Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (¹DWB)

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auge, n.

auge, n.
ahd. ougâ, mhd. ouge, goth. augô, altn. auga, schw. öga, dän. öje, ags. eáge, engl. eye, fries. âge, nnl. oog. hierzu stimmt nun, auch im neutralen genus, das sl. oko, pl. vielmehr dl. otschi, pl. otschesa, poln. oczy, böhm. oči; litt. akis, lett. azs, altpr. ackis f. (weil diesen sprachen das n. fehlt); gr. ὄκος, ὄκκος, beide ungewöhnlich, aber mit dem üblichen dl. ὄσσε, dessen zischlaut sich zum κ in ὄκος verhält, wie der slavische und lettische; lat. oculus, einfaches ocus voraussetzend, it. occhio, sp. ojo, port. olho, prov. olh, huelh, franz. oeil, der koseform oculus und ocellus (das äuglein, liebe auge, wie soleil die liebe sonne) entsprach auch ein gr. ὄκκαλλος, ὄκταλλος, vgl.ὀφθαλμός = ὀπταλμός, und ὄψις, ὤψ. endlich skr. aks̑i = axi. der hier dem kehllaut anrückende zisch gleicht wieder jener modification des oko in otschi, des ὄκος in ὄσσε, dem ψ in ὤψ ὠπός, und ist der wurzel ebenso fremd, als das die lat. flexion bestimmende si in scribo scripsi, nubo nupsi, rego rexi = regsi, duco duxi = ducsi. das skr. pflegt ihn auch in andern wörtern zu entfalten, z. b. in ṛiks̑a = ṛixa, iṛxa bär, litt. lokis für olkis, orkis, lett. lahzis, ahd. elah, elaho, lat. ursus für urcsus, gr. ἄρκτος für ἄρκσος = ἄρξος (wie jenes ὄκταλλος für ὄξαλλος), ir. gal. art für arct, welsch arth. Die deutsche sprache in ihrem ougâ, auge wie in elaho, elch, die litt. in akis wie in lokis hegen reinen kehllaut, im lett. azs und lahzis ward er zischend, gleich den sl. und gr. dualen, im skr. aks̑i durchgängig. man kann nicht annehmen, dasz der zisch in auge, oko, oculus geschwunden, sondern nur, dasz er in aks̑i zugetreten sei, wurzelhaft ist also ak, nicht aks̑. dieser wurzel zunächst gelegen scheint aber lat. acuo, acies, acus, vielleicht axis; acies oculi bezeichnet gerade die sehe des augs, die pupille, acus könnte spitze oder auch öhr der nadel, axis auszer dem, worum das rad sich dreht, dessen loch gemeint haben; verwandt sind ahd. achus, goth. aqizi axt, mit angefügtem s, aqizi tritt nah zur form aks̑i. nicht stammt aks̑i von îks̑ videre, spectare, umgekehrt îks̑, wie aks̑i, von der verlornen wurzel ak; nicht unmöglich, dasz zu diesem îks̑ unser sehen, goth. saihvan gehörte (vgl. sehen), wie spähen, specere dem skythischen spu auge gleichen; noch eine andere skr. benennung des auges tschaks̑us leitet auf tschaks̑ dicere, indicare, vielleicht goth. teihan. deutlich fällt aber unserm auge zu das goth. augjan ostendere, ahd. ougan, mhd. ougen; wie îks̑ sehen ist augjan sehen lassen. bemerkenswerth endlich ist auch das altpr. ackiwist publicus, augenscheinlich, ahd. agawis, akiwis, augiwis publicus, publicanus (Graff 1, 136). Oko, ὄκος, oculus zeigen, nach häufigem übergang, o für a, das sich in aks̑i und akis rein erhielt; wie zu deuten ist aber der diphthong in augô, ougâ, eáge und dessen verdichtung âge, oog, öga? schwankte doch selbst ahd. agawis, dessen a rein und kurz geblieben war, über in augiwis. dies au für a gleicht dem des goth. haubiþ, ahd. houpit, nhd. haupt gehalten zum kurzen a das lat. caput, ja des altn. höfuđ = hafuđ, wie noch das gothländische gesetz hafuþ schreibt (gramm. 1, 442 anm.) und aufrecht steht der zusammenhang mit capere, goth. hafjan. vielleicht gieng dem goth. áu in áugô, háubiþ ein aú aúgô, haúbiþ voraus, das dem kurzen o in oko und oculus anfangs entsprechend sich allmälich in die länge zog. Nach diesen erörterungen wäre, in seinem urbegrif, auge das sehende, sehen lassende, zeigende, die sehe, scharf, schneidend, stechend, durchbohrend. man sagt: mit sehenden ougen. Gudr. 1510, 3; mit gesehnden ougen. Iw. 1277. 7058; mnl. mit sienden oghen; nhd. wir sehen mit sehenden augen (recht pleonastisch). 1 Mos. 26, 28;
bald aber erblicket er sehendes auges
leuchtende menschengestalten.
Klopstock Mess. 17, 752;
bei sichtlichen augen. irrg. 356; ein scharfes auge; sein auge, sein blick schnitt mir ins herz; sein auge, sein blick durchbohrte den elenden. Von auge bilden wir nhd. den unorganischen gen. auges (wie von ohr ohrs, von herz aber herzens) statt des mhd. ougen. diesem letztern gemäsz setzten noch einzelne schriftsteller des 16 jh. z. b. Braunschweig in seiner chirurgia Augsb. 1539 bl. 47 des augen. Weckherlins harter nom. pl. auch:
ihr auch liebäugleten mir sehr.
801
liesze sich dem mhd. pl. ouge für ougen an die seite stellen. Zu auge sind eine menge bedeutsamer redensarten anzuführen.
1)
andere adjectiva und participia daneben: grosze, kleine, schwarze, blaue, graue augen. mhd. spilndiu ougen. Flore 6891, oculi laeti, ludibundi; ûʒ spilnden ougen. Walth. 27, 26. 109, 19. Frib. Trist. 1966; spilnder ougen schîn. Wolfr. lieder 10, 6; mit spilnden ougen. Neifen 6, 2. Mar. 189, 33; ir spilnder ougen funt. MS. 1, 47ᵇ; diu ougen stânt spillîchen. Er. 8099; die augen spielen ihr im kopf; spielte mit den augen, wie eine meerkatze auf den apfelkram. Weise erzn. 286; ime viureten diu ougen. Rol. 78, 19; mit viurenden ougen. Kchr. 3671; fiwerniwe ougen. urstende 111, 70; funkelnde augen. Felsenb. 1, 46; mit rollenden, blitzenden, strahlenden, micantibus oculis; mit blinzelnden augen; blinzender ougen pflac. Parz. 788, 22; bebende, krankhaft blinzende augen; mit klaren, lichten, glänzenden, hellen augen; mit liehten ougen. Walth. 110, 1; ouge wîse und clâr. Iw. 7264; schœniu ougen. Gudr. 1446, 4; einnehmende, hinreiszende, entzückende augen; scowôn lûterên ougon. O. III. 20, 86; scowôn frawalîchên ougon. III 20, 23; mit lachenden ougen. Kchr. 4777; mit weinenden ougen. Nib. 2075, 2. Gudr. 1293, 2; weindiu ougen. Wolfr. lied. 3, 26;
weinendiu ougen hânt süeʒen munt.
