brummende leute, die mit röstigen worten daher grummen Schottel haubtspr. (1663) vorw. b 3ᵇ; endlich krächzte die eine mit rauhen worten und scheelem gesicht Novalis schr. 4, 194 Minor. uneigentlich, von der gebärdensprache stille, stumme worte: ich wil ir nit zuͦ sprechen, noch mit gesicht wincken, ich wil sie mit stillen worten darzuͦ bringen, dz sie vff ston sol (1515) Eulenspiegel 133 ndr.;
durch gewandtes fingerbeugen
auszusprechen stumme worte
Fr. W. Weber Dreizehnlinden (1907) 57.
zur kennzeichnung der aussprache und artikulation: er (der sittich) hât ain grôz prait zungen und dar umb macht er auch gestuckteu (articulata) wort Konrad v. Megenberg buch d. natur 221, 32 Pf.;
ein affe ...
rief kläglich mit gebrochnen worten
Ramler fabellese (1783) 1, 46;
mit halben worten reden, die worte halb abbrechen Kramer t.-ital. 2 (1702) 1395ᵇ; der aus dem amte zurückkam, mit stiller trauer und halben worten seine expedition der frau erzählte Göthe I 21, 68 W.; vgl. halbe worte s. v. halb 2 c, teil 4, 2, 191 und die gleiche verbindung in anderem sinne unter I B 4 c α. zur bestimmung des zeitmaszes:
sprachun se avur sliumo   joh thrato ingriuno (eifrig)
(gahero worto),   fragetun nan harto
Otfrid I 27, 36.
namentlich geflügelte worte d. i. 'eilige, beschwingte'. Homers ἔπεα πτερόεντα nachgebildet, zuerst in der versepik Wielands und Klopstocks begegnend, dann vor allem durch Vossens Homerübersetzung sprachläufig geworden, vgl. s. v. geflügelt 2 b, teil 4, 1, 2148 (die gleiche verbindung in jüngerer umdeutung s. o. I A 1 b ende):
geflügelte worte
sprach er zu ihnen, dann sandt er sie unter das weichende volk aus
(1755) Klopstock Messias (1780) 222; vgl. 666;
also kam er hervor und grysste den alten und nahm ihn
bei der zitternden hand und sprach die geflygelten worte
(1753) Wieland I 2, 153 akad.;
redete freundlich sie an, und sprach die geflügelten worte
Voss Odyssee 5 Bernays (1, 122); u. o.
ähnlich:
also ereiferte sich mit fliegenden worten der schneider
Mörike ges. schr. (1905) 1, 258 G.
IV.
wort in der composition. unter den überaus häufigen, in sehr groszer zahl sprachläufig gewordenen zusammensetzungen wiegen die bildungen mit der unflektierten form wort, also ohne bindungsmittel, bei weitem vor. wieweit älteren bildungen dieser art der alte unflektierte plural oder der singular zugrundeliegt, ist schwer zu entscheiden. die für eine grosze zahl von zusammensetzungen charakteristische doppelbildung mit wort- und meist seltener und kurzfristiger bezeugtem wörter- wirkt sich nur selten auf die bedeutung aus. ein nebeneinander von worte- (gen. oder acc. pl.) und wort-zusammensetzungen ist in einer reihe von fällen bezeugt, tritt aber im ganzen zurück. ganz singulär bleiben ältere zusammenfügungen mit dem schwachen gen. pl. worten-, selten auch solche mit dem gen. sgl. wortes-, die durchweg gebundener rede vorbehalten bleiben, oder mit wohl unechter genetivform worts-, in der -s- als bindungselement erscheint. das schwergewicht der kompositionsbildung liegt in der zeit seit der mitte des 18. jh., doch ist schon das 17. jh. sehr bildungsfreudig, während nach vereinzelten ansätzen im ahd. und mhd. die beiden ersten jahrhunderte des nhd. noch zurückhaltung zeigen. bei einzelnen autoren, so namentlich bei Herder (nach v. Hoffmann in: preusz. jahrb. 76 [1894] 257f. ungefähr 120 verschiedene bildungen); daneben bei Casp. Stieler, Jean Paul, Fr. L. Jahn u. a. häufen sich gelegenheitsbildungen, denen die sprachläufigkeit versagt bleibt. unter den möglichen kompositionsbildungen stehen die substantivischen weitaus obenan, ihnen folgen die adjektivischen und partizipialen bildungen, endlich die substantivierten infinitive.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1951), Bd. XIV,II (1960), Sp. 1467, Z. 2.

worten, vb.

worten, vb.,
verbalbildung zu wort, aber als simplex nur beschränkten gebrauchs, s. Stieler stammb. (1691) 2580. ahd. auf grund des compositums spileuuortota garriui Notker 2, 307 P. (ps. 76, 4) vorauszusetzen, mhd. worten, geworten. nhd. vorwiegend in älterer zeit, gelegentlich noch bis zur wende des 18. und 19. jh., mundartlich im obd. bis heute lebendig.
1)
allgemein 'reden, sprechen':
und began sus zu ir worten
'Lucia, liebe swester min ...'
passional 26, 46 Köpke; vgl. passional 91, 14 Hahn;
nu hör und lasz mich auch worten!
(15. jh.) fastnachtsp. 609 Keller;
noch in lebender ma., s. Fischer schwäb. 6, 962; Schmeller-Fr. bair. 2, 1013. in etymologischer miszdeutung: so heisset auch eben daher par-ler, worten oder sich verworten, reden u. a. m., weil die worte in der rede müssen gepaaret und verwörret werden Ph. Zesen rosenmând (1651) 173. 2) spezieller 'in worte bringen, sprachlich fassen': das ist nit was man verstan oder geworten mag Tauler pred. 176, 5 V.; das da seien zwen berg on ein tal ... das mag nit gewortet werden (non potest verbari) Keisersberg evang. (1517) 195ᵃ; da man einen groszen theil der über die 'kritische philosophie' geschriebenen wörterbücher als die regel ansehen wird, wie philosophische begriffe nicht müszten ... gewortet werden Herder 21, 124 S. mit negativem wertakzent: die humaniora werden wahrhaft philanthropisch getrieben, d. h. verständelnd, zerstückelt wortend und untermischt mit vielen schlechten realien Harnisch mein lebensmorgen (1865) 91 Schmieder. 3) 'einen wortwechsel haben, zanken, streiten', wie häufigeres wörteln (s. d. 1), nur in älterem gebrauch: zuͦ disen ziten geschach, das einre von Strosburg wart mit des keysers diener eime wortende und missehellig (um 1400) städtechron. 8, 488; vgl. Jellinek mhd. wb. 967; Oberlin 2052; und wie si mit einandern wortetend, erwuͤscht der von Rudentz schnell dasselb schwert, und stachs in sin schwaͤcher Tschudi chron. Helv. (1734) 1, 452. vgl. noch worten 'einen disput haben, prickelnde reden fallen lassen, um dadurch anlasz zum streit oder zank zu suchen' Stalder schweiz. id. 2, 457.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 10 (1951), Bd. XIV,II (1960), Sp. 1558, Z. 57.

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Zitationshilfe
„wort“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/wort>.

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