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Ausbrüche von impfpräventablen Erkrankungen

Viele impfpräventable Erkrankungen in Deutschland können durch effektive und sichere Impfungen vermieden werden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland und orientiert sich dabei an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin. Dennoch können impfpräventable Erkrankungen auch nach zum Teil jahrzehntelangem Einsatz von Impfungen weiterhin in hoher Fallzahl auftreten. Dies kann insbesondere an zu niedrigen Impfquoten oder an einer eingeschränkten Impfstoffwirksamkeit liegen. So wurden vor der COVID-19 Pandemie jährlich weit über 10.000 Fälle mit Keuchhusten an das RKI übermittelt. Ausbrüche traten insbesondere in Betreuungseinrichtungen, wie Schulen oder Kindertagesstätten auf. Obwohl die Inzidenz der Windpocken seit Einführung der Impfungen im Jahr 2004 in allen Altersgruppen stetig gesunken ist, wurden auch hier präpandemisch jährlich zehntausende Fälle beobachtet.

Gerade da prinzipiell mit der Impfung eine wirksame Prävention zur Verfügung steht, ist es aus Public Health Sicht oft sinnvoll und auch wichtig, die Ausbrüche impfpräventabler Erkrankungen genau zu untersuchen und die Ursachen zu ermitteln. Das primäre Ziel ist zunächst, den Ausbruch unter Kontrolle zu bekommen und eine Weiterverbreitung durch geeignete Interventionen zu verhindern. Dies kann zum Beispiel durch Riegelungsimpfungen wirksam erreicht werden.

Neben der Ausbruchserkennung und -eindämmung können die Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz und weitere erhobene Daten zudem genutzt werden, um besondere Risikofaktoren oder Risikogruppen zu ermitteln und Hypothesen für die Ausbruchsentstehung zu generieren sowie eine Evaluation der eingeleiteten Interventions- und Kontrollmaßnahmen durchzuführen.

Auf Basis der im Rahmen einer Ausbruchuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse können weiterhin auch langfristig Strategien entwickelt und/oder bestehende Impfempfehlungen optimiert werden, die künftig Ausbrüche verhindern können.

Erkennung von Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen

Die erfolgreiche Bekämpfung von impfpräventablen Infektionskrankheiten hängt unmittelbar davon ab, wie schnell ein Ausbruch erkannt wird und wie genau der Infektionsherd bestimmt werden kann. Durch das IfSG wurde eine fortlaufende systematische Surveillance meldepflichtiger Erkrankungen etabliert, die es ermöglicht, durch die kontinuierliche Analyse der Meldedaten Ausbrüche zu erkennen. Dazu werden die aktuellen Meldedaten nach Zeit, Ort und Person ausgewertet und mit Vergleichsdaten aus den Vorjahren verglichen.

Meist treten lokal begrenzte Ausbrüche in öffentlichen Einrichtungen (z.B. Schulen, KITAs, Asylbewerberheime, Altenheime, Gefängnisse) auf, wo sich die Infektion unter ungeschützten Individuen, die eine längere Zeit auf relativ engem Raum miteinander verbringen, schnell ausbreiten kann. Lokale Ausbrüche werden im Allgemeinen schnell erkannt. Oftmals fällt im Gesundheitsamt eine Häufung von Fallmeldungen auf oder das Gesundheitsamt erhält einen Hinweis auf das gehäufte Auftreten einer impfpräventablen Erkrankung aus der Ärzteschaft oder von Schul- oder Kitaleiter:innen.

Komplexer ist die Erkennung überregionaler Ausbrüche, die entstehen können, wenn sich ungeschützte Personen aufgrund ihrer Mobilität z.B. auf Reisen oder im Rahmen einer Massenveranstaltung oder anderer Events (z.B. Festivalbesucher, Flugreisende) infizieren und die Infektion in andere Regionen exportiert wird. Der Infektionsort wird bei diesen Ausbruchsgeschehen zum einen durch identische Expositionsmuster erkannt, und zum anderen können bei bestimmten Erregern (z.B. Masern, Meningokokken) durch die integrierte genomische Surveillance Infektionsketten identifiziert und Zusammenhänge zwischen einzelnen regionalen Fällen oder Ausbrüchen auf nationaler und internationaler Ebene erkannt werden.