Parz. 272, 12;
mit zeherden ougen. Kchr. 5966; mit zäherenden ougen. Lichtenst. 367, 10; ougen rôt, zornvar. Iw. 451; diu ougen trüebe unde naʒ. Iw. 6301; im truobeten diu ougen. 2965; dunkle, trübe, rothe, verweinte augen; mit rieʒenden ougen. Trist. 153, 8; mit flieʒenden ougen. Parz. 25, 25; dô trahenten sîniu ougen. Gudr. 1343, 1; mit trehenden ougen. MSH. 1, 166ᵃ; mit waʒʒerrîchen ougen. Parz. 133, 12; do wurden naʒʒiu ougen. Servat. 2738; nhd. da setzte es nasse augen; mit naʒʒen ougen. Parz. 190, 1; niemand konnte ihn mit trocknen augen anhören; mit vollen (thränenvollen) ougen. gute frau 2052; mit spehenden ougen. Gudr. 1510, 3; ofenên ougon. O. III. 20, 81; dasz diese die zeit über mit offenen augen, als säszen sie nicht da, da gesessen hätten. Göthe 16, 30; ginâdlîchên ougon. O. V. 20, 59; mit trûrêntên (niedergeschlagenen) ougon; aufgeschlagene, niedergeschlagene, gesenkte augen; mit zumachenden augen. Schweinichen 3, 254; mit geschlossenen augen; mit gelphen ougen. Greg. 3221. 3266; glotzende, glotzige augen; flerrichte augen. Ettners hebamme 937; hürische augen. Ez. 6, 9; blutdürstige, untreue augen; falsche augen; mit verächtlichen augen. Weise erzn. 104; mit augen des hasses sehen. Schiller 202ᵇ; mit augen der liebe; zärtliche augen brannten wilder. Schiller 145ᵇ; scheles, schielendes auge; mhd. twerheʒ ouge; ein bœseʒ ouge sich dran versneit. Parz. 71, 16; möhte ich dir dîn krumbeʒ ouge ûʒ stechen! MS. 1, 95ᵃ; den blick mit halben augen schieszen. Gellert 1, 93; miszt ihn mit groszen augen. Schiller 179ᵇ; mit ruhigen, gelassenen augen ansehen. irrg. 143; mit unverwandten augen. 346 und ehe eines mannes 144; er hat trübe augen (ist betrunken). Lichtenberg 3, 74;
ich hab zwei frische augen,
und kann dem blinden vater keines geben.
Schiller 523ᵃ.
2)
den dualis, wie ihn das sanskrit vermag, die gr. und sl. formen noch zu erkennen geben, wenn schon nicht mehr rein anwenden, vermist die unsere und lateinische empfindlich gerade bei wörtern wie auge, und sucht ihn durch zugesetztes beide oder durch paar mindestens zu umschreiben. mhd. mit beiden sînen ougen. Kchr. 14746; mit beiden mînen ougen. Ben. beitr. 372; sach im under sîn beidiu ougen. GA. 1, 495; im begunden übergân diu sîn bêden ougen. Rab. 1047; nicht anders altfr. ambes dex les oex. nhd. die hat ein paar augen!, macht ein paar augen!; ein prächtig augenpaar; was sperrte der wirt vor ein paar augen auf! Schelmufsky 1, 18; ich sah es mit beiden meinen augen;
ich verlasse mich
auf mich und meine beiden ofnen augen.
in seine beiden augen.
523ᵃ;
wie man auch nachdrucksam das demonstrativum beifügt: das sah ich mit diesen meinen augen. Schiller 129ᵃ; gewöhnlicher mit meinen eignen augen (wie mit eignen händen) oder dem bloszen possessiv: ich musz mit meinen augen sehen. o sähst du diesmal nur mit den meinigen. freund, weil du sie offen hast, glaubst du, du siehst. Göthe 8, 224. schon das mit augen sehen erkannten wir für einen lebendigen pleonasmus der sprachen:
du zweifelst noch? du wirsts mit augen sehn!
mehr beispiele unter 10. Wir pflegen von todesfall und erbe redend, zu sagen: das land steht auf zwei augen, auf vier augen, statt auf einem mann, auf zwei männern; zwei augen zu = einer todt; wenn zwei augen sich schlieszen, so fällt das reich heim, das geschlecht aus; es sei umb zwei augen zu thun, wann die zugethan seien, so sei Absolon könig. Schuppius 302;
dasz barbarei die völker drückte,
und dasz es helle zeiten gab,
das hieng oft von zwei augen ab.
Lichtwer 4, 30.
das geheimnis fordert vier augen oder zwei menschen: ich will mit ihm unter vier augen reden; lesen sie, es ist mein wille, dasz der inhalt nicht unter vier augen bleibe. Schiller 205; die frauen haszten sie (Philine) durchgängig und die männer hätten sie lieber unter vier augen als auf dem theater gesehen. Göthe 19, 237; Albertine war eine von den frauenzimmern, denen man unter vier augen nichts zu sagen hätte, die man aber sehr gern in groszer gesellschaft sieht. 23, 144.
3)
ein auge, kein auge. nur éin auge voll, mhd. éin blic. Ben. beitr. 365; man musz ein auge zudrücken; unterdessen hast du recht, dasz du éin auge zuthust und mit dem andern neben ausblickst. Göthe 57, 151; es thun mit einem lachenden und einem weinenden auge; einem ein auge verkleistern. das hat kein auge gesehn, keines menschen auge; dasz kein auge dies gewahr wird. Schiller 131ᵇ; und seitdem sei sie mit keinem auge mehr gesehn (gar nicht). 127ᵇ; ich habe ihn mit keinem auge gesehen; als der künig sich verwundert, dasz im disz seins heiligen münchs kein aug mocht werden (dasz er ihn gar nicht mehr erblicken konnte). Frank weltb. 110ᵃ; einem nicht die augen im kopfe gönnen, gar nichts gönnen. kein augweh (nicht das geringste, was im auge weh thun könnte). Schmeller 1, 37.
4)
gottes, des herrn, des freundes auge: gottes auge sieht alles, leuchtet über den menschen. die sonne, des himmels auge schaut alles auf erden an. des herrn auge macht die herde fett, füttert das vieh; l'oeil du seigneur paist les brebis;
aufsehen macht die rosse feist (oben sp. 734);
auch so werd das vieh allermeist
von seines herren augen feist.
H. Sachs I, 443ᵃ;
der mutter auge ruht auf dem schlafenden kind;
al diu werlt truoc im an
vriundes ouge und holden muot.
Trist. 55, 24;
zu den göttern flehte der heide, dasz sie mit milden, unnenden augen niederschauen möchten: lîta vinar augom, lîta ôreiđom augom. eine blume hiesz ahd. friudiles ouga, auge des friedels, freundes.
5)
der lebendigen formel unter augen bediente sich die alte sprache öfter als die heutige, da wo wir ins gesicht, im gesicht sagen, εἰς ὦπα ἐναντίον, ἐν ὄψει, coram, und auge, gleich diesem gesicht, hat dann den zwiefachen sinn des sehens und gesehenwerdens; eigentlich bezeichnet das unter den augen die wange. ahd. dannan bist tu sô under ougon brinnende niet (hinc tibi nam flagrans ore cupido micat). N. Mart. Cap. 4; ergleiʒ tiu erda fone bluomon under ougon (nam et tellus floribus lumina renidebat). 38; daʒ man sie under ougôn zeichendi (notas insigniret frontibus). N. Bth. 21; siu spêh temo tyranno under diu ougen (in os tyranni abjecit). 89. alts. endi im undar is ôgun spiwun. Hel. 165, 16; sô huem sô ina muosta undar is ôgon scawôn. 171, 130, vgl. that thu undar is brâwon gisehes, halm an is ôgon. 51, 18.
mhd. wir in sluogen under sîniu ougen.
Karajan denkm. 100, 2;
wan do got pileden began
den allêrsten man,
nu sehet welîch ein wundir dâ gescach,
daʒ er dem jungisten undir diu ougen sach.
13, 25;
wie rehte vîentlîche si im under dougen sach.
Nib. 1802, 2;
er muoʒ lachen swer ir under ougen siht.
MSH. 1, 289ᵃ;
gieʒet mir den meien under ougen.
MS. 2. 74ᵇ;
der Isôte under ougen siht.
Trist. 209, 16;
daʒ er im under ougen sach.
102, 15;
daʒ iegelîch dem gerihte under ougen sach.
281, 37;
verboten, daʒ ich in niht lâʒe under mîn ougen sehen.
Mor. 1463;
enwolde du niht under mîn ougen sehen.
1524;
schamvar wart er undern ougen.
Er. 111;
ich bin zebrochen under mînen ougen.
1037
verwiʒʒenʒ im under sînen ougen.
6529;
schône under den ougen.
Alex. 5898;
under den ougen er alsô ein viur bran.
Diemer 53, 20;
under diu ougen spiren.
256, 26;
spoten under diu ougen und in den munt.
Haupt 7, 374;
warf mir under ougen.
Engelh. 4441;
getar manʒ in niht under ougen werfen.
Renn. 992;
daʒ ich mich under den ougen ranph.
MS. 1, 73ᵇ;
ein varw ir under diu ougen schôʒ.
GA. 1, 196;
under sîner ougen blicke im kunden.
pass. 350, 24.
nhd. werden die beispiele allmälich seltner: einem under ougen gebieten, fürbieten, verkünden. weisth. 1, 210. 226. 227;
er errot (erröthet) nie under den augen.
fastn. sp. 545, 26;
(die mücken) kruchen under die augen mein.
565, 17;
mir den staub under die augen blies.
789, 11;
er sach ir under die augen.
Uhland 148;
das ellend schlug ir unter augen.
H. Sachs I, 525ᶜ;
bringt mir die jungfraw unter augen.
III. 1, 232ᶜ;
ich wil dich strafen und wil dirs unter augen stellen. ps. 50, 21; und ire eigen sünden werden sie unter augen schelten. weish. Sal. 4, 20; denn es kan dir weder könige noch tyrannen unter augen treten. 12, 14; etliche wurfen sie mit aschen unter die augen. 2 Macc. 4, 41; da aber Petrus gen Antiochiam kam, widerstund ich im unter augen. Gal. 2, 11; ich gehe denn dem menschen der unfall unter die augen. Luther 1, 19ᵇ; wie mir auch Carlstad selber zu Jhene unter augen fürwarf. 3, 56; bis so lang man im richtig und klerlich unter augen gehe. 4, 315ᵃ; aber bist du im ampt, und wilt deine götter nicht öffentlich und under augen, wie dein ampt foddert, strafen, so lasz auch dein heimlich afterreden. 5, 151ᵃ; das man trötzlich dem mörder und reuber unter augen sage. 6, 4ᵇ; denn wo du für gericht solt komen und die welt sampt deinen eigen gewissen dich uberweisen kan deines unreinen lebens, so wird dir bald das blut unter augen schieszen. 6, 61ᵃ; es würde euch nach absterben N.N. sauer unter augen gehen. Luthers br. 4, 397; so ungleich wir einander sehen under augen, so seind und sehen wir in Adam all einander gleich. Frank weltb. vorr.; recht den sachen unter augen gehen. Schweinichen 2, 117; i. f. gn. wollten der sachen unter augen gehen. 1, 189; unlangst dornach sah er seinen bruder Alarten under augen an, den fand er ganz bleich. Aimon D 2; ganz erschemet, sahe auch keinen menschen under augen an. L; bisz ihnen das glück solch trübsal wieder unter augen stellet. Galmy 164; der mönch auf zu rosse sasz, mit begierigem herzen dem marschalk unter augen ritt. Galmy 322; wie ich euch jetzt nicht allein under augen nachsage, sondern künftig in alle weg nachsagen musz und wil. Kirchhof mil. disc. 209; nachdem sie ihm nun nach dem freundlichsten als einem müden under augen giengen. wendunm. 419ᵃ; sondern ich bin jederman grad unter augen gangen. Mathesius 19ᵇ; ich dir jetzt unter augen trit. Spreng Il. 140ᵇ; wa sich aber einer gemeid und so kühn bedunkt, das er im under augen zur gegenwehr dorft tretten. Garg. 206ᵃ; welche nicht wissen, was unglück und creuz sei, sonder wann ihnen ein geringer wind unter augen wehet u. s. w. Schuppius 135; gehe jedermann mit freundlichkeit und höflichkeit unter augen. 229; du werdest dem Eliä Prätorio trutz unter augen bieten. 498; dasz wir so viel vornehme poeten, so heutiges tages bei uns erzogen worden, unter augen können stellen. Opitz poet. 14;
unter augen dem zu gehn, was mir letzlich kummen soll.
Logau 2, 6, 23;
Furvus lobt mich unter augen, hinter rückens schimpft er mich.
3, zugabe 77;
wie mir mancher die beste wort unter augen gab, der mich lieber todt gesehen hätte. Simpl. 1, 291; die die resolution haben, der welt unter die augen zu gehen. unw. doct. 377; die Hunnen giengen Ottoni beherzt unter die augen, erlitten aber eine bedeutende niederlage. Hahn 2, 59; die gröszten grobheiten unter die augen sagen. Gellert 3, 190; wenn sie die freimütigkeit kennten, so würden sie mir alles unter die augen gesagt haben. Lessing 1, 390; unter die augen stellen (confrontieren). Hildburghäuser diebsbande 1755 s. 31;
der ist, ihr groszen glaubts, ein groszer mann auf erden,
und darf monarchen selbst frei unter augen gehn.
Hagedorn 1, 29;
der schlaue Jupiter entgieng durch diese flucht
der alten Juno eifersucht,
die ihm den nectar längst vergällte,
und was er als ein stier und schwan
und in der jugend sonst gethan
ihm täglich unter augen stellte.
2, 99,
unter die nase schob, ins gesicht vorhielt;
wie selten ist ein mann, der nie vergeblich zittert,
nicht bebt sobald er nur ein kommend übel wittert,
und unverwirrt von furcht ihm unter augen sieht.
Uz 2, 40;
dasz ich dir dieses schmeichelhafte nur gerade unter die augen sage. Göthe 17, 20; und um meinem vater mutig unter die augen treten zu können, steh ich beschämt vor den ihrigen. 19, 7; er sagte ihm eine grobheit nach der andern unter das auge. auszer diesem unter die augen gehn, treten, sagen versäumen wir heute die redensart und vermeiden jenes ältere unter die augen sehen, loben, unter den augen erröthen, leuchten.
6)
vor augen, ante oculos, einigemal gleichviel mit unter augen, bei Luther noch für augen: lasz mich gnade fur deinen augen finden. 1 Mos. 30, 27; das du thust was recht und gut ist fur den augen des herrn. 5 Mos. 6, 18; darumb das ir ubel gethan habt fur den augen des herrn. 31, 29; wie wirs schon ietzt sehen fur augen gehen (sich zutragen). Luther 6, 209ᵇ; legte die stebe in die rinnen fur die augen der herde. 1 Mos. 30, 40.
ein tuchlein vor den augen haben.
fastn. sp. 859, 1;
ich mein, ir habt vorn augen das pler.