Auch diagnostische Labore können einen Ausbruch über eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Nachweisen eines bestimmten Erregers entdecken und melden dies dann an das Gesundheitsamt.

Untersuchung von Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen

Ziel der Ausbruchsuntersuchungen von impfpräventablen Krankheiten ist es primär, die weitere Ausbreitung der Infektionen zu verhindern und die Ursachen für den Ausbruch aufzudecken. Die Ausbruchsuntersuchung ermöglicht es ferner, Infektionsquellen zu identifizieren und bestimmte Risikogruppen oder ein besonders Risikoverhalten zu erkennen. Für die Unterbrechung der Infektionskette ist das Kontaktmanagement von Patient:innen und anderen Kontaktpersonen entscheidend sowie die Empfehlung zur schnellen postexpositionellen Prophylaxe durch Impfung bzw. Chemoprophylaxe. Die STIKO gibt für mehrere Erreger Empfehlungen zur Durchführung einer Postexpositionsprophylaxe (www.stiko.de). Für die Masern und Röteln wurde ein Generischer Leitfaden für das Management von Masern- und Rötelnfällen publiziert, der die Behörden bei der Untersuchung eines Masernfalles oder -ausbruchs unterstützen soll (https://www.nali-impfen.de/fileadmin/pdf/Generischer_Leitfaden_fuer_das_Management_von_Masern-und_Roetelnfaellen_und_ausbruechen_in_Deutschland_NaLI.pdf).

Ausbrüche an impfpräventablen Erkrankungen werden häufig durch Importe der Erreger verursacht und durch intensive globale Handels- und Reiseverbindungen erleichtert und beschleunigt. Sie können durch einen ungenügenden Impfschutz in der betroffenen Bevölkerungsgruppe bedingt sein. Aber auch in Populationen mit hohen Impfquoten kann es gelegentlich zu Ausbrüchen kommen. Gründe für eine hohe Fallzahl impfpräventabler Erkrankungen können zum Beispiel sein:

  • Zu niedrige Impfquoten: Niedrige Impfquoten bei Kleinkindern kumulieren langfristig zu Immunitätslücken bei den dann älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Eine fehlende Immunität kann bis in hohe Altersgruppen weiter fortbestehen, auch wenn bereits hohe Impfquoten bei Kindern erreicht wurden. Aus diesem Grund kann bei einigen Krankheiten, gegen die eine Impfung im Kindesalter empfohlen ist, eine Rechtsverschiebung des Alters der Erkrankten beobachtet werden.
  • Es kann grundsätzlich eine geringe Impfeffektiviät des Impfstoffes verantwortlich sein. Man unterscheidet ein primäres Impfversagen, bei dem nach Impfung keine Immunität aufgebaut wird, von einem sekundären Impfversagen, bei dem es zu einem Nachlassen der Immunität über die Zeit, zum sogenannten „Waning“ kommt. Eine verringerte Impfstoffwirksamkeit kann auch dann auftreten, wenn sich das Erregerspektrum der Infektionskrankheit verändert oder Erregertypen auftreten, die vom Impfstoff nicht abgedeckt werden.
  • Auch wenn die durchschnittliche Immunität der Bevölkerung hoch ist und sogar die Schwelle zum Bevölkerungsschutz erreicht wurde, können weiterhin Ausbrüche auftreten. Dies passiert, wenn spezifische Bevölkerungsgruppen, die engen Kontakt zueinander haben, ein anderes Impfverhalten aufweisen oder eine geringere Chance hatten, geimpft zu werden, als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Im Rahmen von Ausbruchsuntersuchungen impfpräventabler Erkrankung werden meist Befragungen in den betroffenen Institutionen durchgeführt und der Impfstatus der Betroffenen anhand der Impfbucheinträge ermittelt. Mit der Untersuchung ist es möglich, aktuelle Erkenntnisse über die Wirksamkeit einer Impfung und die Dauer des Impfschutzes zu erhalten. Ergebnisse zur Effektivität eines Impfstoffs sind besonders wichtig, da die Impfstoffwirksamkeit, die in randomisierten kontrollierten Studien vor Zulassung ermittelt wurde, von der Effektivität eines Impfstoffes unter realen Bedingungen abweichen kann. Zusätzlich sind oft, zum Zeitpunkt der Zulassung die Schutzdauer über einen längeren Zeitraum bzw. die Notwendigkeit von Auffrischimpfungen noch nicht bekannt.

Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um die bestehende Impfempfehlung zu evaluieren und nachfolgend entsprechend zu verbessern oder anzupassen. Bestehende Impfempfehlungen können verbessert werden, indem die Zahl oder der Zeitpunkt der Impfung verändert wird, ein anderer Impfstoff empfohlen wird, zusätzlich notwendige Auffrischimpfungen empfohlen werden oder das Impfalter angepasst wird. Zusätzlich kann es notwendig sein, Impfempfehlungen für besondere Risikogruppen auszusprechen oder die Entwicklung von neuen Impfstoffen einzufordern.

Auf der Basis der Ergebnisse der Ausbruchsuntersuchung können ferner neue Präventionskonzepte (wie z.B. Impfkampagnen) entwickelt werden, mit dem Ziel, die Akzeptanz der Impfung zu erhöhen und die Impfquoten zu steigern.

Zuständigkeiten für die Untersuchung von Ausbrüchen impfpräventablen Erkrankungen

Auf der Basis des IfSG haben zunächst die Gesundheitsämter Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu ergreifen (§ 16, IfSG). Sie sind für die Maßnahmen der Infektionskontrolle zuständig. In ihrer Verantwortung liegt die Ermittlung, Einordnung und Beratung von Kontaktpersonen, sowie die Entscheidung bezüglich spezifischer infektionspräventiver Maßnahmen, wie Postexpositionsprophylaxe und Absonderungs- und Beobachtungsmaßnahmen.

Für die Unterstützung der Ausbruchsuntersuchung kann das Gesundheitsamt die zuständige Landesstelle um Mithilfe bitten. Auf Einladung der Länder kann das RKI situationsbedingt ebenfalls unterstützen und hilft zum Beispiel bei den Untersuchungen vor Ort oder bei der wissenschaftlichen Aufbereitung der Daten.

Meldepflicht

Impfpräventable Erkrankungen sind im Infektionsschutzgesetz (IfSG) von großer Bedeutung. Nach § 6 Absatz 1 IfSG (Arztmeldepflicht) sind folgende impfpräventable Krankheiten meldepflichtig: Diphtherie, akute Virushepatitis A und B, Masern, Meningokokken-Meningitis oder –Sepsis, Mumps, Keuchhusten, Poliomyelitis, Röteln einschließlich Rötelnembryopathie, Tollwut und Windpocken. Nach § 7 Absatz 1 IfSG (Labormeldepflicht) sind folgende Erregernachweise meldepflichtig: Bordetella pertussis, Bordetella parapertussis, Corynebacterium spp., Toxin bildend, Dengue-Virus, Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME), Haemophilus influenzae aus Liquor oder Blut, Hepatitis-A-Virus, Hepatitis-B-Virus, Influenzaviren (direkter Nachweis), Masernvirus, Mumpsvirus, Neisseria meningitidis (nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten), Poliovirus, Rabiesvirus, Rotavirus, Respiratorische Synzytial Virus (RSV), Rubellavirus, Streptococcus pneumoniae (direkter Nachweis aus Liquor, Blut, Gelenkpunktat oder anderen normalerweise sterilen Substraten), und Varizella-Zoster-Virus.

Durch die namentliche Meldepflicht der impfpräventablen Erkrankungen kann das Gesundheitsamt Ausbrüche dieser Erkrankungen frühzeitig erkennen und rechtzeitig Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung einleiten.

Stand: 25.03.2024

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