H. Sachs II. 2, 27ᵇ;
gedenkt mein ehre vor augen haben. Aimon Z 1; gleich ob ichs vor meinen augen sehe. vorr.;
vor augen ist der untergang.
Spreng Il. 125ᵃ. 145ᵇ;
es steht, schwebt mir deutlich vor augen; es schwindet mir vor den augen; wird mir grün und gelb vor den augen; die erfahrung vieler bei unser zeit und gedenken verhandelten geschichten noch immerdar frisch vor augen schwebet. Kirchhof mil. disc. 92; er stellete ihnen ihre untugend vor augen. Schuppius 230; solchen leuten will ich bald etwas vor die augen legen. 331; der bruder ward ihm vor seinen augen ermordet;
was zu thun? an ihm und andren wil mich redlich rächen ich,
dasz im rücken er soll lügen und für augen reden wahr.
Logau 3, zug. 77;
gehet mir vor meinen augen weg! Felsenb. 4, 210; ich habe nichts vor augen, als ihre ruhe. Gotter 3, 75;
als mir zum ersten mal
der fürchterliche vor augen kam.
und warum stellte man ihn mir nicht lebend
vor augen?
413;
es wird dem könige vor den augen so voll meuterei, aufruhr und tollkühnheit, dasz er sich vorstellt sie fräszen sich hier einander auf. Göthe 8, 229; er hatte im stillen Ottilien vor augen und im herzen. 17, 285; man möchte oft lieber ein gespenst als einen alten liebhaber zur unrechten zeit vor augen sehen. 19, 234; lassen sie mir ihn ja nicht vor die augen kommen. 20, 39; der amtmann, den vortheil seiner herschaft und seinen eignen immer vor augen habend. 23, 225; der schwiegersohn durfte ihm nicht wieder vor augen. 24, 251; warum gibt uns die betrachtung unseres einheimischen eichhörnchens so viel vergnügen? weil es als die höchste ausbildung seines geschlechtes eine ganz besondere geschicklichkeit vor augen bringt. 55, 320.
7)
in den augen, in die augen.
eine thräne im auge;
thränen standen ihr im auge.
Göthe 20, 34;
das ziel im auge;
den gipfel im auge wandeln wir gerne auf der ebene.
20, 126;
die puppe, der stern im auge;
der balken im auge;
ormr î auga, wurm im auge, altn. beiname;
ein dorn, ein stachel im auge:
er ist mir ein rechter dorn im auge, sticht mich, thut mir weh im auge, ist mir unerträglich;
er ist mir in den ougen nicht ein dorn (ich habe ihn sehr lieb).
MS. 1, 16ᵇ;
er was ir in den ougen niht ein dorn.
2, 98ᵃ;
ob eʒ ir eteslîchen tæte in den ougen wê.
1, 68ᵃ;
ich tuon dir in den ougen wol.
Winsbekin 34, 4;
si tuot mir in mînen ougen wol.
MS. 1, 59ᵃ;
mîn friunt, den ich in mînen ougen gerne burge.
Wolfram lieder 8, 4,
mein augapfel, den ich im eignen auge hegen, aufheben möchte;
und möht ich dich bergen in den ougen min,
friunt, daʒ tæt ich.
Lichtenst. 512, 21;
den gewin trüeger hin ze Meinze in sinen ougen.
Ben. beitr. 78;
augen in augen wurzelnd. Schiller 202ᵇ;
seine braut war schön in augen, scheuszlich aber sonst verholen.
Logau 2, zug. 29;
mägdlin, die gern in der thür stan,
und viel weiszes in den augen han,
mich dunkt in meinen sinnen,
dasz sie nicht gerne spinnen.
Henisch 146;
die gegner waren sich so nahe, dasz sie einander das weisze im auge sahen; du must im auge behalten, dasz du einen eid leisten sollst; und so in meinen augen und in den augen der welt wieder zum ehrlichen mann zu werden. Göthe 10, 81; aber sie musz gleich in der ersten woche ernst und geduld und ordnung mehr als sonst üben und im auge haben. 17, 143; das was ich will, was mir unentbehrlich ist, halte ich fest im auge. 17, 349; so kam der pedant zum rufe eines witzlings, und in den augen derer, die dem baron günstig waren, eines pasquillanten und schlechten menschen. 18, 296; dagegen die induction verderblich ist, die einen vorgesetzten zweck im auge trägt. 22, 239; da er mich denn beschäftigen, beruhigen und wie ich wol merken konnte, im auge behalten sollte. 25, 6; den verlust hinter sich lassen und den gewinn im auge behalten. 31, 129; in den augen liegt das herz; ich kanns in deinen augen lesen. Derhalben ists nicht nütz, das man demut lere auf die masze, das man in die augen bildet geringe verachte ding. Luther 1, 484ᵃ; darumb beschleuszt er nu und spricht, lieber vater, die welt kennet dich doch nicht, und wil dich nicht kennen, obs ir gleich offentlich gepredigt und so klar fürgetragen wird, das es ir in die augen stöszet. 6, 204ᵃ; einem ins auge greifen, mhd. ich grîfe ir in daʒ ouge. MSH. 3, 320ᵃ; als oft du (schneider) zu viel geren geschnitten und ins aug geschoben hast. Wickram rollw. 99ᵇ; man hat etwas angenehmes in die augen gefasset. Weise kl. leute 268; wer kan nun der welt thorheit sich immer lassen in die augen schlagen? pol. maulaffe vorr.; da die sonne mir bereit in die augen schien. unw. doct. 370; das kalb, wie man zu sagen pflegt, zu sehr in die augen zu schlagen. Lessing 10, 194; ich werde bei den buchhändlern das kalb in die augen geschlagen haben. 12, 230; unter andern schönen neigungen hatte er auch einen besondern geschmack an allem, was gut in die augen fiel. Wieland 1, 68; aber wenn ihr der junge kerl in die augen gestochen hätte? 8, 265; die erste beste, die ihm in die augen stäche. 8, 309;
ein fräulein reizend, wenn es schwieg und sprach,
das unserm prinzen in die augen stach.
Platen 185;
ich dächte doch, das gewebe eines meisters sollte künstlicher sein, als dem einfältigen anfänger so geradezu in die augen zu springen. Schiller 149ᵃ; faszt ihn scharf und lange ins auge. das.; mein herz trat in meine augen. 201ᵃ; wie werden sich die thoren dann ins aug geschlagen haben, die ihn jetzt verlieszen! 391; den hut ins auge drücken. Gotter 1, 54;
drum thu wie ich, und schaue froh verständig
dem augenblick ins auge, kein verschieben!
Göthe 3, 28;
thränen traten ihm ins auge; er kann keinem menschen in die augen sehn; sie trat mit einem hohen edlen anstand vor ihn hin und sah ihm sehr ernsthaft in die augen, so dasz er den blick nicht ertragen konnte. 19, 216; gemählde, das wirklich kunstreicher und mehr in die augen fiel. 24, 244; dasz sein reichthum, wirklich oder durch groszthun gesteigert, vielen ins auge stach. 31, 222; dem tode gerade ins auge sehen. Kant 10, 285; graf Konrad fiel frau Annen gar nicht unangenehm in die augen. Arnim kronenw. 1, 407; ein volk sieht gern einem frischen prinzengeschlechte ins auge. Dahlm. fr. rev. 422; das beiszt, schneidet ins auge. Wolfram sagt mit bloszem acc. dougen sneit. Wh. 55, 17. Wie in auch an:
man sieht dirs an den augen an,
gewis du hast geweint.
Göthe 1, 96;
ich sah es ihm sogleich an seinen augen an,
dasz du ihm wolgefielst.
man kann dirs an den augen sehn, was du für ein gesell bist; an die augen (der leute) gehn, sich sehn lassen.
8)
aus den augen, ex ore, e conspectu: der herr müsse sie nimer aus den augen lassen. ps. 109, 15; aber solch dreuen ist zu weit aus den augen. Sir. 16, 21; denn sie sind williglich und christlich dem zorn aus den augen gewichen. Luther 6, 20ᵃ; denn mit solcher irer rede werden die wort Christi aus den augen gethan, und frei hin, on wort, in die luft gegleubet nach eigenen gedanken. 6, 107ᵇ; ich sehe wol, das es wil not sein, das man imer anhalte euch zu vormanen des, das ich euch erstlich gepredigt habe, das ir euch nicht lasset dasselbe aus den augen setzen, noch aus dem herzen nemen durch ander predig und lere. 6, 211ᵃ; diser (Zalmoxis) ist bald aus der Thracer augen gangen und vor irem angsicht mit groszer begird und nachsenen aller verschwunden. Frank 86ᵇ;
und gee mir aus den augen drat!
fastn. sp. 669, 7
einem etwas aus den augen schwören, ihn glauben machen, dasz er falsch sehe:
ja wilt dich keren an sein jehen,
so schwert er dirs ja aus den augen.
H. Sachs II. 4, 12ᵇ;
ich habs oft aus den augen geschworn
meim mann.
II. 4, 18ᵃ;
ach wann der lieben ehegespilin etwan einmal ihr ehegespan aus den augen kommet und uber feld zihet. Garg. 73ᵃ;
wie selig selig ist ein sterblicher zu schätzen,
dem gott den sündenrest fern aus den augen setzen,
ja gänzlich schenken kann.
man gibt mir ferner schuld, dasz ich der götter ehr
als aus den augen setz.
Gryphius 1, 376;
wirst du mir aus den augen gehen? Lessing 1, 303; geh mir aus den augen! 1, 342. 399; ja, herr Leander, wenn sie glücklich sein wollen, so müssen sie diesen Damon einige zeit aus den augen setzen. 2, 372; wahr ist es, dasz die epigrammen, welche in der anthologie von ihm vorkommen, ein wenig aus andern augen sehen. 9, 138; schaft ihn aus meinen augen! Schiller 123ᵃ; pack dich aus meinen augen! 134ᵃ; ewig aus meinem aug! abscheuliches geschlecht. 153; weil ihm die fröhlichkeit, das freie leben, die gute meinung aus den augen sieht. Göthe 8, 172;
ja, aus den augen, aus dem sinn!
12, 161;
seit der trauung meiner schwester sah dem oheim die freude aus den augen. 19, 345; thränen drangen aus seinem auge. 20, 10; dasz wir den bruder nicht aus den augen, noch weniger aus dem schlosse lassen wollten. 20, 268; wir hatten unterdessen unsern bruder nicht aus den augen verloren. 20, 276; wenn wir unsere altvordern nicht aus den augen verlieren. 23, 278; ich liesz sie nicht aus den augen. 24, 278; Berthold sagt wenig, aber seine liebe sieht ihm aus den augen. Arnim kronenw. 1, 224. auszer acht lassen für aus der acht lassen ist erträglich, fehlerhaft aber Göthes auszer augen lassen. 20, 66. man sagt: es sieht ihm etwas rechtes, nichts gemeines aus den augen; da er spürete, dasz mir was sonderliches aus den augen heraus funkelte. Schelmufsky 2, 18; aber auch: es sieht ihm nichts gutes, der schalk sieht ihm aus den augen; welches ser guͦt wer, wa nit das aug ein schalk wer. Frank weltb. 154ᵃ. Ähnlichkeit des kindes bezeichnet eine höchst lebendige redensart: die mutter sieht der tochter aus den augen; die tochter ist der mutter aus den augen geschnitten; ihr gleichet ihr so eben, als wenn ihr ihr aus den augen geschnitten wäret. Gryphius 1, 780; sihet seinem vatter so gleich, als wenn er ihm aus den augen geschnitten wäre. Simpl. 1, 475: das kind siehet gar zu schön aus, eben als wenn es jungfer Charlottchen aus den augen geschnitten wäre. Felsenb. 3, 432; er hat es, so wie aus den augen gerissen, getroffen. Hippel 10, 117; ein alter mann, der unserm helden wie aus den augen geschnitten war. Fichte Nicolais leben 59. litt. kudikis kaip isz akiû jam iszplẽsztas, das kind ist ihm wie aus den augen gerissen. Nesselmann 308ᵃ; lett. dem vater wie aus dem munde gefallen. lett. mag. 6, 72. mhd.
si heiʒet Jocundille,
und ist ir lîp Achille
sô gar gelîch an allen sitten,
als ob si von im sî gesnitten
und allerêrst ab im gehouwen.
troj. kr. 15284.
9)
von den augen gebrauchte man sonst wie aus den augen:
bald tut sie von meinen augen!
fastn. sp. 597, 8;
mhd. daʒ alter im von den ougen gie. fundgr. 1, 147, 20. Diemer 236, 22 (er ward verjüngt). bei Maaler noch ab: sich ab den augen machen; bin ich etwan dir ab den augen gangen?
10)
mit augen, auszer den schon unter 1 gegebnen beispielen: dasz man sie mit augen werfen solle und sagen 'das ist ein prediger'. Luthers br. 2, 224; mit rechten augen ansehen. Schweinichen 2, 107; indem das schwein die eine eichel zerbisz, verschluckte es bereits eine andere mit den augen. Lessing 1, 136; du hast einen groszen begrif von seinen eigenschaften, fast sollte man denken, du sähest sie mit andern augen. Göthe 8, 129; aber mit wie andern augen sah sie den freund an, den sie verlieren sollte. 17, 119; ich schwöre, niemand soll gegen meinen und meiner freundin willen dieses liebenswürdige geschöpf mit augen sehen. 19, 134; ob es ihm gleich sehr paradox, und hätte er es nicht mit augen gesehen, gar unmöglich scheinen muste. 22, 269; früher und von mir kaum noch mit augen gesehen. 24, 115; so habe ich denn auch das meer mit augen gesehen. 27, 139; ich pries den genius, dasz er mich diese so wol erhaltenen reste mit augen sehen liesz. 28, 74; das kann man mit augen sehen, ja man möchte sagen, mit händen greifen. 59, 69; der lebensverlauf solcher geschöpfe ist ein fortwährendes umbilden, mit augen zu sehen und mit händen zu greifen. 58, 14; einen mit den augen begleiten, einem nachschauen.
11)
zu augen, in conspectum:
zum andern soll auch ein hofman
seim herren recht zu augen gan.
Ayrer 272ᵇ;
das geht zu augen und herzen; beide ausgaben sind uns nicht zu augen gekommen. Göthe 38, 439, statt vor augen, wie zu handen. ahd. ze ougon chomen, bringen. Graff 1, 123. 'bei den augen' verbieten, sub poena effodiendorum oculorum. Oberlin 72; praecipio tibi sub interminatione oculorum tuorum. Caesarius heisterb. 9, 38; mnl. gebot hen bi haren ogen. Lanc. 38457; mhd. aber: er gebôt ir an diu ougen. GA. 3, 735, wie man auch sagte einem an diu ougen drohen: ich drie ime an diu ougen. Reinh. 626, drohe ihm die augen auszureiszen, und sonst an den leib drohen, mni. drêchdem an sîn vel. Rein. 774.
12)
augen haben, seine augen haben, richten: die hat ein paar augen! er hat prächtige augen;
die schiele Thestylis hat augen in dem kopfe,
so hat ein luchs sie nicht.
Lessing 1, 30;
nun mylord, wo hattet
ihr eure tausend augen, nicht zu sehn,
dasz dieser Mortimer euch hintergieng?
häufig das auge, augen haben auf etwas, für etwas: das Heva und auch Adam ein auge auf den ersten son gehabt haben. Luther 4, 33ᵃ; als auf die gott ein auge hat. 4, 231ᵇ; ein vleiszigs auge haben. 4, 349ᵃ; die auf die andern ein aug sollen haben. Mathesius 126ᵃ; ich möchte doch wissen, was diese jungen gecken an der einbildischen Timandra sehen, dasz sie sonst für niemand auge haben als für sie. Wieland 1, 99; dasz Agathon für sie allein augen hatte. 1, 202; aber Kalaf war ehrgeizig, er hatte ein auge auf die würde eines oberbonzen. 6, 277; indessen wirst du nicht übel thun, freund Kassim, wenn du ein auge auf den jungen Faruk hast. 8, 265; den einem andern schelme gedungen, der auf Lamans amt ein auge hat. 13, 34; dero herr sohn haben ein aug auf meine tochter. Schiller 182ᵃ; er habe ein aug auf das ding (mädchen). 185ᵃ; der auf die fehler seiner mitbürger überall ein wachsames auge hat. Göthe 18, 149; so jung er war, hatte er ein auge auf die hervorkeimende hofnungsvolle jugend seines vaterlandes. 19, 107; Melina ubernahm die regie, und seine frau versprach auf die kinder ein mütterliches auge zu haben, von denen sich Wilhelm ungern losrisz. 19, 261; habs auge aufs geld, es ist mein sauer erworbener schweisz. Klinger 1, 130; halte (wie habe) das auge auf meine ducätchens! 1, 145; besonders auf den reichen schönen grafen hatte sie ein auge. J. Paul Tit. 2, 77.
13)
augen machen, verwundert stehen mit starren augen: wie die kircheneulen finstere augen machen. Garg. 273ᵇ; die wilden machten sehr grosze augen, als sie unser haus sahen Pierot 3, 319;
sie macht
an ihren erretter mit seiner krone von binsen
zwei grosze augen.
Wieland 4, 80;
Danischmend und Seridaseh machten grosze augen 8, 282;
mein Nettchen sasz im schlitten,
blinzt um sich her, wie alles augen macht,
als sie dahin, schnell wie auf schlittschuhn glitten.
Gökingk 2, 202;
du wirst gaffen, du wirst augen machen. Schiller 108ᵃ;
da guckt ich der eule ins nest hinein,
die macht ein paar augen.
Göthe 12, 208;
und jetzt macht der fratze grosze augen, da der andere nun wirklich kommt und ihm das mädchen wegnimmt. 16, 60; Philine, die zu dieser erscheinung grosze augen machte. 19, 43; ich bin nun nach meiner art ganz stille und mache nur, wenns gar zu toll wird, grosze, grosze augen. 28, 18; was sie da sollten für augen gemacht haben. Fr. Müller 3, 224. es heiszt auch, augen schneiden, wie ein gesicht, gesichter schneiden.
14)
die augen aufthun (sp. 758), aufschlagen, werfen, schwingen; die augen umgehen, weiden, fliegen, schieszen lassen: thu die augen auf; ich musz die augen selbst aufthun und sehn was ich zu schaffen hab. Göthe 8, 87;
drumb Teutschland thu die augen auf!
Soltau volksl. 477;
lasz die augen nicht fliegen dahin, das du nicht haben kanst. spr. Salom. 23, 5; sein augen schieszen wie ein schlang. H. Sachs II. 2, 91ᵇ (vgl. ormr î auga unter 7);
leszt si ir augen liechte clar
in fruntschaft zuͦ im schieszen.
Muskatblut 47, 9;
sie lieʒ ir ougen umbe gân
als der valke ûf dem aste.
Trist. 277, 2;
jâ brinnent ime diu ougen sîn
rehte in sîme houbte als einem wilden felkelîn.
Mor. 2166;
falkenäuglein schieszen lassen.
Grobianus 109ᵃ;
so lasz dein augen umbher gehn,
gleichwie man thut vom falken sehn.
233ᵃ;
augen, die vormals als die falken hier und dorthin geflogen. Ettners hebamme 802; franz. oeil émerillonné; er liesz seine augen weiden, oculos pascere. Rudl. 1, 52 (vgl. augenweide), oculis epulas dare. Plaut. Poenul. V. 4, 2. sie wirft die augen im kopf herum, läszt ihre augen rollen; mhd. diu ougen boln, schleudern, werfen:
maneger sîniu ougen bolt,
er möhts ûf einer slingen
ze senfterm wurfe bringen.
Parz. 510, 2;
da von an den Waleis wart vil blicke gebolt
von liehten zarten clâren spilden ougen.
Lohengr. 157;
ir augen scharf sie gen mich warf.
Muskatblut 36, 49;
warf sie mich stets mit augen an.
H. Sachs II. 4, 29ᶜ;
und warfst ihn stets mit augen an.
III. 3, 7ᵇ;
sô twang in des diu siechheit,
daʒ er dougen ûf swanc.
Parz. 788, 27;
diu liehten ougen ûf dô swanc.
Wh. 65, 6;
swanc diu ougen ûf.
Haupt 5, 523;
ach wirf dein aug auf mich.
da warf ich gleich ein aug auf die pastete. Wieland 11, 212; wir bitten e. m. unterthänigst, auf unsere bedrängten umstände ein mitleidiges auge zu werfen. Göthe 42, 312; halten sies denn nicht der mühe werth ein auge auf mich zu werfen? Lenz 1, 119; endlich schlug Ottilie die schönen augen auf (blickte auf). Göthe 17, 389; die augen aufreiszen, aufsperren: da ich zum ersten das ablasz angreif und alle welt die augen aufsperrete. Luther 5, 53ᵃ; die augen im kopf herum wälzen. Göthe 12, 232.
15)
die augen wenden, richten, heften, legen, stellen, heben, schlieszen, zudrücken:
wende deine augen auf mich;
wende deine augen von mir.
hohelied 6, 4;
er verwendet kein auge von ihr, betrachtet sie mit unverwandten augen;
ich habe von jugend auf die augen meines geistes mehr nach innen als nach auszen gerichtet.
Göthe 19, 95;
ich weisz recht gut, dasz er von den ersten zeiten her ein auge auf mich richtete.
23, 190;
aller augen waren auf ihn gerichtet.
24, 290;
er schlosz seine augen (zu schlaf oder tod);
sobald der kaiser die augen zugethan hatte.
Göthe 42, 208;
éin auge zuthun, connivere;
ich sehe dich deine augen stellen (mit dem tode ringen).
der a. m. im Tockenb. 228;
ich mache kein auge zu, so schlage ich mich mit ihm herum.
Lessing 1, 509;
sie sagt, sie hab die ganzen nacht
kein aug gar zu dem andern pracht.
H. Sachs II. 4, 30ᶜ;
ich hab kein aug zum andern bracht.
Ayrer 460ᵃ;
dem vater, der mutter die augen zudrücken; niemand ruckt (nieman druckt?) ihm mit tiefgesuchten turteltaubenseufzen die augen zu. Garg. 68ᵇ. (vgl. anrucken). die augen niederschlagen, senken; die augen ducken. Muskatbl. 76, 73.
16)
eines auge suchen, ihm unter die augen treten, ins auge blicken:
euch kams zu,
das auge eures königes zu suchen.
er sucht die augen des marquis. 299. einem die augen öfnen (den star stechen): der aufstand gewann eine solche gestalt, dasz man sich gezwungen sah, Isfandiarn die augen zu eröfnen. Wieland 7, 94; wie leicht werden dem domherrn, wie leicht der ganzen schule die augen zu öfnen sein. Göthe 14, 155; soll ich dem betrogenen domherrn die augen eröfnen? 14, 221; auf eine schreckliche weise hat gott mir die augen geöfnet, in welchem verbrechen ich befangen bin. 17, 370. die augen geben: mhd.
si begunde im ouge und ouge geben.
Trist. 29, 4;
das opfer, so du liebest,
dem du die augen giebest,
ist ein zermalmter sinn.
Opitz 3, 169;
Amilcar gab beiden ein geneigtes auge. Lohenst. Arm. 1, 803;
die augen aus dem kopf gegeben
mit freuden hättest lieber du,
und beide ohren noch dazu.
Wieland 18, 330.
die augen ausstechen, aushacken, ausreiszen. Garg. 61ᵇ, ausstoszen, ausbeiszen: es beiszt kein rab dem andern die augen aus. Lehmann 186; auskratzen: ich kratz ihm die augen aus. Lenz 1, 110; ausbrechen: der ältest sun brach auf ein nacht seinem vatter und muͦter und allen bruedern die augen aus. Frank weltb. 190ᵃ; die augen blenden; ausweinen, verweinen: ich hab schier meine augen ausgeweint. klagl. Jer. 2, 11; sich die augen aus dem kopf weinen. die augen halten, verhalten:
weh ihnen, die dem volk die augen halten,
dasz es dem wahren besten widerstrebt.
den augen trauen, nicht trauen: Wilhelm gieng ihm mit erstaunen entgegen, er traute seinen augen nicht, es war Werner. Göthe 20, 132. diese worte setzten meine augen ins wasser (brachten mich zu thränen). Simpl. 1, 44. habt das spiel in guter acht und steckt die augen nicht in beutel, damit nicht solche prediger bei euch sein. Luther 6, 111ᵃ; steckt die augen, die nase ins buch; du must deine augen anstrengen, aufknöpfen, es ihnen sauer werden lassen hiesz mhd. du muost eʒ den ougen enblanden. Parz. 231, 25. Flore 457. 7751, wie sonst den handen, dem lîbe enblanden. die augen versternen, blenden, starblind machen? Muskatblut 38, 12. der jäger streicht dem hunde die augen heraus, schmeichelt ihm. Becher 46.
17)
intransitiva. die augen stehn ihm auf, offen, gehn ihm auf: dem studenten standen die augen offen wie einer eule (vgl. 13). Jucundiss. 210; es ist als ob mir die augen auf einmal aufgiengen. Lessing 1, 333; o ich unglückseliger! warum gehn mir so spät die augen auf? warum erkenne ich erst im alter jene güter? Göthe 15, 147; aber und abermal gehen mir die augen über mich selbst auf. 20, 304; da giengen ihm die augen auf und er sah ein, in welcher gefahr sie beide gewesen wären. 37, 239; so gilt dies von allen sammlungen und jeder besitzer wird gern gestehen, dasz er manches lehrgeld gegeben, bis ihm die augen aufgegangen. 39, 316; wem hier über die newtonische verfahrungsweise die augen nicht aufgehn, dem möchten sie wol schwerlich jemals zu öfnen sein. 59, 74; seit drei tagen kein auge zu. Schiller 134ᵃ;
giengen mir die augen zu.
H. Sachs I, 256ᶜ;
bald giengen im die augen zu.
II. 4, 113ᵃ;
die augen mir zugiengen.
II. 4, 129ᵃ;
dô liefen über diu ougen sîn.
Parz. 383, 12;
Salomôn liefen über diu ougen sîn.
Mor. 3326;
Morolf liefen diu ougen über tougenlîche.
3511;
diesen, dasz das glas kracht, den, bisz die augen uberlaufen. Garg. 99ᵃ; er setzet mir hart zu, die augen gehn mir uber. 93ᵃ; dasz mein urane ob dieser einfaltigen gutwilligkeit die augen anfiengen uber zu gehen. 269ᵃ; da uns dann beiden, mir aus mitleiden und ihm aus freude die augen übergiengen. Simpl. 1, 446; dem ambtmann giengen die augen über. unw. doct. 124. 131; die augen giengen mir wol über. 363; hierauf giengen der frau die augen über. 381; die augen giengen ihm über. 766; die alltägliche redensart gewinnt im lied bedeutung:
die augen giengen ihm über,
so oft er trank daraus.
Göthe 12, 142;
o mir sind auch gar oft die augen übergangen.
7, 106;
die vorquellenden thränen treten über den rand. mhd. im erwielen sîniu ougen. Gudr. 416, 3, wallten über; die augen stehn ihm voll wasser; es wird viel nasse augen setzen, viel geweint werden. das auge weint, thränt, lacht, lächelt:
wenn mir dein auge lacht, wenn deine hand mich drückt.
Göthe 7, 23;
seht, wie froh den phantasien
neuer lust sein auge lacht.
Bürger 1ᵃ;
das auge glänzt, spielt, funkelt, leuchtet, blitzt, rollt; die augen trüben, dunkeln, erblinden:
wâren von weinen vil nâch blint.
Parz. 98, 14;
das auge erblaszt, erlischt, starrt, stiert, stirbt, bricht:
die augen brechen ein.
sind schon gebrochen. das auge blutete mir; schwur, die augen hätten ihm bluten mögen. Weise kl. leute 30. die augen haften, wurzeln: sein auge haftet auf mir; ihr aug an seinem hieng; alle augen wurzelten, ruhten auf mir. Schiller 127ᵇ. die augen schmerzen, thun weh, beiszen: ist ihm das helle? dasz mich die augen beiszen. Schiller 185ᵇ.
18)
andere redensarten und sprüche: alles was man einem an den augen absehen kann; alles was das auge begehrt;
ihr seht, wir haben wein
und was die augen nur verlangen.
schau um dich, was nur dein auge absehen kann. Schiller 122ᵃ; böse augen sehen nie nichts gutes; ein bös auge verderbt das andere; das auge sieht sich nimmer satt; seine augen sind gröszer als sein magen; ihm sind die augen weiter als sein bauch; das schickt sich wie die faust aufs auge; mit einem blauen auge davon kommen; auge um auge, zahn um zahn; man soll hinten und vorn augen haben; wer mit fremden augen sieht, betrügt sich oft; er ist sein rechtes auge; er war des herzogs rechtes auge, schön und gut (questo era l'occhio diritto del duca). Göthe 35, 296.
19)
oft geht die vorstellung des sinnlichen auges über in die des geistigen, auge bedeutet dann verstand und urtheil. ich sehe die sache jetzt mit andern augen an, urtheile, denke anders davon. in seinen augen = nach seinem urtheil, seinen gedanken. viel leichtsinn hat sie, aber auch verstand und auge. Klopstock; er hat für die meisten dinge ein feines auge, unterscheidet genau; er (Dante) faszte die gegenstände so deutlich ins auge seiner einbildungskraft, dasz er sie scharf umrissen wiedergeben konnte. Göthe 46, 279; diejenigen, deren augen der vernunft etwas dunkel. pers. rosenth. (am schlusz); sollte er blosz verdammt sein fremde werke nachzukritzeln, so kriegt er doch immer auge, begrif und biegsamkeit. Göthe bei Merck 1, 230; sein auge, die sehkraft, einsicht schärfen.
20)
umgekehrt tritt auge, wie ohr, über in die noch sinnlichere vorstellung der öfnung, des lochs. für fenster bediente sich die ahd. sprache des ausdrucks augatora, ags. eágdure, gleichsam schaut das haus durch ein fenster wie der mensch durch sein auge. sl. okno θυρίς, fenestra. noch heute nennen wir eine art von dachfenstern ochsenaugen, weil sie sich krümmen, gleich dem auge des rindes. auge heiszt das loch in der thür zum durchschauen, oder das astloch im bret. der schmelzofen hat vornen ein auge, eine öfnung. Mathesius 100ᵇ; im käse, im brot sind augen. das nadelloch wird bald nadelöhr, bald nadelauge genannt: altn. nâlarauga, schw. naͦlsöga, dän. naaleöje, nnl. naaldenoog, engl. eye of the needle. bei Luther aber nadelöhr, wie litt. ausis (selten ackis) adatôs, russ. uschko, poln. ucho igly; ahd. loh nâldûn, goth. þairkô nêþlôs. ein kleiner fisch, petromyzon fluviatilis, führt den namen neunauge, engl. seven eyes, weil man sieben luftlöcher oder kiemen an ihm wahrnimmt, beide augen hinzugerechnet neun löcher. so wurden im mittelalter dem menschlichen leib sieben löcher nachgewiesen. fundgr. 3, 13, 36.
21)
die pflanze schlägt ihre knospe auf, wie der leib das auge, daher die knospe gemma (augenstein) und auge genannt ist: das wir frühe aufstehen zu den weinbergen, das wir sehen, ob der weinstock blühet und augen gewonnen habe. hohelied 7, 12; augen drücken, protrudere gemmas; die rebe schieszt, setzt augen; im merz soll der winzer die reben auf drei augen abwerfen, nur drei augen stehn lassen; der Burgunder trägt auf den vordern augen lieber als auf den hintern.
und der weinstock hält sich kaum,
krieget augen von der sonnen.
Opitz 3, 13;
milder wehen zephyrsflügel,
augen treibt das junge reis.
Schiller 54ᵃ;
von den augen und ihrer entwickelung. Göthe 58, 61; läszt sich nun aber ein blatt nicht ohne knoten, und ein knoten nicht ohne auge denken. 58, 26; sie (die brüdergemeine) hatte sich nur in unbemerkten ranken durch die rohe welt hindurch gewunden, nun schlug ein einzelnes auge, unter dem schutz eines frommen mannes wurzel. 26, 305.
22)
da auf der strasze und im koth stehen gebliebne pfützen hervorscheinen und leuchten, sagte man von dem der unversehens in sie geräth, dasz er ihnen die augen austrete (vgl.äugelecht): das eis brechen, dem koth und lachen die augen austretten. Lehmann 181; oft bei regen und ungewitter durch die strasze laufen und mancher pfütze die augen austreten. Schuppius 662; mancher pfützen die augen austreten. franz. Simplic. 3, 46; mancher pfütze die augen austreten, manchen sauren wind sich unter die nase wehen lassen. unw. doct. 440; allen pfitzen die augen austreten. maulaffe 192; itzt hielten sie sich so zärtlich, als wann sie nie keinem kuhfladen ein auge ausgetreten hätten. Simplic. 3, 756. Auf der suppe schwimmende tropfen fett nennt man gleichfalls augen, fettaugen: ein ermliche suppen, die nit gesicht, kein augen hat. Keisersb. chr. bilgr. 17, eine magere suppe, ohne fett. augen sind die im pfauenschwanz glänzenden ründungen, vgl. pfauenauge.
23)
ebenso heiszen die schwarzen runden flecken auf dem würfel augen:
do saszen drei gesellen gut,
die spielten mit den würfeln,
und wem die meisten augen kämen,
der solt beim Elslein schlafen.
der allerjungest der unter ihn war,
der warf die meisten augen.
Uhland 676;
indem der spieler Pfif (erzürnte götter!)
durch einen schlimmen wurf ein auge jüngst verlor:
'brav kamerade', rief ein spötter,
'du gibst uns jedem nun ein auge vor.'
Lessing 1, 28;
auf die meisten augen spielen; mhd. eines ougen wæger hân. Er. 925, beim spiel um ein auge im vortheil stehn; wie es bei Fischart groszm. 56 ähnlich, doch in anderm verstande heiszt: es fehlet umb ein aug, das pferd wer blind, nemlich es war einäugig. nach den augen der geworfnen würfel pflegt man einen rechthaberischen, widerspenstigen zu bezeichnen: hielten nicht vor rathsam diesem einfältigen tropfen zu widersprechen, lieszen ihn derowegen bei seinen fünf augen. Felsenb. 1, 199; die unbescheidenen leute blieben bei ihren fünf augen. Plesse 1, 8; mithin bleibe er immer auf seinen fünf augen. 3, 49; Theodor blieb auf seinen fünf augen. westf. Robinson 245; so bleiben solche lumina mundi doch auf ihren neun augen und ändern es der geringen person zum trotze nicht. Weise erzn. 165; in den andern adiaphoris einen jeden bei seinen neun augen lassen. 330; das mustu dann leiden, oder must dich immerdar mit ihr schlagen und bleibt sie doch uf ihren eilf augen und wird nur boshaftiger. Alberus ehbüchlein E 3ᵇ; bestunde er für und für auf seinen eilf augen, wolt von seiner meinung umb einiges haar nicht weichen. Wickram rollw. 93ᵇ; er bestund auf seinen zwelf augen. Kirchhof wendunm. 323; der gegentheil fehet wider an zu triplicieren, aber der bergkman stehet auf sein achtzehen augen. Mathesius 21ᵇ. die erzählung schwankt in den zahlen.
24)
der keim im ei, ein gediegnes korn in der erzstufe wird wiederum auge genannt: wovon sehr schöne mit jedem andern gestein dem auge nach wetteifernde beispiele gefunden werden. Göthe 51, 22. am diamant heiszt das feuer und der schein auge, an tüchern der glanz: das tuch hat kein auge, glänzt nicht; beim stricken die masche. endlich ist auge der späher, spion: Albanos nächtliche besuche wurden von nachgeschickten augen immer seines edlen charakters würdig befunden. J. Paul Tit. 4, 100; I have eyes under my service, which look upon his removedness. Shakesp. winter's tale 4, 1.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1852), Bd. I (1854), Sp. 789, Z. 12.

auge

auge,
oder äuge, euge, adj. patens, apertus, evidens, gebildet wie ahd. anaougi, urougi, glasougi, sûrougi (Graff 1, 123); ein mhd. ouge möglich, nicht aufzuzeigen. nur in folgender stelle: wovon einem dann mag ein geschwulst an ein glied kommen, als von kratzen, kindsblattern, zu augen (zu weit offen gelassenen) kleidern oder von harter arbeit. Würtz practica s. 251.
Fundstelle
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1852), Bd. I (1854), Sp. 800, Z. 69.

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Zitationshilfe
„auge“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/auge>.

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